Die Forderungen der SPD, also Erhöhung der Grundfinanzierung plus vollständige Beitragsbefreiung, entsprechen den vielen, wenig durchdachten politischen Maßnahmen, die dieses Land an den Rand des Ruins getrieben haben.
CDU und FDP haben hier die Bremse gezogen. An diese verfassungsrechtliche Vorgabe müssen sich die Sozialdemokraten ganz offensichtlich auch noch gewöhnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden selbstverständlich, Herr Kollege Dr. Stegner, die namentliche Abstimmung, die Sie beantragen, über uns nicht nur ergehen lassen, sondern auch durchstehen, und Sie werden sehen, dass auch in dieser Frage die Koalition steht.
Wir sind auch bereit, Ihnen bei jeder Veranstaltung die Politik der Vergangenheit der Sozialdemokraten und unsere Politik darzulegen. Wir werden sicher
erleben - glauben Sie nicht, dass Ihnen der kurzfristige Applaus hilft -, dass uns die Menschen bei der nächsten Wahl dafür danken werden und Sie dafür abstrafen werden.
Meine Damen und Herren! Ich begrüße weitere Gäste auf der Zuschauertribüne, und zwar ein Mitglied der deutschen Nationalmannschaft in Synchronschwimmen. - Herzlich willkommen, Edith Zeppenfeld, im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Ich begrüße ebenso herzlich Unternehmerinnen und Unternehmer aus Russland. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Das Wort erteile ich jetzt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Anke Erdmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kubicki, dass wir uns ausgerechnet von Ihnen Zitate zur Beliebigkeit anhören müssen, das ist ein starkes Stück. Darauf komme ich gleich noch.
Heute kassieren FDP und Union das beitragsfreie Kita-Jahr im Hauruckverfahren, obwohl Sie, Herr von Boetticher, das schon im Januar ganz fest auf der Agenda hatten. Man hätte es auch in einem geordneten Verfahren durchbringen können.
Ich weiß, dass viele aus der Unionsfraktion es sich heute nicht leicht machen. Frau Herdan, das ist mir klar. Aber ich kann in dieses Lied der Alternativlosigkeit, das auch Finanzminister Wiegard wieder angestimmt hat, nicht mit einstimmen. Wir haben gestern eine Alternative angeboten, und Sie haben sie ausgeschlagen. Ich sage das gern noch einmal: Wir haben vorgeschlagen, die Grunderwerbsteuer - Sie haben gesagt: „Wiederholungen macht das nicht besser“, aber Einsicht kommt ja möglicherweise
um einen Prozentpunkt heraufzusetzen. Ich sage noch einmal, was das finanziell bedeutet. Das bedeutet, wenn wir dem Landesrechnungshof Glauben schenken, 54 Millionen € Mehreinnahmen pro Jahr. Jetzt rechnen wir einmal. Ich gehe jetzt auf den Landesrechnungshof ein.
- Dazu komme ich auch gleich. Es gibt erst einmal Mehreinnahmen, Herr von Boetticher. Jetzt gucken wir uns das einmal an. Herr Wiegard, Sie haben gesagt, wir wollen uns auf die Grundrechenarten beziehen: 26 Millionen € zahlen wir für das beitragsfreie Kita-Jahr - 26 Millionen, wie wir jetzt nach den neuen Schätzungen des Bildungsministers wissen. Dann nehmen wir noch einmal die 10 Millionen € Anhebung des Deckels für die Kommunen dazu. Dann bleiben für Herrn Wiegard noch 18 Millionen €. Das ist komplett ein Konsolidierungsbeitrag, wenn man das mit dem vergleicht, wie es jetzt ist.
Wir haben auch schon damals, als das Gesetz eingeführt worden ist, darauf hingewiesen, dass wir eine Gegenfinanzierung brauchen, weil es die Befürchtung gab, dass es sich sonst um eine Eintagsfliege handelt. Sie stellen sich hier hin als Obersparkommissar, Herr Minister Wiegard. Das ist gut, das ist Ihre Rolle. Sie dürfen sich aber nicht hier hinstellen und so zu tun, als ob jetzt auf einmal das strukturelle Defizit über Sie hineinbricht. Sie sind fünf Jahre lang an der Regierung, Sie haben mitgestimmt, ohne eine Gegenfinanzierung zu haben.
Sie haben gesagt: Wir finanzieren das ganz auf Pump. Jetzt stellen Sie sich hierhin und lassen den moralischen „Willi“ raushängen.
Frau Herdan hat vorhin gesagt, das Ganze steht unter dem Primat des ausgeglichenen Haushaltes. Ich kann das verstehen. Aber dieser ausgeglichene Haushalt hat bei Einführung des beitragsfreien Kita-Jahres überhaupt nicht bestanden. Er war auch noch in weiter Ferne.
Frau Abgeordnete, ohne die Situation beschönigen zu wollen: Ist Ihnen bekannt, dass die Kreditfinanzierungsquote des Landeshaushalts im Jahr 2005 nach neun Jahren rot-grüner Regierung über 20 % betrug und im schwersten Rezessionsjahr in der Bundesrepublik Deutschland 2009 nur 11, %, was immer noch schlimm genug ist?
- Herr Wiegard, das ist mir durchaus bekannt. Das ist auch ganz klar. Ich sage nur, Herr Wiegard jetzt bin ich mit der Antwort dran -: Sie haben diesem auf Pump finanzierten kostenfreien Beitragsjahr zu einem Zeitpunkt zugestimmt, als Sie um die Haushaltslage sehr wohl wussten. Da können Sie sich meiner Meinung nach jetzt nicht hinstellen und den „dicken Max“ machen.
Sie versprechen 10 Millionen € für die Kommunen im Kita-Bereich. Sie versprechen das - das kann ich nachvollziehen - und sagen, Sie heben den Deckel nicht auf, Sie heben ihn an. Das ist eine gute Maßnahme, gar keine Frage. Aber Sie versprechen jetzt im Juni 2010, dass Sie im nächsten Jahr 10 Millionen € mehr geben. Glauben Sie, dass irgendjemand in diesem Land noch darauf vertraut, dass das, was Sie heute im Juni sagen, im Dezember noch Bestand haben wird?
Herr Carstensen hat in der Regierungserklärung gesagt: Wir brauchen eine Rückkehr zur Glaubwürdigkeit in der Politik. Das gilt wahrscheinlich immer erst ab morgen. Ich mache einmal einen kurzen Praxistest. Da, Herr Kubicki, sind Sie auch gleich mit im Boot. Beitragsfreiheit war vor der Wahl versprochen, nach der Wahl ist es zurückgenommen worden. Ab Dezember 2009 hat der Ministerpräsi
dent eine Vereinbarung zwischen Bund und Ministerpräsidenten zum Bildungsgipfel unterschrieben. Das war im Dezember. Im Juli 2010 wird sie aufgekündigt. Sie haben noch im März den Lehrern eine Arbeitszeitverringerung zugestanden. Im April wurden dann Lehrer mit einer Arbeitszeiterhöhung überrascht.
Wir haben noch im Wahlkampf, im letzten Herbst gehört, dass es einen demografischen Wandel mit einer Rendite gibt.
- Es ist zum Thema. Die Frage ist, worüber wir heute sprechen. Sie sagen, wir heben den Deckel an. Aber darüber reden wir heute gar nicht. Wir reden hier über die Einkassierung des freien Kita-Jahres.
Ich sage Ihnen: Die 10 Millionen € für die Kommunen, die Sie heute versprechen, sind auf Sand gebaut, um einmal Ihre Worte zu benutzen, Herr von Boetticher. Ich sage Ihnen gerade, wo Sie in neun Monaten überall eine Kehrtwende hingelegt haben, und zwar ohne Argumente.