Protocol of the Session on June 17, 2010

Meine Damen und Herren, das Handwerk in Schleswig-Holstein ist gut aufgestellt. Wir sollten darauf schauen und darauf hören, was das Handwerk selbst will. Aus meiner Sicht gehören dazu die Rahmenbedingungen, die zu schaffen in der Hand der Politik, also von uns, liegt: gute Arbeit, gute Löhne, fairer Wettbewerb. Marktradikale Ideologie haben hier nichts verloren. Wir sollten uns ganz eng mit dem Handwerk austauschen. Dazu nehmen wir

(Regina Poersch)

heute diesen Bericht zur Kenntnis, sollten aber im Wirtschaftsausschuss immer weiter am Ball bleiben und alle gemeinsam mithelfen, die Standortbedingungen zu verbessern.

(Beifall SPD und der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich danke dem Wirtschaftsminister für seinen mündlichen Bericht und denke, dass deutlich geworden ist, dass diese Koalition die Standortbedingungen für das Handwerk verbessern wird.

Schleswig-Holsteins Wirtschaft ist absolut mittelständig geprägt. Das Handwerk ist mit Tausenden kleinen und mittleren Betrieben ein wichtiger Wachstums- und Beschäftigungsfaktor für unser Land. Das Handwerk ist also ein wichtiger Bestandteil unserer Wirtschaft, den die Krise zum Glück nicht so hart getroffen hat, wie manche vielleicht erwartet hatten. Diese mittelständisch geprägte Struktur unserer Wirtschaft ist in Boomjahren sicher ein kleiner Nachteil gegenüber Bundesländern, deren Wirtschaft sehr viel mehr exportorientiert ausgerichtet ist als unsere. Aber sie hat sich in der Rezession auch als Stabilitätsfaktor erwiesen.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Peter Lehnert [CDU])

Handwerksbetriebe planen oft sehr langfristig und halten auch in Krisenzeiten gern an ihren gut ausgebildeten Mitarbeitern fest. Dies ist einer der Gründe dafür, warum die Beschäftigungszahlen trotz der Krise in Schleswig-Holstein besser aussehen als befürchtet. Es gibt jedoch kein Anlass, sich angesichts dieser Rechte erfreulichen Lage auszuruhen. Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Rahmenbedingungen für das Handwerk verbessern. Diese müssen ständig evaluiert und angepasst werden.

Die Mittelstandsoffensive der Landesregierung ist aus unserer Sicht der richtige Weg, um die entscheidenden Faktoren für den Mittelstand, der zum einen großen Teil aus dem Handwerk besteht, abzustimmen und um die Rahmenbedingungen zu optimieren.

Wir begrüßen Zielsetzung dieser Offensive und die enge Abstimmung mit den Kammern und Verbänden bei der Erarbeitung der Umsetzung. Beispiels

weise sind beim Thema Bürokratieabbau andere Bundesländer schon deutlich weiter als wir. Das Thema Existenzgründung muss noch stärker in den Fokus aller Beteiligten rücken. Hier müssen das Land und die Kammern noch stärker kooperieren und die bestehenden Angebote beispielsweise der Investitions- und Bürgschaftsbank müssen aus unserer Sicht noch stärker beworben werden.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Peter Lehnert [CDU])

Ressortübergreifende Zusammenarbeit beim Thema Fachkräfte ist hier ebenfalls ein wichtiges Stichwort. Hier spielen nicht nur Maßnahmen wie zum Beispiel das Meister-BAföG und die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung, die besonders für kleine Unternehmen eine wichtige Rolle von Bedeutung sind. Es geht vor allem auch darum, Ausbildungs- und Beschäftigungsreife von jungen Menschen zu verbessern. Wir begrüßen sehr herzlich die Finanzierungsinitiative für Stabilität und Wachstum des Landes. Die Kreditversorgung auch mit kleinen Krediten ist immer wieder Thema, wenn man mit Handwerksbetrieben spricht.

Eine erstaunlich große Zahl von Handwerksunternehmen in Schleswig-Holstein blickt sehr zuversichtlich in die Zukunft. Wichtig für die Auftragslage in den letzten Monaten ist auch die Beseitigung der Frostschäden des harten Winters, der somit auch etwas Gutes hatte, und natürlich die energetische Sanierung von Gebäuden, die ein wirklicher Dauerbrenner für viele Handwerksbetriebe sind.

Meine Damen und Herren, es ist kein Zufall, dass die Mittelstandsoffensive offiziell Offensive für Wachstum und Beschäftigung im Mittelstand und Handwerk heißt. Dies soll nicht bedeuten, dass die Koalition das Handwerk nicht zum Mittelstand hinzuzählt, sondern vielmehr, dass man sich der besonderen Bedeutung des Handwerks für unsere mittelständisch geprägte Wirtschaft bewusst ist.

Die aus meiner Sicht sehr gelungene Imagekampagne des Handwerks weist jeden gut sichtbar daraufhin. Wir freuen uns auf die Vorstellung der Mittelstandsoffensive und setzen in Zeiten knapper Kassen auch unsere Hoffnung darauf. Was jetzt notwendig ist, ist das Erzielen von Synergieeffekten beim Zusammenwirken der entsprechenden Maßnahmen und eine optimale Abstimmung der Rahmenbedingungen für den Mittelstand in unserem Land.

(Beifall von FDP und CDU)

(Regina Poersch)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Andreas Tietze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen. Auch ich möchte zunächst für meine Fraktion für den Bericht danken, möchte aber auch auf das eingehen, Herr Kollege de Jager, was Sie nicht gesagt haben, was aber heute in der gegenwärtigen Wirtschafts- und Klimakrise meiner Meinung nach mitschwingt.

Für meine Fraktion heißt es: Man muss zweimal Öko denken, nur wenn Ökonomie und Ökologie zusammen kommen, geht man gestärkt aus der Krise, aus der Wirtschafts- wie aus der Klimakrise, hervor.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und das, Herr de Jager, gilt für uns natürlich auch für die Leistungen und den Wettbewerb des Handwerks in Schleswig-Holstein. Zukunftsfähige Arbeitsplätze werden dadurch gesichert, für meine Fraktion gilt: Der Blaumann muss grün werden. Das Handwerk ist von großer Bedeutung für die Wirtschaftsstruktur hier in Schleswig-Holstein. Das betrifft die Wertschöpfung, die Anzahl der Arbeitsplätze, die Anzahl der Ausbildungsplätze, die das Handwerk überproportional bereitstellt.

Die Kredit- und Bürgschaftsprogramme Schleswig-Holsteins sind gerade für kleine und mittlere Betriebe wie das Handwerk gut ausgerichtet. Die Investitionsbank, die Wirtschaftsbank und die mittelständische Beteiligungsgesellschaft machen, wie wir finden, einen guten Job und sichern mit Krediten und Bürgschaften eine große Zahl von Arbeitsplätzen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dennoch schwächelt Schleswig-Holstein wirtschaftlich. Das reale Bruttoinlandsprodukt wuchs in Schleswig-Holstein von 2005 bis 2008 um 5,1 %, während es im Bundesdurchschnitt um 6,9 % zulegte. Schleswig-Holstein hat somit eine schwächere Aufwärtsentwicklung im Bundesvergleich, und - wir dürfen auch nicht vergessen - im Jahre 2009 mussten 1.203 Unternehmen in die Insolvenz gehen, davon waren 8 % Handwerksbetriebe.

Bei unseren Gesprächen mit den Handwerkerinnen und Handwerkern werden immer zwei Dinge in den Mittelpunkt gestellt. Das eine wurde schon angesprochen: Hände weg vom Sparkassengesetz! Die Abgeordneten haben ja morgen Gelegenheit, sich entsprechend zu entscheiden. Das Zweite: Das Handwerk fordert: Keine Kürzung der Förderung für überbetriebliche Ausbildung! Beide Forderungen unterstützt meine Fraktion ausdrücklich.

Das Handwerk erwartet mehr Anstrengungen bei der energetischen Gebäudesanierung. Das ist qualifizierte Arbeit vor Ort, denn die energetische Sanierung von Gebäuden kann man nicht in Niedriglohnländer verlagern. Unser Handwerk in SchleswigHolstein ist stark im Bereich der neuerbare Energien. Deshalb ist es absolut kontraproduktiv, dass der Bundesfinanzminister 105 Millionen € aus dem Marktanreizprogramm ohne Absprache mit dem Umweltminister gesperrt hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, dazu haben Sie nichts gesagt. Bei aller Lobhudelei oder auch bei aller Schönfärberei gehört es dazu, dass man das an dieser Stelle auch deutlich hervorhebt. Lieber Kollege Callsen, für mich ist das Wettbewerbsbehinderung. Das schadet unserer schleswig-holsteinischen Wirtschaft und unserem Handwerk.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage mich auch, wieso die schwarz-gelbe Koalition immer wieder auf dem grünen Auge blind ist. Meine Damen und Herren, wenn Sie wirklich etwas für die Wirtschaft tun wollen, wenn Sie die Wirtschaft voranbringen wollen, dann erkennen Sie doch endlich die Chancen und Potenziale, die in diesem Wirtschaftsbereich auch für Schleswig-Holstein liegen.

Inzwischen zeigt der öffentliche Druck durch Wirtschaftsverbände und auch die grüne Bundestagsfraktion Wirkung. Die Haushaltssperre soll zum 1. Juli 2010 aufgehoben werden.

Ich erinnere noch einmal an die geplante überfallartige Absenkung der Einspeisevergütung für Solarstrom, die von der Bundesregierung zum 1. Juli 2010 angedacht war. Das hat viele Arbeitsplätze im Handwerk gefährdet und viele Unternehmen verunsichert. Ich weiß zumindest in meinem Wahlkreis in Nordfriesland von zwei Projekten, bei denen es erhebliche Probleme gegeben hat. Wer diese Planungsunsicherheit fortsetzt, der muss sich nicht wundern, wenn unsere Handwerksbetriebe, unsere Unternehmerinnen und Unternehmer, in wirtschaft

liche Schwierigkeiten kommen. Viele Handwerker haben sich gerade in unserem Bundesland auf die Solarenergie spezialisiert und für Sie qualifiziert. Der Bundesrat hat mittlerweile den Vermittlungsausschuss angerufen. Die Mehrzahl der Bundesländer will erreichen, dass die zusätzliche Kürzung der Einspeisevergütung nur 10 % beträgt. Man hat immerhin erkannt, der Weg war falsch, und man hat ihn korrigiert.

Wie soll eine Investitionssicherheit hergestellt werden, wenn solche Rahmenbedingungen verändert werden? Das - ich sage das ganz deutlich - ist für meine Fraktion mittelstandsfeindliche Politik.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann mir auch vorstellen - die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP haben diesen Antrag eingebracht -, Herr de Jager, psychologisch wollte man Ihnen damit ein wenig zuspielen. Sie stehen ja momentan ein wenig unter Druck. Man hat das gestern gesehen, zwei Stunden bei den Klängen von Vuvuzelas, das ist kein Vergnügen. Sie haben dem standgehalten. Also, man wollte Sie ein bisschen psychologisch unterstützen. Es geht also mehr um die Verbesserung der Standortbedingungen des Wirtschaftsministers als um die Verbesserung der Standortbedingungen des Handwerks.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Nun hör doch auf! - Weitere Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, den Berichtsantrag als Erfolg zu feiern, finden wir weit gefehlt, irgendwie hat das alles nicht so richtig geklappt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Björn Thoroe das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Mittelstand steht als Rückgrat der Wirtschaft im Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik zumindest wenn es nach den Sonntagsreden geht. Und das gilt auch für das Handwerk. Tatsächlich gibt es in Deutschland nur rund 5.000 Großunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Alle anderen der insgesamt 3,5 Millionen Firmen in Deutschland zählen zum Mittelstand. Diese kleinen und mittleren Unternehmen bieten mehr als zwei Drittel aller Arbeitsplätze, bilden acht von zehn Lehrlingen aus und tätigen 40 % aller steuerpflichtigen Umsätze.

In Schleswig-Holstein arbeiten über 87 % der Beschäftigten in Betrieben bis zu 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Bei den Auszubildenden ist die Quote noch höher. Über 91,5 % der Auszubildenden werden in Betrieben mit weniger als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausgebildet. Je kleiner die Betriebe sind, desto höher ist die Ausbildungsquote.

Gerade Kleinbetriebe - gerade Handwerksbetriebe sind von der gegenwärtigen Wirtschaftskrise besonders betroffen und stehen angesichts von geringem Eigenkapital vor beträchtlichen Herausforderungen. Was tun, wenn die Kunden nicht zahlen? Wie überleben trotz großer Handelsketten und Baulöwen? Woher Geld bekommen, wenn die Banken Kredite verweigern?

Hier müssen die öffentlichen Sparkassen und Banken ohne Wenn und Aber einspringen. Und hierzu braucht es keine Änderung des Sparkassengesetzes.

(Unruhe)

Herr Abgeordneter, einen kleinen Augenblick bitte. Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit für den Redner.

Hierzu braucht es einen entsprechenden Auftrag für Sparkassen und öffentliche Banken. Es geht um die umfassende Kreditversorgung der regionalen Wirtschaft, auch um eine verlässliche Investitionsförderung. Wir können gern über die Verbesserung der Sparkassen durch zusätzliches Eigenkapital reden, aber nicht über eine schleichende Privatisierung der Sparkassen.

Wir brauchen auch und in erster Linie für das Handwerk deutlich steigende öffentliche Investitionen. Wer in der Wirtschaftskrise knausert, wer jetzt spart, der verstärkt die Krise, der erhöht die Anzahl der Insolvenzen. Wir müssen antizyklisch handeln, um dem Handwerk eine Chance zu geben.