Protocol of the Session on June 16, 2010

etwas in Bewegung. Die Landesregierung muss zum Beispiel die Neugründung des Kompetenzzentrums Elektromobilität an der Fachhochschule Kiel unterstützen. Die Fachhochschule Kiel hat das Potenzial, innovative, umweltfreundliche Lösungen für Elektromobilität zu entwickeln. Hier ist schon Know-how mit vielfältigen elektronisch betriebenen Geräten vorhanden. Hier zu investieren, wäre auch kein Geschenk an Großkonzerne. Hier an der Fachhochschule Kiel zu investieren, wäre ein Beitrag zur Stärkung der Wirtschaftsbasis im Land Schleswig-Holstein. Es würden Werte geschaffen, die, würden sie hinterher nicht an Großkonzerne verschleudert, bleibende Gewinne für alle Beteiligten abwerfen würden.

Auch in Nordfriesland ist etwas in Bewegung. Im März hat sich in der Aktivregion Nordfriesland die Energiegenossenschaft eE4mobil eG gegründet. Hier haben Bürgerinnen und Bürger unseres Landes die Chancen von Elektromobilität in Verbindung mit umweltfreundlichen Energien erkannt. Hier muss gefördert werden. Elektrofahrräder, Elektroautos, Elektroroller können so klimafreundlich durch Schleswig-Holstein fahren. Auch der Tourismus in Schleswig-Holstein könnte so profitieren.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich fasse zusammen: DIE LINKE will keine Subventionen an Großkonzerne und nur an Autokonzerne, sondern DIE LINKE will kleine, innovative Unternehmen in Schleswig-Holstein unterstützen. DIE LINKE will die Fachhochschule in Kiel unterstützen und so die Wissenschaft in Schleswig-Holstein fördern. DIE LINKE will, dass Elektromobilität von Bürgern betrieben wird. Wir wollen deren innovatives Potenzial nutzen. DIE LINKE hofft, dass die Landesregierung die Chancen der Elektromobilität nutzt.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Klaus Schlie das Wort.

(Zurufe)

- Ich entschuldige mich bei der Fraktion des SSW und erteile zunächst einmal dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, dass Sie das mit der Landesregierung schon vorweggenommen haben. Wir werden natürlich alles geben, da irgendwann zu landen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von der Bundesregierung im letzten Jahr aufgelegte Entwicklungsplan zur Elektromobilität war mehr als überfällig, zum einen, um sich am Markt auf diesem Sektor zu positionieren, zum anderen, um eine Alternative zum Öl aufzuzeigen, und drittens aus ökologischen Gründen. Wir müssen leider erkennen, dass die deutsche Autoindustrie, aber auch die Politik diesen Bereich bisher nicht besonders forciert hat. Zwar hat die Industrie die letzten Jahre an batteriegetriebenen Fahrzeugen gearbeitet, aber andere Nationen waren auf diesem Gebiet eifriger und erfolgreicher. So haben China und die USA das Autoland Deutschland in diesem Bereich mittlerweile überholt. Während Deutschland im letzten Jahr 4 Milliarden € für die unsägliche Abwrackprämie ausgegeben hat, haben China und USA in die Zukunft, sprich in Elektromobilität investiert.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun muss Deutschland nachziehen, wenn man den Anschluss nicht verpassen will. Auch wenn mit dem Konjunkturpaket II rund 500 Millionen € für entsprechende Forschungsprojekte bereitgestellt wurden, stehen milliardenschwere Programme in China und USA dem gegenüber. Diese Dimensionen machen die Handlungsnotwendigkeit hierzulande mehr als deutlich. Die deutsche Autoindustrie steht hier noch am Anfang. Daher ist es auch nur richtig, wenn vonseiten der Industrie zugesagt wird, in den kommenden drei bis vier Jahren 10 bis 12 Milliarden € in die Forschung und Entwicklung kraftstoffeffizienter Fahrzeuge, Elektromobilitätstechnologien und weiterer energiesparender Maßnahmen zu investieren.

Der Entwicklungsplan der Bundesregierung macht deutlich, dass die Grundlagen vorliegen. Es besteht aber Forschungs-, Optimierungs- und Vernetzungsbedarf. Und der globale Druck macht diese Anstrengungen notwendig, soll sich die deutsche Autoindustrie noch am Weltmarkt behaupten können.

Wir stehen vor einer nationalen Herkulesaufgabe. Auch Schleswig-Holstein muss einen Teil zum Erfolg beitragen. Daher sind die vorliegenden Anträge sinnvoll, damit wir uns einen Überblick verschaffen

(Björn Thoroe)

können, was in Schleswig-Holstein machbar und notwendig ist, aber auch um zu erfahren, was bereits in Schleswig-Holstein läuft.

An der Westküste gibt es bereits ein Modellvorhaben. Dort wird bereits an der Integration von Elektromobilität aus erneuerbaren Energien gearbeitet. Das Konzept „Windkraft4Mobile“ ist eine Kooperation mehrerer Partner in der Aktivregion Nordfriesland Nord. Dort wurden die gegebenen Faktoren - ländlicher Raum mit kleinen Ballungsräumen mit kleinen und mittleren Reichweiten und mit einer hohen Dichte an Windkraftanlagen - für das Konzept zugrunde gelegt. Wichtig dabei ist die Kopplung der Elektromobilität mit Strom aus erneuerbaren Energien. Alles andere würde aus ökologischen Gründen auch keinen Sinn machen. Denn eine Untersuchung des ADAC hat ergeben, dass ein Kleinwagen mit Dieselmotor einen CO2Ausstoß von 86 Gramm pro gefahrenen Kilometer hat. Ein vergleichbares Elektroauto, gespeist aus Kohlestrom, hat einen CO2-Ausstoß von 107 Gramm pro gefahrenen Kilometer. Legen wir den deutschen Energiemix zugrunde, liegt der CO2Ausstoß bei 71 Gramm pro gefahrenen Kilometer. Das soll deutlich machen, wie wichtig es ist, die Energiewende hinzubekommen, damit Elektromobilität überhaupt einen Sinn machen kann.

(Beifall bei SSW und SPD)

Meine Damen und Herren, wenn wir aber wirklich CO2-freie Elektrofahrzeuge haben wollen, dann kommen wir um den Ausbau erneuerbarer Energien nicht umhin.

Damit stehen wir vor einer weiteren Herkulesaufgabe, die aber auch gerade für Schleswig-Holstein von entscheidender Bedeutung ist, da wir da eine der führenden Regionen sind.

Das angestrebte Ziel des nationalen Entwicklungsplans ist, den Anteil an Elektrofahrzeugen bis 2020 auf eine Million Fahrzeuge und bis 2030 auf über fünf Millionen Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu bringen. Einen wirklichen ökologischen Effekt können wir nur erreichen, wenn dann die Stromproduktion zu 100 % aus erneuerbaren Energien besteht. Es gibt also neben dem großen Aufgabenkatalog für die Elektromobilität auch die nationale Herausforderung, den Anteil erneuerbarer Energien auf 100 % zu erhöhen.

Das Konzept in Nordfriesland kann für uns alle als Leitfaden dienen, sodass dies keine Utopie sein muss. Es ist möglich, sich regional aufzustellen, erneuerbare Energien zu fördern, Elektromobilität in der Region zu fördern und zu zeigen - und das ist

die Vision, die man dort oben hoch im Norden hat -, dass man später auch den ÖPNV nicht nur kostengünstig, sondern ökologisch nachhaltig organisieren kann. Wenn das dann in den nächsten Jahren so geschieht, dann gilt auch der alte Spruch, der insbesondere unter Linken bekannt ist: Von Nordfriesland lernen, heißt siegen lernen.

(Beifall beim SSW)

Ich gucke noch einmal vorsorglich in die Runde. Ich erteile jetzt für die Landesregierung Herrn Innenminister Klaus Schlie das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich bitte um Nachsicht, dass ich diesen Redebeitrag stellvertretend für den Kollegen de Jager übernehme. Es war ja auch der heute Morgen formulierte Anspruch der Abgeordneten, dass sich die Landesregierung dem demokratischen Diskurs stellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thema Elektromobilität wird zurzeit weltweit diskutiert. Verknappende fossile Brennstoffe, zukünftige Preisentwicklungen aufgrund gestiegener Explorations- und Erschließungskosten machen die Suche nach Alternativen drängender. Eine allmähliche Abkehr vom Prinzip des Verbrennungsmotors kann auch im Bereich des Klimaschutzes langfristig erhebliche Beiträge leisten.

Experten sehen im Bereich der Elektromobilität außerdem einen Markt mit enormen Wachstums- und Wertschöpfungspotentialen. McKinsey hält einen Markt von 470 Milliarden € bis 2020 für möglich.

Die Bundesregierung hat deswegen das Ziel ausgegeben, Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität zu entwickeln. Dieser Prozess ist landesregierungsseitig begleitet worden. Im August 2009 hat die Bundesregierung den Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität vorgelegt. Im Mai 2010 wurde die Nationale Plattform Elektromobilität gestartet. In sieben Arbeitsgruppen sollen Fachleute der Elektro- und Energiewirtschaft zunächst die Markenchancen der Elektromobilität ausloten.

Weitere Themen, die im Rahmen des Nationalen Entwicklungsplans bearbeitet werden, sind die Weiterentwicklung von Speichertechnologien und die Aufstellung internationaler Standards und Normen. Insgesamt geht es um Forschung und Entwicklung, die Schaffung geeigneter Rahmenbedin

(Lars Harms)

gungen und die Unterstützung von Marktvorbereitung. Innerhalb der EU geht es aktuell vor allem um Kfz-bezogene Vorstöße zur Minimierung von Schadstoffemissionen und den Rückgriff auf Elektromobilität.

Wir stehen innerhalb der EU und national am Anfang eines Prozesses, der mittelfristig nicht nur den Kraftfahrzeugverkehr, sondern auch andere Bereiche des täglichen Lebens berühren wird. In unseren Befragungen anderer Häuser und Institutionen sind zum Teil hochinteressante Bereiche von Elektromobilen, technischen Außenskeletten für Menschen mit Behinderung über Bewegungsgeräte, für Komapatienten bis hin zu Einsatzfeldern der Elektromobilität im Tourismus - es ist hier schon mehrmals erwähnt worden - und anderen Bereichen benannt worden. Aber auch neue Handlungsfelder wie zum Beispiel Sounddesign für Elektromobile wegen ihrer relativen Unhörbarkeit und den daraus erwachsenen Verkehrssicherheitsfragen wurden genannt.

Aus diesem Grunde führt das Wirtschaftsministerium bereits seit einiger Zeit Gespräche mit dem Ziel der Vorbereitung eines Handlungskonzepts Elektromobilität der Landesregierung. Die Gesprächspartner stammen aus den Bereichen Wissenschaft, angewandte Forschung, Technologietransfer, Produktion und Energieerzeugung.

Der informelle Dialog wurde und wird dadurch erleichtert, dass das Thema Elektromobilität bereits in verschiedenen Kreisen intensiv erörtert wird. Erstaunlich und vor allem auch erfreulich in der heutigen Zeit ist, dass das Thema Elektromobilität auf einen großen gesellschaftlichen Konsens und breite Akzeptanz stößt.

Das Wirtschaftsministerium beabsichtigt daher, den bisherigen informellen Dialog mit den verschiedensten Interessengruppen im Rahmen des Handlungskonzepts Elektromobilität dauerhaft zu institutionalisieren und in diesem Rahmen verschiedenste Interessenträger zusammenzuführen.

Die Landesregierung begrüßt es ausdrücklich, dass der Schleswig-Holsteinische Landtag dieses Zukunftsthema aufgegriffen hat. Wenn wir uns die Wirtschaftsstruktur und die Unternehmen Schleswig-Holsteins ansehen, dann gibt es durchaus Chancen für uns, an dem Wachstumspotenzial der Elektromobilität zu partizipieren. Wir haben zwar keine Technologietreiber im Land wie die Automobilindustrie - man darf von daher sicher auch nicht zu hohe Erwartungen haben -, aber, lieber Herr Abgeordneter Dr. Tietze, nur zu Schleswig-Holstein: Unsere Chance liegt besonders in den Nischen

märkten, in der Technologieentwicklung, im Handwerk, im Mittelstand und natürlich in der Erzeugung erneuerbarer Energien. Das ist auch vom Kollegen Harms schon angesprochen worden.

Es gibt in Schleswig-Holstein bereits interessante Ansätze an den Hochschulen und in den Unternehmen, zum Beispiel das Kompetenzzentrum Elektromobilität an der Fachhochschule Kiel, eine Bündelung wirtschaftlicher und technischer Kompetenzen und Aktivitäten durch Wissenschaftler der Fachhochschule, dann das Kompetenzzentrum Leistungselektronik am ISIT - hier werden spezielle Module für Elektrofahrzeuge entwickelt -, das Institut für Siliziumtechnologie. Neben einigen Industrieaufträgen ist es an sechs Projekten der Bereiche Speicher für Elektromobilität und an weiteren vier Projekten zum Schwerpunkt Leistungselektronik beteiligt.

Besonders bemerkenswert ist das Projekt „Easydrive“ für Nutzfahrzeuge. Hier haben sich 17 Partner aus Wirtschaft und Forschung zusammengeschlossen, um einen nachrüstbaren und vor allem wirtschaftlichen Hybridantrieb für vorhandene Nutzfahrzeuge zu entwickeln. Die Wirtschaftsförderung und die Technologietransfer GmbH Schleswig-Holstein haben einen entscheidenden Anteil am Zustandekommen und der Begleitung dieses Verbundprojekts. Bereits diese Beispiele zeigen, dass sich Schleswig-Holstein in Sachen Elektromobilität nicht verstecken muss. Es ist auch nicht die Zeit - das halte ich für wichtig -, irgend etwas abzuwarten, was andere machen.

Wir werden in den nächsten Wochen gemeinsam mit Unternehmen, Hochschulen, Stromversorgern und anderen das Potenzial der Elektromobilität in Schleswig-Holstein weiter konkretisieren. Wir werden auch prüfen, ob es Kooperationsmöglichkeiten über Landesgrenzen hinweg gibt. Infrage kämen Dänemark oder Hamburg, das bereits Modellregion im Rahmen des Nationalen Entwicklungsplans der Bundesregierung ist.

Das Handlungskonzept wird konkrete, den besonderen Bedingungen des Landes Schleswig-Holstein entsprechende Maßnahmen und Vorschläge auflisten. Deswegen darf ich zum Ausdruck bringen, dass der Wirtschaftsminister sich auf die Fortsetzung dieser Diskussion in der zehnten Landtagsdebatte freut, um weiterhin auch über die konkreten Maßnahmen der Landesregierung in diesem Bereich berichten zu können. Das ist ein wichtiges, zukunftsgerichtetes Thema. Es passt zur Politik des Aufbruchs dieser Landesregierung.

(Minister Klaus Schlie)

(Beifall bei CDU und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/456 (neu) sowie die Änderungsanträge Drucksachen 17/547 und 17/650 als selbstständige Anträge dem Umwelt- und Agrarausschuss sowie dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das somit einstimmig beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Ende unserer heutigen Tagesordnung angekommen. Morgen früh um 10 Uhr geht es mit Tagesordnungspunkt 30, Neugliederung der Verwaltung in Schleswig-Holstein - Drucksache 17/604 -, weiter.

Kommen Sie alle gut dahin, wohin Sie sollen. Ich wünsche nach unserem Sitzungsmarathon einen guten und hoffentlich auch erholsamen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 18:59 Uhr

(Minister Klaus Schlie)