Protocol of the Session on May 20, 2010

Es ist bekannt, dass der Schiffbau in SchleswigHolstein derzeit vor großen Herausforderungen steht. Die Tatsache, dass die deutschen Reeder nur zu einem verschwindend kleinen Bruchteil ihre Aufträge bei deutschen Werften platzieren, ist ein deutliches Warnsignal für Deutschland als Standort der maritimen Wirtschaft. Umso mehr gilt es, dem Schiffbaustandort Deutschland und seinen Zulieferbetrieben eine Perspektive aufzuzeigen. Das meine ich auch in einem ganz konkreten Sinne.

Deshalb möchte ich, Frau Langner, noch einmal auf das eingehen, was Sie eingangs zum Thema Lin

(Lars Harms)

denau gesagt haben. Zunächst einmal möchte ich uns davor warnen, dass wir die Sorge um die Arbeitsplätze bei der Lindenau-Werft hier zu einem politischen oder parteipolitischen Zankapfel machen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das haben die Arbeitsplätze nicht verdient, das haben die Menschen dort nicht verdient, und das würde auch den Standort tatsächlich gefährden.

Ich möchte auf etwas anderes hinweisen. Es ist gerade diese Landesregierung, es ist gerade dieser Ministerpräsident, der sich in einem hohen persönlichen Engagement dafür einsetzt, dass Lindenau gegenwärtig geholfen wird. Das ist auch notwendig. Denn es ist nicht so einfach, wie Sie es hier darstellen, zu sagen - Herr Stegner, Sie haben ja, glaube ich, da auch applaudiert -: Jetzt soll die HSH Nordbank mal das Geld bereitstellen; schließlich haben wir es mit den 3 Milliarden € garantiert. Ich habe es nicht so verstanden, dass diese 3 Milliarden € Garantie für die HSH Nordbank zur Verfügung gestellt worden sind, damit die HSH Nordbank künftig all die Geschäfte macht, die die anderen Banken nicht mehr machen wollen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich bin auch nicht der Auffassung, dass das zu dem neuen Geschäftsmodell der HSH Nordbank gehört. Vielleicht hat so etwas zu der Situation der HSH Nordbank geführt, aber es gehört nicht zu dem Geschäftsmodell der HSH Nordbank.

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, und ich sage auch Ihnen, Herr Stegner, weil Sie es offenbar nicht wissen: Die Aufgabe ist komplexer. Es geht nicht darum, dass wir jetzt sagen: Wir befehlen Gehorsam; eine Bank, die uns mit gehört, muss es jetzt machen. Vielmehr geht es darum, dass man jetzt Finanzierungsgespräche moderieren muss, die zu einer Risikoverteilung führen, die uns tatsächlich noch in die Lage versetzt, die ausstehenden Millionen, um die es dort noch geht, als Betriebskostenzuschuss zu finanzieren.

Das machen wir. Wir haben morgen zu einem Finanzierungsgespräch bei uns im Haus eingeladen. Dort ist die HSH Nordbank dabei, dort ist der Insolvenzverwalter der Lindenau-Werft dabei, dort sind andere Banken und Förderinstitute dabei. Ich hoffe, dass wir vielleicht einen Weg finden können, eine solche Risikoverteilung auch tatsächlich vorzusehen. So kann man es machen. Aber man kann es nicht dadurch machen, dass man jetzt eine Bank auf eine Reise schickt, die sie am Ende wirtschaftlich

nicht tragen und verantworten kann. Insofern, meine Damen und Herren, ist die Welt auch hier komplexer, als Sie sie darstellen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es ärgert mich übrigens auch persönlich. Das ist vielleicht der Unterschied zwischen Opposition und Regierung. Unsere Verantwortung ist nicht teilbar. Wir können es uns nicht erlauben, uns heute hinzustellen und zu sagen, die HSH Nordbank soll es machen, und uns morgen hinzustellen und zu sagen, die HSH steht aber schlecht da. So geht es nicht, und insofern ärgert es mich auch persönlich.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf des Abge- ordneten Rolf Fischer [SPD])

Darüber hinaus müssen wir Sorge dafür tragen, dass wir die flankierenden Instrumente, die es gibt, so nutzen und schärfen, dass wir der maritimen Wirtschaft im Lande und in Deutschland insgesamt helfen. Dazu gehört, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau ihre Instrumente wirksamer gestalten und verlängern müsste. Wir sind dort im Zuge eines Maßnahmenpakets mit der Bundesregierung und dem maritimen Koordinator im Gespräch. Es gibt einige Punkte, die man dabei ansprechen kann. Wir brauchen ein KfW-Sonderprogramm, das beschleunigt wird und zu standardisierten Verfahren kommen muss. Dort sind wir auf dem Weg. Wir sind auf dem Weg, die Innovationsförderung zu verbessern. Wir sind auf dem Weg, im Bereich LeaderSHIP Deutschland etwas zu machen.

Ich glaube - da stimme ich dem zu, was gesagt wurde -, dass wir in der Tat dazu beitragen müssen, dass sich die Werften in Schleswig-Holstein neuen und innovativen Feldern öffnen. Ich bin in der Tat der Auffassung, dass wir sehen müssen, dass sich die schleswig-holsteinischen Werften in einem stärkeren Maße am Thema erneuerbare Energien und Offshore beteiligen.

(Vereinzelter Beifall)

Ich glaube, dass diese Dinge mit dem neuen Eigentümer von HDW auf dem Weg sind. Auch ich fand es ärgerlich, dass unter der Ägide von ThyssenKrupp der Auftrag in Kiel nicht platziert worden ist. Insgesamt ist es gut, wenn sich die Werften auf dieses neue Feld konzentrieren. Das ist übrigens auch Gegenstand der Offshore-Strategie, die vom Cluster selber erarbeitet worden ist. Diese Strategie werden wir demnächst im Ausschuss vorstellen. Dann haben wir einen Anhaltspunkt, wie wir uns auf diesem neuen und innovativen Feld aufstellen können.

(Minister Jost de Jager)

Meine Damen und Herren, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir alle zusammen in SchleswigHolstein unsere maritime Wirtschaft stärken wollen. Wir müssen dafür noch einige Instrumente schärfen. Wir sollten vor allem dafür sorgen, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen, wenn es um konkrete Projekte wie Lindenau geht, und uns nicht gegenseitig die Schuld zuschieben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Kollegen Dr. Andreas Tietze von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister de Jager, natürlich haben Sie recht, die Welt ist komplex. Das stellt auch niemand infrage. Mein Argument war lediglich, dass es eine moralische Verpflichtung gibt. Sie müssen ja den Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern erklären, was da passiert. Insofern ist es auch eine Frage, wie Sie es den Menschen sagen, dass man die Menschen mitnimmt, wenn sie jetzt beispielsweise erfahren, dass die HSH diesen Kredit genehmigt. Das ist ja das Problem. Wenn sie es bekommen, ist ja alles gut, aber wenn sie es nicht bekommen und der Auftrag auf der Werft nicht eintrifft, ist das Problem da, dass die Menschen fragen: warum nicht?

Deshalb müssen wir die Menschen mitnehmen. Sie haben ja gesagt, dass Sie im Gespräch sind. Das ist auch keine Frage von Regierung und Opposition, sondern das ist eine Frage, bei der dieses Parlament insgesamt hinter der Lösung steht. Es ist unser gemeinsames Interesse, dass unsere Werften stark bleiben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ja anscheinend nicht möglich, dass wir eine Ausschussüberweisung hinbekommen. Ich bedauere das außerordentlich. Wenn wir jetzt tatsächlich in eine Abstimmung in der Sache hineingehen, möchte ich für meine Fraktion erklären, dass es uns nicht nur - der Dank an die SPD war da, Sie haben es auf die Tagesordnung gebracht - um die Fokussierung auf diesen einen Tag geht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb werden wir im Sinne der Gesamtstrategie dem Antrag von CDU und FDP zustimmen, wenn er hier in der Sache abgestimmt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Kollegin Anette Langer von der SPD-Fraktion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister de Jager, Sie haben hier nicht sehr komplex und differenziert argumentiert, sondern haben es sich ein bisschen leicht gemacht, auf der einen Seite die Opposition, die herummeckert, auf der anderen Seite die Regierung, die Verantwortung übernimmt. Auch für uns ist das ganz klar kein Thema, bei dem man ein parteipolitisches Gezänk aufmacht. Ich glaube, ich habe in der Art und Weise, wie ich hier den Fall Lindenau vorgetragen habe, das doch im Namen aller hier vertretenen Fraktionen gemacht und durchaus das Engagement der Regierung gewürdigt. Insofern sollten Sie es sich an der Stelle nicht so einfach machen.

(Beifall bei der SPD)

Wir machen es uns auch nicht so einfach, dass wir sagen, die HSH Nordbank solle in ein Risikogeschäft gehen. Die Frage, ob es ein Risikogeschäft ist oder nicht, ist differenziert zu bewerten. Das werden Sie in den Runden, in denen Sie zusammensitzen, sicher sehr gut und differenziert tun. Es ist nun einmal der Auftrag der HSH Nordbank, Schiffsfinanzierungen zu machen. Es besteht ein ganz konkreter Auftrag. Dass das Thema der Ausfallbürgschaften im Schiffbau generell ein großes Problem ist, wissen wir.

Deswegen habe ich auch deutlich gemacht, dass es darum geht, Richtung Bundesregierung über das Thema Ausfallbürgschaften zu reden, um es somit auch einer Landesbank wie der HSH Nordbank einfacher zu machen, in so ein Engagement zu gehen. Insofern möchte ich hier nicht den Vorwurf auf uns sitzen lassen, dass wir eine Bank, die in einer schwierigen Situation ist, hier unkritisch in ein Risikogeschäft treiben. Das ist wirklich nicht unsere Absicht gewesen, und das haben wir hier so auch nicht deutlich gemacht.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

(Minister Jost de Jager)

Wie Herr Tietze würde auch ich mir wünschen, dass es uns gelänge, die beiden Anträge an den Ausschuss zu überweisen, weil es in den Anträgen doch ziemlich hohe Deckungsteile gibt, bei denen man sich einigen kann. Wir haben nicht gesagt, dass wir das auf den Tag der Meere fokussieren wollen. Dieser Tag ist ein guter Anlass, um das Thema deutlich zu machen. Ich finde trotzdem, dass eine Teilnahme der Landesregierung in Gijón in Spanien richtig und gut ist, aber Präsenz vor Ort wäre an so einem Tag vielleicht besser. So ein Thema kann man in dem Zusammenhang durchaus mit diskutieren, aber es soll nicht nur auf diesen Tag fixiert werden.

Ich würde mich freuen, wenn wir eine gemeinsame Linie, eine Ausschussüberweisung hinbekommen, um dieses wichtige Thema, bei dem wir eine hohe Einigkeit untereinander haben, gemeinsam auf den Weg bringen und im Wirtschaftsausschuss noch einmal diskutieren zu können.

(Beifall bei SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/521 sowie den Antrag Drucksache 17/561 als selbstständige Anträge dem Europaausschuss und dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe!

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Arroganz der Mehr- heit! - Unruhe)

Damit stelle ich fest, dass es keine Mehrheit gegeben hat für eine Ausschussüberweisung. Das wurde abgelehnt mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP.

Dann kommen wir zur Abstimmung in der Sache. Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Ich schlage vor, zunächst den vorliegenden Änderungsantrag Drucksache 17/561 als selbstständig zu erklären und ihn alternativ zu dem Antrag der SPD-Fraktion Drucksache 17/521 abzustimmen. - Widerspruch sehe ich nicht; dann können wir so verfahren.

Wer dem Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/561 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer dem Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/521 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksa

che 17/561 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen worden ist. Ich stelle weiter fest, dass damit der Antrag Drucksache 17/521 abgelehnt wurde.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 34, 35 und 56 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Die EU-Ostseestrategie in Schleswig-Holstein umsetzen

Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW Drucksache 17/532

b) Umsetzung der EU-Ostseestrategie in Schleswig-Holstein