Protocol of the Session on February 26, 2010

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in der Debatte ist deutlich geworden, dass dies ein Thema ist, das von allen Fraktionen durchaus ernst genommen wird. Wir haben auch in unserer eigenen Fraktion darüber debattiert. Angesichts des Engagements, das unsere Abgeordneten vor Ort an den Tag gelegt haben, hat es eine umfangreiche Debatte gegeben.

Sie haben in Ihrem Antrag als Ziel von Verhandlungen formuliert, die Dynamisierung im Vorwegabzug wieder vorzusehen. Es ist doch aber die Frage, was passiert, wenn die kommunalen Landesverbände Nein sagen. Geht Ihre Forderung dann dahin, dass das Land dies per Gesetz und per einseitiger Änderung von hier aus durch das FAG durchsetzen soll? Was ist dann die Schlussfolgerung? Wir haben ganz bewusst auf die Aufnahme einer solchen Maßnahme verzichtet. Sie kann als Ergebnis am Ende eines Prozesses ja herauskommen. Sich darauf aber als einziges Mittel festzulegen, ist hochgradig gefährlich.

Eines finde ich überhaupt nicht in Ordnung - auch das sage ich hier deutlich -: Wir sind uns alle bewusst, dass es eine Lösung nur geben kann, wenn wir alle in der Theaterlandschaft in SchleswigHolstein, die über das FAG mitfinanziert werden also auch die Theater in Lübeck und Kiel -, mit einbeziehen. Interessanterweise - das möchte ich einmal lobend erwähnen - hat der Oberbürgermeister von Kiel dem zugestimmt und gesagt: Jawohl, das sehe ich ein. Ich komme auch irgendwann in eine Situation, in der ich Finanzierungsprobleme bekomme. Ich bin an einer gemeinsamen Lösung

(Silke Hinrichsen)

durchaus interessiert. - Wissen Sie, wer der Einzige ist, der sich derzeit sehr zurückhält? - Das ist der Oberbürgermeister von Lübeck. Wissen Sie, warum er das tut? - Er tut es, weil Sie gerade mit bestimmten Mehrheiten ganz einseitig beschlossen haben, Lübeck zu unterstützen und in einem extrem hohen Maße noch einmal eine Finanzspritze zu geben, wohl wissend, dass Sie dies aus dem Haushalt in Lübeck gar nicht finanzieren können. Damit wurde die Solidarität, die ja vorhanden gewesen wäre, über die Häuser zu einem gemeinsamen Konzept zu kommen, ein Stück weit aufgekündigt. Es ist dadurch schwerer geworden. Das sage ich ganz deutlich.

Ich will Ihnen hier noch einmal deutlich unser Interesse darlegen. Der Kultusminister - das möchte ich hervorheben - ist in den letzten Tagen extrem aktiv geworden, weil es wichtig ist, dass die Protagonisten zusammengeführt werden. Ich sage an dieser Stelle meinen herzlichen Dank dafür. Es waren wichtige Signale, die gegeben worden sind.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir brauchen hier die gemeinsame Solidarität untereinander. Wir brauchen eine Federführung bei diesem Prozess. Wir brauchen auch die Mithilfe der Kommunen und der kommunalen Landesverbände. Anders - auch das sage ich ganz deutlich - wird es keine Lösung geben. Es muss unser aller Interesse sein, dass dort, wo sie vor Ort Einfluss haben - also auch in Lübeck und in Kiel - die politischen Mehrheiten den hier erwähnten Prozess unterstützen. Anders werden wir es nicht hinbekommen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Kollegen Lars Harms von der SSW-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorhin wurde gesagt, beim Landestheater werde jede Karte mit 130 € subventioniert. Das ist eine Tatsache. Es stellt sich nun die Frage, was man tun soll. Wenn ich lediglich eine Sparte wegschneide, sinken möglicherweise die Kosten. Das Problem wird veranstaltungsbezogen dann aber immer noch nicht gelöst sein, weil die anderen Veranstaltungen immer noch so hoch subventioniert werden müssen. Es geht also darum zu prüfen, wie man neue Strukturen schaffen kann, damit möglicher

weise eine so hohe Subventionierung nicht mehr notwendig ist.

(Beifall bei SSW, CDU und FDP)

Darauf sollten wir uns erst einmal einigen. Man muss sich also fragen: Wie schnell kann man in einer solchen großen Organisation reagieren, wie sie die drei großen Theater in Schleswig-Holstein darstellen? Man muss bedenken, dass auch Arbeitsverträge, feste Verträge, Spielpläne und so weiter eine Rolle spielen. Es dauert durchaus eine gewisse Zeit, um zu reagieren.

Wir haben deshalb gesagt: Wir wollen drei Jahre Zeit geben, um Planungssicherheit zu erreichen, wie sie bis zum Jahr 2009 bestanden hat. Ich glaube, das ist kein schlechter Weg. Er eröffnet den Theatern in ihrer Gesamtheit die Chance, die Strukturen zu ändern.

Ein zweiter Punkt. Es wurde gesagt, wir müssten sparen. Das ist richtig. Das war vorher aber auch schon klar. Es ist auch schon gespart worden. Man vergisst immer, dass die Beschäftigten des Landestheaters Haustarifverträge haben und solche abschließen müssen. Dabei wurden im zurückliegenden Zeitraum insgesamt 1,4 Millionen € eingespart. Das ist eine enorme Leistung. Ich finde, man muss einmal würdigen, dass die Menschen das mit sich haben machen lassen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ein dritter Punkt. Was ist jetzt noch offen? - Offen ist zunächst einmal die Zielvorstellung, die man formulieren muss. Niemand - das gilt auch für den Bereich der Theater - hat etwas dagegen, eine Zielvorstellung auch finanzieller Art zu formulieren. Das ist überhaupt kein Problem. Man will dann aber auch die Gewissheit haben, dass man sich dieser Zielvorstellung irgendwann einmal nähern kann. Das aber kann man nur, wenn man Planungssicherheit hat und wenn die Leitung des Theaters zum Beispiel wirklich einmal Verträge über zwei, drei oder vier Jahre abschließen kann. Gute Leute kommen für ein Jahr nicht hierher, wenn die Perspektive sich so darstellt, dass sie nach einem Jahr wieder hinausgeworfen werden. Das bringt nichts. Man muss den Leuten vor Ort wirklich Planungssicherheit geben. Anders funktioniert es nicht.

Ich bin mir sicher, dass dann, wenn man es so beschließt, wie wir es vorgeschlagen haben, auch die kommunale Ebene gesprächsbereit ist. In der Gesamtheit der kommunalen Ebene gibt es ja durchaus Unterschiede, wie die Dinge gesehen werden, ange

(Dr. Christian von Boetticher)

fangen bei den Landkreisen über den Städtetag bis hin zum Gemeindetag. Meines Erachtens ist eine Art selbstreinigender Kraft innerhalb der kommunalen Familie zu erwarten, wenn sich die Beteiligten alle an einen Tisch setzen. Wenn man sieht, dass das Land einen Plan hat und dass wir das politische Ziel verfolgen, das Landestheater und auch die beiden anderen Theater in Lübeck und Kiel in ihrer Gänze zu erhalten - ich beziehe mich hier nicht vorrangig auf die Kosten, sondern mehr auf das Inhaltliche dieser drei Theater -, wird auch die kommunale Familie - dessen bin ich mir sicher bereit sein, über eine Lösung nachzudenken. Voraussetzung ist allerdings, dass sie eine Chance sieht, sich auf ein entsprechendes Modell einzulassen.

Ich sage es noch einmal: Wir müssen Anpassung überhaupt erst ermöglichen. Wenn man das nicht tut, geht das Vorhaben garantiert den Bach hinunter. Die Leitung der Theater sagt jetzt schon: Okay, wir müssen einen Teil gewissermaßen wegsparen. Es ist durchaus das Empfinden da, dass eine Notsituation gegeben ist. Diese Einsparung eines Teils ist vielleicht sogar das Einzige, was man dort wirklich tun kann.

Herr Kollege Harms, erstens möchte ich anmerken, dass Ihre Redezeit eigentlich beendet ist. Zweitens möchte ich Sie fragen, ob Sie noch dem Wunsch nach einer Zwischenfrage Rechnung tragen möchten?

Selbstverständlich.

Verehrter Kollege Harms, ist Ihnen bewusst, dass im letzten Jahr, als die Gesellschafter des Landestheaters ihre Anteile erhöht haben, im Rahmen der Diskussion bereits ein neues strukturelles Konzept für die Landestheater verlangt wurde? Dieses neue Konzept liegt bis heute nicht vor. Ist Ihnen diese Diskussion erinnerlich?

- Frau Kollegin, das ist richtig. Das ist aber kein Grund dafür, dass wir als Land Schleswig-Holstein jetzt mit dazu beitragen, den Hahn zuzudrehen und das Theater zu amputieren. Ich sage: Es nutzt nichts, wenn wir die Strukturen jetzt schon krampfhaft verändern. Es geht vielmehr darum, dass wir kurz- und mittelfristig eine Strukturveränderung zulassen. Das bedeutet: Wir brauchen Planungssicherheit. Das fordern wir in unseren Anträgen. So

viel Fairness müssen wir gegenüber den Theatern schon walten lassen.

(Beifall bei SSW und SPD)

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Bildung und Kultur, Herrn Dr. Ekkehard Klug, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die schleswig-holsteinischen Theater sind ein wesentlicher Teil des Kulturangebots in unserem Land. Angesichts der schwierigen Haushaltslage, in der sich sowohl die kommunalen Träger als auch das Land befinden, stellt sich aber die Frage, wie unter den derzeitigen Gegebenheiten ein anspruchsvolles und zugleich mit den finanziellen Rahmenbedingungen zu vereinbarendes Theaterangebot gewährleistet werden kann.

Ausgangspunkt der aktuellen Debatte sind die akuten Probleme des Landestheaters. Dazu haben mehrere Ursachen beigetragen: erstens die Kürzung von Gesellschafterbeiträgen namentlich der Stadt Flensburg, zweitens rückläufige Erträge durch sinkende Zuschauerzahlen von 166.000 Theaterbesuchern in der Spielzeit 2004/2005 auf rund 129.000 in der Spielzeit 2008/2009, drittens der in der vergangenen Wahlperiode im Landtag beschlossene Wegfall der Dynamisierungsklausel für die Theatermittel ab 2007, der Theatermittel also, die das Finanzausgleichsgesetz durch einen Vorwegabzug bereitstellt.

Die ersten beiden Faktoren, die ich genannt habe, Kürzung von Gesellschafterbeiträgen und rückläufige Einnahmen, beziffern sich auf einen Umfang von über 1 Million €. Wenn man dies mit dem Defizit des vorigen Jahres von 1,4 Millionen € in Beziehung setzt, muss festgestellt werden: Das Thema Wegfall der Dynamisierungsklausel spielt zwar eine wichtige Rolle, aber ist bei Weitem nicht der Punkt, der allein und ausschließlich die Probleme des Landestheaters erklärt. Es sind, wie gesagt, die drei Faktoren, die zusammentreffen und die Krise des Landestheaters erklären.

Generell möchte ich feststellen: Ohne Strukturveränderung lässt sich ein anspruchsvolles Theaterangebot nicht erhalten, zumal sich weder die kommunalen Landesverbände noch die Landesregierung in der Lage sehen, die entstandenen und weiterhin zu

(Lars Harms)

erwartenden Defizite durch eine Aufstockung der Mittel auszugleichen. Das ist der Stand, das Ergebnis vieler Gespräche. Schließlich erreicht der Subventionsbedarf der Theater bereits heute ein beträchtliches Ausmaß. Die Einzelbeträge, die pro Eintrittskarte aus Steuermitteln als Zuschuss zu zahlen sind, sind vorhin schon genannt worden. Ich kann mir eine Wiederholung deshalb ersparen. Eine Steigerung dieses Betrages in der jetzigen Haushaltslage, die sowohl das Land als auch die Kommunen in Schleswig-Holstein in vielen Bereichen zu schmerzhaften Einschnitten zwingt, ist für beide Seiten nicht machbar. Ich habe dies auch, was die Dynamisierung für einen befristeten Zeitraum anbetrifft, in den Gesprächen mit den Vertretern der kommunalen Landesverbände so zur Kenntnis nehmen müssen.

Wenn wir die Öffentlichkeit um Verständnis dafür bitten müssen, dass das Land in dieser Haushaltslage, in der wir nun einmal aufgrund der Entwicklung der vorigen Jahre und Jahrzehnte sind, nicht in der Lage ist, aus Landesmitteln einen direkten Zuschuss zu zahlen, dann, denke ich, ist auch Verständnis für die Gesamtsituation der Kommunen einzufordern, dass sie in einer Lage, in der sie viele Bereiche mit Kürzungen konfrontieren müssen, nicht in einem Bereich die Mittel erhöhen wollen. Das ist, wie gesagt, Stand der Gespräche, die ich und andere Vertreter der Landesregierung - Staatssekretär Dornquast - mit den kommunalen Landesverbänden geführt haben.

Ich habe nun mit den Vertretern der drei kommunalen Theater zusammen mit Herrn Innenminister Schlie die Frage erörtert, wie die unausweichlichen Veränderungen in der Angebotsstruktur vorbereitet und gestaltet werden können. In den Grundzügen ergibt sich daraus folgendes Szenario: Die kommunalen Träger entwickeln im Laufe der kommenden beiden Jahre Konzepte für Strukturentscheidungen und klären dabei auch die Möglichkeit von Synergieeffekten, zum Beispiel durch verstärkte Zusammenarbeit. Das Kulturministerium wird diese sicherlich nicht einfache Arbeitsphase begleiten und sich an dem Diskussionsprozess zwischen den kommunalen Trägern beteiligen. Für diesen zweijährige Übergangszeitraum soll die Theaterfinanzierung weiterhin auf der Grundlage der gegenwärtigen Verteilung der FAG-Mittel und natürlich auch der Beiträge der Träger erfolgen. Dabei ist allen Beteiligten, den kommunalen Trägern wie auch der Landesregierung, klar, dass dies angesichts einer Festschreibung der Höhe der Theatermittel im FAG bedeutet: Strukturelle Veränderungen werden kommen. Sie bedeuten auch Einschnit

te in Art und Umfang des Theaterangebots, und zwar nicht nur beim Landestheater, wo der Handlungsbedarf kurzfristig am größten ist.

Für den Zeitraum nach der zweijährigen Übergangsphase ist ein neues Konzept auch für die Theaterfinanzierung zu entwickeln. Dieses Konzept sollte meines Erachtens neben einer Grundfinanzierung auch stärker wettbewerbliche Elemente enthalten. Dazu hat das Lübecker Theater bereits Vorschläge entwickelt, über die sicherlich noch zu diskutieren sein wird, weil hier auch die Interessen der anderen großen Bühnen betroffen sind. Aber den Grundgedanken halte ich für richtig. Der Grundgedanke lautet, dass man durch ein höheres Maß an Erfolgsorientierung Anreize schafft, um die Einnahmen der Theater zu steigern und auf diese Weise neben den anstehenden Strukturveränderungen einen höheren Beitrag für die Theaterfinanzierung in der Zukunft zu erwirtschaften.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich halte es auch für eine gute Idee, im Rahmen eines erfolgsabhängigen Finanzierungskonzepts auch den Zuspruch durch ein jüngeres Theaterpublikum besonders zu gewichten; denn das Erreichen jüngerer Zuschauer ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zur kulturellen Bildung, sondern auch mittel- und langfristig eine wichtige Voraussetzung dafür, den Theatern die notwendigen Besucherzahlen zu sichern. Man muss sich nur den Altersdurchschnitt des heutigen Publikums anschauen, dann weiß man, dass dies eine wichtige Grundlage ist, um für die Theater auch eine Zukunftsbasis zu garantieren.

Meine Damen und Herren, mir ist bewusst, dass vor uns kein einfacher Weg liegt. Die Neuausrichtung der Theaterstrukturen und der Theaterfinanzierung wird mit schmerzhaften Entscheidungen verbunden sein. Dieser Weg ist jedoch ohne Alternative, wenn wir in Schleswig-Holstein unter sehr schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen ein gleichwohl attraktives wie auch regional ausgewogenes Theaterangebot erhalten wollen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich stelle zunächst einmal fest, dass die Fraktion DIE LINKE ihren Antrag Drucksache 17/304 zurückgezogen hat. Es ist beantragt worden, eine alternative Abstimmung durchzuführen. Vorausset

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

zung ist, dass keine Fraktion widerspricht. - Diesen Widerspruch sehe und höre ich nicht. Ich schlage Ihnen vor, alle Anträge als selbstständige Anträge zu behandeln. - Ich sehe, dass auch das einvernehmlich so gewünscht wird.

Wer dem Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW, Drucksache 17/280, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer dem Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/330, seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 17/330 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP angenommen worden ist. Ich stelle weiter fest, dass damit der Antrag Drucksache 17/280 abgelehnt worden ist.

Damit ist der Tagesordnungspunkt abgeschlossen.