Protocol of the Session on February 26, 2010

- Herr Kubicki, ich glaube, dass Ihre Redezeit für diese Tagung schon längst überschritten ist, sonst können Sie sich ja gleich melden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

Was Sie hier machen bei so wichtigen Themen, wo 400 Leute vor der Tür stehen, die aus guten Gründen Sorge um ihr Landestheater haben, dass Ihnen dazu immer nur dieses blöde Rumpöbeln einfällt, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN - Zurufe von der FDP)

(Rasmus Andresen)

- Es ist gut jetzt, bald ist Wochenende, auch für Sie.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wir Grüne fordern einen Kulturentwicklungsplan, in dem das gesamte kulturelle Angebot des Landes und der Kommunen analysiert wird und ein gemeinsames Konzept entwickelt werden soll und der auch Rücksicht nimmt auf die Soziokultur, die im Antrag der Linkspartei angesprochen wird. Allerdings sind wir der Meinung, dass das im Rahmen eines Gesamtkonzepts vorgelegt werden soll. Daher unterstützen wir in dem ersten Schritt nicht Ihren Antrag, aber sicherlich kommen wir später zusammen.

In der Kulturpolitik brauchen wir Weitsicht. Beim Landestheater ist hingegen Eile geboten, sonst ist es zu spät für irgendwelche Planungen. Handeln Sie dementsprechend, und stimmen Sie unserem Antrag zu! Noch ist es nicht zu spät.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort für die Fraktion DIE LINKE erteile ich dem Kollegen Heinz-Werner Jezewski.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, ich muss CDU und FDP nicht erklären, wie man schlecht regiert. Das können sie selber gut genug. Aber über eines sollten Sie sich schon einig werden: Die Kollegen von der CDU behaupten, das Landestheater hat noch nie einen Cent vom Land bekommen, die Kollegin von der FDP behauptet, die kriegen ja sowieso schon so viel. Vielleicht klären Sie das in Zukunft vorher!

Wir wissen alle: Das Landestheater beruht auf einem Drei-Säulen-Modell der Finanzierung. Es geht nicht nur um FAG-Mittel, es geht auch um Gesellschafterbeiträge, und vor allen Dingen geht es um die gewaltigen Anstrengungen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landestheaters erbracht haben und weiterhin zu erbringen bereit sind.

Diese Anstrengungen werden sie nur erbringen das ist deutlich gesagt worden -, wenn auch die anderen beiden Säulen stehen.

Wir müssen uns das einmal angucken: Die würden schon wieder auf Gehalt verzichten. Ich finde das grausam genug, und ich bin absolut dagegen. Man

müsste eigentlich die Möglichkeit schaffen, dass sie das nicht müssen. Aber sie würden es tun, um ihre Arbeitsplätze zu erhalten und um das kulturelle Angebot in Schleswig-Holstein breit zu halten. Die können das aber nicht machen, wenn wir sagen, wir sägen eine der beiden anderen Säulen ab. Dann werden sie logischerweise auch sagen, dass ihre Zusage nicht mehr gilt.

Was passiert dann? - Herr Grisebach, der Intendant, der oben sitzt - herzlich willkommen noch einmal, Herr Grisebach -, hat deutlich in den Vorbesprechungen gesagt, dass dann beim Musiktheater gekürzt werden muss. Ganz konkret steht die Zahl von 85 Stellen im Musiktheater im Raum.

Was allerdings die Gesellschafter, was vor allen Dingen der größte Gesellschafter, die Stadt Flensburg, sagen wird, wenn die Kürzung von 85 Stellen im Musiktheater - im Kernbereich der in Flensburg liegenden Veranstaltungen - durchgesetzt wird, ist offen. Ich kann mir bei der politischen Gemengelage in Flensburg vorstellen, dass dann der Gesellschafterbeitrag der Stadt Flensburg erheblich gesenkt werden wird. Damit werden auch alle anderen Gesellschafter ihre Beiträge senken. Das führt nach Aussage von Herrn Grisebach und von der kaufmännischen Leitung des Landestheaters dazu, dass er das Musiktheater ganz einstellen kann. Dann hören wir bei der nächsten Demonstration des Landestheaters hier vorn nicht mehr den Chor, sondern jemand bringt einen CD-Spieler und eine tolle CD mit. Ich weiß nicht, ob wir das wollen.

Die Konsequenzen beim Ausfall einer oder mehrerer Säulen sind ganz deutlich. Ich habe mir die Anträge angeguckt. Ich habe den Antrag von CDU und FDP gesehen. Dem ersten Absatz nicht zuzustimmen, ist unmöglich. Im zweiten Absatz schreiben Sie Dinge, die alltäglich sind. Das Landestheater hat einen Businessplan aufzustellen, der ab sofort insbesondere Aufschluss über Kostenplanungen, personelle Entscheidungen und weitere wesentliche Strukturentscheidungen gibt. Sie sollten sich vielleicht mit dem Landestheater in Verbindung setzen, natürlich gibt es solche Businesspläne. Dieser Antrag ist für uns nicht zustimmbar.

Das Grundproblem, das ich sehe, ist, dass wir diesem Theater nicht nur eine Sparte nehmen, sondern dass wir dem Theater grundsätzlich die Handlungsfähigkeit nehmen. Die Nicht-Fachpolitiker haben sich nicht damit beschäftigt, das finde ich auch nicht schlimm, aber es läuft bei Theatern so, dass es da nicht ein Geschäftsjahr von Januar bis Januar gibt, sondern das läuft über die Saison. Eine Saison geht immer von einem Sommer zum näch

(Rasmus Andresen)

sten. Schauspieler, mit denen Herr Grisebach arbeiten möchte - auch Musiker -, muss man längerfristig verpflichten. Gute Schauspieler und gute Musiker gehen dahin, wo sich ihnen gute künstlerische Chancen bieten. Und gute künstlerische Chancen bieten sich nur da, wo eine Finanzierung - wenn auch nicht auf allerhöchstem Niveau, aber zumindest mittelfristig - gewährleistet ist.

Wir sind dabei, da das Schwert anzulegen. Wir nehmen dem Landestheater die Perspektive. Damit nehmen wir der künstlerischen und kaufmännischen Leitung die Möglichkeit, dieses Theater weiterzuentwickeln. Hier wird die Sparschere zum Henkersmesser, und CDU und FDP werden zu Totengräbern des Landestheaters.

Wir haben uns aus diesem Grund entschlossen, unseren Änderungsantrag zurückzuziehen. Wir werden für den Moment den Antrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW unterstützen, einfach um zeigen, dass es im Landestheater weitergehen muss. Ich bin mir sicher, dass wir nicht das letzte Mal hierüber diskutiert haben werden. Ich hoffe, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Künstlerinnen und Künstler vom Landestheater ihren kreativen Protest ausweiten und uns noch ganz oft damit beglücken werden.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW sowie vereinzelt bei der SPD)

Das Wort für die SSW-Fraktion erteile ich Frau Kollegin Silke Hinrichsen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Beginn einer Debatte über Kultur steht leider immer eine Debatte über Geld. Das konnten wir auch heute erleben. Auch im Fall des schleswig-holsteinischen Landestheaters ist das nicht anders, obwohl man in den letzten Wochen den Eindruck bekommen konnte, dass eigentlich nur noch über das Geld diskutiert wird. Die Kultur wird zunehmend als luxuriöses Anhängsel gesehen, das je nach Kassenlage erhalten oder zusammengestrichen werden kann.

Aber was einmal weg ist, kehrt nicht wieder zurück. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass im kulturellen Bereich fröhlich der Rotstift angesetzt werden kann und große Summen eingespart werden können.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Es kürzt keiner!)

Die Kürzung relativ kleiner Summen im kulturellen Bereich richtet einen sehr viel größeren Schaden an, als wir auf den ersten Blick sehen und verstehen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Dies gilt insbesondere auch für das Landestheater.

Seit etwa zehn Jahren befindet sich das schleswigholsteinische Landestheater in einer finanziellen Abwärtsspirale. Die Kombination aus gekürzten und eingefrorenen Gesellschafterbeiträgen sowie die Deckelung der Dynamisierung im FAG haben dazu geführt, dass sich das Theater heute sozusagen selbst auffrisst.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Wolfgang Kubicki?

(Beifall des Abgeordneten Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Obwohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Gehalt verzichtet haben und die Gesellschafter wieder mehr Geld zahlen, können die Kürzungen nicht mehr aus eigenen Mitteln aufgefangen werden. Ohne die Dynamisierung im FAG steht das Landestheater möglicherweise vor einer Insolvenz. Dem Land ist dies seit mindestens eineinhalb Jahren bekannt. Passiert ist aber bisher nichts. Der Ministerpräsident, der Kultur in der letzten Wahlperiode noch als Chefsache hochhielt, hat sich versteckt, und der zuständige Minister für Kultur, Herr Dr. Klug, ist untergetaucht, aber - wie ich vorhin noch gesehen habe - haben Sie ja noch zu den Demonstranten gesprochen. Wir mussten hier drin sitzen und anwesend sein.

(Zuruf)

- Ich hatte einmal gehört, dass das nicht zulässig ist, aber ich bin ja auch auf Sie eingegangen.

Obwohl die Schieflage des Theaters seit Monaten bekannt ist, hat es erst Anfang der Woche endlich ein Gespräch mit den kommunalen Landesverbänden gegeben. Vor diesem Hintergrund bedanke ich mich im Namen des SSW ebenfalls bei der Kollegin Herold, dass sie sich als Vorsitzende des Bildungsausschusses für die Rettung des Landestheaters stark gemacht hat.

(Heinz-Werner Jezewski)

(Beifall bei SSW, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Unter ihrer Regie wurden Gespräche mit dem Landestheater mit dem Ziel organisiert, einen fraktionsübergreifenden Lösungsansatz zu finden. Dies ist leider nicht gelungen. SPD, Grüne und SSW haben sich auf einen Antrag zur Sicherung des Landestheaters einigen können, mit dem ein vollgültiges Theater im nördlichen Landesteil erhalten bleibt. Die Landesregierung wird aufgefordert, die Verhandlungen mit den kommunalen Landesverbänden zu intensivieren, um die Dynamisierung wieder im FAG aufzunehmen. So erhält das Landestheater für drei Jahre die Chance, zusammen mit Kiel und Lübeck, die vor ähnlichen Problemen wie das Landestheater stehen, ein Konzept zu entwickeln, in dem die Theaterlandschaft des ganzen Landes gesichert wird.

Mit dem vorliegenden CDU/FDP-Antrag verabschiedet sich das Land hingegen - nach unserer Ansicht - von seiner Verantwortung dem Landestheater gegenüber. Das Schicksal eines amputierten Landestheaters wird damit endgültig besiegelt. Anders formuliert: In Zukunft wird es dann keine Musiksparte mehr beim Landestheater geben. Opern und Operetten fallen weg, und ein halbiertes Symphonieorchester kann eigentlich auch gleich nach Hause gehen.

Für den SSW möchte ich hier ganz klar sagen, dass es ein Irrtum ist zu glauben, dass man mit dem Wegfall der Musiksparte das Theater stärkt. Zu sehr sind Musik und Schauspiel miteinander verwoben und bedingen sich gegenseitig, als dass man auf der einen Seite kürzen kann, ohne die andere nicht mit ins Verderben zu stürzen.

Auch lässt sich das Landestheater aus Sicht des SSW nicht gesundsparen. Das ist schon zur Genüge versucht worden, und heute sehen wir, was bei diesen unsinnigen Versuchen herauskommt.

Unser Antrag entspricht der Linie, auf die sich die Kulturpolitiker eigentlich geeinigt hatten. Auch der Kultusminister hatte sich ursprünglich für die Wiedereinführung der Dynamisierung ausgesprochen. Umso ärgerlicher ist es, dass wir heute feststellen müssen, dass wir trotz aller Gespräche im Landeshaus in Flensburg und Rendsburg keinen Schritt weitergekommen sind. Kultur ist, wie meine Kollegin schon sagte, kein Luxus. Kultur ist Lebensmittel. Ich bin daher stolz, dass das Landestheater in so kurzer Zeit so viel Unterstützung erhalten hat, dass es eine Bürgerinitiative „Rettet das Landestheater“ gibt und dass sich zahlreiche

Menschen vormittags vor dem Landeshaus versammeln, um für diese und ihre Kultur zu demonstrieren.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Wenn diese Landesregierung blind dafür ist, wie wichtig Bildung und Kultur für unser Land sind, müssen die Bürgerinnen und Bürger ihr die Augen öffnen.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)