Protocol of the Session on February 25, 2010

Herr Kollege, die Fehmarnbelt-Querung entwickelt sich ja mittlerweile zum Jäger 90 der Grünen. Gestern haben Sie gefordert, das Geld in die Bildung zu stecken. Heute fordern Sie, es in den Ausbau des Breitbandnetzes zu stecken. Können Sie mir freundlicherweise erklären, welche Mittel des Landes Schleswig-Holstein verwendet werden sollen, um das Breitbandnetz in Schleswig-Holstein auszubauen?

- Wir können gemeinsam den Haushalt studieren. Ich will Ihnen jetzt keine haushaltspolitische Vorlesung halten. Wir sehen uns an anderer Stelle wieder. Dann reden wir über den Haushalt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Abgeordneter Jezewski das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin angesichts der Visionen des Abgeordneten Tietze völlig geplättet. Lieber Kollege Tietze, ich glaube, es wäre etwas zu teuer, jeden Strandkorb per Glasfaser zu versorgen. Wenn wir die Freiberuflerin am Strand versorgen wollen, müssen wir

(Dr. Andreas Tietze)

das schon per Funk tun. Anders funktioniert es leider nicht.

Es ist schon einmal gesagt worden: Nicht alles, was die Regierung tut, ist schlecht. Einiges an dem Konzept des Masterplans Breitband ist sehr gut. Es ist nicht etwa so, dass der ganze Masterplan Breitband schlecht wäre. Die geplante Umsetzung in enger Abstimmung mit der kommunalen Familie ist richtig und sinnvoll. Ich habe allerdings die Befürchtung, dass wir den Anforderungen, die in diesem Masterplan formuliert sind, nicht gerecht werden, weil eine Landesregierung naturgemäß nicht so schnell ist wie die Technik. Ich nenne hier ein paar Beispiele. Vor drei bis vier Jahren war eine 6-Mbit-Internetanbindung in den Städten eine Seltenheit und wurde teuer bezahlt. Heute werden 60-Mbit-Anbindungen angeboten. Eine Steigerung um den Faktor 10 in zwei Jahren ist etwas relativ Normales bei dieser Technik. Darauf muss man reagieren.

Die 1-Mbit-Anbindung für alle Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner könnte technisch morgen verwirklicht werden. Das steht im Masterplan Breitband. Zur Realisierung reichen zwei Kupferkabel bis zum Hausanschluss aus. Man muss dann allerdings noch in den Vermittlungsstellen dazubauen. Man braucht aber keine Leerrohre und keine Glasfaserkabel zu verlegen. Eine 1-MbitAnbindung für Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein wäre heute schon möglich. Solche Kleinigkeiten lassen mich aber nicht zu der Bewertung kommen, der Masterplan Breitband sei schlecht.

Ich will den Blick jetzt einmal darauf richten, wie darauf reagiert wird. Die Ämter Eiderstedt, Nordsee, Treene und Viöl erarbeiten mit den Städten Husum und Tönning zusammen eine Machbarkeitsstudie. Sie loten aus, ob es sich überhaupt lohnt, Leerrohre zu verlegen, oder ob man lieber andere Maßnahmen ergreifen sollte. Es wird auch geprüft, ob es sinnvoll sein kann, gar nicht auf Kabel - egal ob auf Kupferkabel oder auf Glasfaserkabel - zu setzen, sondern stattdessen Verbindungen per Funk zu schaffen. Das Technik- und Innovationszentrum Breitband in Flensburg - TIB - erbringt eine ähnliche Dienstleistung für Städte, Gemeinden und andere Einrichtungen. Das Amt Hageby wird in diesem Jahr 450.000 € für die Breitbandversorgung seiner Bevölkerung ausgeben, zum Beispiel durch die Nutzung der Leerrohrförderung. Das sind sinnvolle Maßnahmen.

Der Anschluss eines Glasfaserkabels an den Hausanschluss kostet im Schnitt 2.000 bis 4.000 €. Eine

UMTS-Internet-Flatrate mit 3,6 Mbit Leistungsfähigkeit kostet monatlich 20 bis 50 €. Man muss angesichts dessen darüber nachdenken, was eigentlich sinnvoll ist. Man muss auch bedenken, dass dann, wenn sich jeder Nordfriese eine UMTS-InternetFlatrate kaufen würde, das Prinzip nicht mehr funktionieren würde, weil Funkverbindungen ebenso wie Kabelverbindungen mengenbegrenzt sind.

Das Fazit kann eigentlich nur sein - auch das können wir im Masterplan Breitband nachlesen-: Wir brauchen feste Netze in Glasfaser und in Kupfer. Außerdem brauchen wir zusätzlich Funknetze. Sonst werden wir die Anbindungen, die die Wirtschaft und die Menschen in unserem Lande brauchen, nicht realisieren können. Dabei ist es wichtig, sowohl bei den Anbietern von Internetdienstleistungen als auch bei den Anbietern von Leitungen Konkurrenz möglich zu machen. Wir können private Anbieter zulassen. Unserer Ansicht nach sollten aber auch öffentliche Anbieter zugelassen werden, weil auch Kommunen als Anbieter auftreten können. Ob sie dies selber oder über Eigenbetriebe tun, ist eigentlich nicht von Belang.

Sehen wir uns einmal an, welche Entwicklungen es in Schleswig-Holstein teilweise gegeben hat. Ich bin Flensburger. Flensburg hat vor vielen Jahren über seine Stadtwerke eine hervorragende Firma gegründet, die sich Comtel nannte. Sie hat jeden Flensburger über die Infrastruktur der Stadtwerke an das Telefonnetz angeschlossen, wenn er das wollte. Es wurde eine hervorragende Infrastruktur sowohl im Telefon- als auch im Internetbereich hergestellt. Diese Firma ist für ein Linsengericht an einen fremden Investor verkauft worden. Das Geld ist längst im Haushalt verschwunden. Die Firma hat sich fünfmal umbenannt. Wenn mich nicht alles täuscht, gehört sie jetzt immer noch Holländern oder Schweden. Da sind Chancen vertan worden, die heute genutzt werden könnten.

Es ist unser aller Aufgabe aufzupassen, dass so etwas nicht wieder passiert, dass das, was die Kommunen jetzt auf der Grundlage des Masterplans Breitband machen, wirklich den Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern zugute kommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile für die Fraktion des SSW dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

(Heinz-Werner Jezewski)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Anschluss eines Wohn- und Gewerbegebietes an ein leistungsfähiges Breitband ist in den letzten Jahren zu einem Teil der Daseinsvorsorge geworden. Kinder machen ihre Hausaufgaben im Internet, Freiberufler sind gehalten, ihre Steuererklärung per ELSTER einzureichen, und Lieferanten geben ihre Angebote tagesaktuell per elektronischer Post heraus. Die WiREG hat im Kreis SchleswigFlensburg genau nachgefragt: 60 % aller befragten Unternehmen nutzen das Internet täglich, und 80 % versenden natürlich auch täglich Mails. Das kann sich allerdings hinziehen, wenn kein leistungsfähiger Anschluss zur Verfügung steht. 88 % der Betriebe in Schleswig-Flensburg wünschen sich DSL.

Diese Fakten sind der Landesregierung seit geraumer Zeit bekannt. Auch die Tatsache, dass der ländliche Raum für viele Existenzgründer oder für eine Neuansiedlung überhaupt nicht mehr infrage kommt, weil trotz kompetenter und persönlicher Beratung und Unterstützung, trotz erheblicher Zugeständnisse im Bereich der Investitionen und trotz eines guten verkehrlichen Anschlusses die ländlichen Gemeinden nicht mit einem Breitbandahnschluss dienen können.

Funk ist hier keine Lösung. Zum einen sind Funkverbindungen nicht so leistungsfähig wie ein Festnetzanschluss, zum anderen setzen sie einen Anbieter voraus. Den gibt es in den Dörfern und kleinen Städten nun einmal nicht, weil sich das wegen der kleinen Nutzerzahl nicht rechnet. „Pech gehabt!“, heißt es dann.

Die von der Landesregierung beauftragte Beratungsfirma hat sich auf dem Kieler Breitbandforum bereits im November letzten Jahres eindeutig für privatwirtschaftliche Lösungen ausgesprochen. Der SSW ist hingegen der Meinung, dass die kleinen Gemeinden für solche Projekte nicht leistungsfähig genug sind. Welcher Amtsausschuss soll denn mit einem Anbieter verhandeln, welcher ehrenamtliche Amtsvorsteher blickt da noch durch? Wer wird sich die Bürde des zweifelhaften Titels „Breitbandverantwortlicher“ aufbürden wollen? - Wohl kaum einer. Da ist der Wirtschaftsminister gefragt.

Netzausbau ist Wirtschaftsförderung. Damit ist das tatsächliche, reale Verlegen von Leitungen gemeint; keineswegs die Vernetzung von Gesprächspartnern oder die Weitergabe von Visitenkarten oder Broschüren. Langfristiges Ziel muss es sein, den Ausbau des Glasfasernetzes und anderer Breitbandtechnologien mit deutlich höheren Bandbreiten

voranzutreiben. Das Breitband-Förderprogramm aus dem Jahr 2008 mutete den Gemeinden eine Eigenbeteiligung von 40 % zu. Nach der Wirtschaftskrise und den massiven Einbrüchen der kommunalen Haushalte ist diese Zahl völlig illusorisch. So kommen wir nicht weiter. Diese Programme sind unzureichend und vergrößern nur weiter die elektronische Spaltung zwischen Stadt und Land. Das Wirtschaftsministerium muss erkennen, dass der Anschluss ans Breitband dem Anschluss ans öffentliche Wassernetz gleichkommt. Beides ist unbedingt notwendig, beides gehört zur Daseinsvorsorge, und beides ist Aufgabe des Staates.

Allerdings scheint sich zumindest für das nördliche Schleswig-Holstein das Problem bald von selbst zu erledigen. Schließlich sehen es die Flensburger Stadtwerke als prinzipiell möglich an, Breitbandstandard nach entsprechenden Verhandlungen anzubieten. Damit wäre der Masterplan im Norden umgesetzt: bodenständig, unkompliziert und ohne die Landesregierung. Allerdings gilt auch, dass man den Stadtwerken dann keine Knüppel zwischen die Beine werfen darf. Es ist vorstellbar, dass die Verlegung von Breitband mit der Nutzung des Stromnetzes einhergeht. Deshalb müssen so fortschrittliche Stadtwerke wie in Flensburg dann durch die Landesregierung auch genauso unterstützt werden wie ein anderes großes Stromunternehmen, wenn es um die regionalen Stromnetze geht.

Beim Ausbau des Breitbandnetzes dürfen die Kommunen nicht alleingelassen werden. Eine pauschale Förderung ist von der Intention her zu begrüßen, aber sie reicht nicht aus, weil den Kommunen schlicht das Geld fehlt. Deshalb müssen auch andere Lösungen - wie eben von mir skizziert - angestrebt werden. Das Breitbandnetz ist genauso wichtig wie Autobahnen, Seewege oder andere Verbindungen, und deshalb müssen hier alle kreativen Ideen genutzt werden, um Schleswig-Holstein fit für die Zukunft zu machen.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Ich stelle fest, dass durch die Berichterstattung durch die Landesregierung der Antrag seine Erledigung gefunden hat.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 39 auf:

Ausbau der Windenergie voranbringen

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/272

Änderungsantrag der Fraktion des SSW Drucksache 17/303

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/312

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Damit eröffne ich die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Jens-Christian Magnussen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Deutschland ist in den nächsten Jahren auf einen ausgewogenen Energiemix angewiesen. Dazu gehören Gaskraftwerke, dazu gehören Kohlekraftwerke und dazu gehören Kernkraftwerke. Das ist nicht einer persönlichen Liebe zu diesen Großkraftwerken geschuldet, sondern es ist ein Gebot der Vernunft. Zum Energiemix gehören vor allem aber auch die erneuerbaren Energien. Den erneuerbaren Energien gehört zweifelsohne die Zukunft.

Die Politik ist hier gefragt, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter vorangebracht werden kann. Wir sollten uns gemeinsame auf den Weg machen. An dieser Stelle ist übrigens ein Hinweis auf die Kürzung der Einspeisevergütung bei Solaranlagen völlig deplaziert. Denn es heißt ausdrücklich nicht, dass wir den Geldhahn aufdrehen müssen, wenn wir den Ausbau der regenerativen Energien, sprich der Windenergie, beschleunigen wollen. Wer in dieser Zeit „Rahmenbedingungen verbessern“ mit „Geld ausgeben“ gleichsetzt, dem ist nicht mehr zu helfen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir müssen stattdessen die rechtlichen Rahmenbedingungen anpassen. Da kam der Anstoß von CDU und FDP, dass insbesondere der Erlass „Grundsätze zur Planung von Windkraftanlagen“ zu überarbeiten ist, denn dieser Erlass behindert nach unserer Auffassung den Ausbau der Windenergie erheblich. Der Neubau von Anlagen wird unverhältnismäßig beeinträchtigt, Repower teilweise sogar verhindert.

Dass das auch anders geht, sehen wir in den anderen windreichen Bundesländern. Sie brauchen nur nach Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg zu schauen. Dort sind die vorgeschriebenen Abstände zu Siedlungen und zu Infrastruktureinrichtungen ganz anders definiert. Warum sollte der Abstand zum Beispiel zwischen Campingplätzen und Windkraftanlagen dreimal so hoch sein wie in Niedersachsen? Glaubt hier tatsächlich jemand, dass Campingurlauber Schleswig-Holstein meiden, wenn 500 m von ihrem Zelt entfernt ein Windrad steht? Im Zweifelsfall freuen sie sich doch darüber. Immerhin sprechen wir über aufgeklärte Menschen. Diese wissen doch, dass jedes Windrad dazu beiträgt, Kohlendioxid einzusparen, und damit einen Beitrag gegen den Klimawandel leistet.

Ich könnte noch zahlreiche weitere Beispiele nennen, die die aktuellen Probleme verdeutlichen: der Abstand zu städtischen Siedlungen, der Abstand zu Gewerbegebieten oder der Abstand zu den verschiedenen Straßen. Fakt ist, es muss etwas getan werden, damit der Ausbau der Windenergie gestärkt wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir finden, dass die Bestimmungen der Technischen Anleitung zum Schutz vor Lärm in Verbindung mit dem Bundes-Immissionsschutzgesetz gerade in Bezug auf die Lärmbelästigung und die Störung durch Schattenwurf völlig ausreichend sind. Da ist es angezeigt, sich zumindest an diesen Rechtsnormen zu orientieren.

Dieser Antrag ist unser Auftrag an die Landesregierung, entsprechende Maßnahmen weiterzuentwickeln und zügig umzusetzen. Natürlich darf nicht verkannt werden, dass sich an der einen oder anderen Stelle Widerstand gegen weitere Windkraftanlagen regt.

Das ist zwar bedauerlich, letztendlich aber manchmal unvermeidlich und zu akzeptieren. Deswegen können die Gemeinden aber in ihrer Bauplanung großzügigere Abstandsregelungen festlegen. Auf diese Weise wird den Gemeinden der notwendige Entscheidungsspielraum gewährt. Der Interessenausgleich und die Akzeptanz der Windenergie bleiben damit gewahrt.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und möchte noch kurz zum weiteren Verfahren hinsichtlich der anderen Anträge Stellung nehmen. Da der Antrag des SSW zum Kleinwindanlagenerlass aus unserer Sicht nicht den Kern unseres Antrages trifft, bitte ich um Überweisung in den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend in den Wirt

(Vizepräsidentin Herlich Marie Todsen-Reese)

schaftsausschuss. Den Änderungsantrag der Grünen, der doch umfassender ist als das, was wir mit unserem Antrag erreichen wollen, bitte ich, in den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Ich Bitte Sie um Zustimmung zu diesem Verfahrensvorschlag.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Regina Poersch das Wort. - Bevor Frau Poersch beginnt, begrüße ich die Besucher auf der Tribüne. Unser herzlicher Willkommengruß gilt den DRK-Senioren aus Schönberg Kreis Herzogtum Lauenburg. - Seien Sie uns herzlich willkommen! Eine gute Stunde hier bei uns im Landtag!

(Beifall)