Protocol of the Session on January 29, 2010

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Vogt?

Herr Kollege Baasch, woher kommt denn dieser Erkenntnisgewinn seit der letzten Wirtschaftsausschusssitzung, in der Sie noch etwas anderes beantragt haben? Es würde mich interessieren, woher in so kurzer Zeit diese Kehrtwende in der Argumentation kommt. Ich bin wirklich gespannt. Ich nehme es gern auf, was Sie sagen, doch ich frage mich nur, es gibt bisher noch keine Erklärung dafür, wie diese Kehrtwendung zustande gekommen ist.

Ich will versuchen, Sie darauf hinzuweisen, dass das Take-off-Konzept beraten werden muss. In dem Take-off-Konzept wird deutlich gemacht, dass es erstens nicht mit den 4 Millionen € getan ist, die zur Erreichung des Planfeststellungsbeschlusses notwendig sind, ich will nur daran erinnern, dass allein mit den Umweltverbänden verabredet ist: Wenn der

Planfeststellungsbeschluss umgesetzt wird, dass 8 Millionen € in etwa notwendig sind, um die Entwässerung des Flughafens auf einen neuen Stand zu bringen. All das sind natürlich Finanzgrößen, die die Hansestadt nicht leisten kann, die man aus dem Take-off-Konzept ableiten kann.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dementsprechend kommt die Hansestadt Lübeck natürlich auf die Idee, die Landesregierung um Hilfe und Unterstützung im finanziellen Bereich zu bitten.

Die Grundsatzfrage ist - darüber kann man ja streiten -: Will man diesen Flughafen? Ich als Lübecker sage ganz ehrlich: Ja, ich will diesen Flughafen.

(Vereinzelter Beifall beim SSW)

Ich will diesen Flughafen auch deswegen, weil ich es für richtig halte, ein Infrastrukturprojekt dieser Größenordnung nicht sterben zu lassen, weil ich auch finde, dass es richtig ist, dass Menschen, die dort Arbeit gefunden haben, auch eine berufliche Perspektive haben sollen. Ich finde, dass dem Land Schleswig-Holstein ein Flughafen gut zu Gesicht steht. All das sind gute und richtige Argumente dafür. Ich weiß, dass es gute Argumente dagegen gibt. Das will ich gar nicht in Abrede stellen.

Nur, wenn wir uns entscheiden, sollten wir bitte nicht mit dem berühmten Schwarzer-Peter-Spiel anfangen, sondern gemeinsam die Verantwortung tragen und erkennen - das werden Ihnen Ihre Kollegen von der FDP-Fraktion in der Lübecker Bürgerschaft auch sagen -, dass die Finanzsituation der Hansestadt Lübeck allein die Finanzierung für diesen Flughafen nicht leisten kann.

Deswegen die Bitte, unseren Ergänzungsantrag aufzunehmen, um deutlich zu machen: Wir spitzen nicht nur den Mund, sondern wir pfeifen auch. Wir sind in der Lage, der Landesstadt Lübeck wirksam und real zu helfen und bis zum 31. März 2011 den Betrieb aufrechtzuerhalten, damit ein Investor für die zukünftigen Aufgaben gefunden werden kann.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich dem Herrn Minister Jost de Jager das Wort.

(Wolfgang Baasch)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch auf die Gefahr hin, dass ich die Liste um Herrn Puschadel, was meine Stichwortgeber anbelangt, noch einmal vergrößern sollte, möchte ich zu Beginn der Rede ausdrücklich Frau Poersch und Herrn Baasch für das danken, was sie gesagt haben, da es ein Stück Anerkennung in der schwierigen Situation war. Frau Poersch, ich habe auch herausgehört - natürlich jonglieren wir -, dass Sie am Ende bestrebt sind, eine Lösung herbeizuführen, die dazu führt, dass wir den Flughafen Blankensee fortführen können.

Ich erkenne das an. Das vermindert heute ein wenig meine Beißhemmung. Aber am Ende wollen wir zu einer Lösung kommen, die Blankensee stützt.

Genauso begrüße ich die Beschlussfassung der Bürgerschaft von gestern, weil ich glaube, dass das ein Zeichen ist, dass die Mehrheit der Lübecker Bürgerschaft die Suche nach Lösungen - inzwischen muss ich sagen - nicht weiter verbaut. Dieses Zeichen war aber auch notwendig, weil man zwischendurch den Eindruck bekommen konnte, dass die Mehrheit der Lübecker Bürgerschaft nicht mehr nach Lösungen sucht, sondern nur noch nach Schwarzen Petern.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich will Ihnen das auch noch einmal sagen. Sie haben es freundlicherweise dem Ministerpräsidenten voller Stolz zugeschickt. Der Beschluss, den die SPD in Lübeck gefasst hat, lautet:

„Das Land Schleswig-Holstein übernimmt befristet bis zum 31. März 2011 mit allen Rechten und Pflichten den Gesellschafteranteil und bringt dafür als Kaufvertrag die notwendigen Mittel für die Erlangung der Rechtssicherheit des Planfeststellungsbeschlusses vollständig ein, oder das Land Schleswig-Holstein übernimmt den Verlustausgleich des Flughafens aus dem Geschäftsjahr bis 31. März 2011 sowie die notwendigen Mittel zur Erlangung der Rechtssicherheit des Planfeststellungsbeschlusses vollständig.“

Ich sage Ihnen: Wenn Ihre SPD in Lübeck einen Beschluss fasst, von dem sie ganz genau weiß, dass diese Regierung aufgrund ihres Koalitionsvertrags ihn nicht erfüllen kann, dann glaube ich manchmal nicht mehr, dass Ihre SPD in Lübeck tatsächlich

nach einer Lösung sucht. Haargenau das ist das Problem.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wir werden diese Lösung weiterhin suchen. Die Landesregierung will eine solche Lösung. Wir wollen, dass Blankensee eine Perspektive und eine Zukunft hat. Das wird aber nur gehen, wenn jeder Beteiligte seinen Teil der Verantwortung tatsächlich trägt.

Das Land ist bereit, seinen Teil der Verantwortung zu tragen, und wir haben es in den vergangenen Jahren auch gemacht. Es gab 5,5 Millionen € Investitionszuschuss für den Auf- und Ausbau der Infrastruktur. Das Land hat 38 Millionen € zur Verfügung gestellt, um die Straßen- und Schienenanbindung dieses Flughafens auf den Weg zu bringen. Das Land ist übrigens auch seinem Versprechen nachgekommen und hat innerhalb eines Jahres den Planfeststellungsbeschluss hinbekommen, den die Stadt Lübeck in der Tat braucht, um diese Investitionen tatsächlich tätigen zu können. Das ist auch mehrfach gesagt worden. - Übrigens ist im September der Stadt Lübeck auch schriftlich übermittelt worden, dass das Land grundsätzlich bereit ist, sich auch weiterhin an den Investitionen zu beteiligen.

(Beifall bei der CDU)

Insofern hat das Land den Teil der Verantwortung, den wir dabei übernehmen können, übernommen und hat gesagt: Wir sind bereit, diese Investitionen tatsächlich zu machen.

Nun muss die Stadt Lübeck ihre Hausaufgaben machen. Das bedeutet, es muss Beschlüsse geben, die diesen Planfeststellungsbeschluss tatsächlich umsetzen und weiter voranbringen, und es muss Beschlüsse geben, dass die Stadt Lübeck investieren will. Die Frage ist nicht, ob das Land investieren will, sondern ob die Stadt investieren will. Wir können gar nicht selber investieren, sondern wir können nur einen Zuschuss leisten zu einer Investitionsentscheidung, die in der Stadt Lübeck getroffen werden muss. Dem steht nichts entgegen, außer der politischen Mehrheit in Lübeck selbst.

Insofern, meine Damen und Herren, kann es gar nicht anders sein, als dass zunächst einmal Lübeck selber diese Beschlüsse fassen muss, damit es eine Beteiligung des Landes an den Investitionen, zumindest 60 %, durch das Land überhaupt geben kann. Dort in Lübeck muss der entscheidende Beschluss gefasst werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das ist übrigens auch das, was die Bürger in Lübeck wollen. Der Bürgerentscheid, der jetzt beantragt worden ist, und das Bürgerbegehren, das stattgefunden hat, hatte nicht die Fragestellung: „Soll das Land den Flughafen übernehmen?“, sondern die Fragestellung des Bürgerbegehrens - das ist jetzt auch der Antrag für den Bürgerentscheid - lautet: „Soll die Hansestadt Lübeck den Lübecker Flughafen abweichend vom Bürgerschaftsbeschluss vom 26. November 2009 … bis einschließlich 2012 in Eigenregie ausbauen und weiterführen, auch wenn vorher kein privater Investor gefunden wird?“ Das, meine Damen und Herren, ist die politische Fragestellung vor Ort in Lübeck. Diese Entscheidung muss getroffen werden.

Ich bin ganz hoffnungsfroh, dass die Lübecker Bürger eine Entscheidung treffen können, die die Lübecker Bürgerschaft nicht zustande gebracht hat. Aber meine Damen und Herren, das ist die Fragestellung. Der Flughafen in Lübeck-Blankensee wird nur eine Perspektive haben, wenn sich der alleinige Besitzer dieses Flughafens, die Stadt Lübeck, dazu bekennt und die notwendigen Entscheidungen tatsächlich trifft.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir haben gesagt, dass wir unsere Zustimmung zu den Investitionsentscheidungen von zwei Punkten abhängig machen. Das eine ist die tatsächliche Bereitschaft von Ryanair, diese Base tatsächlich einzurichten. Ich sage auch einmal an dieser Stelle: Ich finde es bedauerlich, dass wir von dem Bürgermeister zehn Stunden vor der Abreise gebeten worden sind, noch einen Begleitbrief zu schreiben, aber ich bisher noch keine Information über den Verlauf des Gesprächs habe. Ich bin aber immer noch hoffnungsfroh, dass sich Ryanair so entscheiden wird.

Die zweite Voraussetzung ist ein tragfähiges Konzept. Da ist die Situation anders, als Sie es dargestellt haben, Herr Fürter. Das darf ich vielleicht auch in Ihre Richtung sagen. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie gezeigt haben, dass Sie besser Englisch können als Günther Oettinger.

(Heiterkeit)

Das ist ein bisschen eine Ehrenrettung für die politische Kaste gewesen. Gleichwohl haben Sie mich aber hinsichtlich meiner Äußerungen im Wirtschaftsausschuss nicht richtig wiedergegeben. Es ist nicht so, dass ich das Take-off-Konzept abgelehnt hätte. Ich hatte nur darum gebeten, dass es in zwei wichtigen Punkten fortgeschrieben wird. Wir brauchen wegen der optimistischen Grundlagen, die es enthält, auch noch ein Konzept mit Annahmen

„middle case“ und „worst case“, um zu wissen, welche Sicherheiten tatsächlich vorliegen, und um zu wissen, welche wirtschaftlichen Entwicklungen eintreten, wenn sich einige der Voraussetzungen ändern.

Ich glaube, dass wir dieses überarbeitete Konzept bald bekommen werden. Wir werden auf der Basis dieses überarbeiteten Konzeptes selbstverständlich den schriftlichen Bericht einbringen, der gefordert worden ist. Dann können wir den in einem Monat noch einmal debattieren. Dann wird es eine Festlegung der Haltung der Landesregierung geben. Das schafft aber Zeit, dass die Landes-SPD und die SPD in Lübeck ihren Kurs zweifelsfrei festlegen können. Vielleicht, meine Damen und Herren, sind wir dann in einem Monat weiter.

(Beifall bei CDU, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, aufgrund der Redezeit des Ministers stehen allen Fraktionen weitere zweieinhalb Minuten zur Verfügung. Möchten Sie davon Gebrauch machen? - Nein. Dann sehe ich keine weiteren Wortmeldungen und schließe damit die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/217, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? Dieser Antrag ist gegen die SPD bei Enthaltung des SSW abgelehnt.

Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/56, abzulehnen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen.

(Unruhe - Zuruf)

- Das ist das, was ich gerade gesagt habe. - Bitte.

Frau Präsidentin, ich bitte darum, dass über die Drucksache 17/185 abgestimmt wird. Das ist die Beschlussempfehlung.

Dann lasse ich über die Drucksache 17/185 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen sehe ich nicht. Damit ist die Drucksache 17/185 mit den Stimmen von CDU, FDP und SSW angenommen.

(Minister Jost de Jager)

(Zuruf: Und SPD!)

- Und SPD.

(Günther Hildebrand [FDP]: Frau Präsiden- tin, könnten Sie das Abstimmungsergebnis bitte wiederholen? Ich weiß nicht, ob das vollständig wiedergegeben worden ist!)