Protocol of the Session on December 10, 2008

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für den SSW ist dies keine wirkliche Überraschung, haben wir doch nie daran geglaubt, dass es auf der Basis rein rechnerischer Ziele möglich ist, Personalentwicklung zu betreiben. Denn auch wer Personal reduzieren will, muss konzeptionell vorgehen. Das geschieht eben nicht, wenn die Vorgabe lautet: 7,5 % Personaleinsparung auf der Ministerialebene

(Beifall beim SSW)

und 15 % im nachgeordneten Bereich. Dort, im nachgeordneten Bereich, ist die Personaldecke mittlerweile so dünn, dass konkrete Maßnahmen nicht mehr erledigt werden können. Für uns steht somit fest, dass Verwaltungsstrukturen innerhalb der Landesverwaltung reformiert und geändert werden müssen und dass die Landesregierung hier eher auf Pepita-Niveau gearbeitet hat.

Wir brauchen flachere Strukturen und für die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch größere Entscheidungsbefugnisse. Daher begrüßen wir, dass der Justizminister für sein Ressort dabei ist, ei

ne echte Verwaltungsreform durchzuführen. Wir wünschen ihm dabei eine glückliche Hand, denn wir brauchen für die Ebene der Ministerien inhaltliche Veränderungen, die Personal für die vielen Aufgaben frei machen, die in der Verwaltung unserer komplexen Gesellschaft - unsere Gesellschaft ist komplex, sie ist nicht wie ein Kaufmannsladen zu führen - tagtäglich gelöst werden müssen.

Hoffentlich hat Minister Döring dabei mehr Erfolg als der von uns geschätzte, aber doch sehr bedauernswerte Entbürokratisierungsstaatssekretär Schlie oder die Landesregierung insgesamt bei der recht kläglich - und zu Recht kläglich - gescheiterten Kreisreform.

Der SSW hat nie den Standpunkt vertreten, dass das Personal der Landesverwaltung ein Klotz am Bein des Haushalts ist, denn gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ein echter Standortvorteil im Wettbewerb der Regionen um die Ansiedlung von Unternehmen und die Sicherung von Arbeitsplätzen. Hinzu kommt, dass überhaupt nicht erkennbar ist, wie das Land gedenkt, mit den anstehenden Pensionierungen nach 2012 umzugehen. Welche Personalentwicklung verfolgt man eigentlich für die verschiedenen Bereiche des Landesdienstes?

Für uns steht fest, dass in den Kernbereichen Schule, Steuerverwaltung, Polizei und Justiz kein Personal eingespart werden darf. Richtig ist natürlich, dass dies auch die personalintensivsten Bereiche der Landesverwaltung sind. Dennoch wissen wir alle aus Gesprächen, dass es hier über die Jahre eine Verdichtung der Arbeit gegeben hat, die nur über eine angemessene Personalausstattung aufgefangen werden kann. Der SSW hat sich bei der Aufstellung des letzten Doppelhaushalts gegen die Streichung der Sonderzahlung an Beamtinnen und Beamte ausgesprochen. Das ist weiterhin unsere Position, wobei wir positiv zur Kenntnis nehmen, dass sich die Große Koalition bei den Anwärterinnen und Anwärtern bewegt hat.

Vor diesem Hintergrund begrüßen wir, dass weitere Lehrkräfte eingestellt werden sollen. Das ist für uns eine echte Investition in die Zukunft und keine Ausgabe, die als ,,nice to have“ betrachtet werden kann. Gleichwohl gilt auch hier: Wer eine Schulreform beschließt, kann nicht davon ausgehen, dass die Umsetzung reibungslos verläuft, wenn die Hauptlast von den Schulen selbst zu tragen ist. Wichtig für uns ist daher, dass die zusätzlichen Stellen gerecht verteilt werden. Mag sein, dass die Gymnasien momentan am meisten gefordert sind. Unser Ziel ist aber weiterhin, dass nicht zuletzt die

(Anke Spoorendonk)

Gemeinschaftsschulen gefördert werden, weil dort wirklich pädagogisches Neuland betreten wird.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch bei den Hochschulen hat sich die Regierungskoalition bemüht, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Dies ist vom Ansatz her natürlich der richtige Weg. Wenn es aber um die Universität Flensburg geht, wissen wir, dass die zusätzlich bereitgestellten Summen immer noch nicht ausreichend sind. Darum werden wir bei der Schlussabstimmung auch dem Haushalt des Wissenschaftsministers nicht zustimmen.

Der Beschluss der Großen Koalition, das dritte Kindergartenjahr für Eltern beitragsfrei zu gestalten, findet grundsätzlich unsere Unterstützung. Wir sind davon überzeugt, dass ein beitragsfreies Kita-Jahr einen positiven Effekt auf die frühkindliche Förderung in unserem Land haben wird und dass es mit diesem Instrument auch gelingt, Kinder aus sozial belasteten Familien besser zu unterstützen.

Wir brauchen - auch das ist bereits gesagt worden auch eine geänderte Finanzbeziehung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Darum steht der SSW dazu, dass das Konzept der Landesregierung, die Finanzbeziehungen neu zu schneiden und auch ein Entschuldungskonzept vorzulegen, der richtige Weg ist. Wir meinen, dass es nur so für das Land weitergehen kann, denn wir haben eine Strukturschwäche. Wir teilen daher die Auffassung des Finanzministers, dass diese Strukturschwäche der wichtigste Grund dafür ist, dass wir in der Haushaltssanierung eigentlich nicht weiterkommen.

Seit 2005 ist die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Schleswig-Holstein und Syddanmark sowie im grenznahen Bereich in der Region Schleswig-Sønderjylland stark ausgebaut worden. Der große Anstieg der Pendlerzahlen verdeutlicht diese Entwicklung; denn mittlerweile kreuzen fast 12.000 Menschen tagtäglich die deutsch-dänische Grenze.

Für den SSW ist der Ausbau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und der damit verbundene Abbau von kulturellen und bürokratischen Barrieren weiterhin ein zentrales Anliegen, um die Entwicklungschancen der Grenzregion zu sichern. Gerade für die Angehörigen der dänischen Minderheit trägt die positive wirtschaftliche Entwicklung nördlich der Grenze dazu bei, dass sich ihre Beschäftigungsmöglichkeiten in den letzten Jahren stark verbessert haben. Für die jungen Menschen aus der Minderheit heißt dies im Umkehrschluss, dass sie

dadurch eher die Chance haben, in ihrer Heimat bleiben zu können. Da aber unsere Region insbesondere von dem starken Wirtschaftswachstum in Dänemark profitiert hat, kommen wir nicht umhin, auch die Verantwortung der Landes- und der Bundesebene für die wirtschaftliche Entwicklung weiterhin einzufordern.

Alles dies war ja auch ein wichtiges Thema auf der am Montag abgehaltenen Konferenz der Landesregierung. Das will ich hier wegen der Kürze der Zeit nicht weiter vertiefen. Aber ich meine, es muss weitergearbeitet werden. Am Montag - auch das muss man selbstkritisch sagen - wurde auch sehr viel heiße Luft bewegt. Wir brauchen konkrete Vorschläge, und wir brauchen Maßnahmen.

Aus Sicht des SSW war es schade, dass die Landesregierung dabei die Gelegenheit verpasste, die Ergebnisse der Kompetenzanalyse ,,Minderheiten als Standortfaktor in der deutsch-dänischen Grenzregion“ in die Konferenz mit einzubinden. Denn die Ergebnisse der Analyse sind ja: Die Minderheiten stellen einen großen Wert für die Region dar, einen ,,Mehrwert“, der stärker für die gesamte Region genutzt werden sollte.

(Zuruf von der CDU: Das hat der Minister- präsident doch in seiner Begrüßung gesagt!)

- Der Ministerpräsident hat das in seiner Begrüßung gesagt; das kritisiere ich überhaupt nicht. Das war gut und richtig. Das haben wir von ihm auch erwartet. Ich finde, es wäre gut gewesen, wenn dieser Punkt auch mit in die Workshops einbezogen worden wäre.

Minderheitenpolitisch betrachtet steht der Haushalt 2009/2010 für einen wichtigen Schritt in Richtung finanzieller Gleichstellung von Mehrheit und Minderheit. Der SSW begrüßt insbesondere den Vorschlag von CDU und SPD, der die Finanzierung der Schülerbeförderung zu den dänischen Schulen neu regelt. Künftig wird das Land den Kreisen die Hälfte ihrer Zuschüsse für die Schülerbeförderung zu den dänischen Schulen erstatten, wenn diese dem Kreiszuschuss für die Schüler an öffentlichen Schulen entsprechen. Die Große Koalition hat mit ihrem Haushaltsantrag eine klare Formulierung gefunden, die den Schülerinnen und Schülern der dänischen Minderheit eine Gleichstellung mit ihren Gleichaltrigen an öffentlichen Schulen in Aussicht stellt. Nach jahrelangem Tauziehen um diese Gelder freut es uns, dass es gelungen ist, den Knoten durchzuschlagen und die Zuschüsse für die nächsten beiden Jahre abzusichern. Langfristig bleibt es aber unser Ziel, eine rechtliche Absicherung dieser

(Anke Spoorendonk)

Zuschüsse im Schulgesetz zu erreichen; denn nur damit hätte der Dänische Schulverein die volle Planungssicherheit.

(Beifall beim SSW)

Der Ball liegt jetzt in der Spielfeldhälfte der Kreise, die nun auch ihre Finanzierung umstellen müssen.

Auch in anderen Bereichen sind CDU und SPD dem SSW entgegengekommen. So freut es uns, dass eine langjährige Forderung von Sydslesvigsk Forening erfüllt wurde und 30.000 € für die Unterstützung des Danevirke Museums beschlossen wurden.

Für die friesische Volksgruppe war es von entscheidender Bedeutung, dass das Nordfriisk Instituut auch die Erhöhung der Personalkosten erstattet bekommt. Es gibt noch weitere positive Ansätze, die ich jetzt nicht im Einzelnen alle auflisten werde.

Für die dänische Minderheit und die friesische Volksgruppe stellt der Haushalt 2009/2010 daher wesentlich mehr als ein halbvolles Glas dar. Dies würdigt der SSW ausdrücklich. Allerdings möchte ich auch unterstreichen, dass es sich dabei nicht um milde Gaben oder um Weihnachtsgeschenke für die Minderheiten des Landes handelt. Es geht schlicht und ergreifend um die Schaffung gleichwertiger Rahmenbedingungen, und dazu gehört eben auch die gerechte Verteilung der finanziellen Ressourcen. Aus Erfahrung wissen wir, dass die Akzeptanz einer positiven Minderheitenpolitik immer wieder neu erarbeitet werden muss, sowohl von der Mehrheits- als auch von der Minderheitsbevölkerung. Minderheitenpolitik ist aktuelle Politik in Europa, sie ist eben keine ,,Orchideenpolitik“.

Daher passt es gut, dass wir die heutige Haushaltsdebatte am Tag des 60. Geburtstags der UN-Menschenrechtskonvention führen. Denn die Schaffung gleichwertiger Rahmenbedingungen heißt konkret, dass nicht die eine nationale Minderheit in Europa mit einer anderen verglichen wird. Es muss in jedem Fall darum gehen, die Verhältnisse von Mehrheit und Minderheit vor Ort zu vergleichen. Nur so wird es eine echte Gleichstellung geben. Mit dem Doppelhaushalt 2009/2010 sind wir in SchleswigHolstein einen wesentlichen Schritt näher gekommen. Das ist nicht nur gut so, das ist auch ein Grund zur Freude.

(Beifall beim SSW)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zuletzt ein paar Anmerkungen zum Abstimmungsverhalten des SSW: Wir stehen zu unserer Position, dass wir in

der Schlussabstimmung dem Gesamthaushalt zustimmen werden.

(Beifall bei CDU und SPD)

Aus Sicht des SSW muss die politische Auseinandersetzung über die Einzelpläne des Haushalts geführt werden. Daher - das sagte ich bereits - werden wir dem Einzelplan 06 nicht zustimmen. Wir werden auch dem Einzelplan 13 nicht zustimmen, weil dieser Einzelplan aus unserer Sicht immer noch so gestrickt ist, dass die Umweltaspekte zu kurz kommen.

Auch wird der SSW in gewohnter Weise Einzelanträgen zustimmen, mit denen wir uns identifizieren können. Wir begrüßen daher, dass in den Fraktionsanträgen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht nur die Bildungsarbeit der Volkshochschulen und die Frauenberatungsstellen, sondern auch die Arbeit für Migrantinnen und Migranten und die frühkindliche Bildung gestärkt werden sollen, um nur einige wichtige Beispiele zu nennen.

Ausdrücklich hervorheben möchte ich, dass wir wie die FDP die Meinung vertreten, dass die Verabschiedung von Doppelhaushalten weiterhin eine Ausnahme bleiben muss.

Der SSW spielt also auch in diesem Jahr ganz bewusst die dänische Karte. Wie das konkret läuft, liebe Kolleginnen und Kollegen, erfuhr der Finanzausschuss ja, als er im Frühjahr im dänischen Folketing Gespräche mit Kollegen führen konnte. Die Zustimmung zum Gesamthaushalt bedeutet in Kopenhagen, dass die Fraktionen des dänischen Parlaments zu ihrer Verpflichtung stehen, einen Haushalt für das Land zu verabschieden.

Die Gesamtverantwortung für den Haushalt tragen auch dort die regierungstragenden Fraktionen. Alle anderen würdigen durch ihr Abstimmungsverhalten, dass sie sich an dem Entscheidungsprozess, am Zustandekommen des Haushalts, beteiligt haben und beteiligen konnten. Dennoch gibt es auch hier keinen Automatismus. Denn zum Beispiel die Sozialistische Volkspartei (SF), die in Dänemark keine kleine Partei ist, hat erst vor ein paar Monaten erklärt, dass sie künftig dem Haushalt zustimmen werde, um eben diese Verantwortung zum Ausdruck zu bringen. Soll heißen: Man steht zu seinem Wort, ob man sich nun in der Opposition oder in der Regierungsverantwortung befindet. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, wie ich nach der heutigen Haushaltsdebatte finde, auch kein schlechter Grundsatz.

(Anke Spoorendonk)

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich bitte, sich darauf einzurichten, dass wir in die Mittagspause hinein tagen. Nach meiner jetzigen Schätzung wird die Unterbrechung zur Mittagspause 13:45/14:00 Uhr beginnen. Ich bitte, gegebenenfalls vorgesehene Termine jetzt zu canceln.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Abzusagen!)

Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Peter Harry Carstensen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dreieinhalb Jahre liegen nun in dieser Legislaturperiode hinter uns. Gut drei Jahre haben wir einen Aufschwung erlebt, den wir sehr gut haben nutzen können.

Jetzt sind die Aussichten weniger gut. Bankenpleiten, Turbulenzen an den Aktienmärkten und düstere Konjunkturprognosen dominieren die Schlagzeilen. Wir müssen davon ausgehen, dass die Krise der Weltwirtschaft auch Schleswig-Holstein erreicht. Verunsicherung ist weit verbreitet. Manch einer malt sich die schwärzesten Zeiten seit 1945 aus, andere vergleichen die Lage mit dem Schwarzen Freitag des Jahres 1929. Ich halte beides für wenig verantwortungsvoll. Gern wird der Wettlauf der schlechtesten Nachricht gestartet, aber diesen können wir nicht gebrauchen.

Richtig ist, dass Deutschland als Exportweltmeister von der Krise betroffen ist, richtig ist aber auch, dass die Exportquote Schleswig-Holsteins gestiegen ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich empfinde das als gut, Herr Stegner, weil wir als Land mit 2,8 Millionen Einwohnern auch zusehen müssen, dass wir unsere Produkte anderswo verkaufen. Wir sind nicht unabhängig vom Geschehen auf den weltweiten Märkten. Aber die Staaten rund um den Globus haben reagiert, jeder für sich und doch abgestimmt, ruhig, besonnen und zugleich zielgerichtet. Über die Geldpolitik wird gegengesteuert und indem wir Banken mit Systemrelevanz stützen.