Protocol of the Session on December 10, 2008

klar, wo dann der einzige Sitz dieser Bank sein würde. Nein, wir haben auch eine Verantwortung für das hochqualifizierte, gut bezahlte Personal bei der HSH Nordbank.

Aus schleswig-holsteinischer Sicht betrachtet scheint mir dieses Drei-Landesbanken-Modell der Präsidenten der Sparkassen- und Giroverbände noch nicht das beste Modell zu sein. In dieser Phase der Finanzkrise und ihren Auswirkungen auf die HSH Nordbank sind zunächst, bevor man sich der Frage der Fusionen widmet, andere Konsequenzen als eine neue Statik für das Haus öffentlich-rechtlicher Landesbanken erforderlich. Ich will einige Beispiele nennen.

Zunächst - darüber scheinen wir uns einig zu sein müssen wir dazu beitragen, dass Vertrauen in die Geldanlage, in den Interbankhandel zurückgewonnen wird, damit die Banken wieder Geld verleihen und die Unternehmen Arbeitsplätze sichern oder neu schaffen können.

(Beifall des Abgeordneten Thomas Stritzl [CDU])

- Vielen Dank, Herr Kollege Stritzl. Da sind wir uns ausnahmsweise einmal einig.

Zweitens brauchen wir mehr Transparenz, mehr verbindliche Regeln und eine internationale Finanzaufsicht mit unabhängigen Rating-Agenturen auf den Finanzmärkten.

Drittens brauchen wir strengere Bilanzierungspflichten, ein Verbot von Leerverkäufen und auch das Verbot des Auslagerns von Risikogeschäften in ausländische Zweckgesellschaften.

Viertens brauchen wir eine höhere Eigenkapitalvorsorge bei Banken und Hedgefonds und einen mindestens 20-prozentigen Selbstbehalt bei der Weitergabe von Verbriefungen.

Fünftens brauchen wir auch eine Veränderung des Vergütungssystems, nicht nur bei Bankern, sondern auch bei Managern. Wir dürfen uns nicht an kurzfristigen Geschäftsmodellen, sondern müssen uns an langfristigen Geschäftsmodellen und Erfolgen orientieren. Wir müssen dies in der Höhe begrenzen und, ich glaube wir kommen auch nicht darum herum, die Schadenersatzverpflichtungen von Bankern und Managern zu verschärfen.

Sechstens brauchen wir - vielleicht sind wir uns auch darin einig, Herr Kollege Stritzl - eine internationale Absprache über die Stilllegung von Steueroasen, und wir müssen auch Schluss machen mit

dem internationalen Wettlauf der Steuersenkung bei Kapitalerträgen und Unternehmenssteuern.

(Hans-Jörn Arp [CDU]:Was hat das denn mit der Bank zu tun?)

Lassen Sie mich abschließend feststellen, dass wir uns für den Erhalt des bewährten Drei-Säulen-Modells im deutschen Kreditgewerbe einsetzen. Insoweit schließe ich mich den Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten von heute Vormittag an. Ich glaube, dass dieses Drei-Säulen-Modell mit dazu beigetragen hat, dass unsere Wirtschaft bislang noch ein bisschen besser davongekommen ist als die Wirtschaft anderer Länder.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir wissen nicht, ob wir bereits die Talsohle der Finanzkrise mit ihren Auswirkungen auf die HSH Nordbank, auf den Wertberichtigungsbedarf und auf die Arbeitsplätze erreicht haben. Aber wir können, wenn wir es wollen, die jetzige Krise auch als Chance begreifen, indem wir erstens als Demokraten der Geld- und Renditegier den Kampf ansagen und indem wir zweitens den Neoliberalismus und seine Verwerfungen in den Mülleimer der Geschichte werfen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Das mögen Sie nicht gern hören, Kollege Kubicki. - Auch sollten wir die Strukturen des Landesbankensektors so ordnen, dass sich die Landesbanken stärker als bisher um ihre Kerngeschäfte kümmern können und dass sie ihrer Verantwortung für das Firmenkundengeschäft in der Region gerecht werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Neugebauer. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun die Frau Abgeordnete Monika Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die HSH Nordbank wird uns weiter in Atem halten. Auf der „To-do-Liste“ für 2009 steht die Frage der notwendigen Kapitalaufstockung und steht die Frage nach einem tragfähigen und zukunftsfähigen Geschäftsmodell. Das, was die Landesregierung heute berichtet hat, macht deutlich, dass sie noch nicht einmal die Idee eines Konzepts besitzt, und der Mi

(Günter Neugebauer)

nisterpräsident schweigt, wie immer, wenn es um die HSH Nordbank geht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das Jahr 2008 war ein Jahr der Schreckensnachrichten für die HSH Nordbank, aber auch für das Land als Anteilseigner: Abschreibungen in Höhe von 1,3 Milliarden €, Verluste in Höhe von 360 Millionen €, eine notwendige Kapitalspritze in Höhe von 2 Milliarden € Anfang des Jahres, Arbeitsplatzabbau und Rückzug aus bisherigen Geschäftsfeldern, Reduzierung des Neukundengeschäfts, Ausfall der Dividende, Inanspruchnahme des Bundesrettungsschirms und Abberufung des Vorstandsvorsitzenden. - Schlimmer kann es für ein Unternehmen kaum noch kommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Dass Sie, Herr Kollege Neugebauer, sich hinstellen und noch - um es freundlich zu sagen - angesichts dieser schwierigen Situation sagen, hierin bestehe vielleicht auch eine Chance für Schleswig-Holstein, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine gewagte Übung!)

- Ja, das ist eine gewagte Übung. - Welch rasante Entwicklung für eine Bank, der noch im letzten Jahr viele, einschließlich des Bundesfinanzministers, bescheinigt hatten, dass sie ein schlüssiges Geschäftsmodell hat und sich im Bankensektor auch zukünftig gut behaupten wird!

Nun müssen die Scherben der Finanzmarktkrise und der Risikogeschäfte zusammengefegt werden. Die neuen Überlegungen der Bank, besonders heikle Risikooptionen im Wert von 50 Milliarden € in eine „bad Bank“ auszugliedern - im Bundesfonds sind für die gesamten Geschäfte in der Republik nur 20 Milliarden € vorgesehen -, lässt ahnen, wie groß die Probleme der HSH Nordbank tatsächlich sind. Dazu, Herr Finanzminister, hätten Sie heute Position beziehen müssen. Sie hätten sagen müssen, was dies für den Steuerzahler, für uns als Anteilseigner, bedeuten kann.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Bis Ende Februar 2009 muss die Bank ein Sanierungskonzept vorlegen und die Auflagen des

SoFFin erfüllen, um die 30 Milliarden € Liquiditätsgarantien überhaupt zu erhalten. Der schwierigste Part ist dabei mit Sicherheit die Steigerung der Kerneigenkapitalquote auf mindestens 8 %.

Es ist nicht auszuschließen, dass dazu die oben erwähnte Bilanzbereinigung nicht ausreicht und dass die Anteilseigner oder der Bundesrettungsfonds frisches Geld zuschießen müssen. Meine Fraktion plädiert hier für die wirtschaftlichste Lösung - so, wie im Finanzausschuss eigentlich auch besprochen -; eine Vorfestlegung gibt es bei uns nicht.

Die zentrale politische Diskussion geht aber um die Frage der Weiterentwicklung der Landesbanken. Wie müssen sie sich zukünftig aufstellen, um wettbewerbsfähig zu sein, sind sie überhaupt überlebensfähig?

Der Ursprung der öffentlich-rechtlichen Landesbanken ist die Kreditversorgung der regionalen Wirtschaft und der Sparkassen, die Unterstützung der Strukturpolitik des Landes und die Orientierung am Gemeinwohl. Ein Nebeneffekt, Herr Neugebauer, sind die 1.700 Arbeitsplätze in SchleswigHolstein.

Die schleswig-holsteinischen Unternehmen haben mehrfach betont, wie wichtig für sie die HSH Nordbank als Kreditgeber ist. Meine Fraktion ist nach wie vor der Auffassung, dass es auch die Aufgabe des Staates ist sicherzustellen, dass Unternehmen in der Region die Kredite erhalten, welche sie für ihre Unternehmenstätigkeit brauchen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Andere Länder machen das ohne öffentlich-rechtliche Banken, aber sie machen das auch. Deshalb steht meine Fraktion nach wie vor zum Drei-Säulen-System des deutschen Bankensystems. Es ist eine Mär zu glauben, dass wir fein raus wären, hätten wir die Landesbank nur rechtzeitig verkauft. Gerade die Finanzmarktkrise hat doch über die Grenzen Deutschlands hinweg gezeigt, dass der Staat letztlich immer einspringen muss, unabhängig von der Trägerschaft der Banken.

Dass die öffentlich-rechtlichen Banken jetzt derart hohe Verluste eingefahren haben zeigt, wie hart die Bedingungen der globalisierten Finanzmärkte sind und wie schwierig es sein wird, nach der Krise ein tragfähiges Geschäftsmodell für die Landesbanken zu finden.

Die Landesbanken sind dem Druck hoher Gewinnmaximierung gefolgt, haben den Rating-Agenturen vertraut und spekulative und riskante Geschäfte abgeschlossen - wie andere Banken auch.

(Monika Heinold)

Die Verlockung großer Gewinnspannen ging bei der HSH Nordbank zulasten der regionalen Bodenhaftung und des öffentlich-rechtlichen Auftrags.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Und der Preis, der jetzt dafür bezahlt werden muss, ist hoch.

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende, Herr Berger, hat dafür die Verantwortung übernommen und dem Aufsichtsrat seinen Rücktritt angeboten. Der Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Peiner kommentierte das wie folgt: Bergers Rücktrittsangebot zeuge von Gradlinigkeit und seinem Verständnis von unternehmerischer Verantwortung.

Anders der Finanzminister unseres Landes. Herr Wiegard benutzte den Rücktritt des Vorstandsvorsitzenden, um sich selbst einen schlanken Fuß zu machen und von der eigenen Verantwortung als Mitglied im Aufsichtsrat und im Risikoausschuss abzulenken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Sie selber, Herr Finanzminister, haben in Ihrer Funktion als Aufsichtsrat versagt und den Interessen des Landes Schaden zugefügt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Herr Wiegard, nach meiner Kenntnis - und Sie können heute darstellen, dass das anders war - stellt sich der Ablauf des Rücktritts des Vorstandsvorsitzenden wie folgt dar: Der Vorstandsvorsitzende selbst hat schon vor der Finanzausschusssitzung am 6. November 2008 vorgeschlagen, externe Gutachter einzuschalten, weil es Unklarheiten in den Bilanzunterlagen gab, nach meiner Erkenntnis aus 2007. Sie haben in dem Antwortbrief gesagt, dass das so nicht ist. Ich denke, das KPMG-Gutachten wird dies zeigen. Genau darüber waren Sie bereits vor der Finanzausschusssitzung am 6. November 2008 informiert, als Sie uns dort noch Friede, Freude, Eierkuchen vorspielten.

Wenn dies so war, Herr Finanzminister, dann müssen Sie ihren Hut nehmen.