Ich will aber auch sagen, dass die Forderung an den Bund zur Mitfinanzierung, natürlich ohne jede Form der Mitbestimmung für den Bund bei der Ausgestaltung der Maßnahmen, etwas ist, was man zwar fordern kann, aber es ist natürlich nicht besonders konsistent, nicht besonders kooperativ und auch nur begrenzt föderal gedacht. Da darf man sich natürlich nicht wundern, dass das Ergebnis noch nicht so durchschlägt, wie wir alle uns das wünschen.
Ich will aber noch zu den Lichtblicken des Gipfels kommen. Ich finde es sehr erfreulich, dass man bis 2015 das Potenzial von 275.000 zusätzlichen Studienanfängerinnen und Studienanfängern formuliert hat. Das heißt natürlich auch - ich will mich jetzt nicht in Zahlenspiele ergehen -, wenn man das fortrechnet, dass es erhebliche Anstrengungen - ich rede jetzt nur über diesen Punkt; ich rede nicht über die Prozentzahlen - im Landeshaushalt bedeuten muss und bedeuten wird. Darüber muss man sich klar sein.
Wir sind jetzt schon in der Situation - dazu gibt es eine ganze Reihe von Kleinen Anfragen auch im Bundestag -, dass es erheblichen Zweifel daran gibt, ob die Zusagen der Länder zum Hochschulpakt I auch nur annähernd erfüllt werden. Ich kenne aus den bisherigen Diskussionen in Berlin nur drei Bundesländer, die das bisher vollständig leisten können. Ich bin optimistisch und guter Dinge, dass wir das in Schleswig-Holstein schaffen, aber wir müssen das auch finanziell ernsthaft unterlegen.
Ich will zu den Prozentzahlen nichts sagen. Je abstrakter und größer die Zahlen sind, desto leichter kann man darüber feilschen und streiten und kommt nur begrenzt zu konkreten Ergebnissen. Ich will aber schon sagen - das war auch die Maßgabe von Lissabon -, dass die Frage der Erhöhung des Anteils der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt und an der Entwicklung der Gesellschaft insgesamt natürlich eine herausragende staatliche Aufgabe ist, aber nicht nur eine staatliche Aufgabe. Wir hängen in Deutschland nicht nur mit den staatlichen Ausgaben, wir hängen auch mit den privaten Investitionen im Bildungsbereich zurück. Es muss eine gemeinsame große Aufgabe von Staat und von privater Wirtschaft sein, den Bildungsbereich weiter auszugestalten.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Strategiegruppe, die jetzt eingesetzt worden ist, will ich jetzt nicht so viel sagen. Ich will auch den Begriff „Roadmap“ nicht wiederholen. Ich will nur deutlich machen, dass wir in Schleswig-Holstein natürlich erhebliche Schwierigkeiten haben, all die Dinge zu finanzieren, die wir wollen. Wir haben aber auf der Ebene der Entwicklung von Qualität und von Vorschlägen eine ganze Masse im Köcher, was sich bundesweit sehen lassen kann. Wir müssen uns bundesweit mit unseren Maßnahmen und Initiativen nicht verstecken. Deswegen bin ich sehr optimistisch, dass unsere Bildungsministerin und unser Wissenschaftsminister auf ihren Spielfeldern dies auch bundespolitisch in die Bildungsdebatte, in die Wissenschaftsdebatte positiv einbauen können.
Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss in einigen Punkten sagen, was wir uns eigentlich von einem Bildungsgipfel erwartet hätten und was für uns nach wie vor der Lackmustest im Hinblick auf die Frage ist, wie wir zukünftig positive Entwicklungen im Bildungsbereich auch wirklich abschätzen können. Meines Erachtens müssen wir uns mit vier großen Überschriften befassen.
Erstens geht es um die verbindliche Zusage, die demografisch bedingten Haushaltseinsparungen im Bildungssystem zu belassen.
Man sagt das vielleicht einfach so daher, und es klingt vielleicht einfacher, als es ist. Deswegen sage ich: Das ist explizit ein Thema für den Bildungsgipfel. Ich bin der festen Überzeugung, dass das ein Land allein nicht wuppen kann. Nur wenn wir es im bundesdeutschen Geleitzug organisieren, nur wenn sich nicht einzelne Länder, die finanziell bessergestellt sind, aus der Verantwortung stehlen, kann es gelingen. Deswegen ist das ein Thema, das auf den Bildungsgipfel gehört.
Zweitens geht es um verbindliche Vereinbarungen zum Ausbau der Ganztagsschule einschließlich der dort zu verankernden Schulsozialarbeit. Der Herr Ministerpräsident hat sich dazu sehr erfreulich, sehr positiv und sehr unterstützenswert geäußert. Auch in diesem Punkt ist klar, dass eigentlich keine Landeszuständigkeit besteht, aber jeder weiß, dass die Schulträger das allein nicht wuppen können, sondern dass es einer großen nationalen Anstrengung bedarf. Also muss man das, was nach unserer Verfassung rechtlich möglich ist, in einer
großen Anstrengung politisch umsetzen. Ich glaube, dies ist im Bereich der Schulsozialarbeit ein zweiter wesentlicher Punkt.
Ich will einen vorletzten Punkt nennen: die verbindliche Erweiterung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte ohne Abitur. Dies ist ein umfassendes Thema. Ich habe jetzt nicht die Zeit, um ausführlich hierauf einzugehen. In den verschiedenen Hochschulgesetzen der Länder gibt es diesbezügliche Regelungen, und dies liegt natürlich in der föderalen Zuständigkeit der Länder. Ich will aber deutlich sagen: Wenn wir den Flickenteppich nicht wollen und mehr Verbindlichkeit wollen, müssen wir nationale Verabredungen darüber haben, wie wir diesen Bereich stärken können. Solche nationalen Verabredungen kann man meines Erachtens auf einem Gipfeltreffen treffen, auf dem sich alle tatsächlich verpflichten, weil dies auch gesetzliche Veränderungen in den Ländern bedeutet. Wir erwarten, dass insoweit etwas geschieht, um das Problem des Fachkräftemangels in Deutschland in erheblichem Maß einer Lösung zuzuführen.
Damit komme ich zum Schluss, Frau Präsidentin. Selbstverständlich gehört für uns Sozialdemokraten - das wird Sie alle nicht wundern - eine verbindliche Vereinbarung über die Gebührenfreiheit des gesamten Bildungswesens von der Kindertagesstätte bis zum Erststudium dazu. Wir werden nicht nachlassen, diese Forderung immer wieder deutlich zu formulieren.
Sie sehen: Ein Folgegipfel hat reichlich Aufgaben, die er noch anpacken muss. Ich hoffe, dass es dann nicht nur um öffentlich wirksame Diplomatie, sondern auch um tatsächliche Ergebnisse für die Bildungschancen unserer Kinder geht. In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit. Wir wollen die Debatte gern weiterverfolgen.
Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Begriff „Bildungsgipfel“ suggeriert, dass das Thema Bildung - seine Probleme und Herausforderungen - von höchster Stelle abschließend behandelt wird. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass Entscheidungsträger zusammenkommen. Genau das war in Dresden nicht der Fall. De facto ist Bildung nämlich Ländersache, und für die Koordination der Bildungspolitik auf Bundesebene ist die Kultusministerkonferenz der Länder zuständig. Hinzu kommt, dass sich der Bund mit der Föderalismusreform weiter aus dem Bildungsbereich zurückgezogen hat. Wenn sich also der Bund zu Wort meldet, tut er das im Wissen darum, dass ihm keine echte Entscheidungskompetenz zukommt und er möglicherweise auch nicht die Kosten tragen muss.
Von daher war kein einziger Bildungsexperte wirklich überrascht, dass auf dem sogenannten Bildungsgipfel keine substanziellen Beschlüsse gefasst wurden, und daher ist es auch nicht verwunderlich, dass es zeitweise so aussah, als wäre dieser sogenannte Bildungsgipfel zum Scheitern verurteilt gewesen, was bekanntlich in letzter Minute abgewendet wurde, um einen Gesichtsverlust der Bundeskanzlerin zu verhindern.
Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht des SSW fraglich, ob die wirklich wichtige Aussage des Gipfels, die Vereinbarung von Bund und Ländern, bis 2015 10 % des Bruttoinlandsprodukts in Bildung und Forschung zu investieren, letztlich mehr ist als heiße Luft, zumal alle konkreten Umsetzungsschritte erst einmal vertagt wurden. Mit einem Anteil von 5,1 % am Bruttoinlandsprodukt liegt Deutschland bei den Bildungsausgaben unter dem OECD-Durchschnitt von 6,1 %. Um überhaupt den Anschluss ans Mittelfeld zu finden, müssten wir jedes Jahr 23 Milliarden € mehr ausgeben. Wenn in sieben Jahren jeder zehnte Haushaltseuro in die Bil
Insgesamt enthält das Abschlusspapier in weiten Teilen eine Sammlung vager Zielformulierungen, politischer Absichtserklärungen und abermals vertagter Entscheidungen. Inhaltliche Substanz enthält es dort, wo Maßnahmen benannt werden, die längst beschlossen sind, zum Beispiel der Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige. Anders herum wird hier einmal mehr die ganze Problematik auf den Punkt gebracht. Wie wollen Bund und Länder das hehre Ziel der verstärkten Investition in Bildung überhaupt erreichen, wenn am unteren Ende gekleckert und nicht geklotzt wird? Hier müsste, Föderalismusreform hin oder her, die Ausgleichsfunktion des Bundes zum Tragen kommen, und das geschieht nach den beschlossenen Vereinbarungen nur begrenzt.
Auch der Hochschulpakt spiegelt wider, was die Konsequenzen zum Beispiel für Schleswig-Holstein sind. Denn Fakt ist, dass mit dem bisherigen Hochschulpakt nur der Anstieg der Studierendenzahlen aufgefangen wird, der ja nicht zuletzt dadurch zustande gekommen ist, dass bundesweit das Abitur nach acht Jahren eingeführt wurde. Inhaltlich betrachtet hat der Hochschulpakt die Weichen in der bundesdeutschen Hochschulpolitik noch nicht neu gestellt. Daher sollten wir die Landesregierung ermuntern, bei den Verhandlungen um den Hochschulpakt II mit harten Bandagen zu kämpfen. Der Hochschulpakt II muss ein echter Pakt für die Studierenden werden. Nur so wird es für uns in Schleswig-Holstein überhaupt möglich sein, die Unterfinanzierung unserer Hochschulen abzumildern.
Nun kann man einwenden, dass es nicht die Aufgabe des Bildungsgipfels war, die Folgen der Föderalismusreform zu korrigieren, wobei sich die Bundesländer - in Klammern bemerkt - ja auch nicht einig sind. In München und Stuttgart ist man wohl immer noch eher der Meinung, allein alles besser machen zu können. Ich habe mir sagen lassen, dass man dort nur zähneknirschend akzeptiert hat, dass Bildungsausgaben Zukunftsinvestitionen und damit eine gesamtstaatliche Verpflichtung sind.
Mag sein, dass die bundesweiten Schülerdemonstrationen dazu beitragen, dies deutlich zu machen. Dann wären wir zumindest einen Schritt weiter. Eine Bildungspolitik je nach Kassenlage der Bundesländer wird nämlich über kurz oder lang zum Wett
bewerbsföderalismus führen. Die reichen Länder könnten sich dann die besten und motiviertesten Lehrer, die besten Ausstattungen und die modernsten Gebäude leisten. Wer hingegen in einem armen Bundesland geboren und dort eingeschult wurde, hätte ungleich schlechtere Chancen. Dieser Wettbewerb würde den Standort Deutschland insgesamt schwächen, weil er die ungleichen Strukturen zementierte.
Die Bundesländer haben allerdings nicht nur unterschiedliche finanzielle Spielräume; sie bewegen sich auch in völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Ein konkretes Beispiel dafür ist der Anteil von Migranten an unseren Schulen. Dass diese einer besonderen Förderung bedürfen, ist unbestritten. Die KMK-Präsidentin hatte daher vor dem Gipfel vom Bund konkrete Finanzierungszusagen für Sprachförderprogramme vor der Einschulung gefordert. Wenn in einem Bundesland sehr viele und in einem anderen nur wenige Migranten leben, kommt dem Bund aus Sicht des SSW automatisch eine Ausgleichsfunktion zu, um für beide Enden der Skala eine optimale Förderung zu ermöglichen. Genau da beginnt die Verantwortung des Bundes. Er muss die Länder dabei unterstützen, annähernd gleiche Lebensverhältnisse zu bieten. Das ist sein Auftrag laut Grundgesetz. Davon entbindet ihn auch keine Föderalismusreform.
So verstehen wir den Antrag der Grünen, der sich für eine Bundesratsinitiative ausspricht. Auch der SSW sieht den Bund in der Pflicht, dort zu handeln, wo Schule und Gesellschaft aufeinandertreffen. Das gilt sowohl für die Schulsozialarbeit als auch für Fragen des Übergangs zwischen Schule und Ausbildung. Wir stimmen den Grünen zu, wenn sie in ihrem Antrag anführen, dass es darüber hinaus weitere Aufgaben gibt, die der Schule aus gesellschaftlichen Gründen zugewachsen sind, zum Beispiel die Vermittlung von Verbraucherwissen oder die Vermittlung von Nutzer-Know-how in der modernen Datenverarbeitungsgesellschaft.
Schule soll beileibe nicht zur Reparaturanstalt der Gesellschaft werden, ihr kommt aber eine immense Bedeutung bei der Vermittlung sozialer Kompetenzen zu. Das können die Länder nicht allein tragen, vor allem nicht bei den Ganztagsschulen. Hier muss der Bund eingebunden werden, und zwar nicht von Fall zu Fall, sondern mit klar umrissenen Aufgabenbereichen.
Sie sollten die Schaffung transparenter Finanzierungsströme und Verantwortungsbereiche auf die Tagesordnung der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz setzen und sich gemeinsam dafür einsetzen, dass die Bundesregierung ihren Pflichten im Bildungsbereich nachkommt. Wir dürfen die Bundesregierung auf keinen Fall aus dieser Verantwortung entlassen. Es gibt mehr als nur die klassische Bildung und Kultur, die wir auf Landesebene zu regeln haben, es gibt übergreifende Bereiche, in denen auch der Bund verantwortlich ist. Daran sollten wir die Kolleginnen und Kollegen auf Bundesebene immer wieder erinnern.
Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms und erteile für die Landesregierung der Ministerin für Bildung und Frauen, Frau Ute Erdsiek-Rave, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ein weites Feld, das in dieser Debatte beackert wurde. Es fehlt mir die Zeit, um auf alles einzugehen. Deswegen will ich mich auf ein paar Punkte beschränken.