Protocol of the Session on November 13, 2008

leider nicht per Gesetz verordnen. Hier sind wir alle gefragt, indem wir uns und andere immer wieder fragen: Haben wir bei unseren Entscheidungen auch alle bedacht? Das tun wir noch immer nicht häufig genug, und daher ist es notwendig, dass Menschen mit Behinderung auch im Landtag über den Landesbeauftragten Gehör finden.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Verfahren zur Gesetzgebung hat sich aus formellen Gründen etwas hingezogen, dennoch kommen wir rechtzeitig vor dem Abschluss der Haushaltsberatungen heute - wie ich denke - zu einer guten Entscheidung.

In der Anhörung zum Gesetz haben sich die Verbände für ein Vorschlagsrecht der Verbände ausgesprochen, was ich aus Sicht der Verbände nachvollziehen kann. Wir halten dieses Vorschlagsrecht allerdings nicht für praktikabel und kommen daher diesem Wunsch nicht nach. Ich gehe dennoch davon aus, dass sich die Fraktionen bei personellen Veränderungen selbstverständlich mit den Verbänden besprechen werden.

Das Wahlrecht - ob nun mit oder ohne Vorschlagsrecht der Verbände - bleibt bei beiden ohnehin dem Parlament vorbehalten, ebenso wie beispielsweise bei der Bürgerbeauftragten, bei der es im Übrigen auch kein Vorschlagsrecht der Verbände gibt.

Das Gesetz sieht vor, dass nach dem Inkrafttreten innerhalb von drei Monaten einer oder eine neue Landesbeauftragte durch das Parlament zu wählen ist. Die Wahlperiode beläuft sich auf fünf Jahre, und ich hoffe, dass wir bereits in der nächsten Tagung des Landtags wählen können.

Ich will auch schon einmal ankündigen, dass die CDU-Fraktion aufgrund seines persönlichen Einsatzes für Menschen mit Behinderung den bisherigen Landesbeauftragten Dr. Ulrich Hase vorschlagen wird.

(Beifall bei CDU und FDP sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Den Vorschlag, die Berichtsmöglichkeiten des Landesbeauftragten zu erweitern, haben wir aufgenommen, ebenso wie eine Übergangsregelung bis zur Wahl.

Wie schon anfangs gesagt: Was lange währt, wird endlich gut. Darum bitte ich sehr herzlich um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Heike Franzen. Ich bin noch einmal darauf hingewiesen worden, dass es ursprünglich eine gemeinsame Initiative der Oppositionsfraktionen war. Deshalb möchte ich abweichend vom eingeschlagenen Weg - jetzt eine bunte Reihe machen. Ich bitte als nächstes Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg um seinen Beitrag für die FDP-Fraktion.

(Zurufe von der SPD: Bunte Reihe?)

- Das sehen Sie dann, was es wird!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die bunte Reihe ändert nichts daran, dass sich das ganze Haus ausnahmsweise einmal einig ist, was mich ausgesprochen freut. Dass die Zuordnung des Landesbeauftragten zum Landtag möglich wurde, ist nicht ganz selbstverständlich. Es hat ein paar Anläufe gebraucht, auch die Große Koalition davon zu überzeugen. Ich bedanke mich ganz herzlich - auch bei den Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition - dafür, dass wir das Gesetz heute einstimmig verabschieden können.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Ich hätte beinahe gesagt, jetzt ist er endlich unser Beauftragter, was formal auch richtig ist, aber vor allem bleibt Ulrich Hase Ansprechpartner für Menschen mit Behinderung, und darin wird er jetzt gestärkt. Denn neben einer besseren Verzahnung im administrativen Bereich wird vor allem eines erreicht: noch mehr Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit.

(Vereinzelter Beifall)

Dies gilt sowohl für seine originären Aufgaben als auch für die Öffentlichkeitsarbeit und die Erstellung seiner Tätigkeitsberichte. Das bedeutet im Übrigen auch eine Gleichstellung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung mit der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten.

Mit dieser Entscheidung wird das Spannungsverhältnis aufgelöst, das aus der bisherigen Stellung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung entstand – ja, entstehen musste -, wenn dieser als Teil der Exekutive gegenüber der Exekutive die Interessen von Menschen mit Behinderung vertreten musste.

Auf der einen Seite hat der Landesbeauftragte ein Mitspracherecht bei Vorhaben der Landesregie

(Heike Franzen)

rung, die Belange von Menschen mit Behinderung berühren. Auf der anderen Seite konnte er als Beauftragter nicht immer den notwendigen öffentlichen Druck aufbauen, wenn es um Angelegenheiten der Landesregierung ging.

Jetzt kann er als Beauftragter des Landtages - befreit von diesen politischen Fesseln - die Verpflichtung des Landes, für gleichwertige Lebensbedingungen zu sorgen, mit noch mehr Leben als bisher füllen.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Sowohl die Opposition als auch die Große Koalition haben etwas unterschiedliche Vorstellungen zur Änderung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes vorgelegt. Die haben sich in zwei wesentlichen Punkten unterschieden.

FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW wollten die Beibehaltung des Vorschlagsrechts von Behindertenverbänden sicherstellen. Die Große Koalition wollte dieses Vorschlagsrecht nicht.

Wir wollten - wie bei der Bürgerbeauftragten auch eine erweiterte Berichtsmöglichkeit des Landesbeauftragten. Die Große Koalition wollte diese Berichtsmöglichkeit nicht. Hinsichtlich der erweiterten Berichtsmöglichkeit konnten wir uns durchsetzen, beim Vorschlagsrecht konnten wir das nicht.

Ich sage ganz deutlich, bei der Gewichtung beider Anliegen liegt der Schwerpunkt darauf, dass der Landesbeauftragte durch seine gewonnene Unabhängigkeit künftig größeren Einfluss auf parlamentarische Vorhaben haben wird. Das war uns wichtig. Dieser Einfluss wird durch seine erweiterte Berichtsmöglichkeit gefestigt. Damit wurde ein Kernziel der Oppositionsfraktion erreicht. Deshalb wird auch meine Fraktion heute dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Dem amtierenden Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, Dr. Ulrich Hase, und seinem ganzen Team danke ich sehr herzlich für seine bisherige Arbeit und ich freue mich - auch für meine Fraktion - auf die weitere Zusammenarbeit mit ihm. In den vergangenen 18 Jahren hat er durch seinen unermüdlichen Einsatz die Politik für Menschen mit Behinderung ganz entscheidend vorangebracht und mitgeprägt.

Ich sage abschließend, dass gerade die Sozialpolitiker aller Fraktionen stolz darauf sein können, dass wir nach harten Verhandlungen in diesem Fall ein

stimmig beschließen, den Landesbeauftragten zum Landtag herüberzuholen. Ich bedanke mich noch einmal für die harten Auseinandersetzungen, aber auch für das konstruktive Ergebnis.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD und SSW)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Nun kommt für die regierungstragende Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Wolfgang Baasch an die Reihe.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was beschließen wir heute? - In einfacher Sprache würde ich das so ausdrücken: Erstens. Der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung soll sich besonders um die Angelegenheiten von Menschen mit Behinderung kümmern.

Zweitens. Der Landesbeauftragte soll dafür sorgen, dass es Menschen mit Behinderung nicht schlechter geht als anderen. Und mit der Gesetzesänderung von heute kümmert sich der Landesbeauftragte im Auftrag des Landtages um die Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein.

Drittens. Der Landesbeauftragte ist die Person, an die sich die Menschen mit Behinderung und die Behindertenverbände wenden können, wenn sie Probleme haben.

Viertens. Das ist gut für die Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein.

Dies ist mein Versuch, in einfacher Sprache unsere heutige Gesetzesberatung zu erklären. Darüber hinaus will ich aber betonen, dass mit der heutigen Änderung des Landesbehindertengleichstellungsgesetzes die Unabhängigkeit des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung gestärkt wird. Der Landesbeauftragte wird in Zukunft noch entschiedener darauf hinwirken können, dass in SchleswigHolstein gleichwertige Lebensbedingungen für Menschen mit und ohne Behinderung geschaffen werden. Der Landesbeauftragte kann nun direkt auf die politischen Entscheidungen des Landtages einwirken und unsere Gesetzgebung aktiv begleiten.

Aber nicht nur unsere Gesetzgebung hat Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung, sondern auch allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen und Veränderungen können erhebliche Auswirkungen haben. Diese Entwicklungen wird der Landesbeauftragte wie bis

(Dr. Heiner Garg)

her beobachten, analysieren und diskutieren und dem Landtag in Zukunft direkt berichten. Dies ist ein Anliegen, das wir aus der Anhörung aufgenommen haben.

Der Landesbeauftragte wird auch in Zukunft eine Anwaltsfunktion für die Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein haben. Er wird auch weiter mit Praxistipps behilflich sein und Menschen bei der Eingliederung in Gesellschaft und Beruf unterstützen. Und überall, wo es auch in unserem Bundesland noch notwendig ist, wird er um Solidarität und um Verständnis für die Situation von Menschen mit Behinderung werben. Diese Aufgabe wird bisher ganz hervorragend von Ulli Hase geleistet, und wir wollen, dass Ulli Hase und sein Team diese Arbeit auch in Zukunft fortsetzen können.

(Beifall)

Für die SPD-Landtagsfraktion soll der bisherige Landesbeauftragte mit seinem Team auch weiterhin die Aufgabe des Landesbeauftragten unter „neuem Dach“ wahrnehmen. Darum sollten wir die Wahl hier im Landtag möglichst rasch vornehmen; einen entsprechenden Artikel, um dieses sicherzustellen, haben wir in das Landesbehindertengleichstellungsgesetz eingefügt.

Unsere heutige Entscheidung, die unabhängige Stellung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung zu stärken, sollte auf kommunaler Seite als Signal verstanden werden, dass auf kommunaler Ebene ebenfalls die Rechte und Einflussmöglichkeiten von Menschen mit Behinderung gestärkt werden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wir brauchen auf kommunaler Ebene mehr Beauftragte und Beiräte für Menschen mit Behinderung. Wir brauchen ein Mehr an Einflussmöglichkeiten von Menschen mit Behinderung, damit Barrieren überall abgebaut werden und es zumindest weniger Ungleichbehandlung gibt.

Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung muss auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen aktiv gefördert werden. Hierzu gehört auch der umfassende Ansatz der Inklusion, den die Landesregierung fördert und in vielen Veranstaltungen ins Land getragen hat. In der nächsten Woche wird der „5. Dialog: Inklusion“ stattfinden und sich mit dem Thema Arbeit für Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein beschäftigen beziehungsweise präziser formuliert - die Forderung „Arbeiten dort, wo andere auch arbeiten“ in den Mittelpunkt stellen.

Mit der Diskussion um die Leitorientierung Inklusion hat die Landesregierung die Interessen und Anliegen von Menschen mit Behinderung wieder stärker in den Blickpunkt gestellt und Veränderungen in allen Bereichen angeschoben. Es ist gut, dass wir in Schleswig-Holstein wieder mehr und verstärkt über die Lebensbedingungen von Menschen mit Behinderung reden und dass wir auf ihre Anliegen sensibel eingehen, dass wir umfassende Barrierefreiheit einfordern und uns für die Integration von Menschen mit Behinderung stark machen.