Protocol of the Session on July 17, 2008

Sicherstellung der stationären Versorgung in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2166

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/2181

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich mache Ihnen folgenden Verfahrensvorschlag. Mit beiden Anträgen wird ein Bericht in dieser Sitzung erbeten. Ich schlage abweichend von § 75 der Geschäftsordnung vor, den Antrag Drucksache 16/2181 von CDU und SPD zu einem selbstständigen Antrag zu erklären, sodass wir über beide Anträge gesondert abstimmen können. - Widerspruch sehe ich nicht.

Dann stelle ich zunächst den Berichtsantrag der FDP-Fraktion, Drucksache 16/2166, zur Abstimmung und bitte um das Handzeichen. - Nein? - Man

(Anke Spoorendonk)

kann entweder mit Ja, mit Nein oder mit Enthaltung abstimmen.

(Zurufe)

- Wir stimmen jetzt nicht alternativ ab, aber wir üben das noch.

Ich bitte um Abstimmung über den Berichtsantrag von CDU und SPD, Drucksache 16/2181. Wer diesem Berichtsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Dann ist der Berichtsantrag Drucksache 16/2181 mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW angenommen worden. Letztere hatten dem FDPAntrag ihre Zustimmung gegeben.

Dann darf ich die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren um ihren Bericht bitten. - Frau Dr. Trauernicht, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die 81. Gesundheitsministerkonferenz, zu der Schleswig-Holstein in der vorletzten Woche in Plön begrüßen konnte, hatte eine bundesweit hohe Aufmerksamkeit, sie hatte mit dem Plöner Schloss einen sehr schönen Rahmen, und sie hat eine Reihe wirklich guter Ergebnisse gebracht - für alle Länder, aber insbesondere auch für Schleswig-Holstein.

Insgesamt hat sich die GMK mit über 30 Anträgen befasst, die allesamt für die Gesundheitsversorgung wichtige Themen berührten. Dabei ist es uns über Parteigrenzen hinweg und trotz unterschiedlicher Landesinteressen gelungen, gemeinsame Positionen zu finden.

Zweifelsohne hat die Krankenhausfinanzierung auf dieser Gesundheitsministerkonferenz eine herausragende Rolle gespielt. Mir war es als Gesundheitsministerkonferenz-Vorsitzende wichtig, dass von dieser Konferenz ein deutliches Signal für die zukünftige Finanzierung der Krankenhäuser ausgeht.

Eine Besonderheit der diesjährigen Gesundheitsministerkonferenz war darüber hinaus der Besuch der EU-Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou. Mit ihr konnte über wichtige Themen - wie zum Beispiel die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung, aber auch über den Nichtraucherschutz in Europa und Gender-Aspekte in der Gesundheitsversorgung - gesprochen werden.

Ebenfalls eine Besonderheit war das der Konferenzvorgeschaltete Forum zur Brustgesundheit, auf der Professor Dr. Jonat vom Uniklinikum in Schleswig-Holstein als international renommierter Fachmann einen beeindruckenden Einblick in den derzeitigen Stand und weitere Handlungserfordernisse auf diesem Gebiet gegeben hat. Ich denke, das war für das Renommee unseres Landes und unserer Angebote hier ein ganz wichtiges Forum.

(Beifall der Abgeordneten Olaf Schulze [SPD], Jutta Schümann [SPD] und Siegrid Tenor-Alschausky [SPD])

Anknüpfend an die Ausführungen von Professor Jonat hat sich die Konferenz mit der Bekämpfung von Brustkrebs befasst. Wir alle haben es hier öfter diskutiert: In den vergangenen Jahren sind mit dem Aufbau des Mammografie-Screenings, mit der Zertifizierung von Brustzentren mit strukturierten Behandlungsprogrammen große Fortschritte gemacht worden. Die Gesundheitsministerkonferenz ist sich aber auch darin einig, dass dieser hohe Behandlungsstandard gesichert und weiterentwickelt werden muss, dass es dazu eines Qualitätsmanagements bedarf und dass sichergestellt wird, dass neue wissenschaftliche Entwicklungen zum Wohle der Frauen zügig aufgegriffen und im praktischen Handeln überall umgesetzt werden müssen.

Nach wie vor sieht die Gesundheitsministerkonferenz erheblichen Handlungsbedarf dort, wo es darum geht, einzelne Versorgungssysteme wie Früherkennung, Diagnostik und Nachsorge zu einem geschlossenen, vernetzten System weiterzuentwickeln. Durch die Beschlusslage soll zukünftig sichergestellt werden, dass Daten der klinischen und epidemiologischen Krebsregister auch in der onkologischen Forschung genutzt werden können. Hier sind alle Länder in der Pflicht, alle Länder haben sich auch diesem Ziel verschrieben.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zum Zeitpunkt der Gesundheitsministerkonferenz konnten mit einer zwanzigseitigen Beilage in allen Ausgaben des „Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages“ viele Menschen in Schleswig-Holstein auf die Bedeutung von Vorsorge und auf unsere vorhandenen Therapieangebote aufmerksam gemacht werden. Ein Dank geht an den „SchleswigHolsteinischen Zeitungsverlag“ für diese Möglichkeit der Aufklärung und der Erreichung vieler Menschen.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU] und vereinzelt bei der SPD)

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

Die Ergebnisse zur Krankenhausfinanzierung sind weitgehend bekannt. Nach intensiven Beratungen haben sich alle Bundesländer auf Maßnahmen zur finanziellen Entlastung der Krankenhäuser geeinigt. In ihrem Beschlussvorschlag fordert die Gesundheitsministerkonferenz eine unverzügliche gesetzliche Regelung, und ich sage Ihnen gleich an dieser Stelle: Es kommt entscheidend darauf an, dass die Bundesregierung jetzt auch einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg bringt, eine gesetzliche Regelung, um die steigenden Kosten im Bereich der Krankenhäuser angemessen und auskömmlich zu finanzieren.

Neben dem Wegfall des seit 2007 erhobenen Sanierungsbeitrags der Krankenhäuser in Höhe von 0,5 % ab dem 1. Januar 2009 soll eine angemessene Erstattung der über der Grundlohnsteigerung liegenden Tariferhöhung und eine zusätzliche Pauschale zur Stärkung der Pflege ohne bürokratischen Aufwand - das war uns wichtig - erfolgen.

Wegfallen soll darüber hinaus die Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung. Allein diese beiden Punkte machen für Schleswig-Holstein circa 14 Millionen € jährlich aus.

Zur Sicherung der Zukunft der Krankenhäuser ist außerdem ein einstimmiger Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz zur Einführung eines einheitlichen Bundesbasisfallwerts nach einer vorgeschalteten Konvergenzphase gefasst worden. Bund und Länder erkennen damit nach langen Diskussionen - wir haben oft darüber diskutiert -, dass zukünftig gleiche Preise für gleiche Leistungen im gesamten Bundesgebiet zu zahlen sind.

(Beifall bei SDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Karl-Martin Hentschel [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Herzlichen Glück- wünsch!)

Für Schleswig-Holstein ist dieser Beschluss von großer Wichtigkeit, denn derzeit erhalten die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein für ihre Gesamtleistung pro Jahr rund 68 Millionen € weniger, als sie beispielsweise bei Anlegung des in Bayern geltenden Landesbasisfallwerts bekommen würden. 68 Millionen €!

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das ist eine neue Erkenntnis!)

Mit der Einführung des Gesundheitsfonds ab dem 1. Januar 2009 und den damit verbundenen bundeseinheitlichen Beitragssätzen lässt sich diese Wettbewerbsverzerrung in keiner Weise länger rechtfertigen.

Zwingend erforderlich ist deshalb eine gesetzliche Anschlussregelung nach dem Ende der Konvergenzphase auf Landesebene, mit der der Übergang zu einem einheitlichen Bundesfallwert begonnen wird. Sie alle erinnern sich: In der Diskussion waren Konvergenzphasen von 10 oder 15 Jahren. Eine fünfjährige Konvergenzphase ist ein wirklich wichtiger Beschluss dieser Konferenz.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Wie immer bei einem Kompromiss wird dieses Ergebnis unterschiedlich bewertet. Den einen - in der Regel der Opposition, Herr Garg - geht dies zu langsam, den anderen - in diesem Fall den schleswig-holsteinischen Krankenkassen - geht dies zu schnell. Sie befürchten einen Ruin.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich jedenfalls habe mich gefreut über einen zustimmenden Brief des Verbandes der Krankenhausdirektoren in Schleswig-Holstein, ich habe mich gefreut über die Resonanz aus der Mitarbeiterschaft der Krankenhäuser. Sie schöpfen Hoffnung. Sie hatten nicht geglaubt, dass man es wirklich schaffen könnte, dass es jetzt in Richtung eines bundesweiten Basisfallwertes geht.

(Beifall bei der SPD)

Nun gilt es dranzubleiben. Wir in Schleswig-Holstein werden unsere Ziele auch weiterhin aufmerksam und energisch verfolgen. Allen miteinander ist klar, dass es jetzt auf die Gesetzesvorlage der Bundesregierung ankommt.

Dem Landtag Schleswig-Holstein bin ich dankbar, dass die Finanzierung notwendiger Investitionen über Jahre hinweg auf hohem Niveau erfolgen konnte. Sie wissen, auch darüber hat die Gesundheitsministerkonferenz diskutiert. Trotz des engen finanziellen Rahmens in Schleswig-Holstein haben wir aufgrund des Beschlusses des Landtags unsere Krankenhäuser so ausstatten können, dass generell nicht von einem schwierigen Niveau zu sprechen ist. Ganz im Gegenteil: Wir leisten uns auch dort, wo es erforderlich ist, Neubauten wie jetzt in Neumünster oder in Heide.

Auf Basis einer Vorlage von Schleswig-Holstein hat sich die Ministerkonferenz mit der Organvergabe und der Organvermittlung befasst. Sowohl die Bundesministerin als auch die Landesminister zollten der Vorgehensweise von Schleswig-Holstein Respekt, die zu einer Klärung des Vorwurfs der Zweiklassenmedizin beigetragen hat. Alle Länder unterstützen den Handlungsbedarf in Schleswig

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

Holstein mit Blick auf eine zukünftig fehlerfreie Datenerhebung.

Die Gesundheitsministerinnen und -minister haben sich auch dafür ausgesprochen, dass bei einer Novellierung des Transplantationsgesetzes auch eine effiziente staatliche Aufsicht über alle an der Organtransplantation beteiligten Institutionen einschließlich der Koordinierungsstelle sichergestellt werden muss. Ein Anliegen, Herr Garg, das Sie auch hier im Landtag öfter formuliert haben, hat die Unterstützung aller Länder gefunden.

Grundsätzlich sind sich alle Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister darüber im Klaren, dass die Organspendebereitschaft weiter verbessert werden muss. Sie halten die Transplantationsbeauftragten der Krankenhäuser für einen wichtigen Beitrag dazu.

Eine weitere Idee, die auf dieser Konferenz geboren wurde, ist die, dass auf der elektronischen Gesundheitskarte eine entsprechende Erklärung zur Organspende hinterlegt werden kann. Darin sehen sie einen Beitrag, die Organspendebereitschaft zu erhöhen. Wir haben die Bundesministerin um entsprechende Aktivitäten gebeten. Das wäre in der Tat eine gute Möglichkeit, wenn sich jeder entscheiden müsste, zu erklären, ob er für oder gegen eine Organspende ist, und dies auf der Karte tatsächlich enthalten wäre.

Gemeinsam mit Bremen hat Schleswig-Holstein eine Vorlage zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Deutschland vorgelegt. Die Gesundheitsminister sind sich einig, dass insbesondere in unterversorgten und von Unterversorgung bedrohten Gebieten auch weitreichende Maßnahmen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung notwendig sind. Zwar kann derzeit nicht von einem generellen Mangel an niedergelassenen Ärzten gesprochen werden - bis auf wenige Regionen im ostdeutschen Bereich -, aber es ist schon jetzt erforderlich, die Primärversorgung in Deutschland auch im Jahre 2020 im Blick zu haben. Bereits heute erkennbare Entwicklungen sind zu analysieren, darauf aufbauend Optionen zu entwickeln, um eben auch in 10 bis 15 Jahren die notwendige hausärztliche Versorgung durch eine gesicherte Regelversorgung gewährleisten zu können.

Durch die Beschlussfassung der GMK ist ein umfänglicher Maßnahmenkatalog auf den Weg gebracht worden. Wir hier in Schleswig-Holstein haben aktuell in drei Landkreisen an der Westküste entsprechende Zukunftsprojekte aller Beteiligten auf den Weg gebracht. Das eine sind eben wichtige

Beschlüsse der Gesundheitsministerkonferenz, das andere ist es, auch hier in Schleswig-Holstein ganz konkret die Weichen frühzeitig mit den Akteuren gemeinsam zu stellen.

Wie in den letzten Jahren war auch auf der diesjährigen Gesundheitsministerkonferenz die Kindergesundheit ein wichtiges Thema. Der Austausch unter den Ländern hat deutlich gemacht, dass überall Weichen für einen verbesserten Kinderschutz gestellt worden sind. Es hat sich aber auch gezeigt und das freut uns natürlich -, dass wir mit dem schleswig-holsteinischen Kinderschutzgesetz Vorreiter bei der Einführung eines verbindlichen Einladungswesens zu frühkindlichen Vorsorgeuntersuchungen im großen Stil sind. Wir sind uns aber trotz allem einig, dass ein bundeseinheitliches Einladungswesen eine bessere Variante wäre, und haben nach wie vor die Gesundheitsministerinnen und -minister aufgefordert, auf der Basis der in den Ländern gemachten Erfahrungen an diesem Ziel zu arbeiten.

(Beifall bei SPD und CDU)

Zentrale Aufgabe der Bundesebene bleiben darüber hinaus die Novellierung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung im Kinder- und Jugendhilfegesetz und die Schaffung einer Befugnisnorm für Berufsgeheimnisträger bei der Abwägung von Schweigepflicht und Kinderschutz, ein Problem, das immer wieder zu Verhaltensunsicherheiten führt und dringend beseitigt werden muss.