Protocol of the Session on September 2, 2005

Nun kann man sich wünschen, dass ALG-IIEmpfänger über 20 Jahre auch kostenfrei Empfängnisverhütungsmittel bekommen. Insoweit stellt sich aber die Gerechtigkeitsfrage. Denn es gibt in diesem

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

Land viele Menschen, die auf der Ebene von ALG II mit geringen Einkommen leben. Ich frage Sie: Wie wollen Sie denn diese Gerechtigkeitsfrage lösen?

Diese Fragen, finde ich, müssen debattiert werden. Deswegen halte ich die Debatte im Ausschuss für vernünftig. Wünschenswert wäre es, wenn über die finanzielle Frage hinaus noch andere Dimensionen dieses Themas in den Blick kämen. Denn es gibt in der Tat noch andere spannende Themen, wie zum Beispiel den erheblich steigenden Anteil von minderjährigen Mädchen in Schleswig-Holstein, die schwanger sind.

Vor diesem Hintergrund glaube ich nicht, dass ich Widerstände ausgelöst habe. Aber ich wiederhole: Wir müssen solide sein. Wir müssen die gesetzliche Ausgangssituation berücksichtigen und auf dieser Basis sehr genau formulieren, was wir denn eigentlich erreichen wollen und wie wir das erreichen wollen - nicht mehr und nicht weniger. Deswegen verstehe ich die Aufregung eigentlich überhaupt nicht.

(Beifall bei SPD und CDU - Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie verstehen mich genau!)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Wenn ich gut zugehört habe, sind sich alle darüber einig, dass Ausschussüberweisung gewünscht wird. Wer die Überweisung an den Sozialausschuss beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Nun möchte ich zunächst einige geschäftsleitende Bemerkungen machen. Wir haben vorhin gesagt, dass über Tagesordnungspunkt 24 keine Debatte geführt werden soll, dass wir aber über ihn beschließen müssen. Das Gleiche gilt für die Tagesordnungspunkte 10 und 36, über die ebenfalls ohne Aussprache abgestimmt werden soll.

Ich werde nun über diese Tagesordnungspunkte abstimmen lassen. Wenn wir es jetzt tun, vergessen wir sie nicht. Es wäre schade um die Arbeit, die in diesen Anträgen steckt.

Ich rufe zunächst Tagesordnungspunkt 24 auf:

Betriebliche Ausbildung in Schleswig-Holstein stärken - Prioritäten setzen

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/209 (neu)

Dies ist ein Berichtsantrag für die 6. Tagung des Landtages. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Dann stimmen wir in der Sache ab. Wer diesem Berichtsantrag zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hafenanlagensicherheitsgesetzes (HaSiG)

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP Drucksache 16/207

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Es wäre sinnvoll, diesen Gesetzentwurf an den Wirtschaftsausschuss federführend und an den Innen- und Rechtsausschuss mitberatend zu überweisen. Wer so überweisen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Nun rufe ich Tagesordnungspunkt 36 auf:

Bericht über die Unterrichtssituation an den öffentlichen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Schleswig-Holstein im Schuljahr 2004/05

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/170

Auch für diesen Tagesordnungspunkt ist eine Aussprache nicht vorgesehen. Es empfiehlt sich eine Überweisung an den Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich darf nun Tagesordnungspunkt 20 aufrufen:

Das Grünland muss gestärkt werden

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/196

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dies ist für heute die vierte agrarpolitische Debatte hier im Landtag. Ich denke, dies ist nicht der Fall, weil wir den Landwirtschaftsminister besonders ärgern wollen, wie er manchmal schon den Eindruck hat, sondern es geht schlicht darum, dass es konkrete Sorgen und Ängste von Menschen in der Landwirtschaft über das gibt, was in diesem Land passiert, und

(Karl-Martin Hentschel)

dass ich es für notwendig halte, dass wir Anträge hierzu stellen und darüber reden.

Was steht hinter der Diskussion um die Grünlandprämie? Die alte Agrarpolitik der EU hat dazu geführt, dass die arbeitsextensiven Großbetriebe die höchsten Subventionen empfangen. Die Subventionen pro Arbeitskraft schwanken zwischen 120.000 € pro Arbeitskraft auf den Großgütern, zum Beispiel der Queen in England, und gerade einmal 1.000 € für mehr als zwei Drittel der Kleinbauern in der Europäischen Union. Solche Unterschiede sind gesellschaftlich nicht zu akzeptieren. Deswegen hat sich die EU auch auf den Weg begeben, das zu ändern.

Die Alternative dazu besteht darin, dass in Zukunft nicht mehr die Produktionsmenge subventioniert wird, sondern die bewirtschaftete Fläche, die Arbeitsleistung und die Erhaltung von Landschaft und Natur. Dann wird es sich auch für die Landwirte wieder lohnen, Kühe auf der Weide zu halten, anstatt sie im Stall mit hoch subventioniertem Mais zu füttern.

Mit den Beschlüssen von Luxemburg zur europäischen Agrarreform wird dieser Weg langfristig bis 2013 beschritten, leider nur langfristig; wir hätten uns gewünscht, dass es schneller ginge, aber dazu waren die Beharrungskräfte zu groß.

Deutschland hat nun aber die Möglichkeit wahrgenommen, die die EU geschaffen hat, dass nämlich die Angleichung der Prämien schrittweise vorgezogen werden kann. Schleswig-Holstein hat genau das mit der Grünlandverordnung getan. Für SchleswigHolstein hat diese Änderung eine besondere Bedeutung, denn Schleswig-Holstein hatte historisch die höchsten Ackerprämien. Es hat aber auch naturbedingt den höchsten Grünlandanteil aller Bundesländer. Das heißt: Der Abstand zwischen Grünland und Ackerbau ist nirgends so groß wie in SchleswigHolstein. Außerdem arbeiten 60 % der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft in der Grünlandwirtschaft.

Deswegen, meine Damen und Herren, wurde durch die Grünlandverordnung erstmals erreicht, dass diese Betriebe überhaupt nennenswerte Direktzahlungen erhalten und so der bisherige Wettbewerbsnachteil dieser Standorte reduziert wird.

(Claus Ehlers [CDU]: Sie müssen einmal alle Prämien zusammenzählen!)

Nun hat der Landwirtschaftsminister die Prämien für Dauergrünland wieder um ein Drittel gekürzt.

(Claus Ehlers [CDU]: Sehr richtig!)

Das bedeutet eine deutliche Verschlechterung für die Graslandwirtschaft, die in Schleswig-Holstein auf 40 % der Fläche betrieben wird. Der stellvertretende

Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft befürchtet, dass Tausende von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum - gerade auch in den Marschen, bei den arbeitsintensiven Milchviehbetrieben und beim ländlichen Handwerk - vernichtet werden. Regional wird davon besonders die Westküste betroffen sein. Während im Kreis Pinneberg der Rückgang des regionalen Prämienvolumens nur 0,5 Millionen € ausmacht, sind es im strukturschwächeren Kreis Steinburg 1,2 Millionen € im Jahr, in Dithmarschen ist die Summe gleich hoch und im Kreis Nordfriesland - das ist der am stärksten betroffene Kreis - sinkt die Gesamtsumme der Einnahmen durch die Prämien um 3 Millionen €. Das ist Geld und sind Umsätze, die gerade auch im regionalen Handwerk und im Handel fehlen werden.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Claus Eh- lers [CDU]: Die sind doch nicht weg!)

Der Minister hat gerade beim letzten Tagesordnungspunkt darauf hingewiesen, dass er nicht beliebig viel Geld hat. Bei dieser Reform geht es nicht um Geld. Diese Reform ist eine Reform innerhalb der ersten Säule, sie kostet dem Landwirtschaftsminister kein zusätzliches Geld. Das ist ganz entscheidend.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Günther Hildebrand [FDP]: Das ist eine Ver- teilungsentscheidung!)

Damit haben Sie eine Chance vergeben, für mehr Gerechtigkeit in der Landwirtschaft in SchleswigHolstein zu sorgen. Ich bedauere, dass das so geschehen ist, und bitte Sie, die Entscheidung noch einmal zu überprüfen und meinem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hentschel. - Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Klaus Klinckhamer.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat die Landesverordnung zur Bestimmung des Werteverhältnisses für Dauergrünland aufgehoben und damit eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag umgesetzt. Herr Hentschel, dieser Schritt war richtig und notwendig.

(Claus Ehlers [CDU]: Sehr gut!)

(Klaus Klinckhamer)

Mit der EU-Agrarreform erhalten Grünlandflächen erstmals eine Prämie, die durch Kürzungen bei den Ackerflächen aufgebracht wird. Niemand denkt daran, diese Prämie wieder rückgängig zu machen. Es bleibt jedoch die Tatsache bestehen, dass Ackerbauern für diese Grünlandprämie aufkommen. Wir gehen davon aus, dass das jetzige Prämiensystem wie vorgesehen bis 2013 durchsteht und verlässlich ist, denn das brauchen die Landwirte.

Bis zum Jahr 2013 werden Grünlandbetriebe und Ackerbaubetriebe gleichgestellt. Dies hat zur Folge, dass Ackerbaubetriebe rund 100 € je Hektar abgeben müssen und damit ohnehin die Verlierer dieser Reform sind. Zusätzliche Kürzungen, wie in der nun aufgehobenen Landesverordnung vorgesehen, sind daher einfach nicht hinnehmbar.