Protocol of the Session on June 18, 2008

Ich danke der Frau Ministerin für den Bericht. - Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort für die antragstellende Fraktion der FDP und in diesem Fall dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Kann der Mann schwimmen?)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Stegner! Ja, kann er. Er hat sogar einmal das Frei-, das Fahrtenschwimmer- und das Jugendschwimmabzeichen gemacht.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Abge- ordneter Jürgen Weber [SPD]: Das Seepferd- chen auch?)

Frau Ministerin, Schönreden hilft aber auch nicht. Ich hoffe, da sind wir uns einig. Die vorgelegten Zahlen, mit denen wir Sie konfrontiert haben, stehen ja nicht irgendwo im Raum, sondern sind veröffentlicht worden. Damit der Sprung ins Wasser, den Sie empfehlen, uns weiterhin Spaß und Freude macht, müssen von Badegewässern ausgehende gesundheitliche Risiken möglichst gering sein, und sie müssen unter Kontrolle bleiben. Und zu diesem Zweck werden die in der EU offiziell registrierten Badestellen während der Badesaison durch die Bundesländer überwacht und die Qualität kontinuierlich an die EU gemeldet. Daraus veröffentlicht die EU jedes Jahr einen Bericht über die Badewas

serqualität. So auch am 2. Juni 2008 den Bericht für das Jahr 2007.

Oberflächlich zusammengefasst sagt der Bericht: Von den Küstenbadegewässern entsprachen 95,2 % den Normen der EU-Badegewässerrichtlinie. Bei den Binnengewässern waren es 88,8 %. Dies bedeutet eine Verschlechterung im Vergleich zu 2007 sowohl bei Küstenbadestellen als auch bei Badestellen an Binnengewässern.

Schaut man sich die Ergebnisse für Deutschland im Einzelnen an, dann sind die regionalen Werte deutlich schlechter, abfallend und auffallend schlechter für Schleswig-Holstein. Waren 2006 nur 1,1 % der Küstenbadegewässer nicht im Einklang mit den zwingend erforderlichen Richtwerten der EU, waren es 2007 5,7 %. Das ist mehr als das Fünffache und der ganz erhebliche Teil davon in SchleswigHolstein. Auch die Binnenbadegewässer schnitten 2007 im Vergleich zum Vorjahr deutlich schlechter ab. Während 2006 noch für 25 Gewässer ein Badeverbot verhängt wurde, waren es 2007 ganze 54. Das ist mehr als eine Verdoppelung. Und auch hier befand sich der Großteil der gesperrten Gewässer in Schleswig-Holstein.

Erstaunlich sind die lokal sehr unterschiedlichen Ergebnisse. Während zum Beispiel die geprüften Strände in Ostfriesland ausnahmslos mit den Noten sehr gut und gut glänzten, erreichten in Nordfriesland einige der geprüften Strände noch nicht einmal die EU-Vorgaben.

(Zuruf von der SPD)

- Das hat jetzt nichts damit zu tun, wo der Herr Ministerpräsident herkommt.

In der Summe stieg die Anzahl der nicht in Einklang mit den EU-Vorgaben stehenden Strände in Schleswig-Holstein von 1 % im Jahr 2006 auf 9 % im Jahr 2007. Das ist das Neunfache, Frau Ministerin.

Nun mögen Sie diesen erheblichen Anstieg mit der am 24. März 2006 in Kraft getretenen novellierten EU-Badegewässerrichtlinie rechtfertigen. In der Tat verschärft diese Richtlinie einige Grenzwerte für die Wasserqualität. Doch galten diese auch schon in der Badesaison 2006. Damit können Sie diesen Anstieg also gerade nicht erklären. Im Übrigen gilt diese Richtlinie auch für alle anderen Bundesländer, und die schnitten deutlich besser ab. Zudem ist der Befund nicht neu. Bereits 1999 stellte das Landesamt für Naturschutz im Jahresbericht fest, ich zitiere:

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

„Dabei ist aber hervorzuheben, dass mehr als die Hälfte der stichprobenhaft ausgewerteten Gewässer mit der Note drei und schlechter bewertet wurden. Der Handlungsbedarf ist also groß.“

Frau Ministerin, der Handlungsbedarf ist heute immer noch groß, wahrscheinlich sogar größer als 1999. Denn die EU verpflichtet die Länder, dass die geforderten Normen und Ziele in den ausgewiesenen Badegewässern auch erreicht werden. Hierzu sind entsprechende Maßnahmen zu etablieren. Mit der am 24. März 2008 erlassenen Badegewässerverordnung des Landes Schleswig-Holstein verpflichtet die Landesregierung jede Badestelle zwar zur Erstellung von Badegewässerprofilen, die mögliche Verschmutzungsquellen aufzeigen sollen. Was allerdings völlig fehlt, Frau Ministerin, sind Konsequenzen, die gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität enthalten.

(Beifall bei der FDP)

Eine Zustandbeschreibung zu erarbeiten ist schön. Die Ursachen für diesen Zustand zu erforschen, das wäre aber schon besser. Und dabei dürfen Sie es auch nicht belassen. Es müssen nämlich die notwendigen Konsequenzen gezogen werden.

(Beifall bei der FDP)

Wenn also bekannt ist, dass die Grenzwertüberschreitung durch erhöhte Bakterienkonzentration aufgrund von Abschwemmungen der umliegenden Felder resultiert, dann muss die Landesregierung entsprechende Gegenmaßnahmen treffen, damit das in Zukunft nicht mehr passiert.

(Beifall bei der FDP)

Wenn bekannt ist, dass die Grenzwertüberschreitung durch erhöhte Bakterienkonzentration aufgrund von Überschwemmungen der Kanalisation resultiert, dann müssen entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen werden. Man kann sich nicht einfach hier hinstellen und sagen: Das ist halt so, dafür können wir auch nicht wirklich was.

Die Pressegespräche der Tourismusagentur mit dem Tenor, die Zahlen der TASH sind ehrlicher und objektiver - ich will das ganz deutlich sagen -, helfen an der Stelle auch nicht wirklich weiter. Denn die Grenzwerte der EU sind nun einmal einzuhalten. Tatsachen nur zur Kenntnis zu nehmen, das reicht an der Stelle nicht aus. Es müssen Maßnahmen getroffen werden, die das gesundheitliche Risiko beim Baden in Seen und an Stränden verringern.

Das Baden und Schwimmen in Schleswig-Holsteins Seen und an Schleswig-Holsteins Stränden soll auch weiterhin zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten gehören und natürlich ein wichtiger Standortfaktor bleiben. Aber ich will ganz deutlich sagen, das alles nur schönzureden, das hilft auf Dauer mit Sicherheit nicht.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Ursula Sassen.

(Zurufe von der SPD - Günther Hildebrand [FDP]: Aufpassen mit der Erwärmung!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich mit einem Wort an Sie beginnen, Herr Dr. Garg. Man soll auch nicht alles schlechtreden, was gut ist. Das könnte ich auch als Fazit nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Wesentliches Ziel der Badegewässerrichtlinie ist der Schutz der öffentlichen Gesundheit sowie der aquatischen Umwelt vor Verunreinigung.

(Beifall bei der CDU)

Der Bericht der EU vom Mai 2008 zur Qualität der Badegewässer zeigt auf, welche nach den hohen Anforderungen der EU-Richtlinie den einzelnen Kategorien entsprechend der Testergebnisse zugeordnet wurden.

Dabei gelten folgende Kategorien: Badegewässer, die die zwingenden Werte für alle fünf Parameter erfüllen, Badegewässer, die die strengeren Leitwerte für alle fünf Parameter erfüllen, Badegebiete, die die zwingenden Werte nicht erfüllen, und Badegebiete mit Badeverbot während der gesamten Badesaison. Es wird also schon sehr sorgfältig differenziert. Nicht alles mit einem gelben Punkt müsste auch gleich schlecht sein.

Von 1990 bis 2007 verdoppelte sich die Anzahl der ausgewiesenen Küstenbadegewässer von 6.165 auf 14.552, während sich die Zahl der ausgewiesenen Binnenbadegewässer von 1.374 auf 6.816 verfünffachte. Dieser Anstieg erklärt sich einerseits dadurch, dass die Mitgliedstaaten mehr Badegewässer meldeten als bisher, andererseits aber auch dadurch, dass sich die Anzahl der Mitgliedstaaten der Euro

(Dr. Heiner Garg)

päischen Union in der Zeit von 1990 bis 2007 ebenfalls verdoppelte.

Anfang Juni 2008 sorgten Zeitungsüberschriften in Schleswig-Holstein für Verwirrung und Verunsicherung. Während die einen vom ungetrübten Badesspaß im Norden sprachen, sahen die anderen Badeseen voller Bakterien. Allgemein ist festzuhalten, dass der sehr hohe Standard der Badegewässer an den Küsten der Nord- und Ostsee sich auch im jüngsten Bericht der Europäischen Kommission zur Badesaison 2007 widerspiegelt. Dennoch kam es in der Vergangenheit an einigen Seen und Flüssen des Binnenlandes in Schleswig-Holstein zu höheren Grenzwertüberschreitungen als früher schon. In den meisten Fällen handelte es sich ausschließlich um den Parameter gesamtcoliforme Bakterien. Dies ist eine Bakteriengruppe, die sowohl natürlich in der Umwelt vorkommt, zum Beispiel durch Wasservögel, als auch aus Fäkaleinträgen stammen kann. Da die gesamtcoliformen Bakterien nur unzureichende Informationen über eine fäkale Gewässerverunreinigung liefern, wurden sie mittlerweile in der neuen EU-Badegewässerrichtlinie ersetzt. Genauere Informationen über eine fäkale Belastung gibt der neue mikrobiologische Parameter der intestinalen Enterokokken.

Diese Bakterien reagieren auch nicht alle gleich in wärmeren Gewässern. Auch da gibt es Unterschiede. Der Grund für die hohe Vermehrungsrate von gesamtcoliformen Keimen im vergangenen Jahr ist nicht genau zu erklären. In dem sehr warmen Frühjahr, im April, gab es in der Vorsaison bereits höhere Wassertemperaturen als in den vergangenen Jahren. Wenn Sie auf Seen in anderen Regionen anspielen, muss man sagen, die sind durchweg kälter, weil sie in anderen Bundesländern auch häufig tiefer sind. Man kann das nicht so miteinander vergleichen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Mit den höheren Wassertemperaturen herrschten also für einige Bakterientypen beste Voraussetzungen für die Vermehrung von Keimen. So wurden im Jahr 2007 Grenzwertüberschreitungen bereits früher festgestellt. Die möglichen Beeinträchtigungen durch Fäkalieneintrag haben wir schon gehört.

Zu Beginn dieses Monats führte eine TV-Nachrichtensendung zu Irritationen. Im Hintergrund war nämlich eine Deutschlandkarte zu sehen, auf der Schleswig-Holstein besonders dadurch auffiel, dass im Bundesvergleich gehäuft rote Punkte eingezeichnet waren. Bisher wurde so verfahren, dass be

reits eine Überschreitung der Grenz- und Richtwerte zu einer Rotmarkierung führte. Diese Klassifizierung wurde nun geändert. Inzwischen wurde eine andere Form der Darstellung gewählt: Eine einmalige Verschmutzung wird in den Karten nur noch gelb dargestellt.

Die Zuordnung lässt sich nun nach Veränderung der EU-Baderichtlinie bei Fäkalkeimen präziser gewährleisten, und während es im vergangenen Jahr noch 20 Grenzüberschreitungen gab, hat sich die Anzahl zu Saisonbeginn bei 400 untersuchten Proben auf lediglich sieben reduziert, was uns trotzdem wachsam bleiben lassen muss, denn für SchleswigHolstein als das Land zwischen den Meeren und mit einem hohen Anteil an Binnengewässern ist eine hervorragende Gewässerqualität besonders wichtig, um den guten Ruf als Urlaubs- und Gesundheitsland nicht aufs Spiel zu setzen.

Erfreulich ist daher, dass die Gewässerqualität der norddeutschen Strände nach wie vor gut benotet wurde, während Badegewässer im Binnenland auch schon in der Vergangenheit hier und dort einige Probleme hatten. Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Keine Panik! Viel Lärm um wenig Neues und ungetrübter Badespaß, den wir für den Tourismus dringend brauchen!

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke Frau Abgeordneter Ursula Sassen und erteile für die SPD-Fraktion Frau Abgeordneter Regina Poersch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal auch von meiner Seite ein ganz herzlicher Dank an Sie, Frau Ministerin Dr. Trauernicht, für den eben gegebenen Bericht, natürlich auch ein Dank an die antragstellende Fraktion, denn die Badesaison 2008 startet jetzt, und da ist es gut, sich über die Qualität unserer Badegewässer zu unterhalten, auch wenn der Anlass ein Bericht aus dem Jahr 2007 ist.

Negative Schlagzeilen verunsichern unsere Touristikwirtschaft. Das können wir heute in den Zeitungen nachlesen. Dabei - das haben wir gerade gehört - ist die Badegewässerqualität 2008 in unserem Land gut. Wir müssen kontinuierlich daran arbeiten, diese Qualität zu halten beziehungsweise sie dort, wo sie schlechter ist, auf ein sehr gutes Niveau

(Ursula Sassen)

zu bringen. Positiv hervorheben will ich das Informationssystem auf der Internetseite des Sozialministeriums. Dort kann sich jeder und jede aktuell und detailliert über die Badequalität informieren. Unter dem Strich gesagt: Mann, Frau, Kind können in Schleswig-Holstein in den allermeisten Gewässern sorglos baden, jedenfalls, was die Gewässerqualität angeht. Andere Risiken nennt beispielsweise die Broschüre aus Ihrem Haus, Frau Ministerin „Gesundes Baden in Schleswig-Holstein“. Darin wird auf Risiken wie Steine, scharfkantige Muscheln oder Scherben hingewiesen. Ich will hinzufügen: Krokodile und gefährliche Hai-Arten sind bei uns zum Glück noch kein Problem,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)