Protocol of the Session on April 24, 2008

Der individuelle Unterricht für alle ist also ein wichtiger Weg und eine anspruchsvolle Aufgabe sowie eine pädagogische Herausforderung. Sie dient letztlich aber allen Kindern. Je besser Lehrer auf den einzelnen Schüler eingehen können, desto mehr profitieren alle Schüler davon. Das habe ich schon versucht zu sagen, das ist die eigentlich Pointe der neuen Gemeinschaftsschule, der Nutzen für alle. Natürlich müssen dann auch die Ressourcen stimmen. Ich kann nicht einfach auf einer Schule das Schild Gemeinschaftsschule anbringen, sondern muss auch für eine vernünftige Personal- und Sachausstattung sorgen. Dazu gehört auch die Qualifikation der Lehrkräfte. Sie darf sich keineswegs bezüglich der Hochbegabung auf Module während des Studiums beschränken. Um den unterschiedlichen Neigungen und Voraussetzungen der Kinder gerecht zu werden, ist eine didaktische Weiterbildung berufsbegleitend unabdingbar. Unabdingbar ist auch, dass diese besonderen Begabungen erkannt werden.

Auch die besten Wettbewerbe können kein Ausgleich für einen langweiligen, gleich machenden Schulalltag sein. So lobenswert Initiativen wie „Jugend forscht“, naturwissenschaftliche Olympiaden oder Ferienkurse sind, sie können niemals ein Ausgleich für täglich sechs Stunden Langeweile sein.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das stimmt! - Jür- gen Weber [SPD]: Das kann man wohl sa- gen!)

Die Ministerin darf sich hier nicht nur auf private Initiativen oder außerschulische Organisationen verlassen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Darum mein Ansatz: Diese Projekte müssen besser vernetzt und in den Schulalltag integriert werden. Hochbegabung wird erst zu einer massiven Beeinträchtigung, wenn es keine Möglichkeit gibt, sie auszuleben. Ich möchte hier noch einmal unterstreichen: Hochbegabung ist keine Behinderung wie Legasthenie. Hochbegabung wird nur zu einem Handicap, wenn sie unerkannt bleibt und die Betroffenen sozial isoliert. Darum sollte bereits die Pädagogik im Kindergarten auf Hochbegabung ausgerichtet sein. Die Landesregierung gesteht in ihrer Antwort ein, dass sie keine Kenntnisse zu Begab

tenprogrammen in der kindlichen Frühförderung hat. Ich hatte gedacht, dass wir eigentlich schon weiter wären.

Wichtig ist, dass unsere Schulen diese Kinder unterstützen, damit diese Kinder weiterhin Teil des schulischen Alltags bleiben. Sie sollen nicht ausgegrenzt oder aussortiert werden. Denn das Aussortieren, die besondere Beschulung, ist nach Meinung des SSW der falsche Weg.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Spoorendonk, Sie sind einverstanden - auch wenn heute Girls’ Day ist -, dass wir die neue Wortschöpfung „Kinderinnen und Kinder“ nicht übernehmen.

(Heiterkeit)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage Drucksache 16/1942 dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung? – zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich möchte jetzt geschäftsleitend darauf hinweisen, dass um etwa 10:30 Uhr der Tagesordnungspunkt 14, Wiederwahl der Bürgerbeauftragen für soziale Angelegenheiten des Landes SchleswigHolstein, aufgerufen werden wird. Darauf haben sich die Fraktionen verständigt.

Auf der Tribüne begrüße ich die eben schon vom Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Dr. Wadephul, begrüßten Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind, Schülerinnen und Schüler der Bruno-Lorenzen-Realschule in Schleswig und der Eichendorff-Hauptschule aus Kronshagen mit ihren Lehrkräften sowie Herrn Professor Dunckel von der Universität Flensburg. - Seien Sie uns alle sehr herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 41 auf:

Die zukünftige Finanzierung der Universität Flensburg und die Perspektiven für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Syddansk Universitet

(Anke Spoorendonk)

Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/2020

Meine Damen und Herren, es ist ein Bericht in dieser Tagung erbeten worden. Darum stelle ich den Antrag zur Abstimmung. Wer dem Antrag Drucksache 16/2020 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Dann haben wir einstimmig so beschlossen.

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit den Zeitungsmeldungen, nach denen Plänen existieren, die Universität Flensburg in ihrer Selbstständigkeit zu verändern oder in eine PH umzuwandeln, will jemand offensichtlich auf den Busch klopfen. Ich sage Ihnen hier ganz klar: Die Landesregierung verfolgt dieses Ziel nicht.

(Beifall beim SSW)

Dies habe ich auch gegenüber der Zeitung zum Ausdruck gebracht, als ich das letzte Mal in Flensburg war.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Glück!)

Eine andere Frage ist, wie sich das Profil und die zukünftige Entwicklung der Hochschule darstellen. Dabei geht es natürlich auch um die Finanzierung. Diese Frage erörtert das Ministerium zurzeit mit der Universität bei den Verhandlungen über eine neue Zielvereinbarung für 2009 bis 2013. Wir sind uns mit der Universität darüber einig, dass ihr Profil in erster Linie durch Erziehungs- und Vermittlungswissenschaften und somit die Lehramtsausbildung bestimmt wird. Daneben ist die Kooperation mit der süddänischen Universität ein prägendes Profilmerkmal. Die süddänische Universität ist übrigens eine Universität mit mehreren Standorten im südlichen Jütland.

Die Kooperation ist ein prägendes Profilmerkmal, das wir erhalten wollen. Zurzeit umfasst die deutsch-dänische Zusammenarbeit mehrere Studiengänge, so beispielsweise International Management, Management Studies, Kultur- und Sprachmittler und European Studies. In all diesen Studiengängen hat es in den letzten Semestern eine klare Steigerung der Studentenzahlen gegeben. Es laufen

zudem sechs verschiedenartige INTERREG-Projekte wie zum Beispiel das Leuchtturmprojekt „Collegium Mare Balticum“ und die Projekte „Internationales Hochschulmarketing“ sowie „Virtuelles Museum“.

Die deutsch-dänische Zusammenarbeit hat gerade in den letzten Monaten durch mehrere Treffen auf Regierungs- und Hochschulebene neue Impulse erhalten. Das letzte Treffen unter der Leitung von Ministerpräsident Carstensen und dem Regionsvorsitzenden Süddänemarks, Carl Holst, hat in der vergangenen Woche, am 16. April, stattgefunden. Es wurde dabei ein gemeinsames Arbeitsprogramm unterzeichnet, das den Aufbau eines gemeinsamen Sekretariats vorsieht, das die Aktivitäten süddänischer und schleswig-holsteinischer Universitäten koordinieren soll. Außerdem sind sechs grenzüberschreitende Forschungsprojekte für Doktoranten geplant. Insofern kann man sagen, dass die Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg gut funktioniert.

Ich kann Ihnen versichern, Frau Abgeordnete Spoorendonk, dass die Landesregierung diese Entwicklung fortführen und der Universitätsstandort Flensburg auch künftig davon profitieren wird. Dies gilt natürlich auch im Zusammenhang mit der Verlagerung der Studiengänge für künftige Realschullehrer. Dies und weitere Investitionen, die am Standort geplant sind, werden diesen Standort stärken. All dies macht deutlich, dass wir diesen Standort schätzen und erhalten wollen.

Ich muss allerdings auch einräumen, dass die finanzielle Ausstattung der Universität Flensburg ein Problem darstellt. Sie wissen, dass aufgrund einer Zielvereinbarung, die noch zu Zeiten der alten Regierung abgeschlossen wurde, jährlich ein bestimmter Betrag gezahlt wird. Ich will jetzt den Haushaltsberatungen nicht vorgreifen, aber mir ist ebenso wie Ihnen die Haushaltssituation bewusst. Meine persönliche Einschätzung ist, dass das Hochschulsystem in Schleswig-Holstein nicht ausreichend finanziert ist. Mein Ziel besteht daher darin, die finanzielle Grundausstattung der Hochschulen zu verbessern. Ich setze mich für eine Anhebung der Landeszuschüsse für die Hochschulen um 5 % ein. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Hochschulen finanziell unterschiedlich gestützt werden müssen. Die finanzielle Lage der einzelnen Universitäten ist nämlich höchst unterschiedlich.

Die Sorgen sind groß, aber in Flensburg sind sie besonders groß. Es sind augenscheinlich die Probleme der Universität Flensburg, dies belegen auch Vergleiche unter den schleswig-holsteinischen Hoch

(Präsident Martin Kayenburg)

schulen, und der norddeutsche Ausstattungsvergleich sowie bundesdeutsche Vergleichszahlen bestätigen dies. Daher streben wir für die Universität Flensburg mehr als nur eine 5-prozentige Zuschussanhebung an. Wir werden auf diese Situation auch bei Abschluss der neuen Zielvereinbarung reagieren und gewisse Korrekturen vornehmen, damit wir auch in Zukunft eine gute Ausbildung an der Flensburger Universität gewährleisten können. Dies betrifft insbesondere die Ausbildung zu Lehrämtern, und insofern liegt es im Interesse des Landes, weil wir den größten Anteil der Lehramtsabsolventen einstellen sollen. Ich wäre dankbar, wenn diese Politik vom ganzen Haus mitgetragen würde.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Gruppe des SSW deren Vorsitzenden, der Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für den Bericht, Herr Minister. Es war schön zu hören, dass die Landesregierung nicht vorhat, die Universität Flensburg wieder zu einer PH umzuwandeln. Dies stand so in der Presse; Sie haben es erwähnt. Wenn wir mit dieser Debatte hier noch einmal festzurren, dass dies keine Perspektive ist, dann haben wir meiner Meinung nach einiges erreicht.

Obwohl es eigentlich schon lange bekannt ist, schlug es dennoch wie eine Bombe ein, als der Rektor der Universität Flensburg in einer öffentlichen Sitzung des Bildungsausschusses der Stadt Flensburg die dramatische Unterfinanzierung der Universität beklagte. Für diejenigen, die sich mit dieser Problematik befassen, waren die Zahlen, die erwähnt wurden, natürlich keine Überraschung. Aber zumindest auf die Flensburger Öffentlichkeit machte der Hilferuf der Universität großen Eindruck. Denn im Zusammenhang mit diesen Geldproblemen stellte der Rektor der Universität die berechtigte Frage nach der Zukunft der Universität und der damit verbundenen Perspektiven für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Ich werde jetzt aus Zeitgründen auf weitere Einzelheiten hinsichtlich der Unterfinanzierung nicht eingehen; das können wir im Ausschuss vertiefen. Fakt ist aber - dies merkte auch schon der Minister an -, dass die Universität Flensburg strukturell un

terfinanziert ist. Dies geht aus Vergleichen mit anderen Hochschulen in Norddeutschland unter Zuhilfenahme des Ausstattungs-, Kosten- und Leistungsvergleichs hervor. Auch angesichts der jetzigen Studierendenzahl sieht man, dass es so ist.

Auch die mit der Unterfinanzierung verbundene Diskussion um eine Rückführung der Universität auf das Kerngeschäft der Lehrerausbildung ist natürlich fatal, weil damit die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit der Syddansk Universitet in Gefahr wäre. Denn gerade die deutsch-dänische Hochschulkooperation ist einer der Leuchttürme der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Region Schleswig-Sønderjylland und einer der Profilschwerpunkte der Universität Flensburg. Die Uni Flensburg darf also auf keinen Fall auf das Niveau einer PH zurückgestuft werden.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Selbstverständlich weiß auch der SSW, dass es in der Vergangenheit Bemühungen gegeben hat, die Universität zu unterstützen. Ausreichend waren diese Bemühungen allerdings nicht. So wurden bei den Beratungen zum Haushalt 2007/2008 sogar die vollfinanzierten Vorschläge des SSW zur Erhöhung der Zuschüsse an die Universität Flensburg zurückgewiesen.

Die Landesregierung muss sich also strategisch entscheiden, wie sie sich die weitere Entwicklung der Universität Flensburg vorstellt und mit welchen Landesmitteln dies begleitet werden soll. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich nochmals dafür bedanken, dass der Minister in seiner Rede deutlich machte, dass er zur Universität Flensburg steht. Wir werden das noch einmal genau nachlesen und weiter verfolgen.

(Beifall bei SSW und FDP)

Der SSW vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass der Wissenschaftsminister in einer so entscheidenden Frage nicht einfach auf den neu gegründeten Universitätsrat verweisen kann; zumindest ist dies in einem Interview mit der „Flensborg Avis“ nachzulesen.

Eine wichtige Frage ist zum Beispiel, wie der mögliche Rückgang an Lehrerstellen in wenigen Jahren mit anderen Studiengängen kompensiert werden kann. Es ist zwar gut zu betonen, dass Lehramtsstudiengänge wichtig sind. Allerdings wissen wir auch, dass wir an der Universität ein breit gefächertes Angebot vorhalten müssen, um den berüchtigten Schweinezyklus zu vermeiden.

(Minister Dietrich Austermann)

Hier bietet sich natürlich der weitere Ausbau der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in besonderem Maße an, weil dies sowohl die Profilbildung als auch die Attraktivität der Universität stärken und der Grenzregion helfen würde.

Zu der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit noch eine Bemerkung. Es entsteht immer wieder der Eindruck, dass diese Kooperation aus Kieler Sicht eher ein ungeliebtes Kind ist, denn die Kooperation mit der Syddansk Universitet in den Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften, Kulturwissenschaften und besonders im Energie- und Umweltbereich, wo die Uni Flensburg mit Professor Hohmeyer sogar über einen Nobelpreisträger verfügt, ist hervorragend und verdient, vertieft zu werden.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])