Protocol of the Session on February 28, 2008

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich muss Ihnen aber auch hier sagen: Wir setzen bisher auf freiwillige Lösungen und haben gesetzliche Regelungen verworfen.

(Beifall der Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU] Manfred Ritzek [CDU])

Ich appelliere an meinen Kollegen Wirtschaftsminister und an die Kammern, sich dem noch stärker als bisher zu öffnen.

Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Unser berufliches Bildungssystem ist in hohem Maße innovativ. Natürlich unterstützen wir es dabei. Es stellt sich ständig auf neue Anforderungen und Aufgaben ein. Das in der politischen Debatte immer wieder zu beleuchten, kann dabei eigentlich nur helfen.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat bisher niemand etwas zum Verfahren gesagt. Die meisten haben zu erkennen gegeben, das sie offenbar nicht gewillt sind, sich länger mit dem von uns vorgeschlagenen System auseinanderzusetzen. Nach den verschiedenen Beiträgen, auch gerade nach dem Beitrag der Ministerin bedauere ich das sehr. Ich bitte eindringlich dar

um, dass wir dieses Thema im Ausschuss vertiefen, und beantrage hiermit Ausschussüberweisung.

Frau Ministerin, nachdem Sie am Anfang unser Konzept als zu plump, als zu einfach und als zu schlicht gestrickt kritisiert haben, haben Sie in Ihrem zweiten Redebeitrag wohltuend alle Elemente genannt, die in unserem Konzept eine wichtige Rolle spielen. Sie haben gesagt, der europäische Qualitätsrahmen spiele für unsere Diskussion zukünftig eine zentrale Rolle. Hier werde sich etwas ändern. Unser Berufsbildungssystem werde nämlich in einen Qualitätsrahmen eingestuft. Wir müssten uns auch über die Austauschbarkeit zwischen den verschiedenen Staaten verständigen. Genau dafür und genau vor diesem Hintergrund haben wir unser Konzept geschrieben. Wir hatten dieses Thema vor Augen. Wir haben es nicht wie eine Monstranz vor uns hergetragen, aber das ist ein wesentlicher Anlass gewesen.

Der zweite wesentliche Anlass ist die Tatsache, dass unser duales System mit all seinen Qualitäten nicht alle Schülerinnen und Schüler erreicht. Das ist schlicht eine Frage von Zahlen. Selbst wenn alle Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein mindestens einen Realschulabschluss mit der Note 1 hätten, würden sie nicht genug Ausbildungsplätze im dualen System vorfinden, weil es nicht genug Plätze gibt. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Wir können noch so viele Plätze akquirieren, es sind zu wenig Plätze. Genau deshalb haben wir gesagt, dass wir uns umschauen müssen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler mindestens einen Realschulabschluss mit der Note 1 haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese beiden Dinge darf man nicht miteinander verwechseln. Wir müssen allgemein klar machen: Vor dem allgemeinbildenden Schulabschluss müssen ganz viele Maßnahmen ansetzen. Hier haben wir die Landesregierung in unseren Beiträgen auch überhaupt nicht kritisiert. Wir haben gesagt, dass hier ganz viel passiert. Wir haben aber kritisiert, dass dann, wenn diese Maßnahmen in extenso ausgedehnt werden, am Ende 20-Jährige dastehen, die bestenfalls einen Hauptschulabschluss haben. Sie hätten in dieser Zeit aber genauso gut eine Teilqualifikation in einem Beruf - wenn nicht sogar eine abgeschlossene Berufsausbildung - erreichen können. Das machen andere Staaten anders. Daher haben wir uns an dieser Stelle erlaubt, auf Dänemark zu verweisen. Wir fordern nicht die Abschaffung des dualen Systems, sondern wir fordern die Integration von nicht dualen Elementen, die der Staat

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

finanziert, die aber gleichwohl in den Betrieben oder im Bereich der Kammern stattfinden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Ministerin hat am Schluss ihrer Rede gesagt, dass dies schwierig sei und dass sie mit dem Wirtschaftsminister ringe und um Unterstützung bitte. Wir bieten Ihnen diese Unterstützung, Frau Ministerin. Es geht nicht darum, dass wir mit Scheuklappen aneinander vorbeireden. Deshalb bitten wir Sie: Lassen Sie uns im Ausschuss noch einmal die einzelnen Elemente angucken.

Frau Kollegin, die Redezeit ist abgelaufen!

Ich formuliere meinen letzten Satz. Wir behaupten nicht, ein fertiges Konzept vorzulegen. Wir behaupten aber mit Fug und Recht, auf der Höhe der Zeit zu sein. Das bestätigen uns auch die vielen Fachleute aus der Wirtschaft und aus den Berufsschulen, mit denen wir darüber diskutiert haben.

Frau Kollegin, ich mahne Sie nach § 56 Abs. 3 der Geschäftsordnung, den Satz jetzt zu beenden.

Viele leitende Kräfte im Berufsbildungssystem haben unseren Vorschlag begrüßt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Richtig ist, dass wir es hier nicht mit einem Schachspiel zu tun haben. Wir können die berufliche Bildung nicht neu erfinden. Ich denke, das zeigt auch die Debatte. Trotzdem müssen wir immer wieder fragen, ob das, was wir haben, auch den Anforderungen der Zukunft gerecht wird. Ich denke, hier gibt es immer noch Probleme, die es in jedem Fall verdienen, im Ausschuss erörtert zu werden.

Die Ministerin hat zu Recht auf die Arbeit der Berufseingangsklassen hingewiesen. Ich weiß aber,

dass die Arbeit der Produktionsschulen bei den Berufsschulen in vieler Hinsicht nicht richtig angekommen ist. Es gibt noch weitere Maßnahmen, beispielsweise die JAW. Auch die Situation dort deutet darauf hin, dass die Verzahnung nicht so ist, wie wir uns das vorstellen. Aus einem Gespräch mit Vertretern der Produktionsschule in Kiel weiß ich, dass man es auch als ein Problem empfand, dass die allgemeinbildenden Schulen ihre Schulschwänzer oder Schulabbrecher dazu motivierten, die Produktionsschule zu besuchen. Das ist eigentlich nicht schlecht. Man befürchtete aber, die Gruppe, die man gern ansprechen wollte, nämlich die Jugendlichen mit einem Hauptschulabschluss, die Schwierigkeiten haben, in der Berufsbildung Fuß zu fassen, nicht annehmen zu können und für diese Gruppe keine Kapazität mehr zu haben, wenn man Problemfälle kriegt. Ich denke, man kann auch sagen, dass dies eine Aufgabe ist, die von den Schulen vor Ort gelöst werden muss. An der Produktionsschule hat man das Gefühl, Verschiebebahnhof zu spielen.

Ich nenne dies als Beispiel dafür, dass es wichtig ist, die Zusammenarbeit und die Verzahnung in den Mittelpunkt der Debatte zu rücken. Der SSW hat sich in früheren Debatten immer sehr engagiert für die Regionalen Berufsbildungszentren ausgesprochen. Ich finde, das ist eine herausragende Erneuerung unserer beruflichen Bildung. Ich sprach es vorhin schon an, mit den RBZs gibt es auch bessere Möglichkeiten, hier etwas vor Ort zu tun. Ich denke, das muss genutzt werden. Deshalb muss es darauf ankommen, dass das System transparent ist. Man muss es erklären können.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Eine letzte Bemerkung zum Für und Wider des staatlichen Systems: Die Berufsschulen sind staatliche Schulen. Sie sind Teil unseres Bildungssystems. Es gibt die Kammerprüfung und es gibt die Zusammenarbeit zwischen Berufsschule und Kammer. Hier hat es in der Vergangenheit auch unerfreuliche Diskussionen über Berufsschultage, über Englisch und über die Fächer in der Berufsschule gegeben. Ich meine, ein System aus einem Guss bedeutet nicht, dass man etwas wegschneiden will oder den Einfluss der Betriebe reduzieren will.

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist abgelaufen!

(Angelika Birk)

Ich bin fertig. Duale Ausbildung heißt auch die Verzahnung von Theorie und Praxis. Eine andere Frage ist, wie man das organisiert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 16/1869 an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt.

Damit ist eine Abstimmung in der Sache gefragt. Wer dem Antrag Drucksache 16/1869 in der Sache zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Eckpunkte zu den Zielvereinbarungen mit den Hochschulen 2008

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1895 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Frau Abgeordnete Angelika Birk hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wissenschaft und Kultur sind die Wachstumsfaktoren des 21. Jahrhunderts. Die Hochschulen haben deshalb gerade auch in unserem Land eine entscheidende Bedeutung für die zukünftige Entwicklung. Die Hochschulen sind keine Forschungseinrichtungen der Wirtschaft. Sie sind auch keine reinen Berufsbildungsstätten. Insofern unterscheiden sie sich deutlich von dem, über das wir gerade debattiert haben. Sie brauchen institutionelle Freiräume zum Denken, zum Forschen und zur Lehre im Sinn eines ganzheitlichen Bildungsideals. Sie brauchen auch Spielräume zur eigenständigen Profilierung und Schwerpunktsetzung.

Hochschulen haben aber auch eine gesellschaftliche Verpflichtung. Erfolgreiche Forschung erfor

dert immer Freiräume, und zwar insbesondere gegenüber den Verwertungsinteressen von Drittmittelgebern und Kooperationspartnern aus der privaten Wirtschaft. Wir finden deshalb, dass Zielvereinbarungsdiskussionen in dieses Parlament gehören.

Es handelt sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt. Vielmehr handelt es sich um den politischen Rahmen, innerhalb dessen die Hochschulen agieren können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Politik kann weder die wissenschaftliche Entwicklung noch die Schwerpunktsetzungen antizipieren. Sie kann aber einen Rahmen setzen und Ansprüche formulieren. Genau dies tun wir mit unseren Eckpunkten.

Wir fordern als allererstes einen Hochschulentwicklungsplan für die nächsten fünf Jahre. Bis heute wurde von der Landesregierung nicht dargestellt, ob und wieweit die durch die Erichsen-Kommission vorgelegte Rahmenplanung der letzten Legislaturperiode umgesetzt wurde.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört, hört!)

Deshalb fordern wir auch, dass hierzu noch in diesem Jahr, in wenigen Monaten, berichtet wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das viele Geld, dass wir für die Hochschulen ausgegeben haben, ist sicher gut angelegt. Wir wollen aber wissen, wo es geblieben ist. Wir wollen auch wissen, ob die Ziele der Erichsen-Kommission verfolgt wurden oder ob man andere Ziele verfolgt hat.

Die von der Regierung vorgelegten Thesen zur hochschulpolitischen Strategie sagen nichts über die zu entwickelnden Forschungsschwerpunkte der Zukunft, die Profile der einzelnen Hochschulen und die Ausbalancierung der unterschiedlichen Aufgaben. - Dazu keine Aussage. Es wird lediglich technokratisch, auf einem hohen Abstraktionsniveau, die Philosophie des Ministeriums dargestellt. Für die konkrete Steuerung ist das keine Hilfestellung. Deshalb fordern wir einen Hochschulplan.