Man kann wirklich jedes Wort umdrehen und ins Gegenteil verkehren. Herr Minister, in dieser Situation kommt dann Ihr Fraktionsvorsitzender und erzählt: Wir fordern Ruhe! Das hören wir jetzt schon länger, in der Zeitung stand es auch schon öfter und Sie, Herr Minister, haben es auch gesagt: Jetzt lassen Sie doch endlich einmal Ruhe einkehren! Wissen Sie, das erinnert mich an jemanden, der ständig Brandsätze wirft und anschließend sagt: Jetzt wollen wir endlich Ruhe haben, nun hört doch einmal auf!
Herr Minister, das Problem, das zentrale Problem, mit dem wir es zu tun haben und warum wir keine Ruhe bekommen, ist, dass wir keine strukturierten Entscheidungen bekommen, bei denen die Leute mitgenommen werden, egal, welche Entscheidungen getroffen werden. Ich will gar nicht die Standortentscheidung kritisieren. Auch ich bin der Auffassung, dass es richtig ist, die Verwaltung an einem Standort zu konzentrieren. Ich bin der Auffassung, dass es notwendig ist, im UK S-H zu Entscheidungen zu kommen, mit denen Kosten gespart werden. Darin sind wir uns völlig einig. Aber wenn man solche Entscheidungen trifft, muss man bitte schön auch Strukturen schaffen, die gemeinsam mit den Betroffenen, mit den Leuten, die dort die Verantwortung haben, erarbeitet werden.
Und man kann nicht jedes Mal wieder von neuem die Situation schaffen, dass man alle gegen sich aufbringt. Das ist Ihr Problem, Sie sind ständig mit Alleingängen unterwegs, Sie überraschen jeden. Das mag medienwirksam und sehr lustig sein, aber trägt absolut nicht zu einer Beruhigung bei. Herr Minister, ich habe den Eindruck - mittlerweile hört man, dass Sie uns im Juni oder Juli hier verlassen und dass wir einen neuen Minister bekommen -,
dass ich sagen kann - wenn das stimmt und Sie haben gesagt, alles, was jetzt passiert ist, sei Ihnen einen Freude -: Vielleicht bereiten Sie den anderen auch einmal eine Freude.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nein, ich brauche die acht Minuten Redezeit nicht ausschöpfen. Ob der Minister nun bleibt oder geht, noch ist er jedenfalls hier, auch wenn die Bahn kommt, Herr Minister Austermann.
Ich bin doch nachdenklich geworden, als Sie sich so traurig darüber gezeigt haben, das niemand über die großartige Investition, also das Protonentherapiezentrum, so berichtet hat, wie Sie sich das möglicherweise vorgestellt haben. Um eines klarzustellen: Erstens. Über die Investitionssumme - das
Zweitens. Die Technologie der Protonentherapie ist faszinierend und bietet für Krebspatienten neue Chancen. Auch darüber streitet niemand.
Drittens. Dass Sie endlich die längst überfällige Rundumsanierung der Strahlenmedizin, also der Baulichkeiten und - ich nehme auch an - der technischen Ausstattung und der Arbeitsbedingungen, die dort derzeit für das Personal noch herrschen, in Angriff nehmen wollen, auch darüber streitet niemand.
Aber Sie werden dann sehr verräterisch, wenn Sie Ihre - aus meiner Sicht überhaupt nicht nachvollziehbaren - Zahlen, was das Patientenaufkommen für das PTZ anbelangt, zu rechtfertigen versuchen, indem Sie sagen: Ja, mein Gott, bisher sind doch auch Patienten in der Strahlenmedizin behandelt worden.
Heißt das denn, dass Sie davon ausgehen, dass all die Patienten, die bislang strahlenmedizinisch versorgt wurden, in Zukunft im Protonentherapiezentrum versorgt werden sollen? Genauso verräterisch ist die Ankündigung, man habe bereits erste Verträge und Vorverträge über die Partikeltherapie und über die sogenannte Boostertherapie abgeschlossen. Boostertherapie bedeutet nichts anderes, als dass man im PTZ etwas anderes veranstaltet als ursprünglich vorgesehen. Vermutlich wissen Sie das, Herr Minister Austermann. Das hieße dann, dass die bislang herkömmliche Bestrahlung mit Protonen im Protonentherapiezentrum mittels Boostertherapie doppelt so teuer würde.
Das heißt, Sie müssen schon ganz genau sagen, wie Sie in Zukunft eine betriebswirtschaftliche Rechnung aufstellen wollen. Gehen Sie davon aus, dass alle bislang konservativ behandelten Patienten in Zukunft im PTZ mit Partikeltherapie oder Boostertherapie behandelt werden? Wenn Sie dafür von den gesetzlichen Krankenkassen das Okay bekommen, dann sollte mich das schon sehr wundern. Das hätte nämlich in Zukunft eine Explosion der Kosten zur Folge. Das wäre schon sehr merkwürdig.
Ich finde, genau an der Stelle sind Sie die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie Sie sich eine solche Rechnung in Zukunft vorstellen. Noch einmal: Ich sage ganz klar, es geht nicht um die Investitionskosten. Es geht um den Betriebskostenzuschuss von bis zu 40 Millionen € im Jahr vor dem
Hintergrund der gesamten finanziellen Rahmendaten, also darum, dass nicht nur Sie, sondern jeder Kollege, der zu dem Thema gesprochen hat, dem UK S-H einen Betriebskostenzuschuss für PTZ von jährlich bis zu 40 Millionen € verspricht. Das finde ich ausgesprochen mutig angesichts der Tatsache, dass weitere Belastungen des Pflegepersonals und des ärztlichen Personals am UK S-H - jedenfalls aus unserer Sicht - absolut inakzeptabel sind.
Wenn Sie mit den gesetzlichen Krankenversicherungen, mit den Ersatzkassen sprechen, dass es eine deutliche Ausweitung der Indikationen geben soll, so mögen Sie auf diese Zahlen kommen. Wenn es bei den vier Indikationen bleibt, dann kommen Sie niemals auf die von Ihnen angepeilten Patientenzahlen, auch nicht auf die 2.500; von 4.000 wollen wir gar nicht reden, da die aus meiner Sicht ohnehin utopisch sind.
Dazu übrigens ein letzter Hinweis: Ich bin ja selten mit dem Kollegen Lauterbach von den Sozialdemokraten im Bundestag einig, würde mir aber schon einmal angucken, an welchen Stellen in der Bundesrepublik derzeit tatsächlich Protonenzentren gebaut werden. Ich würde mir einfach einmal die regionalen Radien beziehungsweise die Einzugsbereiche dieser Protonentherapiezentren anschauen. Danach können wir immer noch darüber reden, ob die Patientenzahlen, die Sie genannt haben, realistisch sind. Ich glaube, mit Blick auf die Hausaufgaben, die zur Sanierung des UK S-H vor Ihnen liegen, haben Sie - zumindest, was all Ihre Rahmendaten für das PTZ anbelangt -, hier heute sehr durch die rosarote Brille geschaut und keine seriösen Zahlen angegeben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil mich der Kollege Wadephul falsch zitiert hat. Er hat mir vorgeworfen, Zusammenlegung sei nicht notwendig, habe der SSW gesagt. Ich wiederhole: Wir halten die gesamte Diskussion um den Verwaltungssitz zum jetzigen Zeitpunkt schlicht
und ergreifend für überflüssig und haben gesagt: Da werden Nebelkerzen geworfen. Andere Fragen als der Standort des Hauptsitzes - Zitat - sind viel wichtiger.
Wir reden zum Beispiel über Pflege; der Kollege Garg hat es gerade noch einmal geradegestellt. Dort wird das Geld verdient. Die Person, die das regeln soll, wird aus dem Vorstand herausgespart! In der Organisation des gesamten Universitätsklinikums ist seit Dezember 2007 die Pflege nicht mehr so präsent wie vorher. Das heißt, die Leute, die das Geld verdienen, schmeißen wir raus und wundern uns, dass nachher nicht mehr genug Geld ins UK S-H hereinkommt. Das ist eine viel wichtigere Diskussion als beispielsweise die Diskussion über den Standort A oder B.
Genauso verhält es sich mit der Personalentwicklung. Wenn wir nur eine Wiederbesetzungssperre verhängen, ohne planmäßig heranzugehen und zu gucken: „Wo brauchen wir Stellen?, wie wollen wir uns inhaltlich als UK S-H aufstellen?“, dann machen wir einen falschen Schritt. Dann kann ich nur zu dem Schluss kommen, dass die Diskussion um den Standort A oder B, die immer so schön emotional geführt wird, nur dazu benutzt wird, um von diesen großen Problemen abzulenken. Das kann nicht sein!
Lieber Herr Kollege Wadephul, Sie haben vorhin auch von 3,6 Millionen € Einsparungen gesprochen. Wir haben bis heute nichts auf dem Tisch, das diese Zahl belegt. Ich möchte als Parlamentarier wissen: Wie setzt sich das zusammen? Welche Mitarbeiter sind betroffen? Wie viele Mitarbeiter werden denn tatsächlich freigesetzt? Welche Mitarbeiter werden das sein? Welche Synergien entstehen denn durch die Zusammenlegung? Bitte mit Zahlen belegen und nicht einfach nur Millionen auf den Markt schmeißen nach dem Motto: Dann fresst das mal alle und dann wird das schon irgendwie klappen! - Das geht eben nicht.
Wir haben als SSW ganz deutlich gesagt: Eine regionalpolitische Argumentation tragen wir gern mit. Lübeck stärken, ist in Ordnung, kann auch unternehmerisch sehr sinnvoll sein.
und zwar an beiden Standorten, in Kiel und in Lübeck. Diese Fragen werden nicht beantwortet. Im Gegenteil: Uns läuft das Management weg. Die machen sich alle vom Acker und werden überall, von anderen Kliniken dankend angenommen. Ein Unternehmen, dem das passierte, dass sich die Führungskräfte vom Acker machen, würde zu dem Schluss kommen, dass das eine Katastrophe für das eigene Unternehmen ist.
(Dr. Henning Höppner [SPD]: Das passiert jeden Tag in jedem Unternehmen! Bei Sie- mens und anderen!)
- Das passiert nicht jeden Tag in jedem Unternehmen, lieber Kollege Höppner, sondern das passiert nur bei uns im UK S-H, dass sie sich flächendeckend vom Acker machen. Das ist unser eigentliches Problem, dass diese Leute nicht mehr da sind, dass sich mittlerweile auch die im mittleren Managementbereich Beschäftigten Gedanken darüber machen, ob sie an diesem UK S-H noch eine Zukunft haben. Wir aber reden über Kiel oder Lübeck! Das ist dem Problem nicht angemessen.
Für einen weiteren Beitrag erhält der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Herr Dr. Ralf Stegner, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte drei Bemerkungen machen. Erstens. Das, was Kollege Klug hier vorgetragen hat, zeichnete sich vor allen Dingen dadurch aus, dass der von ihm unterbreitete Vorschlag dazu führen würde, dass sich das Defizit gewaltig vergrößerte. Ich kenne eigentlich niemanden, der das für sinnvoll hält. Betrachtet man die vergangenen Jahre, räume ich durchaus ein, dass manche Erwartungen nicht erfüllt worden sind, einfach auch deswegen, weil das Umfeld schwieriger geworden ist. Woran es nun aber ganz gewiss nicht gelegen hat, ist mangelndes Engagement der Beteiligten oder mangelnde Qualität. Es liegt auch nicht daran, dass der Weg falsch gewesen wäre, dies zu tun. Die Defizite wären ansonsten viel, viel größer und wir hätten heute ganz andere Probleme.
Ich finde es ein bisschen schade, dass Sie die Tatsache, dass Sie in der Opposition sind, dazu nutzen, Vorschläge zu unterbreiten, von denen Sie glücklicherweise annehmen können, dass sie nicht reali
Zweitens hat mich Kollege Jürgen Weber, der hier ja eine sehr fachkundige Rede gehalten hat, noch einmal darum gebeten, etwas zu sagen, was in der sportlichen Eleganz, die er im FC Landtag immer praktiziert, bei der Formulierung über den Medizinausschuss vielleicht nicht von jedem erkannt worden ist. Der Medizinausschuss hat seinen Sitz in Lübeck und in Kiel. Das wird auch so bleiben. Über die Geschäftsstelle des Medizinausschusses entscheidet der Medizinausschuss autonom. Das stand in Jürgen Webers Manuskript, das wollte er auch sagen und das hat er in eleganter Weise so ausgedrückt, dass der Gegner verwirrt war.
Der dritte Punkt: Es ist mir ein tiefes Bedürfnis, den Wissenschaftsminister gegen ungerechtfertigte, an die Landesregierung gerichtete Vorwürfe zu verteidigen.