Herr Hentschel, Sie haben nicht das Problem, dass Sie so weit hinten sitzen. Sonst würde ich bei Ihnen auch so rumschreien.
Sie tun so, als wären Sie der Sprecher der Beschäftigten. Ich selber komme aus dem Umfeld eines Standortes und habe Bekannte dort. Ich höre allerdings Folgendes: Wir wollen verlässliche Strukturen. Wir wollen Ruhe. Wir wollen zuversichtlich in die Zukunft schauen. - Dazu können wir beitragen.
Nun möchte ich auf Ihren Antrag eingehen und auf die problematische Wortwahl, die Sie gewählt haben, hinweisen. Jeder einzelne Abgeordnete trägt auch mit seiner eigenen Wortwahl Verantwortung. So komme ich zum Stichwort Verantwortung. Wir sollten uns überlegen, wo denn in der Vergangenheit problematische Entscheidungen gefällt wurden
und wer für diese verantwortlich ist. Ich meine beispielsweise den Aspekt, dass wir bisher zwei Verwaltungssitze hatten.
Ich möchte nun nicht sagen, dass eine andere Regierung alles besser gemacht hätte - ich kann es nicht beweisen und deshalb will ich es auch nicht behaupten -, aber Sie sollten sich einmal in Erinnerung rufen, wie es aussah, als Sie noch Verantwortung trugen. Ich greife die sinkenden Landeszuschüsse auf. In welcher Regierungsverantwortung hat das überhaupt angefangen?
Das, was Sie hier als Antrag vorlegen, ist im Wesentlichen so etwas wie eine Mittlere Anfrage - zu groß für eine Kleine, zu klein für eine Große. Ich bin gern bereit, darüber im Ausschuss zu diskutieren, möchte nun aber in der verbleibenden Zeit auf einige Punkte eingehen.
Sie benutzen in Ihrer Begründung das Wort „Aufruhr“. Nun, es ist sicherlich so, dass es Unruhe und Ängste gibt; das will niemand bestreiten. Allerdings gibt niemand hier im Haus den Beschäftigten des UK S-H Schuld an der problematischen finanziellen Situation; das betone ich. Insofern sollten Sie auch nicht so tun, als täten dies andere Parteien. Niemand gibt Ihnen die Schuld, aber das Defizit ist da und es steigt. Nun sind wir in der Verantwortung, etwas dagegen zu tun. Dies gilt gerade im Sinn der Patienten, um auch für die Zukunft eine vernünftige Maximalversorgung sicherzustellen, um den Beschäftigten eine Zukunft zu geben und nicht zuletzt auch, um die Steuerzahler zu entlasten.
Sie schreiben dann - das ist schon genannt worden -, dass es keine positiven Signale aus den Tarifverhandlungen gibt. Ich sage: Gott sei Dank! Tarifverhandlungen sind nämlich etwas - da ist sich der große Teil dieses Hauses einig -, was nicht auf dem großen Markt ausgetragen werden sollte, sondern hinter geschlossenen Türen und die Politik und insbesondere wir als Landtag sollten uns so weit wie möglich daraus heraushalten.
Sie schreiben, dass die Ausschreibung der Position gesetzlich anders vorgenommen werden müsse. Das haben wir alles in den beiden letzten Landtagstagungen und auch im Ausschuss diskutiert. Ich bleibe bei der Position, die wir schon zweimal vertreten haben, dass wir nämlich zunächst einmal das Konzept abwarten wollen - so haben wir es auch in der Koalition verabredet -, um dann zu entscheiden, wie es weitergeht. Es gibt verschiedene Vorschläge;
die Kollegen Weber und Klug haben darauf hingewiesen. Unter anderem gibt es den Vorschlag aus der Mitarbeiterschaft, einen Personalvorstand zu installieren. Diesbezüglich sind wir offen. Das können wir gern diskutieren. Wir bleiben allerdings dabei, dass dieses Thema nicht im Rahmen jeder Landtagstagung erneut aufs Tableau gebracht werden muss.
Das Sanierungskonzept wird Mitte 2008 vorgelegt. Natürlich kann mal in jeder Sitzung fragen, wie das Konzept aussieht und was bisher erreicht wurde. Dann kann man sich anschließend hinstellen und sagen: Seht her, es gibt noch gar kein Konzept. - Ja, das ist richtig. Denn es wird erst Mitte 2008 vorliegen. Ich denke allerdings, dass es die Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern gebietet, ein vernünftiges Konzept vorzulegen. Das eine oder andere kann als Ad-hoc-Maßnahme geschehen - das ist sicherlich klar -, aber es geht im Großen und Gazen um längerfristige Strukturveränderungen. Es geht um Arbeitsplätze und um die Arbeitsplatzbeschreibung einzelner Mitarbeiter. Von daher sollte man sich die Zeit nehmen. Dass ein Sanierungskonzept vor Mitte 2008 vorliegt, ist ein ehrgeiziger Zeitplan. Daran sollten wir uns halten und nicht bei jeder Landtagstagung neue Ängste schüren.
Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen - und damit ist der Komplex „Vorstand“ abgearbeitet -, dass schon 2006 der Landesrechungshof in seinen rechtlichen Bewertungen des Entwurfes des Hochschulgesetzes gesagt hat, dass jedes Vorstandsmitglied des UK S-H als einzelnes Organ den gesamten Aufgaben des UK S-H verpflichtet ist. Diese Aussage nimmt vielleicht ein bisschen Druck aus der Situation heraus.
Dann schreiben Sie etwas zum Komplex „Markterkundung“. Sie schreiben unter anderem, das sei durch die Medien aufgedeckt worden. Das ist ein ganz normales Verfahren und daher musste auch nichts aufgedeckt werden. Sie stellen beispielsweise die Frage, welche Ergebnisse das Markterkundungsverfahren bringt, obwohl es noch gar nicht beendet ist. Dazu kann ich Ihnen sagen, dass ein Markterkundungsverfahren ein ganz normaler Schritt im Rahmen der Erarbeitung eines Konzepts ist. Ich erinnere mich sehr genau an die letzte Sitzung des Bildungsausschusses, als Sie ganz empört gefragt haben, wie es sein kann, dass vor Vorlage eines Konzepts eine Markterkundung durchgeführt wird. Darauf kann ich kurz und knapp antworten: Genau deshalb. - Ich bin zwar kein Wirtschaftswissenschaftler - das muss man auch nicht sein -, aber ich habe einen Computer mit einem Internetan
schluss. Wenn man dann einmal nachschaut, was eine Markterkundung ist, dann stellt man fest, dass sie geradezu dazu dient, Ergebnisse für die konzeptionelle Ausarbeitung zu liefern. Ich glaube, wer darüber nachdenkt, dem erschließt es sich sofort. Insofern empfinde ich es auch an dieser Stelle als falsch, Kritik zu üben. Es ist gut, dass es diese Markterkundung gibt und wir diese notwendigen Informationen haben, um die nächsten Jahre konzeptionell vorzubereiten.
Was sich wie ein roter Faden durch Ihren Antrag zieht, ist - der Minister hat bereits darauf hingewiesen - die Problematik, dass Sie die Landesregierung trotz der rechtlich unabhängigen Stellung des UK S-H immer direkt in die Verantwortung nehmen. Vielleicht sollten wir einmal in einer Bildungsausschusssitzung die Gesamtzusammenhänge aufarbeiten.
Außerdem stellen Sie einige Fragen sehr suggestiv. Sie stellen beispielsweise die Frage, welche Strategie die Landesregierung mit Stellenstopp und drastischen Einkommenssenkungen verfolgt. Sie fragen, als wäre es eine Position der Landesregierung. Sie sollten sich einmal überlegen, ob dies wirklich die richtige Vorgehensweise ist. Ich denke, wir sollten etwas ruhiger und sachlicher miteinander umgehen und auf diese Suggestivfragen verzichten.
Im Übrigen verweise ich darauf, dass die politische Entscheidungsfähigkeit nicht immer an die tatsächliche Situation gekoppelt ist.
Aus zeitlichen Gründen ist es schwierig, all Ihre Fragen zu beantworten. Deswegen werden wir das im Ausschuss vertiefen. Die Beantwortung mancher Suggestivfrage - beispielsweise fragen Sie, ob die durchgesetzten Tarifergebnisse für die Ärzteschaft durch Einsparungen bei niedrig dotierten Berufsgruppen erreicht wurden - liegt außerhalb der politischen Entscheidungen der Landesregierung. Von daher halte ich es für problematisch, solche Fragen hier hineinzuschreiben. Ich habe Verständnis dafür und finde es auch gut, dass man sich für die Belange der Beschäftigten einsetzt, aber diese Vorgehensweise finde ich fraglich. Ich räume auch ein, dass es Ungerechtigkeiten gibt, beispielsweise Unterschiede zwischen dem medizinischen Bereich und der Pharmaindustrie. Das ist ohne Frage der Fall. Aber so zu tun, als läge das in der Entscheidung der Landesregierung, und es dem Minister zum Vorwurf zu machen, finde ich falsch.
Der Landesrechnungshof hat schon im Jahr 2007 darauf hingewiesen, dass eine sofortige Zusammenlegung bei der Fusionierung der Verwaltungssitze
zu einer Einsparung von 31 Millionen € geführt hätte. Ob dies eine realistische Zahl ist, kann ich von dieser Stelle aus nicht beurteilen. Nichtsdestotrotz kann man sagen, dass es gut ist, dass jetzt eine Entscheidung für einen einheitlichen und Doppelstrukturen abbauenden Verwaltungssitz getroffen wurde. Ob der Sitz nun in Kiel oder in Lübeck ist, ist sicherlich eine Frage, die weniger auf fachpolitische Erwägungen hinausläuft. Vielmehr hat dies immer auch etwas mit der regionalen Einstellung zu tun.
Herrn Hentschel hat Herrn Austermann in diesem Zusammenhang als Chaosminister bezeichnet. Frau Birk, Sie wurden in den „Lübecker Nachrichten“ mit Ihrer Aussage zitiert, dies sei eine Entscheidung der Vernunft, Vernunft und Chaos müssten sich nicht immer zwangsläufig ausschließen. Ich denke, daran sieht man sehr gut, dass Sie - je nachdem, ob Sie aus Kiel oder aus Lübeck kommen - aus regionalpolitischer Sicht ebenfalls vorbelastet sind. Dies gilt für alle Fraktionen, das kann man hier offen sagen.
Es gibt Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Es gibt Entscheidungsgrundlagen, die für die eine oder für die andere Richtung sprechen; sei es für das Rechenzentrum in Lübeck oder für die Nähe zur Medizintechnik in Lübeck auf der einen Seite, sei es hier die Nähe zur Landesregierung und zur CAU auf der anderen Seite. Darüber kann man sicherlich streiten. Sicherlich hätte es auch eine Entscheidung für Kiel geben können. Nun hat man sich aber aus - wie ich meine - nachvollziehbaren Gründen für Lübeck entschieden. Wir sollten dies gemeinsam transportieren und die Frage nach dem Medizinausschuss nicht zwangsweise damit verknüpfen.
Ich denke, wir haben das Hochschulgesetz auch deshalb so gestaltet, um den Hochschulen mehr Autonomie zu gewähren. Sie haben durchaus richtig dargestellt, wozu dieser Medizinausschuss dienen soll. Dass die Politik nun sozusagen von oben herab über diesen Medizinausschuss als Kompensation diskutiert, finde ich nicht richtig. Dieser sollte aus rein sachlichen und aus forschungspolitischen Erwägungen heraus erwogen werden. Wir werden darauf achten, dass dies auch geschieht.
Sie haben - und da laufen Sie bei uns und sicherlich auch bei der Regierung offene Türen ein - darauf hingewiesen, dass es auch für den Campus Kiel Strukturen geben muss. Diese müssen gewährleisten, dass es auch zukünftig ein Interagieren mit den Kassen und mit den Entscheidungsträgern vor Ort geben wird. Hier sind wir offen. Auch die Ent
scheidung des Kabinetts lässt dies offen und ermöglicht dies. Darüber sollte man ganz ruhig und offen an den entscheidenden Stellen - das ist allerdings nicht der Landtag - diskutieren.
Zu guter Letzt will ich darauf hinweisen, dass trotz allem am UK S-H gute Leistungen erbracht werden. Dies sollten wir nicht kaputt reden. Wir sollten die Tarifverhandlungen, die für die Zukunft des UK S-H wirklich entscheidend sind, abwarten. Ich bin gern bereit, im Ausschuss über die eine oder andere Frage mit Ihnen zu diskutieren. Mittlerweile sind aber zwölf Minuten um. Ich hätte mir zwei Minuten am Anfang sparen können. Am Ende war es angenehm ruhig und ich konnte einiges zu Protokoll geben. Ich würde mich darüber freuen, wenn das beim nächsten Mal gleich von Anfang an klappen würde.
Ich nehme das nicht als Kritik am Präsidium an, Herr Herbst, denn dann müssten Sie hier jedes Mal kritisieren, dass es nicht ruhig ist. - Für die SPDFraktion hat jetzt Herr Abgeordneter Jürgen Weber das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zurzeit behandeln wir das Thema UK S-H monatlich hier im Plenum. Das ist unter dem Strich etwas, was man auch gut tun kann, denn es ist schon eine große Aufgabe, die hier zu wuppen ist, nämlich die Zukunft des UK S-H zu gestalten. Deshalb kann man durchaus begrüßen, dass die Grünen einen Berichtsantrag gestellt haben. Seit dem letzten Monat gibt es auch Neuigkeiten, über die man das eine oder das andere Wort verlieren muss.
Bevor ich auf einige aktuelle Punkte zu sprechen komme, möchte ich Folgendes in Erinnerung rufen: Der Minister hat mit einem Halbsatz angedeutet, was für erhebliche Baustellen wir im Bereich des UK S-H haben. Ich will daran erinnern, dass es die politische Verabredung und auch die Beschlusslage gibt, bis zum Sommer ein Gesamtkonzept vorzulegen. Daher kann man dies nicht jeden Tag aufs Neue einfordern. Man muss bewerten, was möglich ist und was in diesem Zeitraum erledigt werden kann. Das ist schon eine riesige Aufgabe.
benennen wesentliche Baustellen, die bearbeitet werden müssen, auch wenn über das Thema Verwaltungssitz jetzt schon entschieden worden ist. Darüber, ob dies notwendig war, müssen wir jetzt nicht mehr diskutieren. Das ist passiert und wir tragen diesen Beschluss natürlich mit. Dazu werde ich im Detail noch einige Worte sagen.
Nun komme ich dazu, was wir bis zum Sommer noch lösen müssen. Wir erwarten, dass der Vorstand, die Sanierer im Zusammenwirken mit allen Beschäftigten und letztlich auch die Landesregierung über ihre Verantwortung im Aufsichtsrat zu einem gesamten Konzept kommen.
Erstens. Nötig ist ein Konzept zur Realisierung des Investitionsbedarfs; ob dies nun mit einem Sonderinvestitionsprogramm oder mit einer Bündelung der bisher bereits bestehenden Investitionsmittel geschieht, ist zwar wesentlich, vor allem aber ist es für den Standort Kiel von zentraler Bedeutung, weil alle wissen, dass hier der Investitionsstau besonders groß ist. Dazu gehört natürlich auch gerade für den Bereich der Investitionen ein Konzept, das deutlich macht, in welchem Umfang die Beteiligung privater Investoren möglich ist.
Zweitens. Nötig ist eine deutliche Verbesserung der Verwaltungsstruktur. Unabhängig von der Verwaltungssitzfrage ist es ein erhebliches Erfordernis, dass wir auch unterhalb des Vorstands Strukturen haben, die es möglich machen, die Arbeit des UK S-H auf neue Beine zu stellen.
Wir sind gerade bei diesem Punkt. Wir haben eine Entscheidung über den Verwaltungssitz getroffen. Es muss zukünftig natürlich so sein, dass es in Kiel ein Vorstandsbüro gibt, das mit hoher Kompetenz und Zuständigkeit ausgestattet ist. Es muss Ansprechpartner für Krankenkassen und für andere Institute der Universität sein, die im Zusammenhang mit dem Klinikum arbeiten und forschen. Ich glaube, hier gibt es noch viele Dinge zu tun, die in der Praxis umzusetzen sind. Wir erwarten in jedem Fall, dass dies zügig abgearbeitet wird.
Drittens. Zur Prozessoptimierung vor allem im Bereich der Krankenversorgung: Das ist ein weites Feld. Vor allem ist dies ein Feld, das erhebliche Ressourcen freischaufeln soll. Das immense ökonomische Potenzial eines fachgerecht gesteuerten Ressorts der Krankenpflege, des Patientenservices und der Personalentwicklung für die Wertschöp
fung eines Klinikums darf meines Erachtens nicht unterschätzt werden, denn nicht nur Kostenstellen, sondern vor allem auch Erlöskomponenten des Betriebsergebnisses im UK S-H wurden bisher zumindest in diesem Ressort verantwortet. Die Krankenpflege und die Steuerung des Patientenservices mit modernen Methoden des Patienten- und Prozessmanagements machen immerhin - und das ist keine geringe Zahl - 30 % des DRG-abhängigen Erlösanteils aus. Ich glaube, das ist etwas, das dazu führen muss, dass man sich Gedanken darüber macht, auf welcher Ebene man das in der Verantwortung ansiedelt. Wir bleiben dabei, wir sind der Auffassung, dass die Fragen der Personalentwicklung und der Pflege sowie des Patientenservices Bereiche sind, die beim Vorstand angesiedelt bleiben sollen.
Viertens. Zum Stichwort Erschließung neuer Märkte im In- und Ausland: Die Zeit reicht nicht aus, um auch dieses Thema weiter auszuführen.