Protocol of the Session on January 31, 2008

Landtag bittet die Landesregierung“ als erster Punkt.

Wir wollen auch das Ergebnis aufnehmen, das in Niedersachsen dabei herauskommt. Ich gehe davon aus, dass sich in Hannover bald ein Ergebnis ergeben wird und dass wir dann weitere Untersuchungen vornehmen und weiter vorgehen können. Wir bewerten - zumindest habe ich das so herausgehört - die Ergebnisse aus Hannover alle gleich und stellen fest, dass die Experten uneins waren und dass es widersprüchliche Ergebnisse gab. Wenn wir aber diese Auffassung haben, dann müssen wir handeln, dann müssen wir wirklich etwas tun. Dies sollten wir gemeinsam mit den Menschen vor Ort und mit Bürgerinitiative vor Ort tun. Wir dürfen die Menschen vor Ort dabei nicht außen vor lassen und wir dürfen den Menschen vor Ort nicht sagen: Wir machen alles; lasst einmal, wir bekommen das schon irgendwie hin. Wir müssen sie beteiligen. Deshalb ist in diesem Antrag auch gemeinsam eingebracht worden, dass wir die Bürgerinitiative angemessen beteiligen wollen, weil wir die Befürchtungen der Menschen ernst nehmen.

Kommen wir noch einmal zu den Kosten, die Herr Matthiessen ebenfalls angesprochen hat. Für uns ist es selbstverständlich, dass wir einen Teil, dass wir das, was wir leisten können, übernehmen. Allerdings ist es bei der Größe und der Dauer des Clusters auch wichtig, dass der Bund mit in die Verantwortung genommen wird.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen der dritte Spiegelstrich, in dem wir gesagt haben: Die Bundesregierung muss einfach mit ins Boot genommen werden, weil es hierbei um Leukämie geht und nicht nur darum, ob ein Atomkraftwerk oder andere Ursachen dafür verantwortlich sind.

Herr Kollege, die Zeit!

Ja. - Hierbei geht es darum, dass wir die Leukämie in Gänze und nach den neuesten Erkenntnissen aufklären. Wir haben sehr viel geforscht. Das ist richtig, und das ist gut so. Allerdings müssen wir nun weitermachen. Unser Antrag soll bewirken, dass wir vorangehen und nicht immer warten, bis vielleicht andere den ersten Schritt machen.

(Lars Harms)

(Beifall bei SPD, SSW und der Abgeordne- ten Frauke Tengler [CDU])

Für einen weiteren Kurzbeitrag hat der Herr Abgeordnete Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich meinem Kollegen Ralf Stegner dafür danken, dass er so klare Worte zur Atomkraft gefunden hat. Ich finde das wichtig, weil in dieser Regierung, die ja von der SPD mitgetragen wird, in letzter Zeit gerade von dem verantwortlichen Minister ganz andere Töne zu hören waren. Deswegen finde ich es sehr beruhigend, dass hier so klar geredet wird.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Es gibt wohl keinen Zweifel daran, welche Position wir haben. Aber ich möchte noch einmal betonen, dass es die Tatsache, dass man eine Generation lang Strom produzieren kann nicht rechtfertigt, Strahlen aufzuhäufen, die anschließend zigtausend Jahre lang die Menschen belasten.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist ein solcher Unsinn, dass ich alle bitte, die noch weiter solche Dinge vertreten, über diese Frage noch einmal ernsthaft nachzudenken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dennoch kommt es uns darauf an, dass wir die bedrückenden Leukämiefälle in der Elbmarsch, mit denen wir es seit Jahren immer wieder zu tun haben und zu denen schon eine ganze Reihe von Gutachten gemacht worden ist - das ist ja das Problem, vor dem wir stehen -, völlig unabhängig von deren Ursache untersuchen und klären. Das ist wichtig. Denn wir haben bei der letzten großen Untersuchung, bei der Fallstudie, auch den Raum Pinneberg untersucht, wo wir auch ein Cluster hatten. Im Kreis Pinneberg stellte sich heraus, dass die Verantwortung bei den Baumschulen lag, woraufhin auch Maßnahmen getroffen worden sind, um dem zu begegnen. In der Elbmarsch gibt es unterschiedliche Hypothesen. Die eine zielt auf das Atomkraftwerk Krümmel, die zweite zielt auf die GKSS, möglicherweise auch auf die ehemaligen Atomanlagen.

Die dritte zielt auf das Elbufer und auf die Vergiftung des Elbufers durch Chemieabfälle, die über Jahrzehnte aufgelaufen sind. Es ist klar: Wenn wir untersuchen, müssen alle Hypothesen untersucht werden, um endlich zu einer Klärung zu kommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ein Letztes! Ich fände es ausgesprochen bedauerlich, könnten wir uns nicht einigen. Das wäre beschämend. Der Niedersächsische Landtag hat es über alle Parteigrenzen hinweg geschafft, in dieser wichtigen Fragen zu einer gemeinsamen Haltung zu kommen. Ich denke, das muss auch hier möglich sein.

Wenn sich die Koalition nicht einig ist, dann muss das von der SPD nicht schöngeredet werden. Ich habe den Beitrag von Olaf Schulze in dieser Frage nicht verstanden. Der Antrag der Regierungsfraktionen ist, so wie er vorliegt, unklar. Wir haben sehr ernsthaft überlegt, ob wir ihn übernehmen können; aber er ist einfach unklar.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wenn Sie dazu stehen, dass Sie im Grunde das, was in Niedersachsen vorgeschlagen worden ist, ebenfalls wollen - das ist ja hier von beiden Koalitionsfraktionen gesagt worden -, dann sollten wir im Ausschuss darüber reden und zu einer gemeinsamen Formulierung kommen. Ich appelliere dringend, der Ausschussüberweisung zuzustimmen, damit wir einen gemeinsamen Antrag und ein klares Signal aus Schleswig-Holstein bekommen. Nicht dass wir uns an dieser Frage noch auseinanderdividieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Kollegen Hentschel ausdrücklich dafür dankbar, dass wir die Ursachenforschung hinsichtlich der Leukämiefälle ergebnisoffen betreiben wollen. Es gibt mit Sicherheit eine Reihe von guten Gründen gegen die Nutzung der Kernenergie. Diese kann man an anderer Stelle debattieren. Meine Lan

(Olaf Schulze)

despartei ist, wie Sie wissen, überwiegend atomkritisch.

Aber ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich mir vorgenommen hatte, bei der Jungfernrede des neuen SPD-Fraktionsvorsitzenden zu applaudieren. Herr Stegner, Sie haben es leider unmöglich gemacht, weil mir die Art und Weise Ihres Debattenbeitrags wirklich Anlass zur Sorge gibt.

Sie haben erklärt, Sie wollten, da die Leukämiefälle auch ein Gesicht hätten, eine emotionale Rede halten. Sie haben allerdings keine emotionale Rede gehalten, sondern Emotionen geschürt. Ihre Rede selbst war relativ emotionslos.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Susanne Herold [CDU])

Sie haben etwas getan, worüber ich Sie wirklich bitte, noch einmal nachzudenken. Sie haben darauf hingewiesen, Sie hätten bereits vor 15 Jahren erklärt, Sie würden mit Ihren Kindern nicht in die Nähe von Atomkraftwerken ziehen. Damit haben Sie insinuiert, jene Eltern, die dort wohnen und Kinder bekommen, würden fahrlässig handeln, wenn sie nicht wegziehen. Sie haben insinuiert, dass statistische Signifikanz und Kausalität gleichbedeutend seien. Sie wissen, dass das Unsinn ist, auch wenn Sie Laie sind. Ich habe einen Beleg dafür:

Als wir auf meinen Antrag hin im Innen- und Rechtsausschuss über die Opfer der Ostsee-Havarie und eine statistische Signifikanz von Krebserkrankungen diskutiert haben und ich darum gebeten habe, dass wir den Betroffenen helfen, ist aus dem Innenministerium erklärt worden, es bestehe gar keine Kausalität, und wenn keine Kausalität bestehe, dürfe auch keine Entschädigungsleistung gezahlt werden. - Der Kollege Puls kann sich daran erinnern.

Ich sage das nur, weil es für mich Heuchelei ist, wenn man auf der einen Seite, weil es einem passt, den Zusammenhang zwischen statistischen Signifikanzen und Kausalitäten insinuiert und auf der anderen Seite sagt: Daran halten wir uns nicht.

Herr Stegner, wenn ich Sie mit Ihrer Erklärung ernst nehmen sollte, dann müssten Sie Ihre Parteifreundin Frau Trauernicht jetzt auffordern, den Stecker aus den Kernkraftwerken zu ziehen und sie nicht wieder anfahren zu lassen.

(Zuruf)

- Ja, selbstverständlich. Wenn wir davon ausgehen, dass sie kausal verantwortlich für Todesfälle sind,

dann dürfen sie nicht weiterbetrieben werden, und zwar keinen einzigen Tag.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die Tatsache, dass Sie das nicht mit der Vehemenz fordern, mit der Sie sonst auftreten, macht Ihre Rede für mich nicht inhaltsleer, aber sehr unglaubhaft und sie als Person auch unglaubwürdig. Das wollte ich Ihnen nur sagen.

Zu allen anderen: Wir haben bei der Frage der Kernenergie eine von den Grünen durchaus unterschiedliche Position. Aber dass wir die Menschen ernst nehmen müssen und ihnen nicht vorschnell eine Lösung anbieten dürfen, von der wir nicht einmal wissen, ob sie stimmt, versteht sich für mich von selbst.

Lieber Herr Kollege Schulze, die Erklärung: „Wir wissen nicht, was es ist, aber wir gehen mit einem Eimerchen herum und nehmen ein paar Bodenproben; wir wissen nicht, wohin wir gehen müssen, aber lassen Sie uns einmal losmarschieren“, ist wirklich nicht nur unpolitisch, sondern unwissenschaftlich und eigentlich des Ansatzes eines Hohen Hauses unwürdig.

(Beifall bei der FDP)

Dass wir es bei komplett unterschiedlichen Auffassungen nicht schaffen, uns wie die Niedersachsen auf die gleiche Linie zu begeben, ist ein Trauerspiel. Ich bitte die beiden großen Koalitionsfraktionen herzlich, darüber noch einmal nachzudenken.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte mich zunächst zu Wort gemeldet, um etwas zu dem Beitrag des Kollegen Lars Harms zu sagen. Ich glaube in der Tat, dass es uns darum geht, mit den ungeklärten Leukämiefällen umzugehen und da alles zu tun, was wir tun können. Übrigens werden die Bodenproben von der Bürgerinitiative gefordert. Wir sollten das nicht in zwei verschiedenen Anträgen tun.

Wir haben uns mit der Union darauf verständigt, dass wir dem Anliegen des SSW folgen und der

(Wolfgang Kubicki)

Ausschussüberweisung beider Anträge zustimmen wollen, um noch einmal beraten zu können. Ich glaube, dass das ein vernünftiger Weg ist.