Protocol of the Session on November 21, 2007

Im Fall Dithmarschen ist das zuständige Bildungsministerium tätig geworden. Sollte dies ebenfalls zu keiner Veränderung des Beschlusses des Kreistages Nordfriesland führen, ist die Kommunalaufsicht zuständig. Das ist das Innenministerium. Das ist das Verfahren, das im Gesetz des Landes SchleswigHolstein steht. Wir haben hier die Verpflichtung abgegeben, Gesetz und Verfassung des Landes Schleswig-Holstein zu achten. Das sage ich nur zur Erinnerung.

(Beifall bei SPD und CDU)

Zweitens. Wenn hier dem Innenminister unterstellt wird, offen zum Rechtsbruch aufgefordert zu haben, dann ist das ehrabschneidend und ich weise das mit Empörung zurück. Das hat es nicht gegeben. Wir haben zu diesem ganzen Komplex eine politische Auffassung, die wir mehrfach geäußert haben.

Drittens. Herr Ministerpräsident es ist auch nicht gut, wenn Sie als derjenige, der einen Eid geleistet hat, gestern Abend im „Schleswig-Holstein Magazin“ sagen, in Teilen des Landes konnte ein Gesetz

(Lars Harms)

nicht umgesetzt werden. Das halte ich für nicht in Ordnung. Wir haben die Verpflichtung, Gesetze im ganzen Land umzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen zur Dringlichkeit sehe ich nicht. Ich lasse über die Dringlichkeit abstimmen und weise noch einmal darauf hin, dass nach § 51 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Wer der Dringlichkeit des Antrages Drucksache 16/1716 zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist das nötige Quorum nicht erreicht und die Dringlichkeit ist abgelehnt.

Nach § 55 unserer Geschäftsordnung -

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das hat sich erle- digt!)

- Vielen Dank, Herr Abgeordneter Stegner.

Meine Damen und Herren, ich darf darauf hinweisen, dass ich Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt habe. Der Ältestenrat hat sich darauf verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln: Zu den Tagesordnungspunkten 3 bis 6 sowie 8, 9, 16, 17, 24 und 34 bis 40 ist eine Aussprache nicht geplant. Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 10, 11, 12, 13 und sowie 14, 22 und 23, Gesetzentwürfe zur Änderung des Landesministergesetzes, des Landesbeamtengesetzes, des Schleswig-Holsteinischen Abgeordnetengesetzes sowie Anträge zur Änderung der Verhaltensregeln für die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages und zur Umstellung der Versorgung ehemaliger Landesministerinnen und Landesminister. Ebenfalls zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 26 und 31, Anträge zur Menschenwürde über den Tod hinaus und zu Sozialbestattungen gemäß SGB XII.

Von der Tagesordnung abgesetzt werden soll der Tagesordnungspunkt 20, Große Anfrage zur Entwicklung der Alters- und Personalstruktur im Bereich der Landespolizei. Tagesordnungspunkt 33 wurde zurückgezogen. Anträge zur Aktuellen Stunde und zur Fragestunde liegen nicht vor. Den gewählten Ausweg will ich im Ältestenrat noch einmal mit den Fraktionen besprechen.

Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge

der Beratungen in der 27. Tagung. Am Freitag ist keine Sitzung vorgesehen. Für die Sitzung ist unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause heute und morgen jeweils ein Sitzungsende für 18 Uhr geplant. - Ich höre keinen Widerspruch, wir werden so verfahren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/1439

Bericht und Beschlussempfehlung des Sozialausschusses Drucksache 16/1705

Ich erteile das Wort der Berichterstatterin des Sozialausschusses, Frau Abgeordneter Siegrid TenorAlschausky.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sozialausschuss hat den Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein, der ihm durch Plenarbeschluss vom 11. Juli 2007 zur Beratung überwiesen worden ist, in zwei Sitzungen, zuletzt am 8. November 2007 beraten.

Er empfiehlt Ihnen mit den Stimmen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der FDP den Gesetzentwurf in der Fassung anzunehmen, wie sie der Drucksache 16/1705 entspricht.

Ich danke der Frau Berichterstatterin. Wortmeldungen zum Bericht sehe ich nicht. Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Torsten Geerdts hat das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 20. November 1989 wurde die Kinderrechtskonvention durch die UNO-Generalversammlung beschlossen. Der gestrige Tag gilt seitdem als der „Internationale Tag für Kinderrechte“. Mit Ausnah

(Lothar Hay)

me der USA und Somalias haben alle Staaten der Welt die Konvention ratifiziert.

Heute, am 21. November 2007, verabschieden wir im Schleswig-Holsteinischen Landtag das Gesetz zur Weiterentwicklung und Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit der heutigen Beschlussfassung einen weiteren Beitrag dazu leisten können, die Kinderrechtskonvention vor Ort mit Leben zu erfüllen.

Die Konvention aus dem Jahr 1989 nennt drei Hauptziele, die es zu verwirklichen gilt. Erstens: Die Schutzrechte für Kinder und Jugendliche sollen ausgebaut werden. Zweitens: Es sollen Förderrechte für Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Drittens: Es sollen Rechte zur Teilhabe von Kindern und Jugendlichen formuliert werden.

Das Kinderschutzgesetz ist aus meiner Sicht nur ein Baustein, aber ein ganz wesentlicher Baustein, um Kinder und Jugendliche in Schleswig-Holstein zu schützen, um einen Beitrag zu leisten, Vernachlässigungen, Verwahrlosungen und Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu bekämpfen und gleichzeitig - das ist mir besonders wichtig - Eltern, ob als Paar oder alleinerziehend, den Zugang zu Hilfsund Beratungsangeboten ohne Hemmschwellen zu ermöglichen.

Wir werden auch mit diesem Gesetz - auch das sollten wir offen sagen - so traurige Fälle, für die Namen wie Kevin oder Tim stehen, nicht ausschließen können. Wir wollen als Gesetzgeber gemeinsam mit haupt- und ehrenamtlichen Partnern vor Ort aber alles unternehmen, um Hilfe und Beratung weiter zu optimieren. Dazu kann das vorliegende Gesetz einen Beitrag leisten. Es darf aber nicht losgelöst von anderen Entscheidungen gesehen und diskutiert werden, die ich in Erinnerung rufen will.

Vor wenigen Monaten haben wir den Schutz von Kindern und Jugendlichen als Staatsziel in unsere Landesverfassung aufgenommen. Wir wollen, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen mit denen von Erwachsenen auf Augenhöhe diskutiert werden.

Der Kinder-Jugend-Aktionsplan mit seinen sechs Handlungsfeldern ist bei der Umsetzung des Kinderschutzgesetzes von maßgeblicher Bedeutung. Kinder sollen gesund aufwachsen, viele Familien benötigen frühe Hilfen, Kinder haben einen Anspruch auf eine ganzheitliche Bildung, sie sollen beteiligt werden, soziale Ausgrenzung ist zu bekämpfen und - auch wenn es ein bisschen weicher klingt, gehört es für mich trotz alledem dazu - ihnen

sollen die Türen geöffnet werden zur Jugendkultur und zum Jugendtourismus.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um an dieser Stelle allen zu danken, die sich in den vergangenen Monaten an der Diskussion über dieses Gesetz beteiligt haben.

Die Anhörungsergebnisse haben wir ausgewertet und viele Anregungen in den vorliegenden Gesetzestext aufgenommen. Unser Ziel ist es, einen breiten Konsens für das Kinderschutzgesetz zu erreichen, damit wir in der Umsetzung erfolgreich sind.

Ich danke aber auch den Mitgliedern des Sozialausschusses. Ich meine da wirklich die Mitglieder aller Fraktionen. Denn in der Diskussion in der letzten Ausschusssitzung und in der dortigen Schlussabstimmung haben wir uns deutlich aufeinander zubewegt, eigene Bedenken zurückgestellt. Am Ende gab es die Zustimmung von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Lars Harms hat uns zugerufen, er werde zustimmen. Die FDP hat sich enthalten; das kann ja heute noch werden.

Die Sozial-, Gesundheits- und Jugendpolitiker waren sich in der Zielsetzung dieses Gesetzes immer einig. Wir haben über den richtigen Weg gestritten, um mehr Kinder vor Gewalt in den Familien und vor Vernachlässigung zu schützen.

Wir haben jetzt eine Öffnung ins Gesetz aufgenommen, die es den Kommunen überlässt, wohin die Zentrale Stelle die Daten melden soll. Liebe Kollegin Heinold, das war der Punkt, in dem wir auch in der Diskussion im Ausschuss auseinander waren. Ich glaube, der jetzt geschaffene Handlungsspielraum für die Kreise und Städte kommt Ihrem Ansinnen ein Stück näher. So habe ich auch die Zustimmung im Ausschuss wahrgenommen. CDU und SPD werden vor Ort weiter für das Jugendamt werben und Sie für das Gesundheitsamt. Wir werden da einen spannenden und guten Wettbewerb zum Wohle der Kinder bekommen.

Wichtig ist festzustellen, dass § 7 a mit der Schaffung einer Zentralen Stelle das Herzstück des Gesetzes ist. Dort wird die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen geregelt. Sie dient der Sicherung eines gesunden Aufwachsens und der Vermeidung einer Gefährdung von Kindern. Die Zentrale Stelle hat die Aufgabe, durch die Ermittlung der Kinder im Alter vom dritten Lebensmonat bis zu fünfeinhalb Jahren, die nicht an einer für ihr Alter vorgesehenen Früherkennungsuntersuchung teilnehmen, eine solche Teilnahme zu sichern.

(Torsten Geerdts)

Wir haben in diesen Paragraphen nach der Anhörung eine wichtige Ergänzung aufgenommen, die da lautet: „Wird die Früherkennungsuntersuchung durch eine Ärztin oder einen Arzt außerhalb Schleswig-Holsteins durchgeführt, sollen die gesetzlichen Vertreter des untersuchten Kindes sich die Untersuchung auf einem von der Zentralen Stelle bereitgestellten Formular bescheinigen lassen, das sie anschließend der Zentralen Stelle übermitteln.“ An der Stelle haben wir noch einmal eine zusätzliche Verbesserung im Gesetzestext hinbekommen.

Ich persönlich bleibe dabei, dass ich mir eine größte Wirkung des Gesetzes verspreche, wenn die Zentrale Stelle ihre Daten an die Jugendämter meldet. Von dort aus gibt es aus meiner Sicht einen schnelleren und unbürokratischeren Zugang zu Hilfs- und Beratungsangeboten der freien Träger.

Wir setzen mit unserem Gesetzentwurf auf niedrigschwellige Beratung, auf die Vermittlung zu den Fachärzten, auf die Nutzung bestehender Netzwerke und auf eine unbürokratische Zusammenarbeit zum Wohle der Kinder.

Die CDU-Landtagsfraktion möchte, dass möglichst selten in die Privatsphäre von Problemfamilien eingedrungen werden muss. Das wäre genauso wenig hilfreich wie die Forderung nach finanziellen Sanktionen; am Ende würden es wieder die vernachlässigten Kinder zahlen und dafür geradestehen müssen. Auch das war ein Punkt in den Diskussionen im Ausschuss.

Mit dem heute zu verabschiedenden Kinderschutzgesetz wollen wir erreichen, dass möglichst alle Eltern in die Lage versetzt werden, ihren Erziehungsauftrag wahrzunehmen. Kinder haben einen Anspruch auf starke Eltern. Wir wollen erreichen, dass selbstbewusste Kinder früh lernen, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Wir wollen erreichen, dass die Datenübermittlung unbürokratisch funktioniert, damit die Eltern, die mit ihren Kindern nicht zur Früherkennungsuntersuchung erscheinen, angesprochen, aber auch beraten werden. Wir wollen erreichen, dass die Zusammenarbeit zwischen Kinderärzten und Hebammen noch enger und vertrauensvoller wird. Das ist dringend nötig im Land.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Bei der Umsetzung dieses Gesetzes sind die Ärzte und Hebammen genauso mit im Boot wie die Kinderschutzbünde, die Familienbildungsstätten, die Kindertafeln, die Lehrer, die Erzieher, die Polizei und die Justiz. Selbstverständlich haben wir in dem heute zu verabschiedenden Gesetzestext die Kinderschutzzentren mit aufgenommen. Ihre Arbeit ist

in Kiel, in Lübeck und an der Westküste unverzichtbar.

„Hilfe statt Strafe“ heißt das Handlungsmotto der vielen haupt- und ehrenamtlichen Kinderschützer im Lande. Bei der Formulierung des Gesetzes haben wir uns von diesem Leitmotiv leiten lassen, indem wir die Hilfe und die Beratung in den Mittelpunkt gestellt haben. Aber wir haben auch die gewünschte Zusammenarbeit mit der Polizei und der Justiz klar beschrieben.

Ich habe es eingangs gesagt: Wir wollen das Kinderschutzgesetz angewandt wissen und setzen gleichzeitig auf die Handlungsfelder in unserem Kinder-Jugend-Aktionsplan. Denn bei der Gesundheitsförderung kommt es sehr darauf an, die Entwicklung des Kindes genau im Auge zu haben. Es gilt verstärkt, auf die Ernährung, aber auch auf die Sprachkompetenz bei Kindern und Jugendlichen zu achten und auch ein Stück weit zu kontrollieren, wie weit sie jeweils sind.

Die Gesellschaft muss früh erkennen und die Gesundheit von Kindern nachhaltig sichern. Prävention ab dem Kindesalter an ist eine gute Sparpolitik. Wer in Kindergesundheit investiert, entlastet mittelfristig die Gesundheits- und Sozialhaushalte des Bundes, der Länder und der Kommunen.