Protocol of the Session on June 16, 2005

Ich will kurz einen Blick auf die Vorgeschichte werfen. Kollege Arp, in Ihrer Rede hat nur der Satz gefehlt: Ich bin ein Kieler. Ich habe Ihren Beitrag mit großer Zustimmung zur Kenntnis genommen. Es war von vornherein klar, dass die Stadt Kiel 70 % der förderfähigen Gesamtkosten als Förderung beantragt hat. Dazu gibt es reihenweise Beschlüsse der Stadt. Das Land hat sehr früh deutlich gemacht, dass 60 %, also 10 % mehr als die Regelhöchstförderung, nur möglich sind, weil wir wissen, dass für Projekte EU-Fördermittel nur in der Höhe bis 50 % zur Verfügung stehen, alles andere muss mit eigenen Fördermitteln des Landes ausgeglichen werden. Das sind bei 60 % schon erhebliche Mittel, und wenn es mehr als diese 60 % sind, sind es noch einmal deutlich mehr.

Nach umfassender Beratung hat das Kabinett im letzten Jahr beschlossen. Dies war mit einigen Maßgaben verbunden: einer Förderquote von 60 %, der Klärung der Finanzierung möglicher Folgekosten und auch der Abstimmung mit der Hansestadt Hamburg bezüglich möglicher spekulativer oder wie auch immer angenommener Konkurrenzprojekte. Das haben alle Fraktionen im Landtag mehr oder weniger so mitgetragen, übrigens in einem gesonderten Beschluss des Landtages auch eine Sicherung und Entwicklung der

(Jürgen Weber)

Phänomenta in Flensburg, die wir weiterhin in der Entwicklung sehen wollen, die aber natürlich nicht in einen Vergleich mit dem Science-Center-Projekt gebracht werden kann, das wir auf die Schiene gesetzt haben.

Schon relativ kurz nach dem Kabinettsbeschluss hat sich allerdings die Stadt Kiel - ich muss präziser sagen: die Verwaltungsspitze der Stadt - Stück um Stück von der Geschäftsgrundlage - ich formuliere es einmal höflich und zurückhaltend - zurückgezogen. Im Rat der Stadt Kiel sind eine Vielzahl von denkbaren so genannten abgespeckten Lösungen diskutiert worden. Ich will mich dazu nicht im Detail äußern, das ist Kommunalpolitik. Wir können nur festhalten, dass das, was in den letzten neun Monaten in Kiel diskutiert worden ist, weder über ein Konzept inhaltlicher Art verfügt noch über eine Wirtschaftlichkeitsberechnung und auch keine privaten Träger ausweist und deswegen für das Land Schleswig-Holstein keine Grundlage für eine Förderung sein kann.

(Beifall bei der SPD)

Wenn der Wirtschaftsminister jetzt vorschlägt, die Landesmittel für das Science Center in Kiel deutlich zu erhöhen, freut mich das als Kieler Abgeordneter natürlich außerordentlich. Allerdings stelle ich für die SPD-Fraktion ergänzend fest: Zusätzliche Mittel, auch zusätzliche Mittel aus Regionalprogrammen, müssen natürlich entsprechend regional argumentiert werden. Es muss klar abgewogen werden, wo diese Mittel dann nicht ausgegeben werden können, die wir zusätzlich in dieses Projekt stecken.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber wird in der Tat noch zu reden sein. Es ist - da schließe ich mich ausdrücklich der Formulierung unseres Ministerpräsidenten an - sinnvoll und vernünftig, an solcher Stelle gordische Knoten zu durchschlagen. Dies ist völlig richtig, Herr Carstensen. Dem stimme ich voll zu. Allerdings kann es nicht Aufgabe von Landespolitik sein, über jedes Stöckchen zu springen, das uns die Verwaltungsspitze in Kiel hinhält.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb haben wir bei aller Zustimmung im Grundsatz, eine Lösung herbeizuführen, und die Mittel vernünftig zu platzieren, doch eine Reihe von einzelnen Fragen. Diese Fragen wollen wir auch noch abgearbeitet wissen. Deswegen wird das letzte Wort zu diesem Projekt nicht gesprochen sein. Ich glaube, dass der Beratungsbedarf an verschiedenen Stellen noch

befriedigt werden kann. Herr Austermann, wir melden uns zum Gespräch.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der FDP erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDPLandtagsfraktion begrüßt die Initiative der Landesregierung zum geplanten Kieler Science Center.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Die in Aussicht gestellte Ausschöpfung der Förderquote macht den Weg frei für ein ebenso attraktives wie wegweisendes Vorhaben. Das in Kiel geplante Science Center ist durch seine klare Ausrichtung auf den Bereich der maritimen Technik eben kein Konkurrenzvorhaben zu anderen wichtigen Einrichtungen unseres Landes, sei es der Phänomenta in Flensburg oder auch dem Multimar-Wattforum Tönning. Letzteres wurde als möglicherweise gefährdetes Museumsprojekt in der Diskussion - man muss fast sagen: der letzten Jahre - immer wieder angesprochen. Da gibt es überhaupt keine Überschneidungen. Die inhaltliche Schwerpunktsetzung des Kieler Projekts entspricht der klaren Präsenz, die der maritime Bereich in diesem Lande und insbesondere im Bereich der Landeshauptstadt in Wirtschaft und Wissenschaft aufzuweisen hat. Landesweit kommt der Cluster Maritimer Verbund Schleswig-Holstein auf einen Jahresumsatz von rund 8 Milliarden € und das sind wahrlich keine Peanuts.

Es ist erfreulich, dass die Landesregierung mit einer ebenso mutigen wie konsequenten Entscheidung dazu beigetragen hat, der kleinkarierten Bedenkenträgerei und Zögerlichkeit in der Kieler Kommunalpolitik den Wind aus den Segeln zu nehmen.

(Beifall bei FDP, CDU und vereinzelt bei der SPD)

Schleswig-Holstein bekommt damit an einem Ort, der wie kein anderer dazu geeignet ist, ein ansehnliches Schaufenster für einen wesentlichen Schwerpunkt seiner wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Aktivität. Es ist darüber hinaus eine gute Sache, dass in einem Land, in dem das Schmieden an großen Projekten auch in den letzten Jahren oft nicht über die Papierform hinausgegangen ist, nun endlich einmal Nägel mit Köpfen gemacht wird. Insoweit verstehe ich das, was Kollege Lothar Hay, der sich bei dieser

(Dr. Ekkehard Klug)

Debatte, aus welchen Sicherheitsgründen auch immer, in die letzte Reihe der SPD verzogen hat, gesagt hat.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich zitiere aus der Schleswig-Holsteinischen Landeszeitung. - Zitat des Tages vor ein paar Tagen -:

„Es wäre schlimm, wenn von zehn Ankündigungen am Ende nur eine umgesetzt wäre.“

Ich sehe das nicht als Kritik am jetzt amtierenden Wirtschaftsminister an, Herr Kollege Hay, denn mit der Ankündigung des Ministerpräsidenten wird in einem Punkt, wo Stillstand und Blockade absehbar war, der gordische Knoten durchschlagen. Es gibt jedenfalls die Chance, dass dort etwas zu Stande kommt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Dies ist immerhin etwas. Dass die Erfolgsquote bei über 10 %, also über dem von Ihnen genannten Satz von 1 : 10 liegen sollte, darin sind wir uns wieder vollkommen einig.

Meine Damen und Herren, für Kiel ist die Realisierung des Vorhabens des maritimen Science Centers auch eine gute Sache, weil vor Ort in der Landeshauptstadt andere große Pläne absehbar nicht aufgehen werden. Nach unserer Einschätzung hat das Ausbauvorhaben bei der Startbahn des Flugplatzes Holtenau keine Chance. Es ist heute schon so, dass dort der Linienverkehr nur durch Dauersubventionen aufrechterhalten werden kann. Da ist absehbar, dass ein ökonomisch sich rechnendes Projekt nicht zustande kommt. Wenn das nicht zustande kommt, Kollege Arp, werden wiederum Mittel frei, die man anderswo für Erfolg versprechende Infrastrukturmaßnahmen einsetzen kann.

(Beifall bei FDP und CDU)

Mit dem Hang zur Kirchturmspolitik, der in unserem Land eher nicht wenig verbreitet ist - dies ist vielleicht auch ein besonderes Kennzeichen von vergleichsweise kleinen Ländern - muss endlich Schluss gemacht werden. Wenn der eine dem anderen nicht nur die Butter auf dem Brot, sondern sogar das Brot selber nicht gönnt, kommen wir nirgendwo weiter. Insoweit mag die jetzt diskutierte Entscheidung der Landesregierung ein wenig beispielgebend und wegweisend sein, auch in Zukunft mehr nach dem Prinzip vorzugehen: nicht kleckern, sondern klotzen. Damit würden auch dort, wo in anderen Landesteilen wichtige Projekte anstehen, im Sinne von Schwerpunktsetzung im Bereich Infrastruktur in den verschiedensten Bereichen deutlichere Signale gesetzt, als das bisher der Fall gewesen ist.

Ich komme gleich zum Schluss. - Natürlich ist jedes große Vorhaben immer auch ein Wagnis; wir meinen jedoch, dass gerade beim Projekt „Maritimes ScienceCenter“ die Chancen gegenüber allfälligen Risiken eindeutig überwiegen. Es sind schließlich gerade die Stimmen aus der Wirtschaft des Landes, die die Bedeutung dieses Vorhabens unterstreichen. Wenn sozusagen der Großadmiral unter den Wirtschaftskapitänen des Landes, Herr Professor Driftmann, einer der entschiedenen Fürsprecher dieses Projektes ist, so darf man dies zumindest auch noch einmal als Argument anführen, und sagen, dass man im Einklang zwischen Politik und Wirtschaft in einem so wichtigen Vorhaben endlich vorankommen sollte.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Herrn Abgeordneten Klaus Müller das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes will auch ich mich ganz aufrichtig über die Entscheidung freuen, und dies nicht nur, aber sicherlich auch als Kieler Abgeordneter. Die Entscheidung ist für Kiel eine gute Entscheidung. Dem Wirtschafsminister und der Landesregierung gilt dafür ein herzlicher Dank.

Diese Entscheidung ist auch durchaus begründet. In der Tat gibt es in Kiel und um Kiel herum eine ganze Menge an guten Vorarbeiten, an guten Vernetzungen, auf die dieses Projekt aufbauen kann.

(Zuruf des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

Mit den neuen Schiffen, der Schwester der „Color Fantasy“, mit den Fährlinien nach Norwegen und Schweden, gibt es sicherlich auch ein gutes Potenzial dafür. Wenn nur jeder Zehnte unserer Fahrgäste, die aus Skandinavien ankommen, dieses Science-Center einmal besucht, dann sind wir sicherlich auch beim Thema Einnahmen ziemlich gut.

Vor diesem Hintergrund ist also das zweifelsohne eine gute Entscheidung für die Landeshauptstadt Kiel.

Ich will aber an dieser Stelle auch eine Lanze für die Oberbürgermeisterin Volquarz brechen,

(Beifall des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU] - Zuruf von der CDU: Sehr gut! - Zu- rufe von der SPD)

die vor dem Hintergrund einer sehr bedrückenden Haushaltslage - liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich sage nicht, woher dies kommt - gesagt

(Klaus Müller)

hat, bestimmte Projekte seien mit einer bestimmten Förderung nicht zu realisieren. Das, finde ich, ist kein Zögern und Zaudern, das ist eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik, und das wünsche ich mir in manch anderer Kommune ganz genauso.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Eichstädt [SPD])

Dass sie es jetzt mit ihrer Beharrlichkeit geschafft hat, Herrn Austermann 75 % zu entlocken, ist beachtlich. Ich kenne wenig andere Bürgermeister, die das ähnlich geschafft haben.

(Lachen bei der SPD - Beifall des Abgeord- neten Dr. Johann Wadephul [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann aber genauso gut die Zweifel aus Flensburg nachvollziehen; denn in der Tat hat eine ganze Menge an Untersuchungen gezeigt: Es gibt hier eine Konkurrenz. Herr Arp, Ihr Bild aus dem Sport täuscht. Es war eben nicht so, dass zwei Leute gleichermaßen gestartet sind und das gleiche Ziel vor Augen hatten. Die Phänomenta gibt es bereits. Sie wurde von uns, aus Landesmitteln, gefördert. Insoweit wurde also nicht Gleiches mit Gleichem verglichen. Insofern kann ich die Bedenken aus Flensburg verstehen.

Ich habe jetzt noch nicht vernommen, dass Herr Austermann sagt: Auch da lasse ich jetzt 75 % aus der Tasche springen; aber ich bin gespannt, welche Unterstützung es geben wird.

Lassen Sie mich einen Satz zum Thema Multimar sagen, weil ich fünf Jahre lang die Verantwortung für dieses Multimar mit getragen habe. Das Multimar läuft gut, aber auch nur deshalb, weil das Land alle Jahre wieder nachinvestiert hat.

Die Erfahrung mit diesen Projekten lehrt: Es ist nicht damit getan, einmal eine Stange Geld in die Hand zu nehmen. Alle drei bis vier Jahre wird die Institution erneut kommen. Das ist ja neben den laufenden Kosten das Teure an der Geschichte. Darum sage ich bei aller Freude: Man muss wissen, dass sich eine solche Institution in aller Regel nicht von allein trägt.