Das bedeutet, dass die Pläne der Bundesregierung nicht zu einem diskriminierungsfreien Zugang führen werden. Aber genau diesen diskriminierungsfreien Netzzugang brauchen wir, damit es wirklich zu mehr Wettbewerb auf der Schiene kommt.
Wir wollen diesen Wettbewerb, denn er wird Anreiz für die Wettbewerber sein, ihren Kundinnen und Kunden immer bessere Leistungen zu vertretbaren Preisen anzubieten. Im Übrigen, Herr Kollege Schulze, ist genau das auf dem Telekommunikationsmarkt erfolgt und nicht das, was Sie uns hier glauben machen wollen.
Wie positiv sich ein solcher Wettbewerb auswirkt, haben wir hier in Schleswig-Holstein erfahren, seitdem die Strecken im regionalen Schienenpersonennahverkehr im Wettbewerb vergeben werden. Selbst die zunächst verkorkste Vergabe des Netzes Ost bringt dem Land letztendlich nur deshalb erhebliche Einsparungen, weil die DB gezwungen war, auf die Angebote von Veolia zu antworten.
Der derzeitige Vorschlag der Bundesregierung wird dem Ziel von mehr Wettbewerb auf der Schiene nicht gerecht. Er bringt aber noch mehr Probleme. Nach diesem Vorschlag wird die DB privatisiert und die Infrastruktur bleibt im Eigentum des Bundes, geht aber in den Besitz der DB über. Die DB muss dem Bund dafür nichts bezahlen. Sie bekommt vom Bund jährlich einige Milliarden € für Investitionen, um das Netz zu erhalten und auszubauen. Sollte die DB aber Teile dieses Netzes mit Genehmigung des Bundes verkaufen, dann be
kommt der Bund nur die Hälfte des Erlöses und die DB bekommt die andere Hälfte, obwohl der Bund Eigentümer ist. Das ist doch irgendwie komisch, Herr Austermann.
Das heißt, die Eigentümer der DB bekommen die Hälfte der Erlöse aus dem Verkauf von Bundeseigentum, und das, obwohl der Bund - also die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler - die Infrastruktur komplett bezahlt haben. Wir fragen uns: Warum eigentlich? Und wenn der Bund das Netz, das ihm bereits gehört, irgendwann zurück in seinen Besitz holen muss oder will, dann muss der Bund der DB das Netz abkaufen, und zwar zum vollen Preis.
Kurz gesagt: Der Bund überlässt sein Eigentum mietfrei der DB, schenkt den privaten Eigentümern der DB die Hälfte möglicher Verkaufserlöse aus diesem Bundeseigentum und verpflichtet sich, das mietfrei überlassene Bundeseigentum zurückzukaufen.
Würde die Führung eines privaten Unternehmens genau solche Verpflichtungen zuungunsten der Eigentümer des eigenen Unternehmens eingehen, Herr Austermann, es machte sich strafbar. Warum der Wirtschaftsminister solches Verhalten zugunsten der zukünftigen Eigentümer der DB und zum Schaden der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gutheißt, bleibt uns jedenfalls verborgen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich den Beschluss des Landtags vom März 2007 ansieht, dann hat die angedachte Lösung zur Neuorganisation der Eisenbahnen auf Bundesebene nichts mit dem zu tun, was wir hier als Landtag beschlossen haben. Uns ging es darum, dass das Netz im Eigentum des Bundes verbleibt und - ich zitiere -:
„Die DB AG soll bis auf Weiteres die integrierte Bewirtschaftung und Betriebsführung des Netzes wahrnehmen.“
Von Eigentumsübertragung oder Ähnlichem steht im Beschluss des Landtages nichts. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer.
Zwar bleibt der Bund die nächsten 15 Jahre auf dem Papier der juristische Eigentümer des Netzes und der Bahnhöfe, aber das wirtschaftliche Eigentum geht schon einmal auf die Deutsche Bahn AG über. Das ist ein eindeutiger Verstoß gegen unseren Beschluss und damit ist auch die Landesregierung gebunden und muss dieses Modell ablehnen.
Auch der Bundestag hat seinerzeit einen Entschließungsantrag verabschiedet, der der DB AG zwar ein starkes Nutzungsrecht gewährt, aber kein wirtschaftliches Eigentum zulässt. Also auch der Bundestag muss hier noch einmal nacharbeiten lassen.
Nun hat der Bundesrat zwar ein Gutachten in Auftrag gegeben, das bis zum 15. September 2007 fertig sein soll, in dem dann viele der aufgeworfenen Fragen geklärt werden sollen, aber trotzdem müssen wir hier als Landtag handeln und ein politisches Signal setzen. Deshalb sind wir ausdrücklich für den Antrag der Grünen dankbar, die genau dieses Signal setzen wollen und vor allem auch eine schlimme Entscheidung für unser Land verhindern wollen. Schließlich ist der bisherige geänderte Gesetzentwurf der Großen Koalition in Berlin noch nicht aus dem Verfahren genommen worden.
Welche Folgen wären nun mit dem Eigentumssicherungsmodell verbunden, das im Gesetzentwurf verankert werden soll? - Da ist zum Ersten einmal die Tatsache, dass der eigentliche Eigentümer, der Bund, keine Verfügungsrechte hat, solange der Partner, hier die DB AG, sich vertragskonform verhält. Das hört sich zunächst einmal logisch an, hat aber ein erhebliches Konfliktpotenzial. Jeder Vertrag, den man abschließt, insbesondere auch über einen Zeitraum von 15 Jahren, hat Regelungslücken oder Auslegungsspielräume, die man bei Vertragsabschluss noch nicht bedenkt. Ist der Vertrag erst einmal geschlossen, hat man keine Einflussmöglichkeiten mehr. Das heißt, die Deutsche Bahn kann 15 Jahre lang schalten und walten, wie sie will, und schon einmal die gesamte Übernahme der Infrastruktur vorbereiten.
Als juristischer, aber nicht wirtschaftlicher Eigentümer könnte der Bund ebenfalls nicht mehr direkt in die Netzstruktur eingreifen. Man könnte nicht mehr beeinflussen, welche Netze ausgebaut werden und welche nicht. Der wirtschaftliche Eigentümer, die Bahn, wird natürlich zunächst einmal ein Interesse daran haben, bloß die Netze auszubauen, die
auch lukrativ sind. Dort, wo vergleichsweise wenig Verkehr stattfindet, in ländlichen Regionen, kann man schon einmal auf den Ausbau verzichten, bis dann die Strecke irgendwann so marode ist, dass sich das Problem von selbst erledigt.
Man hätte als Bund dann natürlich auch keinen direkten Einfluss mehr auf den Netzzugang. Zwar hätte man eine Bundesnetzagentur, aber wie will diese direkt auf einen Betreiber einwirken, der nicht nur die Infrastruktur quasi vom Bund gemietet hat, sondern dann dessen Eigentümer ist? Als Eigentümer würde man sich die Einflussnahme verbitten und natürlich auch Prozessen vor Gericht nicht aus dem Weg gehen. Der Effekt wäre, dass private Verkehrsanbieter nahezu keine Chance mehr hätten, hier noch ein Angebot auf die Schiene zu bekommen.
Nun kann man meinen: Lasst es uns doch einmal trotzdem versuchen, schließlich läuft das Ganze doch nach 15 Jahren aus und dann kann der Bund die Infrastruktur ja immer noch wieder zurücknehmen. Aber wenn der Bund nach Ende der Laufzeit seine Infrastruktur doch zurückhaben will, muss er zahlen. Er wäre laut Gesetzentwurf verpflichtet, das sogenannte Nettoreinvermögen, das die Infrastruktur wert ist, auf den Tisch zu legen. Derzeit wären das zwischen 8 und 10 Milliarden €. Ob man das dann politisch will und kann, weiß heute noch kein Mensch. Tut man das nicht, reibt sich die Deutsche Bahn die Hände. Schließlich wird sie dann kostenlos Eigentümer von Immobilien, Trassen und vielem mehr, das manch einer auf 100 bis 200 Milliarden € schätzt. Das wäre das Geschäft seines Lebens für Bahnchef Mehdorn.
Das, was derzeit als Gesetzentwurf auf Bundesebene vorliegt, kann so auf keinen Fall beschlossen werden. Dieser Gesetzentwurf ist gegen die Interessen des Landes Schleswig-Holstein gerichtet und muss abgelehnt werden.
Hier erwarten wir von der Landesregierung, dass sie die Interessen des Landes Schleswig-Holstein massiv vertritt und für die Trennung von Netz und Betrieb eintritt, wie es schon der Landtag in der letzten und auch in dieser Legislaturperiode getan hat. Der Herr Ministerpräsident ist nun nicht da, ich fordere aber trotzdem die Landesregierung auf: Lehnen Sie den Gesetzentwurf vom Bundesrat ab! Liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie dem Antrag der Grünen zu!
Nach § 56 Abs. 4 Satz 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte nur auf die Frage von Olaf Schulze - Wo ist er? Da! -, wie sich die Grünen in den letzten Jahren verhalten hätten, antworten. Ich habe den Koalitionsvertrag mit Peer Steinbrück 1996 zum Verkehrsbereich ausgehandelt. Damals haben wir als erstes Bundesland beschlossen, dass wir in Schleswig-Holstein in den Wettbewerb einsteigen. Mittlerweile haben wir in der Folgezeit 50 % der Bahn in den Wettbewerb gebracht. Das war so erfolgreich, dass wir für das gleiche Geld, mit den gleichen Mitteln, 30 % mehr Fahrzeuge in SchleswigHolstein fahren lassen konnten und 25 % mehr Fahrgäste bekommen haben.
Kein anderes Bundesland hat das bisher gemacht. Das Maximum liegt in den anderen Bundesländern überall unter 20 %. Wir haben also eine Politik gemacht, die sich für das Land ausgesprochen stark gelohnt hat. Das habe ich immer persönlich vertreten, weil ich das damals mit auf den Weg gebracht habe. Darauf bin ich heute noch stolz.
Zur Frage des Netzes: Ich bin immer der Auffassung gewesen, dass das Netz in Staatshand gehört, weil es ein Monopol ist, ein natürliches Monopol wie Elektrizitätsnetze, Telefonnetze und so weiter. Natürliche Monopole gehören in Staatshand. Wenn sie in privater Hand liegen, führt das zu einer Zerstörung des Wettbewerbs und einer Verletzung des Gleichgewichtes des freien Marktes und nicht zu einer Stärkung. Das ist eine völlig klare Position.
Das ist auch der Grund dafür, dass wir eine Trennung von Netz und Betrieb fordern. Ein Wettbewerb ist nur möglich, wenn Netz und Betrieb nicht in gleicher Hand liegen. Sonst kommt man zu einer Situation, als würde VW die Autobahn gehören und VW würde dafür sorgen, dass zu günstigeren Preisen immer erst die eigenen Autos fahren und dann erst die anderen kommen. So absurd ist die Situation zurzeit bei der Bahn. Wir haben eine ständige Bevorteilung des eigenen Betriebszweiges der DB AG gegenüber Konkurrenten. Das ist die Ver
In diesem Fall haben wir die besondere Situation, dass das Land selbst Kunde ist, weil es den Bahnbetrieb in Auftrag gibt. Insofern tangiert das elementar auch die Landesinteressen. Deshalb ist es völlig richtig, dass die Landesminister dem gegenhalten.
Wenn der Wirtschaftsminister dieses Landes in der Presse mehrfach deutlich sagt, eine Trennung von Netz und Betrieb sei falsch, er setze sich dafür ein, dass das zusammenbleibt, dann verletzt er elementar die Interessen des Landes und die Beschlüsse des Landtages. Das kann man kaschieren. Ich würde das aber an eurer Stelle nicht so kaschieren, ich würde das deutlich machen, weil es wichtig ist, dass ihr euch durchsetzt. Es kommt nicht darauf an, dass ihr euch gegen uns Grüne durchsetzt. Mir ist das scheißegal, was ihr am Schluss -
- Entschuldigung, Herr Präsident. Ich werde dadurch nicht geschädigt, die Interessen des Landes werden dadurch geschädigt. Ich denke, es ist Aufgabe von Parlamentariern, dafür zu sorgen, dass sie sich durchsetzen, und dass das, was sie beschließen, von der Regierung auch gemacht wird.
Ich erlebe, dass hier ein Minister ununterbrochen Beschlüssen des Landtages auf der Nase herumtanzt. Das würde ich mir nicht bieten lassen.
Für die Landesregierung hat nunmehr der Herr Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr Dietrich Austermann das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Beschlüsse des Parlaments anguckt, wozu auch die Beschlüsse des parlamentarischen Ausschusses gehören, wird man feststellen, dass ich genau das tue, was von mir verlangt wird, nämlich