Protocol of the Session on September 13, 2007

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Frau Abgeordnete Regina Poersch.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich an der Stelle zu Wort gemeldet, als Sie, Frau Herold, kritisierten, dass im Landtag eine Abstimmung durchgeführt wird, die in der Fläche vielleicht anders kommentiert wird. Ich sage Ihnen: Das muss erlaubt sein.

Das Wesen einer Koalition liegt im Kompromiss. Hier ist auch beschrieben worden, wie das Schulgesetz zustande gekommen ist. Ein Kompromiss ist manchmal schwierig. Deshalb ist es das gute Recht einer Abgeordneten oder eines Abgeordneten, zu Hause zu erklären, warum in einer einzelnen Frage die Zustimmung schwergefallen ist. Dies muss erlaubt sein.

(Beifall bei der SPD)

Frau Herold, Sie haben dieses Recht ja auch für sich in Anspruch genommen. Ich lese ja die Presse und ich lese Ihre Äußerungen in Richtung auf Gemeinschaftsschule, die Sie selber kritisch kommentieren. Das Schulgesetz ist schlicht so zustande gekommen, wie es von der SPD beschrieben worden ist. Von Ihrer Seite wurde die Zwangsbelastung der Eltern eingefordert. Ansonsten hätte das Schulgesetz das Licht der Welt wahrscheinlich nicht erblickt.

Es muss auch erlaubt sein, in der Fläche zu diskutieren, wie die Auswirkungen im Einzelnen sind. In Ostholstein sind sie - das sagen inzwischen alle Fachleute - weitaus schwieriger und problematischer als in anderen Kreisen, wenn auch nicht dramatisch. Das hat dazu geführt, dass das Thema gerade in Ostholstein deutlich kritischer kommentiert wird. Ich nehme für mich in Anspruch, das kritisch zu begleiten, bei aller Zustimmung zum Schulgesetz in Gänze.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung hat nun die Bildungsministerin Frau Ute Erdsiek-Rave.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist fast alles gesagt worden. Lassen Sie mich daher nur noch einige kurze Bemerkungen machen.

Erstens sage ich: Bitte bei der Wahrheit bleiben, Frau Abgeordnete Birk! Zweitens sollten Sie keine Fantasiezahlen nennen, sondern Ross und Reiter nennen. Sie sollten sich an die entsprechende Rechtsaufsicht wenden, wenn es solche Fälle geben sollte, wie Sie sie nannten. Wenn es derartige Fälle gibt, kann man das natürlich nicht hinnehmen. Aber ich bezweifle, dass es so ist, wie Sie es dargestellt haben.

Meine nächste Bemerkung. Es wäre schön, wenn wir hier gemeinsam nichts beschönigten. Andererseits sollten wir auch keine Panik machen. Vielmehr geht es um Klarstellungen. Darum will ich mich jetzt bemühen.

Natürlich läuft es auf eine Mehrbelastung für die Eltern hinaus. Natürlich ist es für Eltern schwierig, die Lösung zu akzeptieren. Wir müssen offen auch sagen, was die Eltern überhaupt nicht akzeptieren können, nämlich die Tatsache, dass im Lande total unterschiedlich verfahren wird und die Eltern zum Teil völlig unterschiedliche Beiträge zu zahlen haben. Dies haben uns die Eltern mitgeteilt, weil sie es als ungerecht empfinden. Aber auch Ihnen beziehungsweise allen, die hier sitzen, haben die Eltern das mitgeteilt.

Klar ist allerdings auch, dass die SPD-Seite einen Vorstoß gemacht hat, um diese verpflichtende Beteiligung wieder zurückzunehmen. Das weiß jeder hier. Das weiß inzwischen auch die Öffentlichkeit. Aber so ist das in der Demokratie. So ist das auch bei Ihnen. Sie machen hier einen Vorstoß, Sie unterliegen, es gibt für eine bestimmte Position keine Mehrheit. Also gilt das Gesetz weiter. Das akzeptieren wir. Dass man eine bestimmte politische Position trotzdem weiterhin aufrechterhält, muss auch akzeptiert werden. Herr Austermann tritt auch öffentlich für das Weiterlaufen der Atomkraftwerke ein, obwohl es einen Atomkonsens gibt. So ist das in der Demokratie nun einmal.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das steht aber nicht im Widerspruch zum Koalitionsbe- schluss!)

- Nein, das steht nicht im Widerspruch zu Ihrer Initiative. Aber was - mit Verlaub - im Koalitionsausschuss als Gesamtpaket verhandelt wurde, sollten wir hier nicht öffentlich austragen. Das müssen wir an anderer Stelle klären.

(Sylvia Eisenberg)

Eines ist auch klar: Das Schulgesetz gilt. Dass man unterschiedliche Positionen beibehält, ist auch klar. Dass wir uns damit auseinandersetzen müssen, dass sich Eltern dagegen wehren, ist auch klar. Das werden wir alle nicht ignorieren können. Mehr ist dazu an dieser Stelle heute nicht zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke der Ministerin. - Es gibt weitere Kurzbeiträge. Zunächst hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst der Frau Abgeordneten Poersch gegenüber meinen Respekt zum Ausdruck bringen, nicht nur für ihren Beitrag, sondern auch für ihre Haltung. Ich wünschte mir mehr Parlamentarier, die deutlich machen, dass sie auch eine eigene Auffassung haben - unabhängig davon, was man verabschiedet oder was man mittragen muss. Ich glaube, die Bevölkerung würde dem Parlamentarismus auch mehr Glauben schenken, wenn man deutlich macht, dass es auch in den unterschiedlichen Parteien und Gremien unterschiedliche Auffassungen gibt und dass das auch vermittelt werden kann und können muss.

(Beifall bei der FDP)

Ich stimme ausdrücklich mit Ihnen überein, dass es differenzierte Haltungen hierzu geben kann. Was mich ein bisschen gewundert hat, ist die Tatsache, dass die regierungstragenden Fraktionen uns die ganze Zeit erklären, es seien keinerlei dramatische Auswirkungen der Gesetzesregelung festzustellen, und Sie, Frau Poersch, uns dann erklären, in Ostholstein sei es dramatisch.

(Zuruf der Abgeordneten Sylvia Eisenberg [CDU]: Was heißt „dramatisch“?)

- Das müssen Sie die Kollegin Poersch fragen. Sie hat den Begriff „dramatisch“ gebraucht. Dramatisch heißt, dass es eine Reihe von Eltern gibt, die davon betroffen sind, und zwar in einer Art und Weise, die wir nicht mehr damit abtun können, dass Sie und ich uns das leisten könnten. Im Zweifel würden Sie und ich unsere Kinder im Auto zur Schule fahren und sie nicht mit der Schülerbeförderung über den öffentlichen Personennahverkehr in Verbindung bringen.

Was jedenfalls nicht geht - wir beklagen ja allenthalben einen Riesenglaubwürdigkeitsverlust; das ist vonseiten der Union angesprochen worden -, ist,

dass ein Abgeordneter hier in diesem Haus in die eine Richtung abstimmt und die Menschen draußen in die andere Richtung gegen etwas zur Demonstration aufruft, was man gerade beschlossen hat. Das macht es nicht gerade glaubwürdiger.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Frauke Tengler [CDU])

Was auch nicht geht - das will ich ausdrücklich sagen -, ist die Tatsache, dass man hier einen Beschluss trägt - das akzeptiere ich -, aber gleichzeitig als Landesvorsitzender einen Parteitag abhalten lässt, Herr Innenminister Dr. Stegner, der in Kenntnis dieser Sachlage einen Beschluss mit dem genauen Gegenteil wiederholt und bekräftigt, und dann als Innenminister durchs Land läuft, als einer der tragenden Säulen dieser Koalition, um zu sagen: Tagsüber bin ich der Innenminister, trage das mit und abends auf Veranstaltungen bin ich der SPDLandesvorsitzende, behaupte genau das Gegenteil und sage den Menschen, wie meine eigentliche Haltung ist. - Dies trägt zur Glaubwürdigkeit des Parlamentes und der Sache, um die es geht, insgesamt nicht bei.

(Beifall bei FDP und SSW)

Deshalb bitte ich, das zu überdenken. Das Spiel, den Schwarzen Peter den Schwarzen umzuhängen, mag für Sie vielleicht reizvoll sein, die Menschen in diesem Land begeistert das nicht.

(Beifall bei FDP und SSW sowie vereinzelt bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Herr Abgeordnete Detlef Matthiessen.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin in Schülp auf eine sogenannten Zwergschule gegangen.

(Zurufe und Heiterkeit)

- Die Schlüsse, die Sie daraus ziehen können, falls Sie darauf anspielen wollen, dass die Ausbildung an diesen Zwergschulen schlecht war - - Ich kann Ihnen Gutachten vorlegen, die belegen, dass sie tatsächlich ganz hervorragend war und dass die Abgänger aus diesen Schulen im späteren Berufsleben außerordentlich, überdurchschnittlich erfolgreich waren.

(Zurufe und Heiterkeit)

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

- Weil solche dämlichen Bemerkungen kommen! Haben Sie etwas gegen Kinder, die auf dem Land groß werden, oder was?

(Zurufe)

- Was soll so etwas?

Kurz nachdem ich die Schule verlassen habe, habe ich aber auch erlebt, dass in Wesselburen die sogenannte Dörfergemeinschaftsschule eingeführt wurde. Daran war für die ringsum angesiedelten Dörfer Norddeich, Schülp, Neuenkirchen und so weiter das Versprechen verknüpft,

(Jürgen Feddersen [CDU]: Vor 40 Jahren!)

die daraus resultierenden Schülerbeförderungskosten dem Staat zu übertragen,

(Jürgen Feddersen [CDU]: In Nordfriesland auch! Vor 40 Jahren!)

sodass die Eltern davon freigehalten werden.

Ich war auf einer Elternversammlung in Hademarschen. Sie war brechend voll. Der Saal konnte die empörten Eltern nicht fassen. Teilweise standen welche vor der Tür. Sie haben mir allerdings Zahlen genannt, die einen Einfamilienhaushalt relevant belasten.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Wie viel ist es denn?)

Ich will Ihnen auch noch eines sagen - die Perfidie -: Beide großen Fraktionen haben begeistert auf die Beschlüsse der Kreise hingewiesen. Danach wurde - wunderbar! - das zweite Kind von Schülerbeförderungskosten freigestellt. Meine Damen und Herren, das ist das, was die Kreise maximal an Möglichkeit haben, wenn sie sagen: Wir sind damit nicht einverstanden und halten die Auswirkungen für die Betroffenen in einer Angelegenheit, die leider nur der Landesgesetzgeber in der Hand hat, so klein wie möglich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies ist keineswegs geeignet, Ihre Beschlüsse im Nachhinein in ein milderes Licht zu stellen.