Protocol of the Session on July 12, 2007

Der Gesetzentwurf hat eine lange Vorgeschichte. Anders als beim Erwachsenenstrafvollzug, der 1976 gesetzlich geregelt wurde, konnten sich Bund und Länder jahrzehntelang nicht über ein Jugendstrafvollzugsgesetz einigen. Das Bundesverfassungsgericht hat damit im Mai 2006 Schluss gemacht. Es hat eine Frist bis Ende dieses Jahres gesetzt, um gesetzliche Regelungen im Jugendstrafvollzug zu beschließen und festzulegen. Es hat uns wichtige Vorgaben für dessen Gestaltung in dem Urteil mitgegeben.

Da mit der Föderalismusreform die Gesetzgebungskompetenz nun auf die Länder übertragen wurde, ist das unsere Aufgabe. Der Ball liegt hier im Feld der Landespolitik und wir haben uns auch nicht lange bitten lassen. Wir haben uns mit neun anderen Bundesländern auf gemeinsame Vorstellungen für den Jugendstrafvollzug der Zukunft geeinigt und deshalb auch versucht, möglichst einheitliche Standards für den Jugendstrafvollzug zu sichern - trotz des Föderalismus.

Auf dieser Basis ist dann der vorliegende Gesetzentwurf entstanden. Er steht in der Kontinuität des

bislang in Schleswig-Holstein praktizierten Jugendvollzugs. Der Jugendstrafvollzug in Schleswig-Holstein erfüllt schon heute die meisten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Namentlich die Jugendanstalt Schleswig zählt zu den modernsten und bundesweit als vorbildlich anerkannten Jugendvollzugsanstalten.

Dennoch befinden sich im Gesetzentwurf einige wichtige Neuerungen. Der tragende Grundpfeiler des Gesetzentwurfs ist die konsequente Ausrichtung am Erziehungsgedanken. Darin unterscheidet es sich sehr deutlich vom Erwachsenenvollzug. Natürlich hat der Vollzug aber auch die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen. Das ist kein Gegensatz zum Erziehungsgedanken. Genau dieses hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 31. Mai 2006 ausgeführt:

„Zugleich folgt die Notwendigkeit, den Strafvollzug am Ziel der Resozialisierung auszurichten, auch aus der staatlichen Schutzpflicht für die Sicherheit aller Bürger. Zwischen dem Integrationsziel des Vollzugs und dem Anliegen, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen, besteht insoweit kein Gegensatz.“

Im Gegenteil, ein moderner Jugendstrafvollzug, der die Eingliederung in die Gesellschaft fördert, bietet die beste Sicherheit vor weiteren Straftaten.

Ich komme zu den Eckpunkten, die wir in dem Gesetz haben. Die jungen Gefangenen werden grundsätzlich in Einzelhafträumen untergebracht. Da unterscheiden wir uns übrigens von dem gemeinsamen Entwurf. Das ist nicht in allen Ländern möglich, bei uns ist dieses möglich. Die Besuchszeiten werden insgesamt auf vier Stunden pro Monat erhöht.

Die berufliche und schulische Ausbildung hat im Jugendvollzug Vorrang vor der Arbeit. Wichtig ist, dass man in die Lage versetzt wird, nachher, wenn man entlassen wird, auch tatsächlich von der Hände Arbeit zu leben und entsprechend in das Berufsleben eingegliedert zu werden. In Zukunft wird es einfacher sein, eine im Vollzug begonnene Ausbildung nach der Entlassung fortzusetzen. Man muss dabei wissen, viele der Jugendstrafen betragen ein Jahr und weniger. Das ist zu kurz, um eine Ausbildung durchzuführen. Bisher wurde das dann häufig unterbrochen und die Jugendlichen waren dann in den alten Kreisen, wo sie vorher waren. Wir wollen sicherstellen, dass eine im Vollzug begonnene Ausbildung auch vernünftig zu Ende gebracht werden kann.

(Minister Uwe Döring)

Der Sport hat im Jugendstrafvollzug eine besondere Aufgabe. Er hat wichtige soziale Funktionen, dient aber auch dem Abbau von Aggressionen. Die Gefangenen sollen künftig auf zwei Stunden Sport pro Woche kommen. Um diesen Anspruch wirklich zu erfüllen, müssen wir bauliche Maßnahmen vornehmen, und zwar in Neumünster wie auch in Schleswig.

Es wird aber auch so etwas geben wie strukturierte Freizeit, das heißt, Freizeit nicht so, wie man im Erwachsenenvollzug einen Aufschluss hat und man machen kann, was man will, sondern die Freizeit soll strukturiert werden. Genau das ist ja das Problem, weswegen die Jugendlichen in Haft gekommen sind, weil sie mit ihrer Freizeit nicht vernünftig umgehen können. Es wird hier weitgehende Mitwirkungspflichten und auch Sanktionsmöglichkeiten geben, denn es ist wichtig, dass diese Jugendlichen das Einhalten von Regeln lernen.

Der Gesetzentwurf sieht offenen und geschlossenen Vollzug vor. Es gibt immer einen wunderschönen Streit darüber, was Vorrang hat. Wir haben hineingeschrieben, dass das bewusst gleichrangig nebeneinander steht, denn welche Vollzugsform die richtige ist, lässt sich nur individuell feststellen. Allerdings muss man dazu auch sagen: Die Anforderungen an den offenen Vollzug, die dort gestellt sind, sind hoch und überfordern viele junge Gefangene. Manche müssen vor ihrem sozialen Umfeld geschützt und von ihm isoliert werden, andere vor neuen Straftaten geschützt werden. Der Entwurf lässt der Anstaltsleitung genügend Spielraum für individuell angepasste Entscheidungen.

Ein weiterer wesentlicher Grundsatz ist der in der JA Schleswig bereits praktizierte Wohngruppenvollzug. Hier sollen die jungen Straftäter in Gemeinschaft mit anderen soziales Verhalten einüben. Wohngruppenvollzug ist sicher die pädagogisch anspruchsvollste Art des Vollzuges. Sie gibt den Gefangenen mehr Freiheit und mehr Verantwortung, aber - wir haben das erlebt - beides kann auch missbraucht werden, wie zuletzt der Fall gezeigt hat, der jetzt noch einmal als Urteil in der Presse Niederschlag gefunden hat, die Misshandlung eines Gefangenen durch Mithäftlinge in Schleswig.

Zur Unterstützung des weiteren Gesetzgebungsverfahrens haben wir eine beratende Kommission unter Leitung des ehemaligen OLG-Präsidenten Dietrich Mett eingesetzt. Die Kommission berät darüber, wie der im Entwurf vorgesehene Wohngruppenvollzug konkret ausgestaltet und gegebenenfalls verbessert werden kann. Ich sage Ihnen hierzu, die Vorschläge der Kommission, die sicher an der einen oder anderen Stelle kritisch sein werden - das

erwarte ich auch -, werden ungefiltert an den Landtag weitergeleitet, damit die Ergebnisse noch in die Beratung des Gesetzgebungsentwurfs einfließen können.

Viele Gefangene haben schwere soziale Defizite, die oft entscheidend für ihren Weg in die Kriminalität waren. Ein Herzstück des Gesetzentwurfes ist die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Einrichtung einer sozialtherapeutischen Abteilung für junge Straftäter. Das kostet Geld. Allein durch die Einrichtung der Sozialtherapie mit 30 Plätzen fallen mehr als 3 Millionen € Baukosten an. Außerdem müssen auf Dauer zusätzliche Stellen für 12 Vollzugsbeamte, zwei Psychologen und einen Sozialarbeiter finanziert werden. Ich bin aber davon überzeugt, dieses Geld ist gut angelegt.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Würden wir die jungen Straftäter einfach wegschließen, wären die sozialen Folgekosten langfristig erheblich höher.

Das Justizministerium sieht die Jugendanstalt Schleswig als den am besten geeigneten Standort für eine solche Sozialtherapie an. Mir ist dabei bewusst, dass es vor Ort Probleme damit gibt. Die 1997 mit der JA Schleswig getroffene Vereinbarung von 73 Haftplätzen kann nicht mehr eingehalten werden. Wir hätten sie eingehalten, wenn wir diese Entwicklung nicht gehabt hätten. Durch die verbindlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist da eine neue Lage entstanden, der wir Rechnung tragen müssen. Ich kann es nicht verantworten, dass in der Anstalt in Neumünster wegen der dortigen baulichen Situation mit einem Gebäude aus der Kaiserzeit eine weitere Verdichtung vorgenommen wird. Dies würde auch dem Gedanken einer Sozialtherapie widersprechen.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich werde vor Ort mit den Betroffenen reden. Ich werde um Verständnis werben. Ich nehme die Ängste, die dort sind, ernst, aber ich halte sie für unbegründet. Seit der Gründung gab es keine einzige Entweichung aus der Anstalt. Ich möchte die Menschen aber davon überzeugen, dass hier keine Gefährdung vorliegt.

In der Anhörung ist der Entwurf im Grundsatz auf breite Zustimmung gestoßen. Einige Anregungen wurden übernommen. Hierbei denke ich daran, dass wir eine entsprechende gesetzliche Grundlage für eine Videoüberwachung haben. Über die Anregungen, denen im Ergebnis nicht gefolgt wurde, wer

(Minister Uwe Döring)

den wir ausführlich in den Ausschüssen reden. Die weiteren Beratungen werden sicher an dem einen oder anderen Punkt unterschiedliche Auffassungen zutage fördern. Ich würde mich freuen, wenn wir uns in diesem Haus im Grundsatz einig wären und ein Jugendstrafvollzugsgesetz auf den Weg bringen, das im Bundesgebiet vorbildlich ist. Ich freue mich auf die Beratung.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Minister Döring und eröffne die Aussprache. - Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Thomas Stritzl das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben vor Kurzem im Rahmen der Föderalismuskommission die Diskussion darüber gehabt, ob es sinnvoll ist, den Strafvollzug dezentral in die Verantwortung der Länder zu geben. Ich bleibe bei meiner Kritik. Im Grunde ist dies nicht sinnvoll. Gleichwohl ist die Situation so, wie sie ist. Deshalb will ich ganz offen ein Lob an den Minister und an sein Haus geben. Es ist dort gelungen, zentrale Punkte im Jugendstrafvollzugsgesetz bundeseinheitlich zu regeln. Das heißt, dass in den meisten Ländern die Grundzüge und die Grundprobleme gleich betrachtet und entsprechend gleich geregelt werden. Ich halte das für eine gute politische Leistung des Hauses.

(Beifall bei CDU und SSW)

Sie haben einen zentralen Punkt angesprochen. Es geht nicht nur um das Wegschließen, sondern es geht auch um die Ertüchtigung, ein möglichst straffreies Leben in Freiheit zu führen. Insofern ist der Auftrag, der dahintersteht und den ich als Erziehungsauftrag nehme, eine der zentralen Leitlinien dieses neuen Gesetzes. Auch das halte ich für richtig.

Ich folge Ihrer Einschätzung, wenn Sie fragen, ob es bei jungen Leuten um die Sozialisierung oder um die Resozialisierung geht. Wenn man sich anguckt, aus welchem Umfeld diese jungen Leute teilweise kommen, dann geht es - so glaube ich - in der Tat um Sozialisierung. Hier pflichte ich Ihnen bei. Ich finde auch die Linienführung, die dazu beitragen soll, sich dieser Erkenntnis nicht zu verschließen, sondern sich ihr zu öffnen, richtig. Dies gilt auch für die Punkte, die dieser Gesetzentwurf auch in den vom Land selbst zu erfüllenden Ausführungs

punkten hat. Ich gehöre diesem Hause schon etwas länger an. Daher erlauben Sie mir, dass mich das, was Ausbildungsmöglichkeiten, die Verstetigung von Ausbildungsmöglichkeiten, Schulabschlüsse und so weiter angeht, an die Zeit erinnert, in der wir in Schleswig noch eine sogenannte geschlossene Heimerziehung hatten. Damals war die Ausbildung eines der zentralen Anliegen dieser geschlossenen Heimerziehung. Ich finde es gut, dass man jetzt das eine oder andere aus den gesammelten und bewährten Erfahrungen teilweise im Jugendstrafvollzugsgesetz des Landes wiederfindet.

(Beifall bei der CDU)

Sinnvolle Ergänzungen gibt es auch in der Fragestellung der Forderungen an Jugendliche. Ich finde es richtig, dass Sie ein Netzwerk oder ein Beziehungsgeflecht aufbauen, das nicht nur das Angebot, sondern auch das Annehmen des Angebots mit in Betracht zieht. Das heißt, es gibt eine Mitwirkungspflicht der Jugendlichen an dem, was wir versuchen, in diesem Gesetz in Ihrem Sinne gemeinsam zu erreichen. Es gibt ein Anreizsystem, bei dem man sagt, gewisse Dinge seien auch geldlich zu entlohnen. Diese Dinge werden dann aber nicht mit Sozialhilfeleistungen verrechnet, was die eigene Arbeit wieder entwerten würde. Wer sich nicht an das hält, um was wir ihn in dieser Jugendstrafvollzugsanstalt bitten, für den folgt auf dem Fuße eine schnelle und spürbare Belehrung. Ich halte das als erzieherische Maßnahme für richtig.

Sie haben die Therapieplätze angesprochen. Das ist die Umsetzung des Bundesverfassungsgerichts unter dem Stichwort soziale Therapie. Ich bedanke mich auch für die ausführliche Stellungnahme, die Sie hier dazu gegeben haben. Nach dem jetzigen Stand der Erkenntnis habe ich keine Schwierigkeiten, Ihnen auch in der Standortfindung zu folgen. Sie haben vorhin benannt, aus welchem sozialen Umfeld die jungen Straftäter zum Teil kommen. Das muss dort geleistet werden, wo es geleistet werden kann. Es hat keinen Sinn, aus anderen Gründen sogenannte suboptimale Grundvoraussetzungen zu schaffen, die den Behandlungserfolg als solchen infrage stellen können. Dies sage ich im Wissen um die Schwierigkeiten, die es in Schleswig gibt. Gleichwohl ist dies - so glaube ich - nach den zur Verfügung stehenden Plätzen zum jetzigen Zeitpunkt im Vergleich zu Neumünster der geeignetere Ort.

Wir könnten zu diesem Thema heute noch eine Menge diskutieren. Zum Schluss sage ich: Ich halte dies für einen gelungenen Entwurf zum Jugendstrafvollzugsgesetz. Ich glaube, das ist eine sehr gute Beratungsgrundlage für uns im Ausschuss.

(Minister Uwe Döring)

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Stritzl. - Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Anna Schlosser-Keichel das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe Herrn Stritzl recht. Wir erfüllen mit dieser Arbeit an dem schleswig-holsteinischen Jugendstrafvollzugsgesetz eine eher ungeliebte Aufgabe. Ebenso wie das Bundesverfassungsgericht im Mai 2006 haben wir immer gefordert, dass der Jugendstrafvollzug gesetzlich geregelt werden muss. Dieser Landtag hat in seltener Einmütigkeit aber deutlich gemacht, dass dies in der Zuständigkeit des Bundes liege und entsprechend geschehen solle. Das ist nun anders gekommen. Es lohnt nicht, über verschüttete Milch zu klagen. Immerhin ist es gelungen, der befürchteten Kleinstaaterei im Strafvollzug entgegenzuwirken. Der uns vorliegende Gesetzentwurf orientiert sich eng an dem vom Herrn Minister genannten Zehn-Länder-Vorschlag, in dem die schleswig-holsteinische Handschrift ganz deutlich erkennbar ist. Herr Minister Döring, auch von meiner Seite, Ihnen und Ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern ein ausdrückliches Dankeschön!

(Beifall bei SPD, SSW und vereinzelt bei der CDU)

Das Bundesverfassungsgericht gibt sehr konkret das Ziel und die Ausgestaltung des Jugendstrafvollzugs vor. Es macht deutlich, dass auch und gerade im Strafvollzug den Besonderheiten der Jugendphase und der meist noch starken Einbindung und Abhängigkeit Jugendlicher von ihrem Umfeld Rechnung getragen werden muss. Das Urteil bestätigt über weite Strecken das in Schleswig-Holstein bereits praktizierte und bewährte Prinzip eines auf Erziehung, Bildung und Resozialisierung gerichteten „Behandlungsvollzuges“. Ich will gern die Differenzierung zwischen Resozialisierung und Sozialisierung unterstreichen.

In vielen Punkten müssen wir also in dem vorliegenden Gesetzentwurf keine neuen Wege beschreiten. Hier sind wir im Vergleich zu anderen Bundesländern gut davor. Dies gilt etwa für das Recht auf eine menschenwürdige Unterbringung in Einzelhafträumen. Diese sind ein Rückzugs- und auch ein Schutzraum vor Gewalttätigkeiten zwischen den Gefangenen. Dass es eine endgültige und absolute Sicherheit nicht gibt, daran hat uns die gestrige Ge

richtsverhandlung wieder erinnert. Dennoch denke ich, dass wir gute Voraussetzungen geschaffen haben.

Gut davor sind wir auch, was die Forderung nach überschaubaren Wohngruppen betrifft. Diese sind eine gute Schule für Rücksichtnahme, soziales Lernen und gemeinsame Freizeitgestaltung.

Dass das Gesetz die Gefangenen zur Mitwirkung und insbesondere auch zur Teilnahme an Freizeitangeboten verpflichtet und dass auch die Anstalten geeignete Angebote vorzuhalten haben, finde auch ich gut. Ich will nicht den alten Spruch vom „Müßiggang ist aller Laster Anfang“ bemühen, aber ganz falsch ist dieser Spruch sicherlich nicht. Die Freizeit sinnvoll zu gestalten, kann man lernen. Viele Jugendliche, die zu Hause nicht einmal gemeinsame Mahlzeiten einnehmen, geschweige denn andere gemeinsame Aktivitäten - außer vielleicht ein gemeinsames Gucken in die Glotze - erlebt haben, müssen das wohl erst lernen. Im Zweifel müssen sie dies in der Jugendstrafanstalt lernen.

Auch mit unserem Angebot an Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen sind wir schon heute gut aufgestellt. Dazu enthält der Gesetzentwurf die Bestimmung - der Herr Minister hat darauf verwiesen -, dass Aus- und Weiterbildung für die jungen Strafgefangenen Vorrang vor Arbeit und sonstiger Beschäftigung haben. Auch das ist meiner Meinung nach eine gute und wichtige Klarstellung.

In anderen Bereichen - ich muss mich hier wiederholen - besteht auch in unserem Bundesland Handlungsbedarf, wenn wir den Forderungen des Bundesverfassungsgerichts etwa nach verbesserten Besuchsmöglichkeiten und nach der Einrichtung einer Sozialtherapie-Abteilung entsprechen wollen. Das wird zusätzliches Personal kosten. So steht es auch in meinem Konzept. Aber wir haben uns in der Debatte der letzten Landtagstagung alle in die Hand versprochen, dass wir bereit sind, die damit verbundenen finanziellen Konsequenzen zu tragen, und der heutige Applaus bestätigt diese Position des Hauses.

Was übrigens den Standort der neu einzurichtenden Therapieabteilung angeht, will ich als Wahlkreisabgeordnete einer Nachbargemeinde, in der sich Widerstand dagegen formiert, ganz deutlich sagen: Sie wäre in Schleswig bestens positioniert. Die Jugendanstalt in Schleswig hat sich zu einer bundesweit beachteten Vorzeigeeinrichtung entwickelt. Eine Therapieabteilung wird sie und die dortige Arbeit mit den jugendlichen Strafgefangenen weiter aufwerten. Eine Belastung für die Nachbarschaft kann ich beim besten Willen nicht erkennen, da

(Thomas Stritzl)

sich das Ganze innerhalb der bereits existierenden und - das möchte ich betonen - sicheren Mauer abspielen soll. Ich denke, hierfür werden wir vor Ort gemeinsam werben.