Protocol of the Session on June 7, 2007

(Detlef Matthiessen)

Land gezielt zu fördern. Diese kleinen und mittleren Unternehmen sind unsere wirtschaftliche Basis. Sie stellen 77 % aller Arbeitsplätze und ihr Anteil bei den Auszubildenden liegt weit höher. Diese Betriebe sind die Innovationsmotoren unserer Wirtschaft. Sie brauchen den Kontakt zur Forschung. Dafür müssen die Zugangshindernisse abgebaut werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von den innovativen Technologien und wissensbasierten Dienstleistungen aber hängen in besonderer Weise der Wohlstand und die Zukunft unseres Landes ab. Ein Land ohne Bodenschätze hat diese existenziell nötig.

Dabei geht es nicht nur um naturwissenschaftlich und technologieorientierte Forschung. Wohlstand und Zukunftsfähigkeit hängen genauso von der Kultur, von den Geisteswissenschaften und den gesellschaftswissenschaftlichen Innovationen ab.

Wir begrüßen die Ankündigung eines Technologietransfer- oder auch Innovationsgesetzes und werden daran intensiv mitarbeiten.

(Lothar Hay [SPD]: Sehr gut!)

Die EU-Strukturfördermittel für die Periode von 2007 bis 2013 werden vom Land in ein Zukunftsprogramm Schleswig-Holstein eingebracht. Neben dem arbeitsmarktpolitischen Programm gibt es das Zukunftsprogramm Wirtschaft. Die EU hat dabei Innovation und Wissen in den Mittelpunkt der Förderung gestellt. Der bisherige ausgleichorientierte Förderansatz wird explizit aufgegeben.

Das wird von der grünen Fraktion ausdrücklich begrüßt. In dem zukünftigen Förderschwerpunkt „Wissen und Innovation stärken“ werden die Mittel in die jeweils am besten geeigneten Standorte fließen, dorthin, wo neue effektivitätsorientierte Ansätze beobachtet werden können.

Zukünftig wird also mehr als jetzt in Köpfe investiert. Jetzt wird noch überwiegend klassisch in Beton investiert. Sie kennen die klassische Infrastrukturförderung. Wir haben mehrfach darüber gestritten. Wir haben eine andere Infrastrukturstrategie, nicht ost-west-orientiert, sondern nord-südorientiert, mit der die Verlagerung von der Straße auf Schiene und Wasser, den Hinterlandausbau der Häfen und so weiter. Ich will das an dieser Stelle nicht vertiefen, weil wir dies schon des Öfteren getan haben, wenn wir uns über Verkehrspolitik auseinandergesetzt haben.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal auf das Thema Exzellenzcluster zu sprechen kom

men. Wissenschaft und Innovation sind die Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum. Die Christian-Albrechts-Universität hat im Rahmen der Exzellenzinitiative der Bundesregierung Erfolge vorzuweisen. „Ozeane der Zukunft“ oder „Future Ocean“ ist tatsächlich ein Exzellenzcluster geworden. Das ist ein großer Erfolg für Schleswig-Holstein. Die Messe „InWaterTec - Ressource Meer“ ist eine Wachstumsmesse. Ich wünsche mir, dass wir diese Messe weiter zu einem international beachteten Fokus für den Bereich der maritimen Wirtschaft ausbauen.

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass wir daneben eine weitere internationale Messe haben. Das ist die Husumwind. Angesichts eines rasanten Wachstums, angesichts konkurrierender Messestandorte wie zum Beispiel in Hamburg ist es nicht zu unterschätzen, dass wir diese einzige Weltmesse der Windenergie in Schleswig-Holstein haben etablieren können. Die Kooperation der Hannover Messe ist in Husum gesucht worden und nicht anderswo. Das ist ein großes Erfolgskonzept, eine Erfolgsstory für Schleswig-Holstein, verbunden mit unserer aktiven Windenergiebranche.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen. Wenn man die völkerrechtlich verbindliche Definition von Nachhaltigkeit und davon, Entwicklungen zukunftsfähig zu machen, ernst nimmt, so bedeutet das, dass die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können. Das heißt auch: Wir dürfen nicht alles machen. Wir dürfen zum Beispiel keine Kohlekraftwerke bauen, auch wenn damit Innovation und Arbeit verbunden sind.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

Wachstum ist nicht beliebig. Wir brauchen eine Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch. Der andere Weg einer ökologischen Wirtschaft zeitigt auch Investitionen und Arbeit. Diese sind dort sehr viel intensiver.

Herr Kollege, die Zeit!

(Detlef Matthiessen)

Wir brauchen eine nachhaltige Wirtschaftspolitik für die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Matthiessen. Für den SSW im Landtag hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist kein Geheimnis, dass die wirtschaftliche Lage Schleswig-Holsteins in diesem Frühsommer so gut wie seit Jahren nicht mehr ist. Der konjunkturelle Aufschwung, der seit zwei Jahren in Gang ist, setzt sich in diesem Jahr trotz der Mehrwertsteuererhöhung fort und die Prognosen für die nächsten Jahre sind ebenfalls hervorragend.

Obwohl das Wirtschaftswachstum SchleswigHolsteins im letzten Jahr im Bundesvergleich eher bescheiden war, sehen die Unternehmen im Norden optimistisch in die Zukunft und eine Mehrheit will sogar in nächster Zeit zusätzliches Personal einstellen. Auch bei den Neuansiedlungen von Unternehmen liegt Schleswig-Holstein im Vergleich mit den anderen Bundesländern an der Spitze. Zuletzt war die Lage 2001 so gut wie heute.

Vor diesem Hintergrund kann es niemanden verwundern, dass auch die Arbeitslosenzahlen in Schleswig-Holstein stark rückläufig sind. Ende Mai waren nur noch 120.000 Menschen im Lande und damit 14,3 % weniger als im letzten Jahr arbeitslos. Allerdings sagen diese Zahlen nichts darüber aus, in welchen neuen Beschäftigungsverhältnissen die Menschen stehen. Insoweit steht in diesem Bereich leider nicht alles zum Besten.

Also, auch hier hat die Medaille durchaus zwei Seiten.

Mit einer Quote von 8,5 % liegt Schleswig-Holstein bundesweit im guten Mittelfeld. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist leicht angestiegen und es gibt deutlich mehr freie Stellen als im letzten Jahr. Dabei ist der starke Rückgang der Arbeitslosigkeit im Arbeitsmarktbezirk Flensburg allerdings nahezu vollständig der noch besseren wirtschaftlichen Entwicklung in Dänemark geschuldet. Denn mit dem bedauerlichen Arbeitsplatzabbau bei Motorola und Arvato-Teleservice hat es in dieser Region in letzter Zeit auch ne

gative Beispiele gegeben. Auch das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.

Dennoch freut sich natürlich auch die Opposition über die positive Gesamtentwicklung, die für viele Menschen endlich wieder eine neue berufliche und familiäre Perspektive bietet.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber, wie groß der Anteil der Landesregierung in Schleswig-Holstein an diesem Boom ist, kann man natürlich streiten. Der SSW schließt sich jedoch in dieser Frage ganz unabhängig einem Zeitungskommentar an, in dem es heißt - ich zitiere -: „Wirtschaftsminister Austermann hat gut daran getan, an die bereits von der rot-grünen Vorgängerregierung eingeleiteten Aktivitäten anzuknüpfen.“ Das stimmt so.

Dies gilt insbesondere für die Fortsetzung der Clusterpolitik mit den verschiedenen regionalen Schwerpunkten, die bereits die rot-grüne Landesregierung ins Leben gerufen hatte. Dabei muss man jedoch auch anmerken, dass der Wirtschaftsminister manchmal durch vereinte regionale Kraftanstrengungen zu seinem Glück gezwungen werden musste.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gilt zum Beispiel für die schwere Geburt der Landeszuschüsse für die Projekte der Schleswiger Therme und auch des Paralympischen Zentrums Kappeln

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- das hat ja der Kollege Garg schon angesprochen. Dagegen hat es beim Ausbau des Husumer Hafens ja leider kein Einsehen des Wirtschaftsministers gegeben. Hinzu kommt, dass die Investitionsquote des Landes weiterhin die niedrigste seit Jahrzehnten ist. Auch das darf man nicht aus dem Blick verlieren. Darüber kann auch das Zukunftsprogramm der Landesregierung nicht hinwegtäuschen.

Fazit: Die wirtschaftliche Entwicklung ist trotz einiger Versäumnisse der Landesregierung immer noch gut. Wir müssen noch besser darin werden, diese Entwicklung für uns zu nutzen. Meine Kollegin Spoorendonk hat es bereits mehrfach gesagt: Dieser Aufschwung ist zu einem sehr großen Teil das Verdienst der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland, die in den letzten Jahren für die steigende Produktivität mehr gearbeitet und dazu noch auf Lohnerhöhungen verzichtet ha

ben. Deshalb sind wir international bei den Lohnstückkosten äußerst wettbewerbsfähig im Verhältnis zu unseren europäischen Nachbarn. Der stark ansteigende Export beweist dies ja auch immer wieder.

Allerdings ist es jetzt auch an der Zeit, dass die Lohnempfänger an den Milliardenüberschüssen der Wirtschaft teilhaben und auch entsprechende Lohnerhöhungen bekommen. Auch aus wirtschaftlicher Sicht würde dies zu einer Stärkung der Konjunktur beitragen und sich daher positiv auswirken. Dies würde gerade auch dem Standort Schleswig-Holstein helfen, der besonders von der Binnenkonjunktur abhängig ist.

„Nicht alles ist Gold, was glänzt“, heißt es so schön. Wir müssen daher auch einige der negativen Folgen der jetzigen Entwicklung ansprechen. So kommt dieser Aufschwung noch immer nicht bei allen Menschen an. Man kann feststellen, dass wir gerade im Niedriglohnbereich immer noch Millionen von Beschäftigten haben, die so schlecht bezahlt werden, dass sie kaum davon leben können. Dies gilt auch für viele Beschäftigte in SchleswigHolstein, die mit einem Stundenlohn von 4 bis 5 € auskommen müssen. Daher kommen wir nicht darum herum, in gewissen Bereichen, dort, wo die Tarifparteien selbst nicht dazu in der Lage sind, endlich einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen.

(Beifall beim SSW)

In fast allen westeuropäischen Ländern gibt es bereits einen entsprechenden Mindestlohn. Dies muss auch bei uns möglich sein, um allen Beschäftigten ein menschenwürdiges Leben zu sichern. Vollzeitarbeit muss auch einen ordentlichen Lohn zur Folge haben. Natürlich ist dies eine Sache des Bundes.

(Beifall)

Die Landesregierung muss hier auch ihren Einfluss geltend machen. Wir müssen aber auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe sichern und hier für gleiche Rahmenbedingungen sorgen, damit ein fairer Wettbewerb zwischen den Unternehmen überhaupt entstehen kann.

Dies gilt natürlich insbesondere für das Landestariftreuegesetz. Mit ihren Sandkastenspielen beim Thema Tariftreue schadet die Große Koalition der regionalen Wirtschaft und dem regionalen Arbeitsmarkt. Sollte das Tariftreuegesetz nicht verlängert werden, dann gelten in einer Reihe von Branchen ab März 2008 in Schleswig-Holstein Dumpinglöhne. Dies würde nicht nur die Arbeitnehmer hart treffen - was schon schlimm genug wäre -, sondern auch die regionalen Unternehmen schwächen, die

in der Konkurrenz mit auswärtigen Billiglohnanbietern nicht bestehen können. Es liegt daher an der Koalition, diese Abwärtsspirale noch einmal zu verhindern. Wenn die Große Koalition den Gesetzentwurf des SSW zur Verlängerung des Tariftreuegesetzes ablehnt, dann führt sie ab März 2008 flächendeckend Dumpinglöhne ein.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das werden sich die Menschen und das werden sich auch die Unternehmen und die Unternehmer in Schleswig-Holstein kaum bieten lassen. Deshalb fordere ich Sie noch einmal auf: Geben Sie sich einen Ruck und beschließen Sie schnell mit uns die Verlängerung des Tariftreuegesetzes und die Ausweitung dieses Gesetzes auf den ÖPNV! Das ist wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen hier im Land.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

Insgesamt haben wir es also, wie ich bereits sagte, in Schleswig-Holstein mit einem stark geteilten Arbeitsmarkt zu tun. Denn zum einen haben wir in vielen Branchen einen beginnenden Fachkräftemangel und zum anderen ist gleichzeitig der Anteil der Langzeitarbeitslosen bei uns im Land immer noch auf sehr hohem Niveau. Deshalb wird es entscheidend darauf ankommen, dass wir endlich ein leistungsfähiges Weiterbildungssystem entwickeln, das sowohl die Arbeitnehmer als auch Arbeitslose fit macht für die Herausforderungen des zukünftigen Arbeitsmarktes. Davon sind wir trotz entsprechender Ankündigungen von Arbeitsminister Döring immer noch weit entfernt. Das mag zwar nicht unbedingt seine Schuld sein; dennoch haben wir hier immer noch eine große Aufgabe, die erst noch zu wuppen ist. Gerade im nördlichen Landesteil wird die Diskrepanz zwischen den Anforderungen der Wirtschaft in der deutsch-dänischen Grenzregion und dem damit verbundenen Facharbeitermangel sowie den Qualifikationsmöglichkeiten der arbeitslosen Menschen immer größer. Hier müssen alle handelnden Akteure der Region - das Land, die Region Schleswig/Sønderjylland, die Berufsschulen, die Arbeitgeber und die Gewerkschaften in der Grenzregion - sich zusammensetzen, um entsprechende Aus- und Weiterbildungsangebote gemeinsam über die Grenze hinweg zu entwickeln. Die unterschiedlichen Systeme beider Länder dürfen hier kein Hindernis sein, sondern müssen überwunden werden, damit wir genügend Fachkräfte anziehen und die wirtschaftliche Entwicklung in