Protocol of the Session on June 7, 2007

Das Zukunftsprogramm Wirtschaft bündelt Mittel der EU, des Bundes und des Landes. Der Minister hat das erklärt. Hier stehen bis 2013 mehr als 700 Millionen € zur Verfügung, die auf die drei Beteiligten aufgeteilt sind. Das Zukunftsprogramm Wirtschaft besteht aus den Schwerpunkten Wissen und Innovation. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wird erhöht und die unternehmerische Basis wird gestärkt.

Der Schleswig-Holstein-Fonds ist für den Zeitraum 2005 bis 2009 mit 423 Millionen € ausgestattet. Davon werden die Bereiche Verkehrsinfrastruktur zusammen mit EU- und Bundesmitteln kofinanziert.

Die Mittelstandsförderung - ein wichtiger Bereich für unsere Wirtschaft in Schleswig-Holstein - enthält bewährte Förderinstrumente, wie wir sie in der Vergangenheit geschaffen haben. Auch dies ist eine erfolgreiche Politik, die hier fortgesetzt wird. In diesem Bereich konnten mit 800 Millionen € circa 800 Unternehmen gefördert werden und es sind 23.000 Arbeitsplätze geschaffen worden. Das ist eine stolze Zahl und eine erfolgreiche Politik.

(Beifall bei der SPD)

Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch Veränderungen, die einhergegangen sind mit dem Ladenöffnungsgesetz und dem PACT-Gesetz. Hier besteht die Möglichkeit, dass vor Ort zukunftweisend Entscheidungen und Innovationen auf den Weg gebracht werden. Auch dies ist ein Stück Wettbewerb, das auch im Hamburger Umland verwirklicht werden konnte.

Im Bereich der Verkehrsinfrastruktur geht es um den Weiterbau der A 20. Ich erinnere an die zusätzlichen 80 Millionen €, die wir vom Bund bekommen haben, um die Verkehrsinfrastruktur in diesem Land zu gewährleisten. Ich erinnere auch an die feste Fehmarnbelt-Querung, zu der wir als SPDFraktion nach wie vor unverrückbar stehen. Ich sage an dieser Stelle noch einmal: Hut ab vor dem

Mut der Dänen! Es ist bemerkenswert, was dort ausgesprochen worden ist.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich appelliere noch einmal an die Skeptiker in unserem Land, auch in Berlin,

(Lothar Hay [SPD]: Tiefensee heißt der, glaube ich!)

hier den Knoten durchzuschlagen und dieses Projekt, das zukunftweisend ist, zu ermöglichen. Wer dieses Projekt ablehnt oder verhindert, trägt die politische Verantwortung dafür, dass 2020/2025 in der Region Fehmarn und Ostholstein die Verkehrsinfrastruktur nicht weiter ausgebaut wird. Das hat Auswirkungen bis hin zum Tourismus. Ich kann mir jetzt schon vorstellen, wie die Aussagen dann sein werden, nämlich das Land hätte dafür nicht genug getan. Ich denke, das sollte Grundlage für eine vernünftige Entscheidung in Berlin sein.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Mit Blick auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Zusammenarbeit in der Metropolregion sowie auf die positive Entwicklung beim Export -

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Hentschel, sehe ich ab und zu in den Wirtschaftsbericht hinein. Sie sollten das auch tun, auch wenn das für Sie Neuland sein sollte.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Die positive Entwicklung in Schleswig-Holstein in den genannten Feldern auch beim Export kann mit Fug und Recht die Grundlage für den Satz sein: Schleswig-Holstein wächst über sich hinaus, wird zunehmend zur Drehscheibe im Norden, in Nordeuropa, im Interesse von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen, im Interesse der Menschen in unserem Land sollten wir alles tun, damit dies so bleibt. Nutzen wir in Schleswig-Holstein unsere Zukunftschancen!

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Schröder. Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg.

(Bernd Schröder)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Wirtschaft Schleswig-Holsteins entwickelt sich gut. Es ist irgendwie verständlich, dass die Landesregierung wie auch die regierungstragenden Fraktionen diese Entwicklung für sich in Anspruch nehmen. Das sei ihnen gegönnt. Die Wirtschaft wird es herzlich wenig interessieren, wer in diesem Plenarsaal diese positive Entwicklung für sich in Anspruch nimmt. Entscheidend ist, ob SchleswigHolstein im nationalen und im internationalen Vergleich aufholt. Insofern und trotz dieser Lobenshymnen der beiden Vorredner freuen auch wir uns über den Aufschwung Schleswig-Holsteins. Das Bruttoinlandsprodukt ist im Jahr 2006 um 1,9 % gewachsen, die Beschäftigung ist in der Tat gestiegen, die Arbeitslosigkeit sank.

Wir freuen uns selbstverständlich als FDP-Fraktion auch darüber, dass es mehr Menschen in Schleswig-Holstein besser geht als noch vor ein oder zwei Jahren. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten uns angesichts dieser Entwicklung nicht die Blicke vernebeln lassen, denn das führt zu Entscheidungen, die letztlich schlecht für die Menschen in Schleswig-Holstein sind. 1,9 % Wachstum sollten nicht überbewertet werden, denn damit lag Schleswig-Holstein letztes Jahr in der Tabelle der Bundesländer auf dem vorletzten Platz. Nur das Saarland wuchs langsamer. Relativ gesehen fiel Schleswig-Holstein weiter zurück. Auch die Entwicklung des Arbeitsmarktes darf nicht überbewertet werden. Es ist noch gar nicht lange her, als der Arbeitsminister selbst feststellte, er schätze, dass die tatsächliche Jugendarbeitslosigkeit doppelt so hoch sei wie die ausgewiesene, denn die Zahl der jungen Menschen, die zwar arbeitslos seien, aber mittels öffentlich finanzierter Warteschleifen aus der Statistik herausgehalten würden, schätze er genauso hoch wie die Zahl der offiziell arbeitslosen jüngeren Menschen.

Der Finanzminister wies mehrfach darauf hin, dass der Aufschwung noch nicht in den Portemonnaies der Menschen angekommen sei; denn trotz der Mehrwertsteuererhöhung stiegen die Einnahmen des Landes aus der Umsatzsteuer nicht. Die Erklärung dafür ist einfach. Die Mehrwertsteuererhöhung hat genauso gewirkt, wie wir es vorher gesagt haben. Vom letzen Quartal 2006 auf das erste Quartal 2007 sind die realen Konsumausgaben in Deutschland um 2,3 % geschrumpft.

Auch der Wirtschaftsminister weiß ganz offensichtlich, wie brüchig die Basis seines Eigenlobes ist. Das zeigt der Vergleich des Wachstums der Bundesländer im Zeitraum von 2002 bis 2006, den er

natürlich auf der ersten Seite des Berichts ausweist. Hiermit will er augenscheinlich belegen, dass Schleswig-Holsteins Wirtschaft fast so schnell gewachsen sei wie die deutsche - ein willkürlicher Zeitraum, aber selbstverständlich mit Bedacht gewählt, denn begänne man ein Jahr früher oder ein Jahr später, dann fällt Schleswig-Holstein deutlich zurück.

Betrachten wir doch einmal, Herr Austermann, einen aussagekräftigen Zeitraum, zum Beispiel die Zeit seit der Wiedervereinigung. Dann erreicht Schleswig-Holstein nur zwei Drittel des deutschen Wachstums insgesamt und pro Kopf. Daran sollten Sie gehen, anstatt hier Eigenlobreden zu halten.

(Beifall bei der FDP)

Trotz allem, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der Aufschwung Grund zur Freude und er zeigt vor allem eines: Wachstum ist unabdingbar, um die strukturellen Probleme unserer Gesellschaft zu lösen:

(Beifall bei der FDP)

die schrumpfende und alternde Bevölkerung und die Folgen hieraus für die soziale Sicherung, die Folgen des Klimawandels, die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit, die Schwächen unseres Bildungssystems, die sinkende internationale Wettbewerbsfähigkeit vieler Arbeitsplätze in Deutschland.

Mit all dem werden wir umso besser fertig, je schneller und kräftiger unsere Wirtschaft wächst. Der Aufschwung widerlegt auch erneut all diejenigen, die Nullwachstum propagiert haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Das gilt auch für den Klimawandel. Denn wir werden dessen Folgen nur mit besserer Technologie bewältigen können - bessere Technik, die möglichst schnell in der Welt verbreitet wird. Das geht nur mit Wachstum.

(Beifall bei der FDP)

Die Reaktion der Schwellenländer auf die Vorschläge zur Verminderung des CO2-Ausstoßes zeigen außerdem, dass Wachstumsverzicht global keine politisch durchsetzbare Strategie sein kann.

Zurück zur Landespolitik! Die Entwicklung in Schleswig-Holstein könnte noch erfreulicher sein, wenn die Landesregierung - insbesondere der Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr besser und transparenter entscheiden würde.

Beispiel Gesundheitswirtschaft: Gesundheit ist ein sehr zukunftsträchtiger Wirtschaftszweig, gerade in Schleswig-Holstein. Dafür sorgt bereits die al

ternde Bevölkerung. Allerdings bereitet sich die Landesregierung Schleswig-Holstein aus unserer Sicht gerade nicht optimal auf diese Entwicklung vor. Zwar zählt der Minister im Bericht unter der Überschrift „Life Sciences“ einige Projekte auf, bei denen die Landesregierung versucht, diese Dynamik zu erhalten und zu verstärken - in einigen Fällen auch durchaus erfolgreich, zum Beispiel mit der geplanten Errichtung eines Fraunhofer-Institutes in Lübeck. Aber, Herr Minister Austermann, was hat die Landesregierung eigentlich aus der Vielzahl von Ankündigungen und Initiativen gemacht, mit denen Schleswig-Holstein zum Gesundheitsland Nummer eins in Deutschland, wenn nicht sogar in Nordeuropa, aufsteigen sollte? Ein Modellversuch zur Gesundheitskarte oder die Beschwörung, Gesundheit würde ein publikumswirksames Markenzeichen Schleswig-Holsteins werden, reichen dafür bei Weitem nicht aus.

Ich meine, die Chancen, die die bessere Verknüpfung der hervorragenden Möglichkeiten der hiesigen Gesundheitswirtschaft mit denen eines der beliebtesten Urlaubsziele Deutschlands bietet, haben Sie bislang verschlafen. Sie haben sie gerade nicht optimal genutzt.

(Beifall bei der FDP)

Angesichts des von unseren Nachbarn ausgehenden Konkurrenzdrucks - beispielsweise von Mecklenburg-Vorpommern - halte ich gerade Ihr Versäumnis in der Gesundheitswirtschaft für ein schweres Versäumnis.

Beispiel Verkehr: Schleswig-Holstein hat im Schienenpersonennahverkehr - da knüpfe ich gern an die Leistungen des Vorgängers an, Herr Kollege Schröder - viel Geld eingespart und Leistungssteigerungen für die Fahrgäste erreicht, weil der vorherige Wirtschaftsminister konsequent auf transparenten Wettbewerb setzte.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP], Karl-Martin Hentschel [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Der jetzige Wirtschaftsminister hat bei der Vergabe des Netzes Ost bewusst auf diesen offenen Wettbewerb verzichtet.

(Widerspruch bei der CDU)

- Dass er auf diesen Wettbewerb verzichtet hat, das ist eine Tatsache, liebe Kollegen. Ob er sich falsch verhalten hat, das ist noch zu beweisen. Aber dass er auf den Wettbewerb verzichtet hat, das ist eine Tatsache.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ob das Land und die Fahrgäste daraus mehr Vorteile ziehen werden, als sie durch einen offenen Bieterwettbewerb erzielt hätten, das bezweifeln wir ausdrücklich.

Beispiel Regionalentwicklung: Der Wirtschaftsminister hat die Entwicklung des Offshore-Hafens Husum aufgehalten

(Lachen und Widerspruch bei der CDU)

und Schleswig-Holstein damit einen Bärendienst im Wettlauf um die Wertschätzungspotenziale erwiesen.