Protocol of the Session on June 6, 2007

Ich kann überhaupt nicht begreifen, wenn den Initiativen das Geld entzogen wird. Das muss ich in dieser Situation einfach einmal so sagen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Zweitens. Irgendjemand sagte, wir haben gesagt, die G-8-Länder hätten keine Legitimation, Entscheidungen über den Rest der Welt zu fällen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht von ihnen erwarten, dass sie eine Selbstverpflichtung für das aufnehmen, was sie selber betrifft. Das ist ein großer Unterschied.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Drittens. Am meisten hat mich aber der Beitrag des Kollegen Puls geärgert. Ich meine den Satz: „Wer sich mit dem Teufel einlässt …“ Herr Kollege, wenn man diesen Satz zu Ende denkt, dann landet man - wie es einige Zeitungen ja auch wieder einmal getan haben - bei der Aufforderung, nicht mehr zu demonstrieren. Ich kenne das aus vielen Diskussionen von vor 20 oder 30 Jahren. Da wird politischen Bewegungen plötzlich gesagt, es sollte in dieser Republik nicht mehr demonstriert werden, weil das alles ungerecht und Unsinn sei und so weiter. Wir haben in diesen Diskussionen - häufig zusammen mit Sozialdemokraten - die Demonstrationsfreiheit in diesem Lande verteidigt; das waren ganz schwierige Auseinandersetzungen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich kann nur eins sagen: Ich werde das auch in der Zukunft tun. Ich werde jedem, der behauptet, man würde nur nach Rostock oder Heiligendamm gehen,

(Anke Spoorendonk)

weil da Gewalttäter seien, entschieden entgegentreten, lieber Herr Kollege Puls.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zum Schluss. Die Mehrheit kann ja unseren Antrag ablehnen, aber ich glaube, die Fragen der Globalisierung werden uns in den nächsten Jahren noch weiter beschäftigen. Ich glaube, dass es ausgesprochen wichtig ist, dass auch -

Die Zeit, Herr Kollege.

Ich komme zum Schluss, ja.

Es ist ganz wichtig, dass sich der Landtag damit auseinandersetzt. Denn das sind Sorgen der größten Zahl der Menschen in diesem Lande. Die dürfen wir nicht ignorieren, die müssen wir aufnehmen und wir müssen entsprechende Antworten bieten.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Jürgen Weber.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Hentschel, in der Tat ist ein wichtiger Aspekt, der heute angetippt worden ist, die Frage, wie wir das Demonstrationsrecht künftig sichern. Dann muss man aber auch in der Analyse ein bisschen ehrlicher und genauer sein. Es hat viele klare, notwendige, richtige Worte zur Verurteilung der Gewalt bei Demonstrationen gegeben. Man muss aber auch ein paar andere Dinge thematisieren.

Gewalttäter brauchen, um Gewalt im Block auszuüben, eine friedliche Demonstration, an die sie sich anhängen können. Wir müssen uns mit der Frage auseinandersetzen, wie es eigentlich dazu kommt. Das ist ja wahrlich nicht die erste Demonstration in Deutschland oder Europa, die im Chaos endet. Viele, manche vielleicht auch persönlich - ich jedenfalls persönlich - haben eine Reihe auch solcher Demonstrationen mitgemacht, die in Gewalt eskaliert sind. Man muss sich die Leute angucken, die Gewalt ausüben, die das vorbereiten, die schon vermummt zur Veranstaltung kommen. Man muss

auch über die und mit denen reden, die ein Stück klammheimliche Rückendeckung für Gewalttäter mit organisieren. Das kann man nicht aussparen.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW)

Deswegen sehe ich es als ein positives Signal, dass nach den gewalttätigen Ausschreitungen der eine oder andere Veranstalter - der eine oder andere ist ja schon wieder zurückgerudert - deutlich gemacht und der Schock des Umfangs an Gewalt dazu geführt hat, dass es zu einer klaren Abgrenzung kommen muss.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Das nehme ich als ein Stück positives Signal. Ich habe das zugegebenermaßen etwas zugespitzt formuliert, aber nach dem, was in der letzten halben Stunde über den Ticker läuft, muss man das noch einmal so formulieren. Es werden gerade im Windschatten sogenannter friedlicher Demonstranten Steine geworfen.

Man muss fragen, wie das Stück klammheimliche Rückendeckung zustande kommt. Das geschieht nicht aus Böswilligkeit heraus. Das sind Leute, die eigentlich ein positives Anliegen haben und die ich im Kern auch zu den Demokraten unter den Demonstranten zählen würde.

Aber wenn ich permanent die Legende vom repressiven Staat predige, darf ich mich nicht wundern, dass jede staatliche Maßnahme, jede Polizeimaßnahme als Provokation empfunden wird. Der Minister hat darauf hingewiesen. Das ist ein Problem. Wenn Staatsorgane, wenn Polizisten ihren Job tun, präsent sind, Wege sichern, polizeiliche Maßnahmen durchführen, ist das keine Provokation, sondern gehört zu den Spielregeln von Demokratie. Das muss auch an dieser Stelle einmal deutlich gesagt werden.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Meine Damen und Herren, einen allerletzten Satz! Kollege Puls hat hinreichend deutlich gemacht, weswegen wir dem Antrag der Grünen nicht zustimmen werden. Liebe Kollegin Spoorendonk, den Satz, den Sie zum Schluss gesagt haben, kann man in einer Debatte normalerweise sagen. Man kann ihn allerdings nicht sagen nach dem, was in der letzten Woche passiert ist, nämlich den Satz: Wir legen nicht jedes Wort auf die Goldwaage.

Wenn man sich anschaut, was in Mecklenburg-Vorpommern passiert ist, und hier politisch etwas beschließen will, wovon ein Signal ausgeht, dann muss meines Erachtens jedes Wort stimmen, jedes

(Karl-Martin Hentschel)

Signal muss klar sein und da muss man ausnahmsweise auch einmal jedes Wort auf die Goldwaage legen. Wir werden dem Antrag der Grünen jedenfalls nicht zustimmen.

(Beifall bei SPD, CDU und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es schön, dass sich der Kollege Hentschel von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei uns allen für die differenzierte Debatte bedankt.

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

- Ich hätte mich gefreut, sein Beitrag wäre entsprechend differenziert gewesen. Dann hätten wir uns hier vielleicht einige Aufregung ersparen können.

Ich möchte auf einen Aspekt hinweisen, den der Kollege Weber mir dankenswerterweise schon vorweggenommen hat. Wir haben es mit einem organisierten internationalen Tourismus von Gewaltbereiten zu tun. Wer sich Kopenhagen anguckt und feststellt, dass Leute aus Berlin, nachdem sie im Fernsehen gesehen haben, dass da Krawalle losgetreten worden sind, mit Bussen und Zügen nach Kopenhagen fahren, um an der Randale teilzunehmen, wer feststellt, dass wir Gewaltbereite aus Mexiko, osteuropäischen Staaten und skandinavischen Staaten haben, der muss sich erinnern, warum die Fußballweltmeisterschaft so friedlich verlaufen ist: Weil die Polizeibehörden europaweit zusammengearbeitet und die gewaltbereiten Hooligans von vornherein von den Sportstätten ferngehalten haben.

Herr Kollege Weber, wir müssen uns auch fragen, warum wir Sportvereinen aufdrücken, wenn sie Sportveranstaltungen organisieren, für die Sicherung der Stadien selbst Sorge zu tragen, wir bei großen Demonstrationen dieser Art aber alles dem Staat überantworten.

Es gibt im Versammlungsrecht die Möglichkeit, dass Demonstrationen von Sicherheitskräften begleitet werden müssen, die dafür sorgen müssen, dass Sicherheit hergestellt wird. Das gilt nicht nur in verbaler Abgrenzung, sondern möglicherweise auch im Fernhalten von Leuten, die im martialischen Schwarzen Block auftreten. Das ist ja nicht unsichtbar, was dort geschieht.

Herr Kollege Hentschel, lassen Sie mich Sie zum Schluss zu einem Aspekt etwas ernsthafter zum Nachdenken bewegen wollen. Bei der Frage, ob ich Ländern in der dritten Welt Möglichkeiten verschaffe, geht es doch nicht um Nischen in Märkten, sondern um den Zugang zu Märkten überhaupt.

(Beifall bei der FDP sowie vereinzelt bei CDU und SPD)

Herr Kollege Hentschel, solange Sie wie andere zulassen, dass beispielsweise die Europäische Union europäische Agrarprodukte für Dritte-Welt-Länder mit europäischen Steuermitteln so heruntersubventioniert, dass die einheimischen Produkte gar nicht konkurrenzfähig sein können, ist doch jede Diskussion über die Möglichkeit eines fairen Handels für die Menschen in Dritte-Welt-Ländern absurd.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Das heißt, unsere erste Forderung müsste doch lauten: Lasst uns den Irrsinn beenden, dass in Europa produzierte Überschüsse in Afrika zu Schleuderpreisen auf den Markt gebracht werden und gleichzeitig Barsch von Südafrika nach Europa geflogen wird oder europäische Flotten vor afrikanischen Küsten den afrikanischen Staaten die Fische wegfischen. Das ist doch eine Frage des fairen Handels und der Möglichkeit des fairen Zugangs zu Märkten!

Ich sage noch einmal: Wer eine weltweit gerechte Entwicklung will, muss hinnehmen und auch wollen, dass Produktionen, die bisher in Industrienationen stattfinden, in Dritte-Welt-Länder verlagert werden, weil nur so die Möglichkeit geschaffen wird, dass diese Länder einen eigenen wirtschaftlichen Aufschwung und eigene wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten erhalten. Das wäre eine andere Diskussion als die: Lasst uns noch ein bisschen mehr sponsern, lasst uns aus 500 Millionen 750 Millionen € machen! Das ist doch ein Tropfen auf den heißen Stein, führt aber nicht zu einer grundsätzlichen Veränderung.

(Beifall bei FDP, CDU und SPD)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag hat Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem Redebeitrag des Kollegen Weber muss ich natürlich noch eine Bemerkung loswerden. Wir sind uns durchaus bewusst, was in dem Antrag von

(Jürgen Weber)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht. Nicht zuletzt von euch Sozialdemokraten möchte ich wissen, was ihr in dem Antrag nicht unterstützen könnt.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Thomas Stritzl [CDU]: Das hat er doch gesagt!)

- Nein, er hat gesagt, was fehlt. Er hat gesagt, das Ansinnen des Antrages könne man unterstützen.