Protocol of the Session on May 10, 2007

(Zurufe)

Und der Kollege Wengler sitzt daneben und sagt zu dem ganzen Thema, das aus dem Publikum ange

sprochen worden ist, keinen Piep. Da ist die Lastenverteilung in der Großen Koalition sehr gerecht, würde ich einmal sagen. Ich würde das als Sozialdemokrat an Ihrer Stelle noch einmal überdenken.

Herr Stegner erklärte der dpa am 25. März 2007, man habe diesen Beschluss seinerzeit mit Blick auf die Entlastung der Kommunen gefasst. Inzwischen sagt er, deren Finanzlage stelle sich deutlich besser dar. Er sagt dann noch einen sehr wichtigen Satz, den ich zitieren möchte: „Müssen wir in der aktuellen Lage die Kommunen wirklich zwingen, das zu machen, selbst wenn sie es selbst gar nicht wollen?“

Das ist ja der Punkt, dass wir inzwischen Beschlüsse von Kreistagen - ganz zu schweigen von vielen Beschlüssen aus Gemeindeparlamenten - haben, die an uns appellieren und sagen: Nehmt doch diese Regelung aus dem neuen Schulgesetz wieder zurück!

Es ist doch sinnvoll, das zu überdenken und in der Ausschussberatung noch einmal nachzufragen, was es an Verwaltungskosten erzeugt, dies alles in den Kreisen berechnen und erheben zu lassen, und ob für die Kommunen der angeblich so tolle Entlastungseffekt am Ende überhaupt noch in einem nennenswerten Umfang da ist.

Ich denke, wir sollten uns mit diesem Thema noch einmal beschäftigen. Ich kann den Sozialdemokraten nur noch einmal herzlich raten, mit ihren Parteitagsbeschlüssen nicht so umzugehen, wie sie es in dieser Landtagsdebatte getan haben, denn sonst könnte man sagen, dass das, was die SPD auf ihren Parteitagen beschließt, wirklich piepenhagen ist, und dass sie das in der Praxis der parlamentarischen Arbeit überhaupt nicht interessiert.

(Beifall bei der FDP - Holger Astrup [SPD]: Das ist in der FDP seit 20 Jahren so!)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen.

Man muss natürlich auch feststellen, dass sich die CDU an diesen Kreistagsparteibeschlüssen beteiligt hat. Das heißt, dass Sie in der Fläche gegenüber den Eltern das große Mitleid haben und sagen, dass es nicht geht. Auf der Landesebene wird zum Teil durch dieselben Politiker, die hier im Landtag und in den Kommunen auch ein Amt haben, das Gegenteil gesagt.

(Dr. Henning Höppner)

(Zuruf: Wer soll das sein?)

Diese Doppelzüngigkeit ist grenzenlos.

Herr Dr. Wadephul, ich will ein Fremdwort aufgreifen, das Sie vorhin in den Mund genommen haben: Kompensation. Der Feld-, Wald- und Wiesenmensch in der Fläche, der der Politik etwas fern ist, versteht unter dem Wort Kompensation Folgendes: Ich nehme dir etwas weg an einer Stelle und gebe dir dafür Kompensation an anderer Stelle. Sie machen es aber so: Jemand anderes soll für die Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich die Kompensation machen. Insofern ist das Wort Kompensation in diesem Zusammenhang nichts als Lüge.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich frage mich, ob Lüge ein parlamentarischer Begriff ist. Feld-, Wald- und Wiesenmensch ist jedenfalls eine Formulierung, die wir hier nicht einreißen lassen sollten.

Zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Herr Abgeordnete Dr. Johann Wadephul das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die politische Lage in diesem Punkt ist doch völlig klar. Das hat der Kollege Höppner auch gesagt: Die Sozialdemokraten haben einen Parteitagsbeschluss. Sie sind an den Koalitionspartner herangetreten und haben das Begehren geäußert, das Schulgesetz in diesem Punkt noch einmal zu ändern. Das ist klare sozialdemokratische Auffassung. Das hat auch jeder mitbekommen. Wir haben das abgelehnt. So ist die Lage. In dieser Situation diskutieren wir jetzt diesen Antrag. Er wird in den Ausschuss überwiesen. Wir werden bei unserer Auffassung bleiben und werden das Schulgesetz deshalb nicht ändern. So sind die Spielregeln nun einmal in einer Koalition. Wenn es einmal irgendwann eine Koalition mit der FDP gibt, dann wird die FDP auch lernen, wie man sich in so einer Koalition verhält.

Ich möchte noch Folgendes dazu sagen: Herr Kollege Matthiessen, wenn Sie hier die Behauptung aufstellen, dass es Kollegen des Landtages gibt, die vor Ort etwas anderes politisch vertreten als hier im Landtag, sollten Sie sie namentlich benennen, oder Sie sollten das zurücknehmen. Das geht nämlich gegen die Kultur des Hauses.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich gibt es auch CDU-Kommunalpolitiker, die diese Frage kritisch sehen und die von uns eine Änderung an der Stelle verlangen. Es passiert jetzt genau das, was uns veranlasst hat, dieses Gesetz so zu verabschieden. Es gibt natürlich vor Ort den Druck, so etwas im Vorfeld der Kommunalwahlen nicht zu machen. Ich möchte denjenigen von uns sehen, der von sich selbst behauptet: Ich als Kreistagsabgeordneter werde aber nicht gefährdet. Johann Wadephul sagt, wenn ich im Kreistag Rendsburg-Eckernförde säße, dann wüsste ich auch nicht, ob ich alleine so eine Elternbeteiligung durchhalte. Nur, wenn die FDP - jetzt ist der Kollege Hildebrand wieder hier; mir hat ein bisschen die Diskussion in der FDP-Fraktion gefehlt - in der Haushaltsberatung und der Frage des Eingriffes in den kommunalen Finanzausgleich von uns Kompensation, ich kann auch sagen, mehr und mehr Entlastung fordert und das dann in der Bildungsdebatte alles vergisst: Herr Dr. Klug, so geht es nicht! Das wissen auch alle Kommunalpolitiker.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich wiederhole das Argument, das Kollege Höppner hier gesagt hat. Wir werden das den Kielern und Kielerinnen auch sagen, Herr Kollegen Dr. Klug. Sie vertreten ja Kiel. Das ist genau derselbe Punkt. Das gilt auch für das Umland um Kiel herum, soweit es den Kreis Flensburg-Eckernförde angeht. Wenn Sie nämlich in Molfsee wohnen, bezahlen Sie auch jetzt schon als Eltern eine Karte voll und ganz. Für diese Eltern und für diese Familien haben Sie sich bisher in diesem Haus zu keinem Zeitpunkt eingesetzt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Jetzt gibt es hier ein großes Wehgeschrei, wenn es in der Tat eine zusätzliche Belastung von Eltern gibt. Das kann gar keiner wegdiskutieren. Aber für all die anderen, die jetzt schon im Kieler Umland, in Kiel selber, in Neumünster, in Lübeck, in Flensburg, im Hamburger Umland, aber auch in der Kreisstadt Rendsburg dieses bezahlen müssen, für all die haben Sie hier noch keinen Finger gerührt. Solange Sie das nicht tun, ist Ihr Antrag nicht konsequent und kann niemals Unterstützung finden.

(Beifall bei CDU und SPD)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk das Wort.

(Detlef Matthiessen)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beitrag des Kollegen Wadephul hat mich doch ein bisschen gereizt, hier ein paar Bemerkungen loszuwerden. Als Begründung dafür - das wissen wir auch, und das kam auch in der Debatte um das Schulgesetz rüber -, dass hier im Gesetz eine 30prozentige Elternbeteiligung festgeschrieben wird, wurde gesagt, dass Kreistagsabgeordnete, Kommunalpolitiker, den Druck vor Ort nicht aushalten könnten. Wofür sind denn ansonsten Kommunalpolitiker zuständig? Wir reden doch davon, dass Entscheidungen nahe am Bürger getroffen werden sollen. Wir reden über mehr Gestaltungsspielraum für Kommunalpolitiker.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir reden darüber, dass Kommunen unterschiedliche Möglichkeiten haben, auch unterschiedliche finanzielle Möglichkeiten, die Kreise allemal. Und das darf man vor Ort nicht diskutieren? Lieber Kollege Wadephul, man wird das vor Ort diskutieren. Das wird ein Thema der Kommunalwahl sein. Dafür werden wir sorgen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Bildung und Frauen, Frau Ute Erdsiek-Rave, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn sich die FDP zum Retter der sozialen Gerechtigkeit aufspielt, dann ist Vorsicht geboten. Etwas stört mich an dieser Debatte. Es ist nicht die Frage, was die Parteien auf ihren Parteitagen machen oder wie sie hier was vertreten. Das müssen Sie auch im Übrigen der SPD selbst überlassen. Mich stört aber, dass Sie den Eindruck erwecken, und das stört mich auch bei den Rednerinnen der beiden anderen Fraktionen, als wollten Sie Elternbeteiligung grundsätzlich und immer als eine Art Ablösung der Schulgeldfreiheit und als im Prinzip ungerecht darstellen. Wo sind denn Ihre Initiativen in den letzten Wahlperioden gewesen, in denen das alte Schulgesetz gegolten hat? Der Kreis Schleswig-Flensburg hat die Elternbeteiligung eingeführt. Ich kann mich nicht an Initiativen, von wem auch immer, erinnern nach dem Motto: Jetzt müssen wir das Schulgesetz

ändern, damit diese Ungerechtigkeit nicht möglich wird.

Liebe Frau Heinold, ich kann mich auch nicht an eine Diskussion untereinander erinnern. Wir haben wohl über die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Kreise damals gesprochen, aber ich kann mich nicht erinnern, dass jemand gesagt hat, das müssten wir abschaffen, es sei ungerecht, wenn die Kreise das überhaupt in Anspruch nähmen. Man muss wirklich ehrlich bleiben.

Ich könnte jetzt einiges zur handwerklichen Ausgestaltung sagen. Was Sie uns da vorgelegt haben, ist wirklich mager. Sie haben schlicht das alte Schulgesetz übernommen, Sie haben all die Probleme, die damit verknüpft waren, überhaupt nicht berücksichtigt. Ich lasse das jetzt aber weg. Das können wir im Ausschuss besprechen.

Zum genauen Hingucken gehört nun auch der Blick auf die Entstehung der Regelung. Dazu ist hier einiges gesagt worden. Sie ist allerdings im Rahmen der Diskussion um die Entlastung der Kommunen verabredet worden. Das war ein Anliegen der kommunalen Spitzenverbände, dies einzubringen, genauer gesagt, des Landkreistages. Politisch wurde natürlich der Vorteil für die Kreise darin gesehen, dass sie bei einer verbindlichen Vorgabe und den zu erwartenden Protesten der Eltern - es ist doch nicht so, dass das niemand vorausgesehen hat - natürlich auf den Gesetzgeber in Kiel würden verweisen können. Jetzt wird der Spieß umgedreht nach dem Motto, die Kreise seien die Überbringer der schlechten Botschaft - so habe ich das irgendwo gelesen. So oder so kann man natürlich für diese Argumente auch Verständnis haben. Ich muss aber ehrlich sagen, eher weniger Verständnis habe ich dafür, dass nicht nur die Vertreter der Gemeinden und Ämter, sondern auch Vertreter einiger Kreise von der Forderung ihrer eigenen Spitzenverbände, als sei das ohne Abstimmung mit den Kreisen geschehen, nun Abstand nehmen und diese Ablehnung dann auch noch öffentlichkeitswirksam kundtun.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das müssten wir dann wohl doch gemeinsam den Kreispolitikern ins Stammbuch schreiben, beispielsweise Ostholstein oder Nordfriesland, die das Land dazu auffordern, die 30-Prozent-Regelung wieder rückgängig zu machen, als sei das eine Art aufgedrängter Bereicherung vom Land, die die Kommunen eigentlich gar nicht brauchen. Über einige Argumente, die da in die Debatte eingebracht wurden, kann man sich ohnehin nur wundern, etwa wenn im Kreistag Ostholstein gesagt wurde, dass

die Regelung zur Entlastung des Landesetats erfunden wurde. Das ist eine Meinung, die sich plötzlich bei den Eltern festsetzt, das sei eine Regelung zur Entlastung des Landesetats. Wir wissen es besser.

Dann wird auf eine offene Situation in Kiel verwiesen, als hätten wir überhaupt kein geltendes Recht in Schleswig-Holstein. Sie können es uns glauben. Wir haben hierzu im Bildungsministerium viel Post bekommen. Die Proteste stammten nicht nur von Eltern, sondern auch von Bürgermeistern und örtlichen Verbänden. Das ist auch nachvollziehbar. Zum Teil ist hier von sehr hohen Beträgen die Rede. Der Kollege Höppner hat hierzu einiges gesagt. Diese Beträge werden im Land im Schnitt so nicht erzielt. Jeder aber hat wohl am ehesten für diejenigen Eltern Verständnis, von denen gesagt wird, sie würden auf einen Schlag pro Jahr Beiträge von etwa 200 € pro Kind hinlegen müssen. Ich kann das nicht nachprüfen. Wenn diese Größenordnungen erreicht werden, dann muss man für den Unmut von Eltern Verständnis haben.

Meine Partei hat sich nun in dieser Frage, die im Koalitionsausschuss verabredet und im Schulgesetz beschlossen worden ist, auf ihrem Parteitag anders positioniert. Das ist bekannt und das ist im Grundsatz auch legitim. Frau Heinold, ich weiß jetzt kein Beispiel, aber ich weiß, dass es den Fall gab, dass Ihre Parteitage auch andere Beschlüsse gefasst haben, als es in der Koalition besprochen worden war. Das nennt man Profilierung der Parteien. Das nennt man auch die Wichtigkeit eines Anliegens. So ist das auf unserem Parteitag gewesen. Es ist aber auch klar, dass sich eine Veränderung nur erreichen lässt, wenn beide Koalitionspartner die bisherige Beschlusslage gemeinsam verändern. Das ist in der Koalition so selbstverständlich wie nur irgendwas. Herr Dr. Wadephul, die SPD möchte dies nach wie vor mit Ihnen besprechen. Eines aber ist klar: Hier ist nichts in der Schwebe. Es gilt nicht: Mal abwarten, was da kommt. Es ist klar, es gilt das Schulgesetz!

(Beifall bei SPD und CDU)

Ein weiterer Kurzbeitrag wurde zurückgezogen. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1338 an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich wünschen Ihnen allen eine gute Mittagspause.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 13:13 bis 15:00 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist 15 Uhr. Das Präsidium begrüßt Sie recht herzlich zur Fortsetzung der Sitzung.

Auf der Tribüne begrüßen wir sehr herzlich Seniorinnen und Senioren der Transnet-Gewerkschaft Neumünster. Ferner begrüßen wir Metallbauer der Eckener-Schule in Flensburg sowie Mitglieder des SPD-Ortsvereins Engelsby bei Flensburg. - Herzlich willkommen!

(Beifall)