Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie alle sehr herzlich.
Erkrankt ist die Frau Abgeordnete Monika Schwalm. Wir wünschen der Kollegin von dieser Stelle aus gute Besserung.
Wegen auswärtiger Verpflichtungen sind die Minister Dr. von Boetticher und Dr. Ralf Stegner beurlaubt.
Ich darf auf der Besuchertribüne Schülerinnen und Schüler und ihre Lehrkräfte der Jacob-Struve-Realschule aus Horst begrüßen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort für den ersten Antragsteller, den SSW, dem Herrn Abgeordneten Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben schon Ende März unseren Antrag zur Hafenkooperation an der Nordsee gestellt, weil wir der Meinung waren, dass hier eine engere Zusammenarbeit vonnöten ist. Was wir damals allerdings nicht ahnten, ist, dass sich dieses Thema schon zwei Wochen später zu einem handfesten Krach zwischen den Regierungen in Norddeutschland entwickeln würde. Die Elbvertiefung spielt dabei natürlich eine wichtige Rolle. Wenn die Elbe auf 136 km ausgebaggert wird, um einen Tiefgang von 14,5 m zu ermöglichen, so ist dies ein gravierender Eingriff in die Natur und in die Strömungsverhältnisse.
Allein auf schleswig-holsteinischer Seite der Elbe haben sich deshalb 20 Kommunen gemeinsam einen Anwalt genommen, um ihre Interessen zu vertreten. Die Erfahrungen mit der letzten Vertiefung der Elbe haben nämlich gezeigt, dass die Auswirkungen gravierender als gedacht sind und dass ein Ausgleich für die Natur nicht so leicht realisierbar ist. Wenn jetzt also 330 Millionen € für eine Ausbaggerung der Elbe eingesetzt werden sollen, ist ein Blick über den hanseatischen Tellerrand durchaus gerechtfertigt. Das tut inzwischen der Betreiber des Hamburger Hafens und hat deshalb eine Studie in Auftrag gegeben, die Aufschluss über die Entwicklung der Häfen in Hamburg, Rotterdam, Bremen/Bremerhaven, Antwerpen, Seebrügge und Le Havre geben soll. Dass der Weser-Jade-Port hier keine Berücksichtigung findet, spricht Bände. Man blendet jeweils den nächsten Nachbarn aus und achtet nur auf seine eigenen kurzfristigen Vorteile.
Das gilt für Hamburg genau so wie für Niedersachsen. Man sieht sich als Konkurrent auf engstem Raum und bekriegt sich entsprechend. Die Konkurrenz im Ausland reibt sich darüber natürlich die Hände. Während ein Hafen wie Rotterdam über kommunale und regionale Grenzen hinweg wächst und gedeiht, hört bei uns die Zusammenarbeit an der jeweiligen Landesgrenze auf. Das gefährdet Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Entwicklung. Hiervon ist gerade auch Schleswig-Holstein betroffen. Deshalb ist es notwendig, dass die Landesregierung hier eingreift und darauf hinwirkt, dass wir eine norddeutsche Hafenkooperation im Nordseeraum bekommen. Wir können das Feld nicht den ausländischen Häfen überlassen. Es geht hier um Hunderttausende Arbeitsplätze, die mit unserer Hafenwirtschaft verbunden sind.
Das Land Schleswig-Holstein ist hier, betrachtet man die direkten Steuereinnahmen aus den Hafenbetrieben, sicherlich der kleinste Partner mit den geringsten Eigeninteressen. Deshalb wird es der schleswig-holsteinischen Landesregierung auch am leichtesten fallen, hier vermittelnd auf die anderen Länder einzuwirken. Wir haben aber als Land Schleswig-Holstein sowohl an der Entwicklung des Hamburger Hafens, der auch zehntausenden Schleswig-Holsteinern Arbeit gibt, als auch am Weser-Jade-Port, der nach dem Bau der Elbquerung direkt vor unserer Haustür liegt, ein massives Interesse. Der Konkurrenz im Ausland sind unsere Landesgrenzen egal. Wenn wir hier gemeinsam mitspielen wollen, müssen wir zusammenarbeiten.
Was ist nun zu tun? Zunächst ist bei den einzelnen Häfen eine klare Aufgabenverteilung vorzunehmen: Was soll Hamburg tun und was soll der Weser-Jade-Port erledigen? Aber auch: Welche Zukunft sollen die Häfen Brunsbüttel oder Bremen/Bremerhaven haben? Wenn diese Fragen geklärt sind, wird man auch anders über die Notwendigkeit einer Elbvertiefung diskutieren können.
Als zweiter Schritt ist festzulegen, für welche verkehrspolitischen Initiativen man sich gemeinsam einsetzen will, damit unsere Häfen schnell und gut an das europäische Verkehrsnetz angebunden werden. Hier muss für manch eine Verkehrsverbindung hart auf Bundesebene gestritten werden. Deshalb macht uns auch hier nur Einigkeit stark. Gleichzeitig müssen wir uns möglicherweise noch schneller von dem einen oder anderen Luftschloss verabschieden.
Als dritten Punkt möchte ich hier als wichtigsten anführen: Wir brauchen für die norddeutschen Häfen, auf jeden Fall aber für den Hafen Hamburg und den Weser-Jade-Port, eine gemeinsame Organisationsform, die es ausschließt, dass sich regionale Egoismen weiterentwickeln.
Am besten wäre dabei eine Gesellschaft, die die Häfen betreibt und vermarktet sowie eine Absprache zwischen den Bundesländern, wie die zukünftigen Steuereinnahmen verteilt werden. Ich weiß, dass unser Ansinnen ambitiös, aber auch die einzig sinnvolle Lösung ist. Dabei hätte die Landesregierung eine sehr große Verantwortung. Deshalb erwarten wir weder heute noch in einem späteren Bericht eine große Rechtfertigung der Landesregierung, was die Landesregierung möglicherweise getan oder nicht getan hat, sondern es geht darum, dass die Landesregierung das Heft in die Hand nehmen muss. Sie muss jetzt vermittelnd aktiv werden, weil sich Hamburg in Niedersachsen nicht einigen können. Das schadet uns allen und das schadet insbesondere auch den Arbeitnehmern aus SchleswigHolstein, die dort tätig sind. Deswegen wollen wir uns eigentlich nicht mit einem Bericht zufrieden geben, sondern wir wollen eine Initiative der Landesregierung. Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag, wären aber natürlich auch bereit, Ja zu sagen, wenn wir sagen würden, beide Anträge gehen an den Ausschuss.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms. Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Hans-Jörn Arp.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Lieber Lars Harms, so nach dem Motto, „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründ’ ich einen Arbeitskreis“, darüber werden wir sicherlich noch einmal diskutieren. Wir sollten uns aber zunächst einmal vor Augen halten, keine andere Branche kann zurzeit ähnlich gute Wachstumszahlen vorlegen wie die internationale Seeschifffahrt. Sie profitiert insbesondere von den außerordentlich hohen Zuwachsraten im internationalen Handel als Folge der Globalisierung.
Lassen Sie mich dies kurz mit Zahlen unterlegen, damit wir wissen, worüber wir reden. Nach Schätzungen der Deutschen Bank wuchs der Welthandel im vergangenen Jahr um 8,9 %. Für dieses Jahr wird ein Wachstum von rund 7,6 % erwartet. Deutschland ist Exportweltmeister und verdankt dieses nicht nur seinen leistungsfähigen Exportfirmen, sondern auch der guten Infrastruktur, hier insbesondere den leistungsfähigen Häfen. Der Bundesverkehrsminister hat deshalb entschieden, die Häfen und deren Hinterlandanbindungen stärker als bisher zu fördern. Dieses findet uneingeschränkt unsere Unterstützung. Über 90 % des Welthandels werden über die Meere abgewickelt.
Auch Schleswig-Holstein profitiert von diesem Wachstum des Welthandels, wie die neusten Zahlen des Statistischen Landesamtes zeigen. Der Seegüterumschlag in den schleswig-holsteinischen Häfen stieg um 5,9 % auf 37,1 Millionen t und erreichte damit einen neuen Rekord. Besonders der Containerumschlag stieg um 20,7 % deutlich auf 1,3 Millionen Container. Der Trend, der sich in diesen Zahlen für Schleswig-Holstein zeigt, lässt sich ohne Weiteres auf die übrigen deutschen Häfen an Nord- und Ostsee übertragen.
Damit komme ich zum Antrag des SSW. Ich gehe davon aus, dass der Antrag des SSW ein Ergebnis der Reise unseres Wirtschaftsausschusses nach Rotterdam im letzten Jahr gewesen ist. Dort wird nicht mehr von den einzelnen Häfen gesprochen, die an der Mündung von Maas und Rhein liegen, sondern vom Port of Rotterdam. Durch die enge Kooperation und durch die Arbeitsführung der einzelnen Häfen hat sich eine eigene Destination gebildet, die sich gut international vermarkten lässt. Das haben wir gesehen.
Es gibt aber auch noch einen weiteren Vorteil der Kooperation. Da der Containerumschlag auf der Landseite viel Fläche benötigt und diese zunehmend knapp wird, sind intelligente Lösungen notwendig, die sich in großen Einheiten gut erarbeiten und realisieren lassen.
Da sich bereits abzeichnet, dass die Flächen für den Containerumschlag zum Beispiel im Hamburger Hafen ebenfalls knapp werden, bedarf es Überlegungen, wie wir den Containerumschlag in den deutschen Häfen zukunftssicher organisieren. Hier muss man an den norddeutschen Küsten sicherlich über Kooperationen nachdenken. Bevor SchleswigHolstein aber - wie es der SSW fordert - eine Vorreiterrolle bei der Schaffung von Kooperationen einnimmt, bedarf es meiner Meinung nach zunächst einer Analyse der Frage, welchen Teil SchleswigHolstein in welcher möglichen Kooperation einbringen kann. Deshalb haben CDU und SPD den vorliegenden Alternativantrag eingebracht.
Bevor Kooperationen zwischen allen Häfen der deutschen Bucht vorangetrieben werden, sollten wir prüfen, ob das überhaupt von allen Beteiligten gewollt ist. Ich glaube, einen Port of Germany wird es in absehbarer Zeit an der Nordseeküste nicht geben. Wir sollten vielmehr mit unseren unmittelbaren Nachbarn in Hamburg über die Entwicklung des Hamburger Hafens sprechen. Hier haben wir einen großen Nachholbedarf. Auch seitens der Hamburger wäre ein bisschen mehr Kooperationsbereitschaft besser.
Wir haben in Schleswig-Holstein viele geeignete Häfen, die in der Lage wären, Umschlagsleistungen im Bereich des Stück- und des Massengutes zu übernehmen. Ich denke zum Beispiel an die Häfen in Rendsburg und Brunsbüttel. Rendsburg verfügt über gute Voraussetzungen für den Umschlag von Massengütern. Es gibt hier eine Menge an Beispielen, die ich aber aufgrund der Kürze meiner Redezeit nicht ansprechen kann. Ich möchte dies gern, aber es geht leider nicht. Wir werden das im Ausschuss machen.
- Keine Angst, Herr Kollege, wir werden das im Ausschuss auf intelligente Weise tun. Ich habe Rendsburg bewusst erwähnt.
gung, die Zwischenrufe sind unqualifiziert, weil sie etwas mit Wirtschaft zu tun haben. Herr Kollege Neugebauer, darüber will ich jetzt mit Ihnen nicht diskutieren!
Der eigentliche Hintergrund des Antrages des SSW ist die Frage, wie wir mit der Fahrrinnenanpassung weiterkommen. Lieber Kollege Lars Harms, über 30.000 Arbeitsplätze aus Schleswig-Holstein hängen direkt und indirekt mit dem Hamburger Hafen zusammen. Ich sage auch den Kollegen von den Grünen: Dies ist keine Gelegenheit, Emotionen und Ängste zu schüren, weil man auch an die denken muss, die dort eine Arbeitsplatzperspektive haben. Hier sollten wir sachlich und nüchtern diskutieren. Die Position der CDU ist eindeutig: Die Deichsicherheit und der Schutz der Menschen hinter den Deichen haben Vorrang. Dann folgen sogleich die Arbeitsplätze im Hamburger Hafen. Die sind uns ebenso wichtig. In dieser Reihenfolge sollten wir dieses Thema weiter verfolgen.
Ich habe kein Problem, über den Antrag des SSW im Ausschuss zu beraten. Wir möchten durch unseren Antrag zunächst aber eine Analyse. Wir müssen unsere schleswig-holsteinischen Häfen fit machen für den Wettbewerb. Erst dann gehen wir in eine Kooperation. Hier haben wir noch eine Menge zu tun.
Ich danke Herrn Abgeordneten Arp. - Für die SPDFraktion hat nun Herr Abgeordneter Detlef Buder das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den staatstragenden Worten des Kollegen Arp und des Kollegen Harms spare ich mir die Vorbemerkungen, die ich eigentlich vorhatte. Herr Kollege Harms, ich halte Ihren Antrag in der Form, wie Sie ihn vorgelegt haben, noch nicht einmal für populistisch. Das sage ich jetzt aber nicht. Ich steige gleich in die Rede ein.
Vor dem Hintergrund der relativ gleichzeitig auftretenden Großvorhaben im Bereich des Containerhafenausbaus sowie der Fahrrinnenanpassung von Unterelbe und Außenweser, des Baus des Containerterminals IV in Bremerhaven und des Baus des Jade-Weser-Ports taucht immer öfter die Frage
nach dem tatsächlichen Erfordernis dieser Maßnahmen auf. Dabei schwingt auch die Rolle der niederländischen Häfen wie Rotterdam oder Antwerpen als Konkurrenten mit. Dies haben Sie auch auf der Reise in die Niederlande erfahren. Daher ist der Antrag des SSW mit seiner Aufforderung zur verbesserten Kooperation der norddeutschen Nordseehäfen im Grunde begrüßenswert. Er verkennt aber die Tatsache, dass es bei der unzweifelhaft auch bei norddeutschen Häfen vorhandenen Konkurrenz im Frachtaufkommen keine selbstlose interne Kooperation geben kann. Im Übrigen kann ich mir auch nur sehr schwer eine Kooperation zwischen den Elbehäfen in Schleswig-Holstein und zum Beispiel in Bremerhaven oder Hamburg auf gleicher Augenhöhe vorstellen. Ich habe gewisse Schwierigkeiten, mir vorzustellen, inwieweit der Hafen in Friedrichskoog mit dem Hafen in Bremerhaven kooperieren soll. Vielleicht können Sie mir das erklären. Man kann sich alles vorstellen. Wir haben aber gewisse Schwierigkeiten bei dem Transport von Containern nach Friedrichskoog.
Für mich ist vielmehr die Frage entscheidend, wie Politik und Staat für die norddeutschen und vor allem für die schleswig-holsteinischen Häfen die Weichen auf Wachstum stellen können. Die Rahmenbedingungen für ein Wachstum im Seefrachtverkehr sind günstig, wie die vor einigen Tagen von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee vorgelegten Ergebnisse der Seeverkehrsprognose für das Jahr 2025 zeigen. Diese Prognose kommt zu dem Ergebnis, dass sich sowohl die deutschen Seehäfen als auch die Rheinmündungshäfen weiterhin sehr dynamisch entwickeln werden. Der Umschlag wird sich in den betrachteten Häfen von 793 Millionen t im Jahr 2004 auf ungefähr 1,6 Millionen t im Jahr 2025 mehr als verdoppeln. Besonders stark wird dabei der Umschlag in den deutschen Seehäfen wachsen; von circa 294 Millionen t im Jahr 2004 auf 759 Millionen t im Jahr 2025. Der Umschlag von Standardcontainern wird sich in den deutschen Seehäfen im selben Zeitraum von 10,8 Millionen t auf 45,3 Millionen t mehr als vervierfachen.