Protocol of the Session on February 21, 2007

Was wir nicht brauchen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, sind kleinteilige, landesspezifische Berichte und Maßnahmen. Wir brauchen allerdings auch keine erneuten Versuche, die Atomkraft wieder hoffähig zu machen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Die im Klimaschutzantrag der Grünen formulierten Sach- und Berichtsanträge verstellen in ihrer Kleinteiligkeit den Blick auf das nur national und international zu lösende Problem des Klimawandels. Da die Zielrichtung aber stimmt, bitte ich um Überweisung beider Anträge in den Ausschuss, um gemeinsam zu beraten, wie diese Ziele erreicht werden können.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Konrad Nabel. - Für die FDP-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Günther Hildebrand das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Moleküle können zwar explosive Verbindungen eingehen, doch politische Reaktionen rufen sie normalerweise nicht hervor, mit einer Ausnahme: Kohlendioxid.

CO2 ist geradezu ein „politisches“ Molekül; denn es birgt jede Menge politischen Zündstoff in sich, und das, obwohl sich in der Zielsetzung eigentlich alle einig sind. Die aktuelle Debatte um die Kfz-Steuer belegt das eindrucksvoll.

Um den Kohlendioxidausschuss zu verringern, will Bundesminister Tiefensee künftig mittels einer völlig neuen ökologischen Differenzierung die KfzSteuer neu ausrichten. Restliche Schadstoffe sollen hineingerechnet und Freibeträge für saubere Autos herausgerechnet werden. Allerdings bleibt es dabei, dass die Kohlendioxidemission weiterhin die we

(Konrad Nabel)

sentliche Komponente der Steuerberechnung sein soll.

Das klingt wahrlich differenziert und vielleicht könnte es sich auch positiv auf die CO2-Bilanz auswirken. Nur, leider wird in Berlin - und auch bei den Grünen hier in Kiel - übersehen, dass eine solche Differenzierung viel Geld kostet, eine enorme Finanzverwaltung erfordert und - auch das muss Erwähnung finden - erhebliche soziale Probleme nach sich ziehen kann.

(Beifall bei der FDP)

Denn nicht alle Menschen, insbesondere nicht jene mit geringerem und geringem Einkommen, werden sich auf die Schnelle die neuen Autos kaufen können, die Minister Tiefensee dieser ökologischen Reform der Kfz-Steuer zugrunde legt.

Dabei ist die Lösung viel einfacher. Seit Jahren fordert die FDP, die Kfz-Steuer gänzlich abzuschaffen und aufkommensneutral auf die Mineralölsteuer umzulegen. Mein Kollege Dr. Heiner Garg hat das erst gestern wieder erklärt: Nur fahrende Autos produzieren Abgase. Was liegt also näher, als demjenigen mehr Geld abzuverlangen, der viel fährt, und demjenigen wenig, der wenig fährt?

(Beifall bei der FDP)

Das ist eine ganz einfache, plausible Regel: Hoher Spritverbrauch gleich viel Mineralölsteuer, geringer Spritverbrauch gleich wenig Mineralölsteuer. Das versteht jeder, belohnt den umweltfreundlichen Verbraucher sofort, spart Verwaltung und der Staat muss noch nicht einmal einen Pfennig, sprich: Cent, dazubezahlen.

Ein anderer Vorschlag könnte folgendermaßen lauten: Für jedes neu zugelassenes Fahrzeug muss ein Baum gepflanzt werden. Auch eine solche Aktion würde letztlich dazu beitragen, die CO2-Belastung wesentlich zu reduzieren, und wir hätten gleichzeitig entsprechende Mittel für Aufforstung zur Hand.

Nun kann allerdings nicht jeder, der zur CO2-Reduzierung beitragen möchte, seinen Wagen einfach stehen lassen und den Weg zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen. Es gibt dienstliche Termine, es gibt Strecken, da ist das Autofahren unerlässlich. Und selbstverständlich wirkt es sich positiv auf die Umwelt aus, wenn dafür Fahrzeuge benutzt werden, die nur geringe CO2-Emissionen verursachen.

Insofern liegen die Grünen mit ihrem Antrag, den Fuhrpark der Landesregierung auf Fahrzeuge mit reduzierten CO2-Emissionen umzustellen, gar nicht so falsch. Genauer gesagt: Sie liegen damit genau

im Trend. Denn nach einer Umfrage des Emnid-Instituts im Auftrag des „Greenpeace-Magazins“ wollen immerhin 86 % der Deutschen, dass sich Deutschland nicht nur zu Kohlendioxid-Reduktionszielen verpflichtet, 56 % wollen auch, dass Autos mit hohem Verbrauch mehr Steuern kosten und infolgedessen mehr Autos mit niedrigem Verbrauch zum Einsatz kommen sollen.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Allerdings zeigten sich die Befragten bei den persönlichen Konsequenzen deutlich zurückhaltender. So sind es beispielsweise nur noch 17 %, die sich vorstellen könnten, auf ein Auto zu verzichten. Die Bevölkerung sieht vornehmlich die Politik, kaum aber sich selbst in der Verantwortung.

Möglicherweise erklärt das auch, warum die Grünen ihren Antrag erst jetzt und nicht bereits während ihrer Regierungsbeteiligung eingebracht haben. Auch in Berlin datiert die Forderung der Grünen, die „Dienstwagenflotte abzurüsten“, wie es Frau Höhn militant ausdrückt, erst vom 15. Februar dieses Jahres. - Sankt Florian lässt grüßen.

Meine Damen und Herren, Klimaschutz ist derzeit Gesprächsthema Nummer eins. Insbesondere bei einem Winter, der keiner ist und bei dem jeder meint, die globale Erwärmung geradezu spüren zu können, beherrscht der Klimawandel die Schlagzeilen. Was Wissenschaftler schon lange vorhergesagt haben, erkennen inzwischen parteiübergreifend auch Politiker und Unternehmen als konkretes Problem.

(Konrad Nabel [SPD]: Auch die FDP!)

- Ja, natürlich auch die FDP. Wir haben das allerdings schon etwas länger erkannt, Herr Kollege Nabel.

(Konrad Nabel [SPD]: Na ja!)

Auch in diesem Haus sind wir uns darüber einig, dass wir uns, bei allen Erfolgen, die Deutschland bei der Reduzierung der Emissionen bereits verzeichnen kann, noch gewaltig anstrengen müssen, um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Für Schleswig-Holstein, besser: im norddeutschen Verbund, brauchen wir deshalb auch weitere regionale Handlungsmaßnahmen, die uns helfen, die durch die Eingriffe des Menschen in das Klima geschaffenen Folgen zumindest abzumildern. In der Diskussion um den Klimarat vor drei Monaten habe ich bereits deutliche Ausführungen hierzu gemacht.

Wir können deshalb auch einen sachlichen Bericht zum Klimaschutz gebrauchen, der die Reduktions

(Günther Hildebrand)

ziele für Schleswig-Holstein und die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Ziele auflistet. Was wir allerdings nicht brauchen können, ist eine klischeehafte Klimaschutzpolitik, die an einer einmal für gut befundenen Einteilung in „gute“ und „schlechte“ Energieträger festhält,

(Beifall bei der FDP)

auch an „guten“ und „schlechten“ Fortbewegungsmitteln stur festhält und die sich jeglicher Kritik bereits durch Verwendung von Formeln wie „Nachhaltigkeit“ oder „natürlich“ entziehen will. Angesichts des Antrages der Grünen habe ich insoweit gewisse Zweifel.

Wenn wir uns wirklich sachlich über die Frage des Klimaschutzes unterhalten wollen, wenn es uns wirklich ernst ist mit konkreten Beiträgen zum Klimaschutz, dann müssen wir bereit sein, offen an die Fragestellung heranzugehen, ohne Tabu. Wir haben das am Beispiel der Kernenergie bereits erörtert. Wer nach Klimaschutz fragt, muss auch bereit sein, das Thema Kernenergie zu erörtern, und darf es nicht von vornherein ausklammern. Wer regenerative Energieträger will, muss sich auch die Frage nach deren Entwicklungsstand und Nutzungsmöglichkeiten gefallen lassen.

Ich bin zuversichtlich, dass das der Bericht der Landesregierung trotz der Fragen der Grünen leisten kann.

Was die aktuelle Unterstützung diverser Initiativen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene angeht, werden wir sicherlich im Ausschuss noch die nötigen Beratungen durchführen. Teilweise scheinen die Grünen hier allerdings bereits Lösungen auf Fragen gefunden zu haben, zu deren Beantwortung sie die Landesregierung mit dem Bericht erst auffordern. Da stellt sich die Frage, wozu die Grünen überhaupt noch einen Bericht benötigen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Sicherlich dürfen wir beim Thema Klimaschutz nicht noch mehr Zeit verlieren. Wir sollten sie deshalb auch nicht länger mit dem Bedienen von Klischees und Vorurteilen verplempern.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist gut! Wunderbar!)

Die „Welt“ meinte erst kürzlich feststellen zu können, dass aktuell eher ein „ängstlicher Öko-Konservatismus das Lebensgefühl der Mehrheit“ der Deutschen repräsentiere. Schwarz-Grün mag das

freuen. Wir möchten die ohne Frage kritische Situation lieber als Gelegenheit für Fortschritte verstehen, um den Ausstoß von Treibhausgasen erfolgreich zu reduzieren. Deutschland hat bereits eine Führungsposition in erneuerbaren Energien und Umwelttechnik. Diese Position gilt es zu halten und auszubauen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Große Koalition, wache auf!)

Von daher habe ich mich gefreut zu lesen, dass die „Welt“ auch ihrer Hoffnung Ausdruck gegeben hat, dass es noch ein, zwei fortschrittliche Parteien gebe, die über den Rand der Biotonne hinausblicken. Wir gehören dazu.

(Beifall bei der FDP - Heiterkeit)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Hildebrand. Für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Antrag zur CO2-Einsparung in der Landesverwaltung greifen die Grünen das Thema auf, dass das Land eine Vorreiterrolle in Sachen klimaschonender und energiesparender Umgang einnehmen muss. Wir können den Menschen im Land nicht erklären, warum sie sich klima- und umweltschonend verhalten sollen, wenn wir es ihnen nicht vorleben. Daher können wir dem Antrag in allen drei aufgeführten Punkten zustimmen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der erste Punkt des Antrages erinnert stark an die Äußerung der Fraktionsvorsitzenden Renate Künast, die empfohlen hatte, Autos mit Hybridtechnologie des japanischen Herstellers Toyota zu kaufen. Das hat natürlich zu heftigen Gegenreaktionen aus Politikerkreisen geführt, die sofort die deutsche Automobilindustrie diskreditiert sahen und gleich vor weiteren Arbeitslosen warnten.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wer will schon Reisschüsseln fahren?)

- Da gebe ich dir recht, Heiner.

Die Grünen hier im Landtag haben sich bei ihrer Forderung glücklicherweise geschickter angestellt als ihre Parteikollegin, denn die Forderung nach Hybridfahrzeugen ist automarkenunabhängig.