Wir brauchen weder Atomenergie noch Kohlekraftwerke. Wind, Sonne, Wasserkraft, Geothermie und Biomasse haben genügend Energie, um tausend Europas zu versorgen.
Es geht auch nicht mehr um die Frage: Können wir uns das leisten? - Sir Nicholas Stern, Ex-Chefökonom der Weltbank, hat der englischen Regierung vorgerechnet, dass ein energisches Umsteuern nicht nur notwendig, sondern auch bezahlbar und sogar rentabel ist.
Es geht nur noch um eine Frage: Wie schaffen wir es, gegen die Beharrungskräfte der größten Konzerne dieser Welt, gegen die Energiekonzerne, die Autokonzerne und die Mineralölkonzerne, in den Parlamenten Mehrheiten für eine engagierte Klimaschutzpolitik zu organisieren?
Wir stellen heute einen Antrag, der die Landesregierung auffordert, ein umfassendes Konzept für die Klimapolitik zu erarbeiten. Die Landesregierung wird heute mit Sicherheit verkünden: Das machen wir doch schon längst. Ich kenne ja Herrn von Boetticher.
- Nein, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, Sie reden davon. Auch das ist schon ein Fortschritt. Sie tun aber das Gegenteil. Der Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer hat den Begriff Greenwashing geprägt. Auf Deutsch würde man sagen: grüne Tünche.
Was passiert tatsächlich? - Die Landesregierung ist dabei, gigantische Investitionen in den Bau von Kohlekraftwerken voranzutreiben. Wenn das realisiert wird, kann man die Klimabilanz dieses Landes für die kommenden Jahrzehnte vergessen. Und dann kommt Minister Austermann mit der grünen Tünche und redet von Clean coal Technology, der sogenannten CO2-Sequestrierung. Herr Minister, Sie wissen sehr wohl, dass diese Technologie in relevanter Größenordnung in den kommenden 30 Jahren gar nicht zur Verfügung steht. Herr Austermann, ich nehme Sie trotzdem ernst. Ich fordere Sie auf: Unterstützen Sie kein Kohlekraftwerk, für das keine vollständige CO2-Sequestrierung sichergestellt ist!
Schleswig-Holstein ist in der Technologie von Windkraftanlagen führend. Der Energiekonzern E.ON blockiert aber den Bau von Stromleitungen
für die Abnahme von Windstrom. Beträchtliche Teile des hier produzierten Stroms werden nicht mehr abgenommen, obwohl der Konzern E.ON gesetzlich dazu verpflichtet ist. Die Betreiber des Repowering-Projekts in Fehmarn waren sogar gezwungen, selbst eine Stromtrasse zu finanzieren. Was tut Minister Austermann? Fordert er E.ON auf, seinen Pflichten nachzukommen? - Nein! Stattdessen lobt er bei der Einweihung des Windparks in Fehmarn die Selbsthilfe der Betreiber und preist dies als ein Zukunftsbeispiel. Herr Austermann, die gesamte Branche fühlt sich von Ihnen verraten. Kümmern Sie sich endlich darum, dass E.ON seine Pflicht tut!
Sie preisen dann die Atomkraft als Lösung. Dabei stammen weltweit nur 3,3% der genutzten Energie aus Atomkraftwerken. Wenn man diesen Anteil auch nur halten wollte, müssten fast tausend neue Reaktoren gebaut werden. Es ist aber nicht einmal ein Dutzend im Bau. Es ist ein absurdes Szenario, das Sie hier aufbauen, mit dem Sie den Menschen nur Sand in die Augen streuen. Das hat nichts mit der Lösung der Probleme zu tun.
Auf keinem Sektor wachsen die CO2-Emissionen so schnell wir im Bereich des Verkehrs. Von 1999 bis 2005 ist es in Schleswig-Holstein allerdings erstmals gelungen, dass der Pkw-Verkehr abnahm und der Personenverkehr mit der Bahn um fast 30 % wuchs. Nun behauptet ausgerechnet der neue Umweltminister dieses Landes wider besseres Wissen - ich zitiere -: Ein Großteil der CO2-Belastung kommt aus Staus. - Wir staunen. Jeder Experte kann Ihnen sagen, dass das Unsinn ist. Es gilt sogar das Gegenteil: Ohne Staus würden mehr Pendler mit dem Pkw statt mit der Bahn fahren und noch mehr CO2 ausstoßen.
Herr Austermann, hören Sie endlich auf, auf unsinnige Projekte zu setzen! Bauen Sie endlich die Schienenumgehung im Osten von Hamburg, die wir in den Bundesverkehrswegeplan eingestellt haben, damit die Skandinavienverkehre endlich auf der Bahn um Hamburg herum nach Süden rollen können! Machen Sie mit der Verkehrswende Ernst!
Am Anfang dieser Woche unterzeichnete diese Regierung, Herr Carstensen, eine gemeinsame Erklärung mit der Nordelbischen Kirche - immerhin haben wir jetzt ja eine christliche Partei in der Re
gierung - über Klimaschutz und Entwicklungszusammenarbeit. Toll! Aber gleichzeitig haben Sie im Haushalt 2007/2008 die Mittel für diesen Politikbereich auf ein Viertel zusammengestrichen. Von über 500.000 € sind noch 110.000 € übrig geblieben. Herr Ministerpräsident, auch das ist grüne Tünche, Symbolpolitik, die Sie mit Ihrem eigenen Handeln konterkarieren.
Nehmen wir als weiteres Beispiel die Diskussion über das Geschwindigkeitslimit, das nach Auskunft von Experten erhebliche Einsparungen bringt, weil gerade die Energie fressenden Beschleunigungsvorgänge entfallen. Auch hier erleben wir wieder einmal die gewohnte Kakophonie dieser Landesregierung. Der Ministerpräsident schreit „Hüh“, Herr Austermann sagt „Brrr“ und der Umweltminister ruft letzte Woche wieder einmal „A 20“. So wird Schleswig-Holstein nicht Vorreiter im Klimaschutz.
Und was den Küstenschutz angeht, das gleiche Spiel: Im Siebenjahresprogramm des Umweltministers werden die Mittel reduziert, man will sich in Zukunft - so sagt er - auf das Wichtige konzentrieren und nicht ständig Sand umschichten. Kommt dann der erste Sturm, rast der Ministerpräsident an die Westküste und verspricht zweistellige Millionenbeträge - ungedeckt - aus dem Haushalt für sein geliebtes Sylt. Und was ist mit Schönberg und was ist mit Amrum? Das Ganze ist kein Konzept, das ist Spontaneismus, was Sie hier treiben.
- Ja, ich war da. Wenn Sie dort hinrennen und Millionen für Sand versprechen, lösen Sie damit kein Problem, Herr Ministerpräsident.
Deutschland soll bis 2020 40 % und bis 2050 80 % der CO2-Emissionen gegenüber 1990 einsparen. Wir werden dazu Milliarden investieren. Ich finde aber, diese Investitionen sollten so geschehen, dass Schleswig-Holstein optimal auf die Zukunft 2050 vorbereitet ist. Wir sollten darauf achten, dass unsere Wirtschaft daran einen vernünftigen Anteil hat; wir sollten darauf achten, dass nicht Investitionen finanziert werden, die sich in ein oder zwei Jahrzehnten bereits als Fehlinvestitionen herausstellen.
Aber diese Regierung hat keinen Plan, leugnet die Realitäten und investiert ständig in die Vergangenheit.
Deshalb fordern wir Sie auf, endlich ein Konzept zu erstellen, das eine koordinierte Querschnittspolitik für den Klimaschutz formuliert. Wir haben das schon vor drei Monaten getan, bevor diese aktuelle Debatte stattfand, da haben Sie das abgelehnt. Ich bin gespannt, wie Sie sich heute verhalten werden.
Dabei können Sie gut an die Planungen der Vorgängerregierung anknüpfen. Wir brauchen Konzepte im Verkehr, in der Energiepolitik, in der Wohnungsbaupolitik, in der Forschungs- und Technologieförderung, in der Agrarpolitik, in der Forstpolitik, in der Umweltpolitik, in der Fischereipolitik, in der Gesundheitspolitik und bei der Umweltbildung. Viele politische Bereiche sind von dieser Frage betroffen.
Michael Gorbatschow sagte, Herr Ministerpräsident: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Hören Sie auf, grün zu tünchen, beginnen Sie endlich, grün zu handeln! Die Zeit läuft, Herr Carstensen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Hentschel. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Axel Bernstein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei dieser Debatte ist es wahrscheinlich müßig, darüber zu streiten, ob - auch mit dem Blick raus aus dem Plenarsaal - der Klimawandel nun da ist oder ob er noch nicht da ist und ob der milde Winter nun dem CO2-Ausstoß geschuldet ist oder nicht. Klar und unumstritten ist: Der CO2-Ausstoß wird zu einer Erwärmung des Erdklimas mit schwer absehbaren Folgen führen, wenn es uns nicht gelingt, ihn nachhaltig zu reduzieren.
Für die CDU ist es ein zentrales Anliegen, einer von Menschen verursachten Klimaveränderung entgegenzuwirken. Dabei geht es um die Bewahrung von Natur und Kulturlandschaft, um den Erhalt von Arten, um den Küstenschutz, es geht aber auch um den Erhalt der gesellschaftlichen und politischen Stabilität in Deutschland, Europa und darüber hinaus.
Und so wie die Auswirkungen eines Klimawandels an den Grenzen nicht haltmachen werden, können auch die Ursachen nur dann wirkungsvoll bekämpft
werden, wenn möglichst viele Staaten und Menschen daran mitwirken. Die CDU-Fraktion begrüßt deshalb, dass die Bundeskanzlerin das Thema Klimaschutz ganz oben auf die europäische Agenda gesetzt hat. Damit leisten wir einen Beitrag, diese Erkenntnis und das Wissen um die Möglichkeiten zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes weltweit zu verbreiten.
Die Lage erfordert es aber auch, dass wir als Teil einer der reichsten und technisch best entwickeltsten Volkswirtschaften der Welt Wege aufzeigen, wie Wohlstand, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Klimaschutz miteinander zu vereinbaren sind. Denn wenn wir anerkennen, dass der heutige CO2-Ausstoß in der sogenannten ersten Welt zu hoch ist, dürfen wir dabei nicht aus den Augen verlieren, dass genau diese Lebensweise das Ziel und das Vorbild von Milliarden von Menschen ist. Das können wir ihnen weder verübeln noch können wir ihnen das Recht auf diese Entwicklung absprechen. Deshalb müssen vielmehr wir den Weg aufzeigen, wie Entwicklung und Klimaschutz zusammengehen. Andere Wege werden keine Akzeptanz finden.
Am Beispiel des Energieverbrauchs wird das besonders deutlich. Mit erheblichen Investitionen kann es uns auf hohem Niveau gelingen, beachtliche Energieeinsparungen zu erzielen. Das kann auch ein wichtiger Beitrag sein. Aber genau das kann nicht die Antwort sein, mit der Schwellenländer oder Entwicklungsländer leben können.
Wir müssen unser wirtschaftliches, wissenschaftliches und technisches Potential verstärkt einsetzen, um neue und effizientere Wege einer klimafreundlicheren Energieversorgung aufzuzeigen.
Im Bereich der regenerativen Energien haben wir dazu bereits wichtige Schritte gemacht. Wir dürfen aber nicht allein mit unseren Maßstäben auf Energiepreise blicken und davon ausgehen, dass regenerative Energien ohnehin mit der Verknappung fossiler Brennstoffe konkurrenzfähiger werden. Vielmehr müssen wir davon ausgehen, dass in weiten Teilen der Welt auf absehbare Zeit die Entscheidung nicht für die klimafreundlichste Energieversorgung, sondern - oft ganz notgedrungen - für die kostengünstigere Energieversorgung getroffen werden wird. Deshalb ist es in unserem ureigensten Interesse, wenn wir daran arbeiten, dass klimafreundliche Energieträger mit hoher Leistungsfähigkeit kostengünstiger werden, und zwar nicht im Vergleich eines regulären Marktes, sondern absolut. Dazu kann und soll Schleswig-Holstein seinen Bei
Noch im Dezember haben die Grünen einen „Rat für Klimafragen“ beantragt. Jetzt, acht Wochen später, liegen uns zwei neue Anträge vor: „Klimaschutz in Schleswig-Holstein“ und „CO2-Einsparung in der Landesverwaltung“. Der Klimaschutzantrag ist neben der Vorbemerkung in weiten Teilen ein sechsseitiger Berichtsantrag. Nach den Ausführungen von Herrn Hentschel zu den Wunschvorstellungen grünerseits wäre es vielleicht an der Zeit, zu den Tatsachen zu kommen.
Denn es ist schon bemerkenswert, mit welcher Beharrlichkeit am ideologisch motivierten Ausstieg aus der Kernenergie festgehalten wird, wissend, dass gerade sie derzeit einen gravierenden Beitrag zum Klimaschutz leistet.