Protocol of the Session on May 27, 2005

(Zuruf von der SPD: Oder weniger!)

- Ich kenne das von euch. Das wird nicht billiger. Das war in den letzten Jahren nicht so und das wird auch in der Zukunft nicht so sein.

Gleiches gilt für die Äußerung des Wirtschaftsministers im Ausschuss zum Charterverkehr. Er ließ im Wirtschaftsausschuss durchblicken, dass mit einem Ausbau des Flughafens auch Charterverkehr nach Kiel kommen darf. Er hat zwar gesagt, er glaube nicht, dass er kommen werde. Aber zum ersten Mal sagt eine Regierung, dass sie Charterverkehr zulassen würde. Wir alle wissen, dass sich ein Flughafen nur lohnt, wenn man Geschäftsreiseverkehr und Charterverkehr zulässt. Dies sind Tatsachen, denen wir von vornherein ins Auge sehen müssen. Für diese Erkenntnis muss man nicht Kaffeesatz lesen oder noch weitere Gutachten abwarten; dies kann man sich an fünf Fingern abzählen. Wenn sich der Flughafen nach einem Ausbau wirtschaftlich rentieren soll, dann lässt sich das nur mit Charterverkehr machen. Das will die Landesregierung nun zulassen.

Da stellt sich natürlich die Frage - das ist das, was ich vom Kollegen Schröder gern gehört hätte -: Was sagen die Sozialdemokraten dazu? - Denn Sie haben doch immer gesagt, dass Charterverkehr ausgeschlossen sein soll. Damit sind Sie durch die Lande gezogen. Jetzt sagt Ihr Regierungspartner: Nein, wir wollen einmal gucken. Vielleicht machen wir es doch. - Von Ihnen gibt es keinerlei Äußerung dazu. Die Leute erwarten von Ihnen, dass Sie sich auch dazu äußern.

(Beifall beim SSW)

Die Situation des Flughafens Kiel-Holtenau spiegelt sich deutlich in der Entwicklung der Fluggastzahlen wider. Die Zahl der Fluggäste ist seit 2002 extrem rückläufig. In Zahlen ausgedrückt, handelt es sich um einen Rückgang von 129.000 auf knapp 53.000 Passagiere. Dies ist vor allem - dies betone ich erneut - auf den wenig attraktiven Standort zurückzuführen. Damit meine ich nicht die Stadt Kiel. Kiel ist schön. Kiel ist Klasse und auch offen für Wirtschaft. Aber der Standort Kiel-Holtenau für einen überregionalen Flughafen ist der bescheuertste Standort, den man sich denken kann. Es gibt in unserem schönen Land viele andere Standorte, an denen man mehr mit Flugverkehr machen kann. Es gibt einen Standort in Hamburg, der noch besser dafür geeignet ist. Auf diese Standorte sollte man entsprechend zurückgreifen.

Schleswig-Holstein kann es sich nicht leisten, mindestens 50 Millionen € in den Flughafenausbau zu

versenken und dann zu hoffen, dass die Zahlen der Bedarfsprognose irgendwann aufgehen, was sie ja doch nicht tun werden. Der SSW hat schon früh darauf hingewiesen, dass das vorgesehene Geld besser für realistische und zukunftsfähige Projekte ausgegeben werden sollte.

Auch in Anbetracht der katastrophalen Haushaltslage können wir uns solche finanziellen Hasardspiele nicht leisten. Vielmehr müssen wir unser Geld zielgerecht da einsetzen, wo es den meisten Nutzen für unser gesamtes Land bringt. Die Kieler Flughafengesellschaft leidet bereits jetzt unter erheblichen Einnahmeverlusten, die das Land ausbügeln muss. So sind hierfür derzeit 733.000 € im Haushalt veranschlagt. Angesichts der sinkenden Fluggastzahlen geht die Landesregierung davon aus, dass für die Jahre 2005 und 2006 ein erhöhter Defizitausgleich zu zahlen ist; Quelle: Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage.

Daher müssen wir uns überlegen, ob es zukünftig überhaupt noch Sinn macht, als Land weiterhin Anteilseigner an der Kieler Flughafengesellschaft zu sein - in Lübeck sind wir es ja auch nicht -, zumal der Landesrechnungshof dies schon mehrmals kritisiert hat und der damaligen Landesregierung ins Buch geschrieben hat, dass es nicht Aufgabe des Landes sei, Flughäfen zu betreiben. Hier werden regelmäßig Hunderttausende von Euros versenkt.

Über eines sind wir uns natürlich im Klaren: Wir brauchen eine Alternative zum Flughafenausbau. Wir brauchen eine vernünftige Verkehrsanbindung für Kiel.

Denken Sie an Ihre Redezeit, Herr Harms.

Daher begrüßen wir den dritten Punkt des Antrages der Grünen, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, eine Machbarkeitsstudie für den Metroexpress von Kiel nach Hamburg-Hauptbahnhof über Airport Hamburg zu erstellen. Das ist keine neue Idee. Aber sie wurde bisher nie als echte Alternative geprüft. Auch die Erarbeitung eines gemeinsamen Flugverkehrskonzeptes mit Hamburg sollte die Landesregierung jetzt dazu nutzen, solche Alternativen wie den Metroexpress zu überprüfen, weil sowohl der Flugverkehr als auch der überregionale Schienenverkehr durchaus zusammenhängen. Zum Wohle des Landes sollten wir diese beiden Verkehrsarten - natürlich unter Einschluss des Straßenverkehrs - miteinander abstimmen. Das ist immer noch das Sinnvollste. Dann sollten wir gucken, wo der meiste Nut

(Lars Harms)

zen entsteht. Der entsteht nicht durch den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Harms. - Für die Landesregierung erteile ich Herrn Wirtschaftsminister Dietrich Austermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Gestatten Sie mir zu Beginn, weil es für mich die erste Gelegenheit ist, hier zu sprechen, allen Parteien eine gute Zusammenarbeit im Interesse des Landes anzubieten. Ich würde mich freuen, wenn es uns gelänge, gemeinsam eine Fülle von Projekten durchzuziehen und erfolgreich die wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen.

(Beifall)

Als bisher Außenstehender habe ich mich gefragt: Was tut sich hier eigentlich? Ist das genau das, von dem du immer gesagt hast, dass es in SchleswigHolstein eigentlich anders laufen müsste? - Man hat sich vor langer Zeit das Projekt „Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau“ ausgedacht. Man hat dafür Mittel eingeworben. Man hat einen Plan - einschließlich der Verlegung einer Bundesstraße - entwickelt. Der Bund hat dafür 10,5 Millionen bereitgestellt; übrigens in DMark, was zeigt, wie lange die Planung inzwischen läuft. Man ist in die erste Planungsphase und dann in die zweite Planungsphase eingestiegen. Dann ist die Zuständigkeit klar erkennbar gewesen. Diese Landesregierung entscheidet nicht über den Einstieg in die Planungsphase II, sondern Projektträger ist die Stadt Kiel.

Deswegen richtet sich die erste Frage an den, der die Entscheidungen trifft, nämlich an die Stadt Kiel. Es ist also die Frage, was die Stadt Kiel eigentlich macht. Ich gehe einmal davon aus, dass die Antragsteller mit der Koalition in Kiel doch in erheblichen Maße an dem beteiligt sind, was die Stadt Kiel macht.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wie kann man auf der einen Seite sagen: „Wir wollen von hier aus etwas verhindern“, wenn man auf der anderen Seite als Partner Zusagen gegeben hat, die man nachher nicht einhalten will? Das halte ich zumindest für merkwürdig.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und des Abge- ordneten Lars Harms [SSW])

Jetzt ist die Frage: Was könnte die Entwicklung sein? Eine Entwicklungsmöglichkeit ist, dass demnächst Moos auf der Landebahn wächst. Das mag die Grünen freuen. Die andere Entwicklung ist, dass wir den Flughafen ausbauen und damit die Gewähr haben, dass wir neben der gerade geretteten eine kleine bescheidene Linie von Kiel nach Frankfurt vielleicht eine zweite von Kiel nach München bekommen, dass wir also eine bescheidene Entwicklung für diesen Flughafen haben.

Ich kenne eine Fülle von Forderungen, dass die Landeshauptstadt unbedingt mit dem ICE erreichbar sein muss. Also, eine Landeshauptstadt ohne ICE geht nicht. Eine Landeshauptstadt ohne XY geht nicht. Eine Landeshauptstadt ohne Landebahn - wie Sie es nennen; ich nenne es Flughafen - geht nicht. Ich bin genau dieser Meinung. Es gibt übrigens keinen einzigen kleinen Flughafen in Deutschland, der ohne Defizite arbeitet. Die Frage ist, ob man sich das leisten soll. Ich bin der Meinung, ja. Ich bin der Meinung, wir brauchen auch die Anbindung hier in Kiel.

(Beifall bei CDU und SPD)

Was haben wir bisher gemacht? Wir haben bisher sichergestellt, dass Cimber Air ein halbes Jahr weiterfliegt. Wenn Cimber Air aufhört, dann gibt es keine Fluglinie mehr nach Kiel. Dann wird nur noch der eine oder andere Rettungsflieger hier sein, ein bisschen Bundeswehr und das war es dann. Das bedeutet: der Letzte macht das Licht aus.

Wir haben die Planungsphase II in einer Weise eingeleitet, durch die nichts verschüttet wird. Wir wollen parallel das Flughafenkonzept Hamburg/SchleswigHolstein zusammen, wenn es geht, bis zum 30. September, entwickeln. Wir werden in der Planungsphase II bis dahin nicht allzu viel Geld ausgegeben haben. Dann kann man immer noch sagen, ob man es will oder ob man es überhaupt nicht will. Ich bin mehr dafür, dass man es will.

Ich habe dem Verteidigungsminister einen Brief geschrieben, in dem ich die Erwartung zum Ausdruck gebracht habe, dass er, wenn er denn meint, der Flugbetrieb in Kiel schränke die Übungsmöglichkeiten der Bundeswehr ein - mich hat es ein bisschen überrascht, dass sich gerade die Grünen um die Übungsmöglichkeiten der Bundeswehr sorgen -,

(Beifall bei CDU und SPD)

- sich dazu äußert, was er uns in die Kasse tun will, wenn der Übungsbetrieb der Bundeswehr den Flugbetrieb in Kiel einschränken dürfte. Es geht nicht, dass

(Minister Dietrich Austermann)

man auf der einen Seite einen Standort nach dem anderen schließt, sich ohne Konversionsmittel vom Acker macht und auf der anderen Seite sagt: Aber wirtschaftliche Betätigung erlauben wir euch auch nicht. - Deswegen wollen wir das Ganze ändern.

(Beifall bei CDU und SDP)

Ich habe mit dem Hamburger Senator gesprochen. Hamburg ist bereit, den Flugbetrieb hier mit zu organisieren. Man kann hier einchecken. Man kann aber möglicherweise auch kleineren Verkehr von Hamburg nach Kiel verlagern. Das halte ich für eine sinnvolle und notwendige Maßnahme. Wir müssen die Dinge mit Hamburg gemeinsam tun.

Die Alternative ist also: vernünftige Entwicklung weiterführen oder der Letzte macht das Licht aus. - Ich bitte Sie um Verständnis dafür, wenn ich dafür eintrete, dass wir in der Kontinuität der bisherigen Entscheidungen gemeinsam etwas für den Flughafen Kiel tun. Übrigens wird in den Koalitionsvereinbarungen, die Gott sei Dank nicht zum Tragen gekommen sind, zur Planungsphase II - außer vielleicht in Randbemerkungen - ausdrücklich nichts gesagt. Aber immerhin waren Sie an einer Regierung beteiligt, die 2003 noch Ja zum Ausbau gesagt hat.

Eines scheint mir ganz wichtig zu sein. Wenn wir dieses Land voranbringen wollen - dafür steht diese Landesregierung -, dürfen wir bei Entscheidungen, die einmal getroffen worden sind, nicht ständig hü und hott sagen. Wir arbeiten in vielen Fällen in Fortsetzung von Entscheidungen, die die Vorgänger eingeleitet haben. Das wird uns zum Teil zum Vorwurf gemacht. Ich halte solche Vorwürfe für falsch. Wir werden auf der Basis vieler Entscheidungen von früher arbeiten. Wir werden auch neue Entscheidungen treffen. Wir sind sehr dafür, dass Entscheidungen, die getroffen worden sind, auch umgesetzt werden. Wir wollen eine wirtschaftlich günstige Entwicklung des Landes und keinen Stillstand.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Wirtschaftsminister herzlich für seinen ersten Wortbeitrag. - Es liegen Wortmeldungen für Beiträge nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor. Zunächst erteile ich dem Herrn Abgeordneten Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind nicht grundsätzlich gegen Flughäfen, aber wir stellen fest - was ich jetzt feststelle, kann

man überall in Luftfahrtanalysen, zum Beispiel auch die der Lufthansa, nachlesen -, dass wir in Deutschland acht große Flughäfen haben, die langfristig überleben werden und dass die Regionalflughäfen praktisch keine Chance haben. In Schleswig-Holstein ist es so, dass 97 % aller schleswig-holsteinischen Fluggäste den Flughafen Hamburg benutzen. Das heißt, Hamburg ist unser Flughafen. Ein Weg von anderthalb Stunden zum Flughafen ist in ganz Deutschland normal. Dies gilt als günstige Anbindung. Im Süden von München braucht man auch anderthalb Stunden, um zum Flughafen im Norden von München zu kommen. Nur 1 % der schleswig-holsteinischen Fluggäste benutzen noch den Flughafen Kiel. Es gibt nur noch eine einzige Linie dorthin, und zwar nicht deswegen, weil nicht weiter ausgebaut worden ist. Vielmehr ist in den letzten Jahren eine Linie nach der anderen geschlossen worden, weil die Linien unrentabel waren, da die Leute lieber von Hamburg abfliegen und dorthin bessere Verbindungen haben. Das hat nichts mit Gegnerschaft oder Ähnlichem zu tun. Das sind einfach Fakten. Das ist der Markt.

In dieser Situation zig Millionen in den Ausbau des Flughafens Kiel zu stecken, nachdem die ursprünglich für 2005 prognostizierten Zahlen jetzt auf ein Viertel zurückgegangen sind, ist Unsinn. Man muss angesichts dieser Zahlen irgendwann einmal darüber nachdenken, ob solche Investitionen noch Sinn machen.

Die Grünen sind natürlich nicht grundsätzlich gegen Verkehrsprojekte. Wir haben in Schleswig-Holstein die Elektrifizierung der Bahn angestoßen. Wir haben die Wiedereröffnung der Bahnstrecke NeumünsterBad Segeberg organisiert. Das haben wir im ersten Koalitionsvertrag durchgesetzt. Wir sind für den Ausbau der A 21 eingetreten, weil es zu viele Verkehrsunfälle gegeben hat und wir mehr Sicherheit erreichen wollten. Wir sind als Erste dafür eingetreten, dass die Häfen in den Bundesverkehrswegeplan kommen. Wir waren in der Tat die Ersten, die das gefordert haben. Wir haben durchgesetzt, dass die Häfen endlich ebenfalls gefördert werden, dass also nicht nur Straße, Autobahn und Schiene gefördert werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben den Bahnverkehr in Schleswig-Holstein durch die Ausschreibung der Strecken um 30 % gesteigert. Ich habe insofern überhaupt kein schlechtes Gewissen, wenn es um Verkehrsprojekte geht. Es geht um die Frage, ob es sich um sinnvolle Verkehrs

(Karl-Martin Hentschel)

projekte oder um Luftnummern handelt.

Nun zum Metroexpress.

(Zuruf von der CDU: Das ist eine Luftnum- mer!)

Es ist doch absurd: Die Opposition stellte hier Anfang des Jahres einen Antrag, der Metroexpress solle sofort kommen. Im Koalitionsvertrag ist daraus ein Prüfauftrag geworden. In der Regierungserklärung taucht das Projekt anschließend nicht mehr auf. Heute wird nun erzählt, es sei nicht machbar. Wissen Sie, was wir in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben hatten? - Eine Machbarkeitsstudie! Wenn Sie sich mit dem Projekt tatsächlich ernsthaft beschäftigen wollen, hätten Sie genau das Gleiche getan, nämlich eine Machbarkeitsstudie gefordert. Das ist doch selbstverständlich.