Protocol of the Session on December 15, 2006

Auf diese Art wird man solche Projekte konkret aber nicht finanzieren können. Aus den Reihen der Fraktionen von CDU und SPD, aber auch von Ministerpräsident Carstensen und Minister Austermann kommen unbeirrt Durchhalteparolen in Bezug auf den Bau einer festen Fehmarnbelt-Querung und auch den Bau einer Elbquerung, und zwar ungeachtet des Gegenwindes aus Berlin. Die in Berlin hören offenbar nicht richtig zu, wenn der Ministerpräsident lockend sagt: Wir können visionär werden. Die Äußerung des Wirtschafts- und Verkehrsministers des Landes von eben betreffend rückwirkenden Landesverrat stellt die Äußerung von Carstensen „Wir können Visionäre werden“ aber zumindest in ein schiefes Licht.

Die beiden genannten Projekte werden als gleichwertig eingestuft. Es heißt, sie dürften daher auch

(Minister Dietrich Austermann)

nicht gegeneinander ausgespielt werden. In der Debatte über die Antwort auf unsere Große Anfrage zur Finanzierung der großen Verkehrsprojekte, insbesondere der Fehmarnbelt-Querung, hörte es sich so an, Herr Minister, als sei die Finanzierung ziemlich sicher und auch einfach durchzuführen. Heute geben Sie zur Kenntnis, dass Sie im Zweifel zu einer Elbquerung unter Hinanstellung der Pläne für die Fehmarnbelt-Querung tendieren.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Das hört sich so an, als würden Sie unseren Vorstellungen ein Stück weit entgegenkommen.

Wir hatten so etwas schon einmal: Der ehemalige Wirtschaftsminister Rohwer hat nahezu tagtäglich erklärt, dass es drei große Schlüsselprojekte für Schleswig-Holstein gibt: die A 20 mit der Elbquerung, die feste Fehmarnbelt-Querung und den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau. Bei Letzterem haben alle Gefälligkeitsgutachten nicht über die fehlende Fluggastnachfrage hinwegtäuschen können.

(Zuruf des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

- Genau. Danke, Herr Schröder, ich komme auf Ihre Ausführungen, die Sie ja schon des Öfteren gemacht haben, noch zu sprechen. Man könnte aus den bisherigen Äußerungen und auch aus dem Zwischenruf des Kollegen Schröder Folgendes lernen: Vielleicht ist es doch nicht so, dass sich einige Leuchtturmprojekte rückwärtsgewandter Verkehrspolitik deswegen nicht rechnen, weil die Grünen sie schlechtgeredet haben. Letzteres haben ja IHK-Präses Driftmann, aber auch die Kollegen Bernd Schröder, Lothar Hay und auch Kollegen von CDU-Seite oft behauptet. Das würde ja bedeuten: Da sind Infrastrukturprojekte, die darauf brennen, endlich auf den Markt geschickt zu werden, um dort segensreich und hoch rentierlich zu wirken. Die Grünen schaffen dann aber ein so negatives psychologisches Umfeld, dass der Geschäftsmann entscheidet, doch lieber nicht zu fliegen, und dass der Brummifahrer den Lkw stehen lässt, weil wir Grünen das alles schlechtreden. Vielleicht ist es aber auch schlicht so, dass unsere Berechnungen und Annahmen zutreffen. Es wäre dann nicht so, dass es sich gerechnet hätte und schlechtgeredet worden wäre, sondern so, dass es sich schlicht nicht rechnet. Das ist immerhin eine mögliche Variante.

(Zuruf von der CDU: Die ist aber sehr un- wahrscheinlich!)

- Ich danke immerhin für die Zubilligung dieses Wirkpotenzials psychologischer Art der zugegebenermaßen nicht größten Partei hier in SchleswigHolstein.

Die Landesregierung und die Große Koalition von CDU und SPD sind inzwischen mehrmals von den Vertretern der Bundesregierung, zuletzt am 12. November 2006 von Minister Tiefensee, darauf hingewiesen worden, dass sie Prioritäten setzen müssen. Was heißt das? Die Landesregierung ist aufgefordert zu sagen, was sie tatsächlich für das wichtigste Verkehrsprojekt hält. Wenn es eine Nummer 1 gibt, stehen infolgedessen alle anderen Projekte hinter dem Projekt Nummer 1 zurück. So einfach ist das. Hier sitzt der Bund am längeren Hebel, denn er verfügt im Zweifelsfall über die besseren Finanzierungsmittel. Eine gleichzeitige Finanzierung aus Bundesmitteln für die Elbquerung im Zuge des A20-Baus und die feste Fehmarnbelt-Querung ist in weite Ferne gerückt.

Herr Arp hat es ja selbst treffend formuliert - ich zitiere ihn aus seiner letzten Rede -: „Tiefensee und Steinbrück - ich gebe zu, die Bundeskanzlerin ist in dieser Frage auch nicht hilfreich …“. Zu ergänzen wäre: Die Bundestagsabgeordnete Hagedorn ist es offenbar auch nicht.

Im Investitionsrahmenplan der Bundesregierung ist der Weiterbau der A 20 nur bis Wahlstedt vorgesehen. Wie wird dieser Plan des Bundes von der Landsregierung bewertet? Keine Antwort dazu. Wir wollen wissen, ob die Landesregierung die bundespolitische Vorgabe, Prioritäten zu setzen, befolgen wird. Und dann müssen die Hosen runtergelassen werden,

(Zurufe: Oh!)

welches der verkehrlichen Großprojekte dann die Nummer 1 sein soll.

(Zuruf von der CDU: Tun Sie uns das nicht an! - Heiterkeit)

Über viele Jahre hatte die Landesregierung die Finanzierung der Elbquerung durch einen privaten Konzessionär vorgesehen, der sich durch Mauteinnahmen refinanziert. Eine Anschubfinanzierung von 20 % durch den Bund war vorgesehen. Inzwischen sind die Baukosten aber gewaltig gestiegen und ein Investor ist nicht in Sicht.

Meine Damen und Herren, die Fehmarnbelt-Konferenz am 22. September 2006 in Berlin brachte laut Pressemitteilung des Verkehrsministers einen kräftigen Schub für die feste Querung. In der Realität bleibt von der Erfolgsmeldung jedoch wenig über. Es gibt keinerlei Zusagen von Investoren für eine

(Detlef Matthiessen)

Beteiligung am Risiko. Im Ergebnisprotokoll heißt es:

„Die Bauwirtschaft präferiert das Verfügungsmodell, bei dem Private die Querung nicht nur bauen, sondern auch betreiben und hierfür vom Staat ein definiertes jährliches Verfügbarkeitsentgelt erhalten würden.“

Das alleinige Risiko trägt dann der Staat. Weiter im Protokoll:

„Ebenso wie die Bauwirtschaft sind die Finanzierungsinstitute nicht bereit, Verkehrsrisiken zu übernehmen, da sie die Verkehrsmengen beziehungsweise die politischen Rahmenbedingungen nicht beeinflussen können.“

Bettina Hagedorn hat als Teilnehmerin der Berliner Investorenkonferenz in einer Pressemitteilung vom 6. Oktober 2006 darüber informiert, dass von den Investoren als Voraussetzung für die Belt-Querung das Ausschließen aller Konkurrenzverkehre angemahnt wurde. Das würde das Aus für den Fährverkehr zwischen Puttgarden und Rødby bedeuten. Die Forderung, dass der Staat für die Einstellung des Fährverkehrs sorgen soll, ist aus unserer Sicht EUrechtswidrig.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, die „Toten Hosen“ hatten einen Hit „Wünsch dir was“. Die Großkoalitionäre haben dieses Lied offenbar zu oft gehört.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Matthiessen. Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Hans-Jörn Arp.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Über dieses Thema, Bau der A 20 und der festen Belt-Querung, wurde hier häufig diskutiert, Herr Kollege Matthiessen, aber selten mit so wenig Niveau, wie Sie das hier vorgetragen haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Verkehrsachsen sind die Lebensadern eines Landes. Das war schon den Römern bekannt und so haben die auch gehandelt. Die Verkehrsadern dienen dem Transport von Waren, Gütern und Menschen. Gut ausgebaute Verkehrsachsen sind also zwingend notwendig, um die wirtschaftliche Entwicklung eines jeden Landes gewährleisten zu können. Dieses gilt insbesondere für ein Flächenland wie Schleswig-Holstein. Wir sind in Schleswig-Holstein auf gut ausgebaute und leistungsstarke Verkehrsachsen angewiesen. Auch darauf wurde hier im Hause häufig genug hingewiesen.

Zentraler Punkt unseres politischen Engagements ist es daher, den zügigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Schleswig-Holstein voranzutreiben. Wichtige Projekte sind für unser Land sind die A 20 und die feste Fehmarnbelt-Querung.

Hinsichtlich unseres Engagements für den zügigen Bau der A 20 habe ich keine Bedenken, gerade unter der jetzigen Führung im Verkehrsministerium. Ich glaube, wir sind uns in diesem Haus weitestgehend einig, dass kein Weg an dem Bau der A 20 vorbeigeht.

Nun zu den finanziellen Aspekten und zu dem Antrag, der uns hier vorliegt. Der Bund hat in Mecklenburg-Vorpommern 1,9 Milliarden € in den Bau der A 20 investiert. Das ist ohne Zweifel eine stolze Summe. Die A 20 in Schleswig-Holstein wird rund 550 Millionen € kosten. Die Investitionen in die A 20 in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern machen aber nur dann nachhaltig Sinn, wenn unverzüglich die feste Elbquerung bei Glückstadt gebaut wird. Der Bund ist in der Pflicht, dieses umzusetzen.

(Beifall beim SSW)

Die Elbquerung wird rund 780 Millionen € kosten, wobei 740 Millionen € für den Betreiberabschnitt notwendig sind. Sollte ein privat finanziertes Modell gewählt werden, was ich nicht hoffe, muss der Bund eine Anschubfinanzierung von 20 % leisten. Dieses sind 148 Millionen €. Meine Damen und Herren, ich frage mich, warum gerade dieses Projekt das erste Autobahn-PPP-Projekt in Deutschland sein muss. Die mautfinanzierte Strecke ist ein Standortnachteil für Norddeutschland, aber insbesondere für Schleswig-Holstein.

Ich sehe den Bund allein in der Pflicht, diese feste Elbquerung bei Glückstadt im Zusammenhang mit dem Bau der A 20 zu finanzieren, und ich sage Ihnen auch warum: Unser Ziel war es, einen Anschluss der A 20 an die A 1 in Höhe Sittensen zu erreichen. In diesem Fall wäre eine privat finanzierte Elbquerung ohne Probleme möglich gewesen. Da

(Detlef Matthiessen)

sich der Bund in die Trassenführung eingemischt hat, was sein Recht ist, und einen Anschluss an die A 27 bevorzugt, ist die private Finanzierung schwieriger geworden. Dieses müssen wir in Berlin immer wieder deutlich machen. Der Bund ist nun in der Pflicht. Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen.

Die Fertigstellung der A 20 mit einer festen Elbquerung ist Gegenwart. Darüber reden wir jetzt und es wird auch losgehen. Wenn ich die Unterlagen des Verkehrsministeriums sehe, sehe ich, im übernächsten Jahr wird die Grundsteinlegung für den Bau der A 20 erfolgen, zumindest an der Elbe bis nach Mittelholstein.

Wir kommen jetzt zu dem zweiten Zukunftsprojekt, der Fehmarnbelt-Querung. Der Minister hat hierüber sehr ausführlich berichtet. Wir haben uns in der letzten Debatte inhaltlich darüber unterhalten und ausführlich über die Investition in Höhe von 6 Milliarden € diskutiert. Hier waren sich die großen Parteien sogar zusammen mit der FDP einig. Was im Berliner Koalitionsvertrag eindeutig geregelt ist, muss jetzt auch umgesetzt werden. Dort spricht sich der Koalitionsvertrag für die feste Belt-Querung als internationales PPP-Referenzprojekt aus. Warum also sollten wir daran zweifeln?

Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie hierzu steht. Der erfolgreiche Betrieb der großen dänischen Brücken zeigt, dass solche Projekte von privaten Investoren erfolgreich umgesetzt werden können.

Ich setze große Hoffnung auf den Besuch der Bundeskanzlerin am 19. Dezember in Kopenhagen. Ich bin überzeugt, dass die Skandinavier noch einmal mit Nachdruck auf die Wichtigkeit dieses großen Verkehrsprojektes für Nordeuropa hinweisen, und hoffe, dass die Bundeskanzlerin nach ihrer Reise überzeugter ist als heute.

Unverantwortlich ist aber das Verhalten des Verkehrsministeriums in Berlin. Es kann nicht angehen, dass beide Projekte, Elbquerung und Fehmarnbelt-Querung, immer wieder gegeneinander ausgespielt werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Schleswig-Holstein braucht beide Projekte, die Elbquerung jetzt und die Fehmarnbelt-Querung spätestens in zehn bis zwölf Jahren. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass diese Projekte umgesetzt werden, und das meine ich insbesondere an die Grünen: Hören auch Sie auf, diese Projekte schlechtzureden, und hören Sie auf, diese beiden Projekte gegeneinander auszuspielen! Lernen Sie

von den Römern: Wirtschaftliche Existenz ist wichtig für unser Land und dafür brauchen wir wichtige Verkehrsadern.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Arp. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Bernd Schröder.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit einem Zitat: