Ein Beispiel hierfür ist die Möglichkeit, zukünftig die Höhe der Amtsumlage selbst vertraglich zu regeln. Ein großer Dollpunkt war immer der Verlust hauptamtlicher Bürgermeister in den Gemeinden durch Verwaltungszusammenschlüsse. Dieses ist gerade in Orten mit zentralörtlicher Bedeutung verständlich, denn vielfach ist es kaum vorstellbar, wie dort die Aufgaben eines Bürgermeisters zukünftig ehrenamtlich wahrgenommen werden sollen.
Grundsätzlich hoffen wir hier darauf, dass auch die Verwaltungen der Ämter vieles auffangen werden und ihrer Servicefunktion gegenüber den Gemeinden voll gerecht werden. Zugleich aber haben wir uns immer dafür eingesetzt, den Gemeinden auch in der Frage der Hauptamtlichkeit der Bürgermeister ein eigenes Entscheidungsrecht einzuräumen.
Erstes Ergebnis intensiver Gespräche - bezogen auf die Hauptamtlichkeit - war der sogenannte Gemeindedezernent, welcher zusätzlich den ehrenamtlichen Bürgermeister in seinen Aufgaben unterstützen soll.
Grundsätzlich hätte ich mir gewünscht, dass wir an dieser Stelle noch deutlich mehr Flexibilität gewonnen hätten. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich aber bereits feststellen, dass an vielen Stellen Lösungen zur Zufriedenheit der Beteiligten gefunden wurden. Daher wäre es auch nach Auffassung meiner Fraktion jetzt nicht mehr sachdienlich, hier die Diskussionen des vergangenen Jahres völlig neu aufzurollen.
Mit unserem Gesetzentwurf beziehungsweise dem Änderungsantrag hierzu schaffen wir weitere Möglichkeiten für Ausnahmen. Auch wenn es bei der Regel bleibt, dass es nur dort eine hauptamtliche Gemeindespitze gibt, wo eine eigene Verwaltung vorhanden ist, geben wir dem Innenministerium die Möglichkeit, hiervon in bestimmten Fällen abzusehen.
Eines der aus meiner Sicht hervorstechensten Beispiele wäre hier die Stadt Niebüll mit rund 9.000 Einwohnern und erheblicher zentraler Bedeutung. Diese Stadt hat sich freiwillig dem Verwaltungsstrukturreformprozess angeschlossen und wird zukünftig im größten Amt des Landes mit rund 40.000 Einwohnern aufgehen. Auch aufgrund dieser Größe des neu zu bildenden Amtes erscheint hier jedoch fraglich, inwieweit die Amtsverwaltung den Verlust eines hauptamtlichen Bürgermeisters tatsächlich noch auffangen kann. In Fällen wie diesen hat die Gemeinde jetzt die Möglichkeit, eine entsprechende Ausnahmeregelung zu beantragen.
Am Beispiel des Amtes Südtondern wird der Handlungsbedarf in Bezug auf die Zusammensetzung der Amtsausschüsse auch deutlich sichtbar. Bei Anwendung des derzeitigen Rechtes käme man hier zu einer Ausschussgröße von 82 Mitgliedern, das heißt einem Gremium, das größer ist als dieser Landtag.
Der Innenminister hat daher einen Systemwechsel vorgeschlagen, durch den auf der einen Seite handhabbare Ausschussgrößen gewährleistet werden sollen und auf der anderen Seite eine angemessene Repräsentation der Gemeinden nach Einwohnerzahl. Nachteil des Vorschlags war jedoch, dass zum einen Abstimmungsverfahren durch ein Auseinanderfallen von Sitz- und Stimmenanzahl kompliziert werden und zum anderen vielfach die politischen Kräfteverhältnisse in den beteiligten größeren Kommunen nicht mehr abgebildet werden können.
Wir haben daher nach intensiven Beratungen und vielen Gesprächen mit den Vertretern der kommunalen Familie gemeinsam mit der SPD von diesem Vorschlag Abstand genommen und nehmen lediglich eine Veränderung in dem bisher schon bewährten System vor. Wie bisher werden die Gemeinden
jeweils ein Grundmandat haben und darüber hinaus pro 1.000 Einwohner einen weiteren Sitz im Amtsausschuss. Unterstützt wird diese Lösung übrigens auch - wie Herr Hentschel weiß - durch die Bedenken, die der Wissenschaftliche Dienst gegen den Systemwechsel in dem uns gestern vorgelegten Gutachten deutlich gemacht hat.
Eine weitere Flexibilisierung haben wir auch hinsichtlich des Inkrafttretens der entsprechenden Vorschriften geschaffen. So war bereits im Ursprungsgesetzentwurf vorgesehen, dass bestehende Amtsausschüsse auch weiterhin nach dem bisherigen Schlüssel besetzt bleiben dürfen. Dies haben wir nun insofern erweitert, dass auch neu zu bildende Ämter bis zur nächsten Kommunalwahl die Amtsausschüsse nach dem jetzt geltenden Recht besetzen dürfen.
Schließlich erscheint es nicht sinnvoll, dort, wo die Größe eines Amtsausschusses nur unwesentlich erweitert wird, die Beteiligten zu einer umgehenden Neuwahl zu zwingen.
Abschließend lässt sich feststellen, dass sich der eingeschlagene Weg der Verwaltungsstrukturreform als richtig und praktikabel erwiesen hat. Tatsächlich sind jetzt überall im Land Lösungen gefunden worden, um schlagkräftige neue Verwaltungsstrukturen zu bilden. Dies hätte sicherlich kaum jemand angesichts der sehr hitzigen Diskussion des vergangenen Jahres so erwartet.
Ich freue mich daher, dass der Kollege Hildebrand am Rande der heutigen Ausschusssitzung erklärt hat, dass er die von mir gerade dargestellten, für uns nicht unwesentlichen Änderungen des Gesetzes inhaltlich nicht ablehnt und er lediglich gegen die Kurzfristigkeit der Einbringung der Änderungsanträge seinen Widerspruch einlegt.
Ich verrate Ihnen sicher kein Geheimnis, dass in unsere Anträge auch Wünsche von FDP-Kommunalpolitikern eingeflossen sind. Ich stelle damit fest, dass wir für dieses Gesetz eine fast 90-prozentige Zustimmung in diesem Hause haben werden.
Noch ein Wort zu den kurzfristig eingeflossenen neuen Artikeln 8 und 9: Hier handelt es sich in der Tat um wortgetreue Übernahmen aus den entsprechenden Passagen des Ersten Verwaltungsmodernisierungsgesetzes. Diese Ergänzungen sind notwendig, um Fristen einzuhalten, die wegen eines eingeleiteten beziehungsweise drohenden Vertragsverletzungsverfahrens der EU zu beachten sind.
dass die neuen Verwaltungsstrukturen auch in der Praxis zu einem Erfolg werden und ihren wichtigen Beitrag zu einer schlanken, leistungsfähigen und bürgernahen Verwaltung leisten.
Gestatten Sie mir zum Abschluss eine persönliche Bemerkung! Eigentlich wollte ich heute vor Ihnen in Schwarz erscheinen, denn laut einer vom Gemeindetag meines Heimatkreises Segeberg veröffentlichten Anzeige befinden wir uns in einer „schwarzen Woche für die Kommunen“.
- Vielen Dank für den Beifall, aber lassen Sie mich weiterreden. - Ich möchte hier nicht weiter auf die Polemik, die Einseitigkeit der Darstellung und die persönlichen Angriffe auf die Koalitionsabgeordneten aus dem Kreis Segeberg in dieser Anzeige eingehen. Denn ich hoffe, dass wir trotzdem wieder zu einem konstruktiv-kritischen Dialog mit den kommunalen Landesverbänden zurückfinden werden.
Ich danke Herrn Abgeordneten Wilfried Wengler und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erklärtes Ziel der regierungstragenden Fraktionen ist es, die öffentliche Verwaltung in Schleswig-Holstein auf allen Ebenen zu modernisieren und zu verschlanken.
Wir wollen erreichen, dass den Einwohnerinnen und Einwohnern des Landes allenthalben, überall und in jeder Beziehung professionelle, wirtschaftliche und bürgernahe Verwaltungen zur Seite stehen. Mit einem ersten Gesetz zur Reform kommunaler Verwaltungsstrukturen haben wir begonnen, auf der kommunalen Ebene den Prozess anzustoßen; mit dem heute zur Beschlussfassung anstehenden Zweiten Verwaltungsstrukturreformgesetz setzen wir den eingeleiteten Prozess fort und schaffen für die neuen Strukturen unterhalb der Kreisebene praktikable Rechts-, Organisationsund Verfahrensgrundlagen - und das alles ohne die in Teilen des Landes befürchtete Gemeindegebietsreform.
Wir wollten die Zahl der Verwaltungen im kreisangehörigen Raum durch Schaffung gemeinsamer Verwaltungseinheiten oder die Bildung neuer größerer Ämter deutlich verkleinern. Das wird gelingen. Insbesondere die kreisangehörigen Ämter und Gemeinden mit einer Einwohnerzahl unter 8.000 waren aufgerufen, eigene Vorschläge einzubringen. Das ist geschehen. Wir haben die Bemühungen der Kommunen um freiwillige Verwaltungszusammenschlüsse unterstützt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und ist so vermutlich von niemandem hier im Haus erwartet worden: Von über 80 Ämtern und Gemeinden unter 8.000 Einwohnerinnen und Einwohnern in Schleswig-Holstein werden schon zum Jahresende nur etwa eine Handvoll übrig bleiben, die es nicht oder noch nicht geschafft haben, Beschlüsse für ein neues, größeres Amt oder eine angemessen große Verwaltungsgemeinschaft zu fassen. Wahrscheinlich wird es ohne jeden Zwang durch Gesetz oder Verordnung möglich sein, dass künftig nahezu alle Verwaltungseinheiten im kreisangehörigen Raum die Soll-Einwohnerzahl von 8.000 betreuen und damit gewährleisten, dass die Dienstleistungen der Rathäuser und Amtsverwaltungen im Lande noch kompetenter, effizienter und kostengünstiger erbracht werden können.
Meine Damen und Herren, wir haben einige wenige Änderungsanträge zum Regierungsgesetzentwurf eingebracht. Herr Wengler ist darauf schon eingegangen. Ich möchte trotzdem die zwei wichtigen noch einmal hervorheben. Der eine Änderungsvorschlag bezieht sich auf die Möglichkeit der Zulassung hauptamtlicher Bürgermeister in größeren amtsangehörige Gemeinden. Der Gesetzentwurf sah ja für alle amtsangehörigen Gemeinden, die nicht die Geschäfte des Amtes führen, unabhängig von der Einwohnerzahl über oder unter 8.000 ausnahmslos eine ehrenamtliche Verwaltung vor, das heißt bei Einamtung bisher hauptamtlich geleiteter amtsfreier Gemeinden den Ersatz des hauptamtlichen Bürgermeisters durch einen ehrenamtlichen Bürgermeister, obwohl in manchen größeren Gemeinden auch nach einer Einamtung innerörtliche Aufgaben und zentralörtliche Funktionen in einem Umfang wahrzunehmen sind, der von einem ehrenamtlichen Bürgermeister nicht oder kaum geleistet werden kann.
Wir schlagen deshalb vor, es in das Ermessen des Innenministeriums zu stellen, in größeren Gemeinden, jedenfalls in solchen über 8.000 Einwohnern, bei entsprechendem Aufgabenbestand Ausnahmen von der grundsätzlichen Verpflichtung zur ehrenamtlichen Verwaltung zuzulassen.
Unser zweiter essenzieller Änderungsantrag bezieht sich auf die Zusammensetzung der Amtsausschüsse. Um eine Verkleinerung des Amtsausschusses zu erreichen, sieht der Gesetzentwurf für die künftigen Ausschussmitglieder eine Stimmengewichtung vor. Herr Wengler hat das dargestellt. Wir halten es für praktikabler und sachgerecht, dasselbe Ziel mit einer Fortschreibung des bisherigen Systems anzusteuern. Die in großen Ämtern sicherlich für die Arbeitseffizienz erforderliche Verkleinerung der Amtsausschüsse erreichen wir auch, wenn wir wie bisher die Mitgliederzahl des Amtsausschusses nach der Einwohnerzahl der amtsangehörigen Gemeinden bemessen und dabei die Einwohnergrenzen für zusätzliche Mitglieder deutlich heraufsetzen.
Alle von uns eingebrachten Änderungen beruhen auf Anregungen und Wünschen aus der kommunalen Familie und auf Stellungnahmen der kommunalen Landesverbände. Der Fachausschuss hat sich mehrheitlich angeschlossen.
Meine Damen und Herren, der erste Schritt für eine grundlegende Verwaltungsstrukturreform in Schleswig-Holstein ist getan. Ich möchte an dieser Stelle auch dem Innenminister für sein Engagement und seinen Einsatz danken. Der hat dazu geführt, dass wir auf dem Weg der Freiwilligkeit so erfolgreich voranschreiten konnten.
Wir hoffen, dass die weiteren Schritte möglichst zügig folgen. Eine Reform der Kreisverwaltungen ist ja ebenfalls eingeplant. Eingeplant und im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien dezidiert vorgesehen ist aber auch eine Reform der Landesverwaltung. Hier lassen konkrete Maßnahmen bisher leider noch auf sich warten. Wir wollen, dass verzichtbare Landesaufgaben abgebaut werden. Wir wollen, dass möglichst viele Vollzugsaufgaben auf die Kreisebene übertragen werden, und wir wollen auch, dass geeignete Aufgaben von den Kreisen in die größer gewordenen Ämter und Gemeinden vor Ort verlagert werden. Dafür ist noch viel zu tun. Wir ermuntern die Landesregierung, die für Veränderungen in der Ministerialbürokratie offenbar naturgemäß vorhandenen Sperren beherzt und mutig zu durchbrechen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls. Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Rede von heute Morgen zur Direktwahl der Landräte war auch eine Rede über das kommunalpolitische Tohuwabohu, das die Große Koalition derzeit in Schleswig-Holstein anrichtet. Ich komme nun zum zweiten Teil des Tohuwabohus. Ähnlich wie bei den Diskussionen zu den Direktwahlen ist das parlamentarische Verfahren, das die Regierungskoalition mit dem hier in zweiter Lesung zu beratenden Zweiten Verwaltungsstrukturreformgesetz abliefert, kein Zeichen von Regierungskunst, sondern eine Zeichen von Regierungschaos.
Es ist schon schlimm genug, wenn bei einem solchen Verfahren, das schon seit Monaten läuft, gestern am späten Nachmittag um 16:30 Uhr die nicht ganz unwesentlichen Änderungswünsche von CDU und SPD bekannt werden. Dass heute Morgen gegen 11 Uhr dann aber eine Mail eintrifft, in der die Änderungsanträge von CDU und SPD erneut geändert werden, ist schon starker Tobak.
Getoppt wird das ganze Verfahren noch dadurch, dass im Wege einer Tischvorlage versucht wird, hinter den Übergangsbestimmungen letztlich erfolgreich zwei neue Artikel einzuführen. Sie betreffen zum einen das Kommunalabgabengesetz und zum anderen das Landeswassergesetz. Das sind zwei Regelungstatbestände, die aus einem völlig anderen Gesetzentwurf, nämlich dem Verwaltungsmodernisierungsgesetz, importiert werden. Aus unserer Sicht ist es äußerst bedenklich, diese Regelungen in das Verwaltungsstrukturgesetz zu übertragen, weil sich unter anderem in der Ausschussdebatte heute Mittag herausgestellt hat, dass die vom Innenminister geschilderte Gefahr von Strafzahlungen an die EU bei Nichtumsetzung dieser Regelungen faktisch nicht besteht, da das Verwaltungsmodernisierungsgesetz ohnehin spätestens im Januar beschlossen würde. Dies hat uns ein Mitarbeiter des Umweltministeriums mitgeteilt. Darüber hinaus hat auch Herr Dr. Casper vom Wissenschaftlichen Dienst spontan verständlicherweise keine eindeutige rechtliche Stellungnahme zu diesem Komplex abgeben können. Ich bedaure außerordentlich, dass die beiden Fraktionen von CDU und SPD bei diesem Tatbestand praktisch so tun, als wäre das Verfahren, das hier durchgeführt wird, fast normal.
- Für die Große Koalition schon, dies hätte aber mindestens mitgeteilt werden können. Dadurch wird den Parlamentariern schon eine Menge abverlangt!