Es ist bereits von anderen betont worden - ich will es nur kurz aufgreifen -, dass der Staat nicht alles kann. Auch hier gilt das Subsidiaritätsprinzip. Wir haben eine Vielzahl von Vereinen und Verbänden; ich möchte einige nennen.
Die 23 Frauenberatungsstellen im Land leisten insbesondere im Rahmen der häuslichen Gewalt mit Zeugenbegleitprogrammen für Opfer von Sexualund Gewaltstraftaten und Menschenhandel große Dienste.
Meine Damen und Herren, obwohl diese Frauenberatungsstellen von vielen Kollegen im Rahmen der Haushaltsberatungen als obsolet betrachtet werden, werden sie nun hier gelobt. Insofern bitte ich Sie, sie nicht hier zu loben und anschließend in die Tonne zu kloppen. Denn dann können sie ihre Arbeit nicht machen. Das muss man einmal ganz klar sagen dürfen.
Vorbeugender Opferschutz ist besonders wichtig bei Kindern und Jugendlichen. Wir haben Kinderschutzzentren in Lübeck, Kiel und an der Westküste. Der Kinderschutzbund leistet hier eine unverzichtbare Arbeit und beispielhaft nenne ich die Elternkurse „Starke Eltern - Starke Kinder“. Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen und auch die Kolleginnen aus diesem Bereich wissen, wie notwendig dies ist, damit wir selbstbewusste Eltern und Kinder haben.
Last but not least möchte ich zum Weißen Ring kommen. Seit 30 Jahren engagieren sich die Mitglieder bundesweit und in unserem Land. Sie finanzieren sich - das finde ich ganz wichtig - aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Vermächtnissen und Geldbußen. Sie sind also nicht von staatlichen Geldern abhängig. Das eröffnet ein Stück weit Freiheit und hier wird hohes persönliches Engagement geleistet. Besonders erwähnen möchte ich die persönliche Betreuung von Opfern.
Eines ihrer Ziele ist, die Gleichgültigkeit und Hilflosigkeit im Umfeld von Straftaten zu beseitigen. Dazu zeigt der Weiße Ring Schleswig-Holstein hier im Landeshaus und in Dithmarschen die Wanderausstellung „Opfer“. Diese wurde von Studenten der Bauhaus-Universität Weimar erstellt. Das Motto lautet: „Wer wegsieht, lässt Opfer im Stich.“ Alle Eröffnungen waren sehr gut besucht, insbesondere von Schulklassen.
Ich darf von hier aus dem neuen Landesbeauftragten des Weißen Rings Schleswig-Holstein, unserem ehemaligen Kollegen Heinz-Werner Arens, gratulieren. Ich wünsche ihm viel Erfolg und freue mich, dass er sich gerade in diesem Bereich engagiert.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Gesetzlich ist einiges geregelt. Ausnahmen bestätigen die Regel und diese können wir noch beseitigen. Ich freue mich, dass der Minister vor weiteren Taten glüht. Dabei werden wir ihn gerne unterstützen.
Ich betone es abschließend noch einmal: Unser gemeinsames Ziel muss es sein, dem Opfer umfassend und schnell zu helfen, damit es wieder in sein normales Leben zurückkann. Das ist schließlich sein größter Wunsch und dabei wollen wir ihm helfen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Ingrid Franzen und erteile für die FDP-Fraktion Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich im Namen meiner Fraktion für den umfassenden Bericht der Landesregierung zum Opferschutz bedanken. Ich denke, dass der Bericht, den Sie uns heute an die Hand geben, die Entwicklung des Opferschutzes in Schleswig-Holstein, aber auch in Deutschland zutreffend beschreibt.
Er zeigt, welchen Weg wir in der Frage des Opferschutzes bereits gegangen sind und an welcher Stelle wir uns befinden. Das ist eine gute Voraussetzung für weitere Initiativen zu diesem wichtigen Thema.
Opfer einer Straftat zu werden, kann eine der schlimmsten Erfahrungen sein, die ein Mensch in seinem Leben macht. Denn als Opfer unterliegt man der Gewalt - ob sie nun physischer oder psychischer Natur ist - eines anderen.
Es ist in der Tat so, wie es auch im Bericht dargestellt wird, dass sich im Bereich von Straftaten der Fokus in den letzten 20 Jahren nicht nur auf die Täter, sondern verstärkt auch auf die Opfer von Straftaten gerichtet hat, und das - das sage ich ausdrücklich - ist auch gut so.
Der Ausgangspunkt aller Überlegungen zur Stärkung des Opferschutzes war dabei die Erkenntnis, dass das Opfer einer Straftat eine Stellung im Strafverfahren gegen den Täter erhalten sollte, die seine eigene Rechtspersönlichkeit anerkennt. Dass der Täter nicht zum bloßen Objekt staatlichen Handelns zu degradieren ist, war schon länger anerkannt. Dass aber auch das Opfer mehr als nur ein Beweismittel ist, erschloss sich vielfach nicht aus der Strafprozessordnung.
Die wichtigen strafrechtlichen Diskussionen griffen in diesem Punkt zu kurz und führten zu einem Straf- und Strafprozessrecht, welches täterbezogen orientiert war. Der Bundestag hat in den letzten 20 Jahren hierauf reagiert und durch das Opferschutzgesetz aus dem Jahre 1986, das Verbrechensbekämpfungsgesetz aus dem Jahre 1994 sowie das Opferrechtsreformgesetz folgende Verbesserungen für Opfer im Strafverfahren erreicht:
Erstens. Durch die Möglichkeit, den Angeklagten und die Öffentlichkeit aus dem Sitzungssaal zu entfernen, wurde der Schutz vor Bloßstellungen des Opfers gestärkt.
Zweitens. Es wurden der Täter-Opfer-Ausgleich und die Schadenswiedergutmachung als typische Strafmilderungsgründe in das materielle Strafrecht aufgenommen, was es bis daher nicht gab. Ich glaube, das ist für das Opfer ein wesentlicher Fortschritt.
Drittens. Es wurde das Recht auf einen sogenannten Opferanwalt auf Staatskosten für bestimmte Nebenkläger, nämlich für bestimmte Angehörige eines durch eine rechtswidrige Tat Getöteten, eingeführt und damit auch anerkannt, dass durch den Tod eines Menschen die Familien Opfer dieser Straftat werden.
Viertens. Das sogenannte Adhäsionsverfahren, welches dem Opfer ermöglicht, zivilrechtliche Ansprüche gegen den Täter bereits im Strafverfahren geltend zu machen, wurde ausgebaut und trug dazu bei, dass die Opfer ihre zivilrechtlichen Ansprüche nicht erst in einem weiteren Verfahren geltend machen müssen.
Frau Kollegin Franzen, die Schwierigkeiten, die sich aus dem Adhäsionsverfahren ergeben, liegen im System begründet. Denn im Adhäsionsverfahren kommen Sie nur bei geständigen Angeklagten weiter und dieses ist nur für Schäden anwendbar, die sich sozusagen nicht fortpflanzen. Denn Schadensersatzforderungen können Sie im Adhäsionsverfahren mit den strafprozessualen Möglichkeiten weder aufklären noch ist es dafür das geeignete Forum. Vielleicht sollten wir die Rechtsgelehrten ein
mal fragen, wie man die Strafprozessordnung in diesem Zusammenhang vereinheitlichen kann, um hier zu größeren Fortschritten zu kommen.
Fünftens. Insbesondere bei minderjährigen Opfern von Misshandlungen besteht die Möglichkeit der Zeugenaussage per Video auch von einem anderen Ort aus als dem Gerichtssaal, was insbesondere Kinder davor zu schützen hilft, die Tat nicht noch einmal im Angesicht des Angeklagten durchleben zu müssen.
Sechstens. Die Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche wurde durch das Opferanspruchssicherungsgesetz ausgebaut, in welchem den Opfern einer Straftat ein gesetzliches Sicherungsmittel in Gestalt eines Pfandrechts an den Forderungen eingeräumt wurde, die Straftäter aus der öffentlichen Darstellung ihrer Taten und ihrer Person in Presse, Funk, Fernsehen und Filmindustrie erwerben.
Man muss sich das vorstellen. Täter begehen eine Tat, vermarkten diese Tat, erwerben nicht nur Rechte, sondern auch hohe zivilrechtliche Ansprüche gegen Verlage oder die Filmindustrie. Dankenswerterweise hat der Gesetzgeber die Zugriffsmöglichkeit für Opfer einer Straftat für solche Vermögenswerte geschaffen, die an sich - das müssen wir sagen - verwerflichen Charakters sind. Das sind nur einige Beispiele, die der Bericht aufführt.
Aber der Bericht zeigt auch auf, was SchleswigHolstein im Bereich des Opferschutzes geleistet hat, was wir ausdrücklich anerkennen. Er zeigt auch Maßnahmen auf, die künftig von der Landesregierung beabsichtigt sind. So haben wir hier im Landtag vor gut zwei Jahren einstimmig das sogenannte Wegweiserecht beschlossen.
Das vorher im Landesverwaltungsgesetz lediglich auf die allgemeine Gefahrenabwehrklausel verankerte Recht, eine schlagende Person für bis zu 14 Tagen aus der gemeinsamen Wohnung zu verweisen, wurde dadurch spezialgesetzlich verankert. Gleichzeitig haben wir geregelt, dass die für eine Kontaktaufnahme notwendigen Daten der gefährdeten Personen einer geeigneten Beratungsstelle übermittelt werden dürfen, um ihnen ein entsprechendes
Beratungsangebot zum Schutz vor häuslicher Gewalt anbieten zu können. Im Fall der Ablehnung müssen diese Daten unverzüglich gelöscht werden.
Nach Inkrafttreten dieses Gesetzes hat die Polizei in den letzten zwei Jahren - ich bitte, das zu beachten allein 5.000 Einsätze im Rahmen häuslicher Gewalt gehabt. Das heißt 15 pro Tag. Es wurden circa 800 Wohnungsverweisungen ausgesprochen. Das sind in zwei Jahren mehr als eine Wegweisung pro Tag. Es besteht also ein Bedarf für eine solche Regelung.
Begleitet werden diese Maßnahmen durch das Kooperationsund Interventionskonzept gegen häusliche Gewalt, das sogenannte KIK. Innerhalb des KIK wird die Arbeit zwischen der Polizei, der Justiz, den Beratungsstellen, den Ärzten, die die Verletzungen versorgen, und der Jugendhilfe, die über das Kindeswohl wacht, abgestimmt.
Es gibt runde Tische in den Kommunen, die diese Zusammenarbeit koordinieren. Wir sind bereits heute gespannt auf den sogenannten Aktionsplan häusliche Gewalt, der die Ergebnisse dieser Arbeit nächstes Jahr zusammenfasst und gegebenenfalls weitere Handlungsfelder aufzeigen wird.
Aber auch das von der Generalstaatsanwaltschaft und dem Institut für Psychologie der Universität Kiel entwickelte Zeugenbegleitprogramm für Kinder und Jugendliche ist ein wichtiger Baustein, misshandelte Kinder im Strafprozess zu unterstützen, das Verfahren durchzustehen. Es erklärt den Kindern altersgerecht, wie ein Prozess abläuft. Man besucht das Gericht, um die Kinder mit der Örtlichkeit vertraut zu machen. Man stellt ihnen die Richter vor und begleitet sie während des Verfahrens.
- Herr Ministerpräsident, ich wäre dankbar, Sie würden in dieser wichtigen Frage auch meinen Worten lauschen.
Dabei ersetzt diese Begleitung selbstverständlich keine Therapie. Die Träger sind aber in der Lage, Therapieplätze für Opfer zu vermitteln.
Insgesamt beweisen die gut 120 Fälle pro Jahr die hohe Akzeptanz dieses Programms. Die dafür im Justizhaushalt veranschlagten 55.000 € sind mit Sicherheit gut veranschlagt.
Ebenso kann sich die Landesregierung der Unterstützung meiner Fraktion sicher sein, wenn es um die Ausstattung von Außenstellen der Kriminalpolizei mit kindgerechten Vernehmungszimmern geht, die entsprechend der Leitlinie für die polizeiliche