Protocol of the Session on November 30, 2006

Wir dürfen uns auf diesen schönen Zahlen aber nicht einfach ausruhen, denn wir wissen nicht, ob der Sommer 2007 wieder genauso schön wird.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Dann müssen wir es einfach beschließen! - Heiterkeit)

Vielmehr müssen wir alles daransetzen, die bisherige Entwicklung zu verstetigen. Das bedeutet: Schleswig-Holstein muss wieder das Tourismusland Nummer eins an der Küste werden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Die besten Voraussetzungen, um dieses Ziel zu erreichen, haben wir. Die Regierungsfraktionen haben heute einen Antrag eingebracht, der die Landesregierung bei der Umsetzung des neuen Tourismuskonzeptes unterstützen soll. Wir sind der festen Überzeugung, dass das von Roland Berger erarbeitete Handlungskonzept den richtigen Weg beschreibt. Schleswig-Holstein kann es sich nicht leisten, dass der bedeutendste Wirtschaftszweig des Landes seit Jahren rückläufig ist. Das Gutachten von Roland Berger beziffert den jährlichen Wertschätzungsverlust auf rund 500 Millionen €.

Ursache hierfür ist eine unter allen Beteiligten nicht abgestimmte landesweite Tourismuspolitik. Roland Berger nennt in diesem Zusammenhang folgende gravierende Schwachpunkte: erstens keine fokussierte Marketingstrategie, zweitens eine unbefriedigende touristische Infrastruktur, drittens kleinteilige und ineffiziente Strukturen und Prozesse und viertens eine in der Vergangenheit auch unzureichend strukturierte Förderpolitik des Landes. Diese Schwachstellen haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass sich die wirtschaftliche Lage des Tourismus in unserem schönen Urlaubsland kontinuierlich verschlechtert hat.

Jetzt ist der Punkt gekommen, das Ruder beherzt in die Hand zu nehmen, um Schlimmeres zu verhindern. Wir begrüßen es daher ausdrücklich, dass mit dem neuen Handlungskonzept eine Neuausrichtung des schleswig-holsteinischen Tourismus in Richtung der Erfordernisse in einem modernen Urlaubsland stattfinden wird.

Wir unterstützen die Fokussierung auf drei Zielgruppen, die künftig gezielt beworben werden sollen. Dies ist eines der zentralen Elemente der strategischen Neuausrichtung des schleswig-holsteinischen Tourismus.

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

Ebenso bekennen wir uns zu den 13 Leitprojekten der einzelnen Handlungsfelder. Wir unterstützen die Landesregierung dabei in ihrem Bestreben, die Förderpolitik neu auszurichten, wie es im Handlungskonzept auch gefordert wird. Es muss zukünftig sichergestellt werden, dass vor einer Förderzusage die touristische Bedeutung eines Projektes überprüft wird. Ebenso bekennen wir uns ausdrücklich zu dem Leitprojekt 2. Aus unserer Sicht bedarf es einer Reorganisation der Landes- und Regionalorgane. Wie eine solche Reorganisation stattfinden wird, ist bisher noch offen. Sie muss mit den Betroffenen - dies betone ich - abgestimmt werden.

Wir bekennen uns zu der erfolgreichen Arbeit der Regionalverbände. Das darf aber nicht bedeuten, dass sich diese künftig notwendigen Veränderungen verschließen. Nur wenn in Schleswig-Holstein alle gemeinsam an einem Strang ziehen, wird die erforderliche Kehrtwende im Tourismus zu erreichen sein. Unser Ziel bleibt es, das Urlaubsland Nummer eins an der Küste zu werden. Ich glaube, alle Beteiligten sind sich dessen bewusst. Dies machte auch der Tourismustag in Travemünde in der vergangenen Woche deutlich. Alle Beteiligten haben meiner Meinung nach die Kernaussagen des Handlungskonzepts akzeptiert.

Insofern möchte ich an dieser Stelle der Landesregierung und insbesondere dem Wirtschaftsminister Dietrich Austermann für den beharrlichen Einsatz danken, den schleswig-holsteinischen Tourismus nach vorn zu bringen.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich hoffe auf eine breite Unterstützung aller Fraktionen und hoffe, dass Sie unserem Antrag zustimmen. Setzen wir ein Signal für alle Beteiligten, dass die Politik in Schleswig-Holstein hinter dem Tourismuskonzept der Landesregierung steht und sich für eine Neuausrichtung des Tourismus ausspricht!

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile der Frau Abgeordneten Regina Poersch das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein ehrgeiziges Ziel haben sich die Tourismusakteure in unserem Land gesetzt: eine gemeinsame Tourismusstrategie für ein ganzes Bundesland. Diese beinhaltet, die Gästewünsche zu kennen, Angebote daran zu orientieren - und nicht umgekehrt

und unsere Gäste darüber hinaus immer wieder aufs Neue zu verblüffen und zu überraschen. Auf diese Weise nicht nur Stammgäste halten, sondern neue Gäste ins Land und an unsere Strände holen, das ist ein ehrgeiziges und unterstützenswertes Ziel.

Was in unserem Antrag auf den ersten Blick vielleicht ein wenig technokratisch wirken mag, steckt doch voller Leben: Wir wollen das eine tun, ohne das andere zu lassen. Wir wollen an Erfolge anknüpfen und Neues wagen und dabei gemeinsam an einem Strang ziehen. Das ist das Ziel unseres Antrages.

Politik hält sich richtigerweise aus dem operativen Geschäft heraus. Dennoch sollte sich der Landtag eine Meinung zum Handlungskonzept für die Neuausrichtung des Tourismus bilden - eine Woche nach dem Tourismustag in Travemünde allemal. Wir haben das Konzept nicht nur zu einem guten Teil bezahlt, sondern uns gehen die Inhalte genauso wie die Neuausrichtung der Förderpolitik an.

Unser Antrag ist ein klares Bekenntnis zu den Regionalverbänden. Sie haben in den zurückliegenden Jahren erfolgreiche Arbeit geleistet und sollen dies weiterhin tun und tun können. Was wir allerdings straffen sollten, sind die viel zu kleinteiligen Strukturen vor Ort. Hier brauchen wir allerdings die Unterstützung der Kommunen beim Abbau von Kirchtürmen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Was in den Regionalverbänden an touristischen Themen entwickelt worden ist, kann sich sehen lassen: Segeln, Golf, Naturtourismus, Nordic Walking, Radfahren und anderes mehr. - Am Beispiel Radfahren will ich deutlich machen, dass es jetzt darum gehen muss, nicht alle vorliegenden Ergebnisse in den Papierkorb zu werfen, sondern die Konzepte für Rennrad, Mountainbike und Hollandrad auf die Erwartungen und Ansprüche von Zielgruppen wie den anspruchsvollen Genießern, den Familien mit kleinen Kindern und den Best Agern abzustimmen und auf sie auszurichten.

(Beifall bei SPD und CDU)

Es geht also darum, die bisherigen Erfolge als Fundament für eine Neuausrichtung des schleswig-holsteinischen Tourismus zu nutzen und dabei Schwerpunkte zu setzen.

Ich sagte es bereits: Wir wollen das eine tun, ohne das andere zu lassen. Urlaub auf dem Bauernhof ist nur ein Beispiel. Weitere Beispiele sind der Jugendtourismus, Camping mit seinem ungebrochenen Boom, aber auch der Städtetourismus, der uns eine steigende Zahl an Tagestouristen erst recht mit

(Jürgen Feddersen)

einem neuen Ladenöffnungszeitengesetz beschert. Diese Bereiche sind für den Tourismus in Schleswig-Holstein wichtig.

Und doch dürfen die Zuwächse bei Camping und Städtetourismus nicht den Blick dafür verschleiern, dass die im Konzept vorgeschlagenen Zielgruppen bereits heute zwei Drittel unserer Gäste ausmachen: anspruchsvolle Genießer, Best Ager und Familien mit kleinen Kindern. - Sie wollen wir mit klarem Profil ansprechen. Unsere Angebote sollen sich an den Gästewünschen ausrichten und nicht umgekehrt.

Zur Neuausrichtung gehört auch eine neue Förderpolitik, also ein gezielter Mitteleinsatz mit Ausrichtung auf das Tourismuskonzept. Nicht alles auf Ortsebene Wünschenswerte kann aus Landesmitteln unterstützt werden. Statt tausend Blümchen zu gießen, wollen wir einen Park von touristischen Angeboten pflegen.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Ich unterstütze den Ansatz, zukünftig bei Förderanträgen zu fragen, ob jemand bereit ist, die gemeinsame Strategie mitzutragen und sich beispielsweise nachweisbar am Online-Buchungsportal der TASH beteiligt.

Leider sind astronomisch hohe Fördersätze à la Mecklenburg-Vorpommern bei uns nicht drin. Das soll jedoch kein Anlass zum Jammern sein, sondern unser Ziel unterstreichen: Lieber Kollege Jürgen Feddersen, wir wollen im Tourismus die Nummer eins im Norden werden.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Wir bekennen uns auch zum Erhalt der Tourismusagentur. Ohne sie und die erfolgreiche Arbeit ihrer hoch motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stünden wir heute nicht so weit oben auf der touristischen Beliebtheitsskala. Diese Kompetenz können wir durch externe Berater ergänzen und dabei auch Roland Berger in die Pflicht nehmen: Mit unserem Antrag wollen wir vermeiden, dass der teuer bezahlte Gutachter nach Art eines Hubschraubers plötzlich auftaucht, viel Lärm macht, jede Menge Staub aufwirbelt und so schnell wieder verschwindet, wie er erschienen ist.

Wir können uns durchaus vorstellen, dass in der Umsetzungsphase Roland Berger oder eine andere Unternehmensberatung in die Pflicht genommen werden sollte. Leitprojekte wie die Optimierung des Marketingkonzepts oder die Investorengewinnung für touristische Großprojekte könnten sich hier eignen. Dies kann verhindern, dass es im Falle des Misserfolgs und Scheiterns heißt, die geniale Idee

eines Roland Bergers sei verwässert worden und man hätte die Vorschläge nur nicht exakt umgesetzt.

Zum Abschluss ein Wort zur Verlässlichkeit. Wir alle, das heißt Tourismusakteure wie Investoren und auch Politikerinnen und Politiker, brauchen Verlässlichkeit. Von immer wieder neuen und damit dann verwirrenden Gutachten und Konzepten sollten wir dringend die Finger lassen. Ich wünsche mir, dass wir schnell mit der Umsetzung beginnen und verlässlich das Konzept als Gesamtstrategie anpacken. Dazu gehört auch ganz viel Kommunikation, damit alle Akteure mitgenommen werden. Aus meiner Sicht hat nicht zuletzt der Tourismustag in der vergangenen Woche gezeigt: Es lohnt sich, neue Wege zu beschreiten.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Regina Poersch und begrüße mit Ihnen zusammen auf der Tribüne den Bürgermeister der Stadt Kappeln. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die FDP-Fraktion erhält der Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich kann man auch in Kiel-Gaarden Urlaub machen, Herr Kollege Höppner.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abenteuerurlaub!)

CDU und SPD wollen also, dass die Neuausrichtung des Tourismus gemeinsam vorangebracht wird. Sie wollen dies sogar gemeinsam machen und das ist schön. Schließlich regieren sie auch zusammen - dachte ich jedenfalls. Dabei soll die Umsetzung des Handlungskonzeptes zur Neuausrichtung des Tourismus helfen. Hoffentlich wollen die Antragsteller ihr Ziel nicht so umständlich verfolgen, wie sie es ausgedrückt haben. Täten sie es, dann wären sie bereits jetzt gescheitert.

Ob dieser Antrag aber wirklich geeignet ist, dem Ziel näherzukommen, bezweifle ich: So soll der Landtag beschließen, dass im Mittelpunkt des Marketings die Kunden stehen sollen. Ich frage mich: Wer denn sonst?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bravo!)

(Regina Poersch)

Ferner soll der Landtag beschließen, dass auch nach dem Gutachten von Roland Berger noch externe Berater eingekauft werden dürfen. Wir haben uns bereits beim letzten Mal sehr kritisch damit auseinandergesetzt, dass wir noch einmal einen Gutachter beauftragen. Und nun sollen wir beschließen, dass wir noch einmal einen Gutachter oder externe Hilfe beauftragen können! Offen bleibt in Ihrem Antrag, wer bestellen darf und dann auch bezahlen muss.

Der Landtag soll beschließen, dass die Regionen ihre Interessen weiterhin organisieren und vertreten sollen, dass die Kommunen auf das, was sie den Regionen zubilligen, verzichten sollen und dass nur noch für relevante Projekte Subventionen gebilligt werden sollen.

Und zu guter Letzt heißt es: Der Landtag soll als oberstes Organ der politischen Willensbildung im Land Schleswig-Holstein beschließen, dass der Wirtschaftsminister dem Wirtschaftsausschuss über die Neuorganisation berichten soll. Auf dieses Organigramm freue ich mich dann in der Ausschusssitzung. Es wird den Tourismus im Land sicherlich fabelhaft weiterbringen.