Protocol of the Session on September 13, 2006

Seien Sie ein bisschen geduldig, Herr Kollege.

Wir machen Druck in Berlin für den Ausbau der Oststrecke des Nord-Ostsee-Kanals und ich sage Ihnen - jetzt kommen Sie -, für ein Flächenland wie Schleswig-Holstein kann es nicht um die Frage Elbquerung westlich Hamburg oder Fehmarnbelt-Querung gehen, es geht um beides. Wir sind Toplogistikstandort und Verkehrsbrücke nach Skandinavien und wollen das auch bleiben. Hier werden wir unsere Interessen auch dem Bund gegenüber offensiv wahrnehmen.

Nun haben wir gehört, was vorhin zitiert wurde. Ich habe mir das aus dem Protokoll noch einmal herausziehen lassen. Herr Kubicki hat gesagt:

„Nun informierte uns die Bundeskanzlerin darüber - ich zitiere wieder -, dass für die Belt-Querung kaum Chancen bestünden.“

Sie sollten sich bitte das Zitat und das Interview einmal durchlesen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich darf die Über- schrift einmal hochhalten! - Heiterkeit)

- Eine Überschrift. Entschuldigen Sie, Herr Kubicki, Sie wissen doch, wie Überschriften entstehen. Sie wissen doch, worauf das zielt. Sie müssen doch nicht nur Überschriften lesen. Ich lese Ihnen das vor. Es gab ein Interview in der „Ostsee-Zeitung“ und da wurde eine für den Moment, für den Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern typische Frage gestellt: Wie stehen Sie zur geplanten Fehmarnbelt-Brücke, die den ostdeutschen Häfen erhebliche Sorgen bereiten könnte? - Frau Merkel: „Ich kann nicht nur Kanzlerin für die ostdeutschen Häfen sein. Was dieses Brückenprojekt betrifft, sehe ich jedoch eine Reihe von Problemen, vor allem

bei der Finanzierung.“ Sehen wir auch, sonst würden wir die Tagung in Berlin nicht machen. „Es gibt im norddeutschen Raum mehrere wichtige Verkehrsprojekte, etwa die Elbquerung.“ Genauso sehe ich das auch. „Und da der Bund nicht alle Verkehrsprojekte finanzieren kann“ - auch das sehen wir - „werden sich die norddeutschen Länder entscheiden müssen.“ Schleswig-Holstein hat sich entschieden, wir wollen die Elbquerung und wir planen weiter für die Fehmarnbelt-Querung. So einfach ist die Sache.

(Beifall bei CDU und SPD - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie hat nicht gesagt, Sie sollen alles fordern, sie hat gesagt, Sie sollen sich entscheiden!)

- Ist das keine Entscheidung? Das habe ich gerade gesagt, es geht um beides.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Entschuldigen Sie mal, wenn wir die Elbquerung haben, dann machen wir das doch nicht wie die Grünen, dass wir uns zurücklehnen und sagen, jetzt sind die Verkehrsprobleme des Nordens gelöst.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Aber die Elbquerung ist doch das Erste, was wir machen müssen. Was wollen Sie mit einer Fehmarnbelt-Querung, wenn Sie anschließend nicht weiterkommen? Das ist das, was Sie nicht begreifen. Wir müssen doch erst einmal dafür sorgen, dass wir dann auch eine Verbindung durch Schleswig-Holstein über die Elbe bekommen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das kann doch wohl nicht so schwer sein.

Ich darf Ihnen sagen, andere begreifen das, zum Beispiel in Brüssel, welche Bedeutung die Geschichte hat. Wir haben ein hochinteressantes Gespräch mit dem Präsidenten Barroso gehabt. Herr Minister Döhring, ich darf mich an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken für eine ausgezeichnete Arbeit, die unser Hanse-Office leistet. Wir haben Zugang bei den Kommissaren. Auch das ist vielleicht eine kleine Veränderung. Kommissionspräsident Barroso hat mir am Donnerstag in Brüssel versichert, dass die Fehmarnbelt-Querung auf der europäischen Prioritätenliste stehe.

Ohne irgendeinen Hinweis oder eine Nachhilfe wurde dies von Baroso als erster Punkt in dem anschließenden Pressegespräch genannt. Er sagte, dass wir darüber gesprochen haben und es zu den

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

Kernprojekten gehört, die auch finanziert werden sollen.

Wir investieren in Bildung mit zusätzlichen Lehrerstellen, mit der Förderung von Ganztagsschulen und betreuten Ganztagsschulen. Wir wollten einen Weg junger Leute direkt in die Arbeitslosigkeit nicht akzeptieren. Wir werden mit einem millionenschweren Förderprogramm, zu dem das Land 26 Millionen und die EU 23 Millionen € beisteuern, pro Jahr rund 5.000 Jugendliche an Haupt-, Förderund Beruflichen Schulen fördern und trainieren, damit sie berufsreif werden.

In Schleswig-Holstein bleibt die soziale Infrastruktur erhalten.

Bei der inneren Sicherheit investieren wir in eine neue Polizeibootsflotte, in neue Funktechnik und in Einsatzleitstellen.

Auch im Bereich der Kulturförderung und bei den Minderheiten haben wir es geschafft, die überproportionalen Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre aufzuhalten. Für mich ist die Kulturförderung eine Investition für mehr Innovation. Wir stärken gerade die Kinder- und Jugendkultur und setzen so einen Akzent bei der ästhetischen Erziehung.

Das zeigt ganz deutlich: Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat auch durch gezielte Investitionen Verantwortung für die Zukunft des Landes übernommen. Die jüngste ökonomische Entwicklung gibt uns recht. Denn die Wirtschaft in unserem Land wächst nicht nur so wie woanders im Bundesgebiet, sondern wächst bei uns im Vergleich zu den anderen deutschen Ländern überdurchschnittlich. Das macht sich endlich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar.

Nun kann man natürlich lange darüber reden, liebe Frau Spoorendonk, auf wessen Konto das geht. Aber ich kann Ihnen aufgrund dessen, wie ich es in den letzten Jahren verfolgt habe, sagen: Wenn diese Entwicklung noch auf das Konto einer rot-grünen Koalition gegangen wäre, hätten gerade auch Sie dafür gesorgt, dass im Landesteil Schleswig überall die Glocken läuten. Deswegen kann man sich jetzt doch einmal freuen. Freuen Sie sich doch einmal mit uns darüber, dass die Entwicklung so ist, meine Damen und Herren!

(Beifall bei CDU und SPD)

Machen Sie das doch nicht immer so herunter! Sorgen Sie dafür, dass sich die Leute freuen! Es sind 20.000 Leute, die im letzten Jahr arbeitslos gewesen sind. Bei der Jugendarbeitslosigkeit hat es einen gewaltigen Erfolg gegeben.

Wir sind das einzige Land im Bundesgebiet, das jetzt mehr Lehrstellen hat als im letzten Jahr. Man kann natürlich auch darüber sprechen, ob das genug sind. Jedenfalls sind es bei uns 2 % mehr, während es im Durchschnitt des Bundesgebiets 4 % weniger sind. Freuen Sie sich doch einmal mit den Menschen. Die freuen sich doch auch, dass es ihnen besser geht.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Ministerpräsident, wissen Sie, wie es um die Lehrstellen steht? Sie sa- gen, wir sollten uns freuen! Das ist unglaub- lich!)

- Nein, das ist nicht unglaublich. Jetzt sagen Sie mir doch bitte einmal, was Sie dafür getan haben. Sind Sie draußen bei den Betrieben gewesen? Die haben sich in das Bündnis für Ausbildungsplätze - Herr Döhring und Herr Austermann haben mit dafür gesorgt - eingeklinkt. Und wie viel Lehrstellen gehen auf Ihr Konto?

Der deutsche Norden - das stellen Experten fest führt die wirtschaftliche Erholung in Deutschland an. Die Aufbruchstimmung hat nun die schwer gebeutelte Baubranche erreicht. Der Jobmotor springt an.

Frau Spoorendonk, ich habe mich ein bisschen gewundert, dass Sie gesagt haben, zu Anfang des Monats sei das auch zu Ihnen durchgedrungen. Bei uns ist es schon im Januar durchgedrungen. Wir haben schon im Januar gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat 10 % weniger Arbeitslosigkeit gehabt. Im Februar, März und April waren es ebenfalls 10 %. Im Mai waren es 13 % weniger Arbeitslosigkeit. Im Juni und Juli hatten wir 14 beziehungsweise 15 % weniger Arbeitslosigkeit. Im August lag die Zahl bei 12 %.

Sie müssen auch damit aufhören zu behaupten, dies sei eine Entwicklung nur im Hamburger Umland. Ich gebe Ihnen deshalb hier noch einmal die Zahlen, die nicht für das Hamburger Umland gelten: Flensburg minus 12,6 % Arbeitslosigkeit. Ich nenne hier Zahlen aus dem Monat August. Diese Zahl liegt weit über dem Bundesdurchschnitt. Dithmarschen ist das einzige Gebiet, das beim Bundesdurchschnitt liegt; da sind es 8,1 %. Nordfriesland: minus 10,4 %. Das ist weit über dem Bundesdurchschnitt. Auch darüber können wir uns freuen. Insofern ist es nicht richtig, zu behaupten, dass die Effekte im Süden besser seien.

Die Effekte stellen wir auch im Norden, im Landesteil Schleswig, fest. Ich bin darüber froh. Das hat auch etwas mit einer guten Zusammenarbeit mit den dänischen Behörden und einer guten Zusam

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

menarbeit insbesondere mit Karl Holz und anderen zu tun, die dort Verantwortung hinter der Grenze tragen. Insofern spielt hier auch der Einfluss einer guten Politik im Bereich des Nordens eine Rolle.

Zu den Zahlen der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze! Im August waren es 7.800 mehr als im Vorjahresmonat. Schleswig-Holstein liegt damit hinter Hamburg bundesweit an zweiter Stelle. Das ist ein schönes Gefühl, so am Wirtschaftswachstum teilzunehmen. So kann man beim Bundesrat oder in der Ministerpräsidentenkonferenz auch zu Herrn Stoiber gehen und sagen: Edmund, wir haben euch eingeholt; damit habt ihr im letzten Jahr nicht gerechnet. Das ist ein schönes Gefühl. Darauf bin ich stolz.

Wir haben diesen Erfolg nicht allein erzielt. Aber wir haben dafür gesorgt, dass die Wirtschaft bei uns diese Erfolge hat.

(Beifall bei der CDU)

Blicken Sie einmal in die Statistik! Nach meiner Erinnerung standen wir vor zwei Jahren noch auf Platz 10 in der Arbeitslosenstatistik; es kann auch Platz 9 gewesen sein. Inzwischen stehen wir auf Platz 5. Dass die oberen Plätze schwieriger zu knacken sind, wissen wir alle. Aber auf Platz 5 gekommen zu sein, macht ein bisschen stolz.

Lesen Sie doch einmal, was in der - - Wie heißt doch noch diese rote Zeitung?

(Zuruf: „Financial Times“!)

- Ja, „Financial Times“. Ich wollte eben einmal hören, was ihr so lest.

(Heiterkeit)

Lesen Sie also einmal, was in der „Financial Times“ und in der „Wirtschaftswoche“ über Schleswig-Holstein geschrieben ist! Ich finde, das sieht von außen ganz gut aus.

Ich habe Respekt vor den Unternehmerinnen und Unternehmern, die bereit sind, Risiken zu tragen, und dadurch neue Chancen eröffnen. Ich habe Respekt vor den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die die Ärmel aufkrempeln und kräftig anpacken. Unternehmer und Arbeitnehmer schaffen Wachstum und geben uns damit eine Richtung vor. Aber sie verpflichten die Politik auch zu mutigen Entscheidungen. Ich baue auf diese Leistungsbereitschaft, die in Schleswig-Holstein da ist.

Schleswig-Holstein ist aus den genannten Gründen auf einem guten Weg. Die große Koalition hat in den zurückliegenden eineinhalb Jahren eine Menge erreicht. Ich bedanke mich dafür. Wir hatten eigent

lich selber nicht gedacht, wie sich die Zusammenarbeit gestalten könnte. Die Zusammenarbeit ist außerordentlich verantwortungsvoll. Das ist das, was dieses Land braucht. Die Koalition hat viel erreicht. Wir wissen, dass noch große Aufgaben vor uns liegen.

Die Opposition kann sich, wenn sie will, außerordentlich entspannt zurücklehnen, es sei denn, sie will dieselbe Verantwortung zeigen und mit anpacken. Dazu sind Sie ganz herzlich eingeladen.

Ich bedanke mich ganz herzlich, meine Damen und Herren.