Zweitens. Trainieren für den Ernstfall. Deshalb fordern wir zum Beispiel, Rettungsdienste und Polizei schrittweise flächendeckend mit AED auszustatten und alle freiwilligen Feuerwehrleute im Umgang mit AED zu schulen.
Drittens. Fit machen für ein gesundes Leben. Deshalb fordern wir zum Beispiel verpflichtende Schulungen für den Bereich Prävention und Lebensstiländerungen.
Viertens. Mitmachprogramme für gesunde Lebensstile und Lebensweisen. Deshalb fordern wir zum Beispiel verpflichtende Patientenschulungen und Schulungen von Risikogruppen in den Bereichen, „Richtige Reaktion im Ernstfall“ und „Wiederbelebung“ Defibrillation in Krankenhäusern, Arztpraxen, Apotheken und anderen Gesundheitseinrichtungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sich wohl fühlen und gesund bleiben bis ins hohe Alter steht für die meisten Deutschen an erster Stelle ihrer Wünsche. Dass Gesundheit in besonderem Maße selbstbestimmt und beeinflussbar ist, wird dabei oft übersehen. Auch ein noch so gutes, hoch entwickeltes und damit teures Gesundheitssystem, das in der Regel erst dann in Anspruch genommen wird, wenn die Gesundheit bereits beeinträchtigt ist, kann die Vernachlässigung der persönlichen Quellen zur Gesunderhaltung nicht auffangen.
Herzinfarkt und Herzschwäche lassen sich verhindern. Die koronare Herzkrankheit muss nicht die häufigste Todesursache bei Männern und Frauen in unserem Land bleiben. Das können wir ändern. Hand aufs Herz, liebe Kolleginnen und Kollegen: Tragen Sie auch etwas zu einer solchen Entwicklung bei?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die häufigste Todesursache in Deutschland ist nach wie vor das Versagen des Herz-Kreislauf-Systems. Das haben die beiden Kolleginnen schon angesprochen. Bedauerlicherweise ist es in der Tat so, dass von den 300.000 Menschen, die jährlich bundesweit einen Herzinfarkt erleiden, weniger als die Hälfte dies überleben. Etwa 170.000 sterben daran, viele noch vor Erreichen eines Krankenhauses.
Galt früher der Herzinfarkt als typische Erkrankung von Managern, so ist das schon lange nicht mehr der Fall. Die Patienten werden bedauerlicherweise immer jünger. Herzinfarkt ist also schon längst kein Risiko mehr, das Männer jenseits der 50 betrifft. Ganz im Gegenteil treten Herzinfarkte immer häufiger schon bei 20-Jährigen auf, und bedauerlicherweise wird die Gefahr eines Infarktes nach wie vor unterschätzt. Deshalb wird oftmals zu spät Erste Hilfe geleistet und der Notarzt gerufen.
Im Durchschnitt vergehen nach Auskunft der Deutschen Herzstiftung drei Stunden und 45 Minuten vom Beginn der Symptome bis zum Eintreffen im Krankenhaus. Interessant dabei ist - dies müssen wir in irgendeiner Art und Weise auch noch hinterfragen -: Vor zehn Jahren war es eine ganze Stunde weniger.
Frau Sassen, Sie haben die Notfallversorgung in Hamburg kurz angesprochen. Möglicherweise sind dort tatsächlich bessere Strukturen vorhanden, was im Übrigen nicht gegen den Antrag spricht. Aber ich möchte mich gerne noch intensiver mit der Frage beschäftigen, warum wir es früher geschafft haben, eine Stunde früher ein Krankenhaus zu erreichen und der Patient dafür heute eine ganze Stunde länger braucht. Welche Gründe hat also beispielsweise das Zögern, Erste Hilfe zu leisten und rechtzeitig einen Notruf abzusetzen?
Einer der Gründe ist mit Sicherheit, dass mittlerweile in der Bevölkerung der Eindruck entstanden ist, dass ein Infarkt immer heilbar sei. Andere wollen ganz offensichtlich nicht als Hypochonder dastehen und verdrängen die Symptome eines Herzinfarktes schlichtweg. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, - in diesem Falle besonders liebe Kolleginnen - völlig unterschätzt wurde und ist nach wie vor das Herzinfarktrisiko von Frauen. Die Folge ist, dass das ein Herzinfarkt bei Frauen in vielen Fällen überhaupt nicht richtig erkannt und medizinisch diagnostiziert und damit auch nicht behandelt wird. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig vorzubeugen, die Bevölkerung aufzuklären und jedem Einzelnen die Scheu zu nehmen, rechtzeitig zu handeln. Insoweit
greift der Antrag von CDU und SPD die Gesundheitsinitiative „Herz-Intakt“, um in SchleswigHolstein entsprechende Weichen zu stellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bisher beschränkt sich das Wissen, das wir haben, oft nur auf das, was im obligatorischen Erste-Hilfe-Kurs zum Erwerb des Führerscheins vermittelt worden ist. Das ist - da brauche ich nur in den Spiegel zu schauen - oftmals schon mehr als zwei Jahrzehnte, bei manchen noch länger her.
- Ja, so alt bin ich schon. - Wenn zu spät Hilfe gerufen wird und dadurch ein Drittel der Herzinfarktpatienten das Krankenhaus nicht mehr lebend erreicht, so ist das ein Indiz dafür, dass die Unsicherheit in der Bevölkerung hoch, zu hoch ist.
Gerade wenn es darum geht, einer unbekannten Person mittels mechanischer Wiederbelebung durch eine Herz-Lungen-Massage zu helfen, bis professionelle Hilfe kommt, bestehen nach wie vor offensichtlich große Vorbehalte. Da wird dann lieber nach dem Motto gehandelt, man könnte etwas falsch machen, also macht man lieber gar nichts. Genau dieses Motto ist im Zweifel das Verkehrte. Lieber tue ich etwas und helfe, denn dass man etwas verkehrt macht, ist das geringere Risiko. Das wird Ihnen im Zweifel auch jeder Notarzt bestätigen. Es sollten entsprechende Angebote - beispielsweise in Sportvereinen und in Schulen im Rahmen einer Projektwoche - viel stärker gefördert werden, um die breite Bevölkerung besser zu erreichen.
Frau Kollegin Sassen, die Installation von Automatischen Externen Defibrillatoren, den AED, in öffentlichen Gebäuden ist in der Tat eine sinnvolle Ergänzung, die auch meine Fraktion unterstützt. Die Erfahrungen aus den USA haben gezeigt, dass die Anwendung dieser Geräte bei Vorliegen eines Kammerflimmerns bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes Leben retten können. Die Installation solcher Geräte darf aber nicht dazu führen, dass sich dann die restliche Bevölkerung zurücklehnen kann und Erste-Hilfe-Maßnahmen den geschulten Ersthelfern und deren Technik überlässt. Im Gegenteil, Aufklärung und Weiterbildung tut an der Stelle not. Diese Ersthelfer sind kein Ersatz für den Rettungsdienst, sondern eine sinnvolle Ergänzung der professionellen Helfer.
Deshalb muss neben der Installation von Defibrillatoren das Bewusstsein dafür, welche Folgen ein Herzinfarkt haben kann und welche Hilfe jeder von uns leisten kann, viel stärker verankert werden. Insofern herzlichen Dank an die beiden Fraktionen, die den Antrag gestellt haben. Ich weiß nicht, ob
wir diesen Antrag an den Ausschuss überweisen wollen, damit wir uns dort noch einmal darüber unterhalten können, oder ob wir ihn in der Sache abstimmen wollen. Wir können dem Antrag auch in der Sache problemlos zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zahlen sind genannt worden. Koronare Herzerkrankungen sind eine typische Zivilisationskrankheit. Maßgeblich an ihrer Entstehung sind die klassischen Unarten der Wohlstandgesellschaft: zu wenig Bewegung, ungesunde Ernährung, zu viel Fett, zu viel Zucker, zu wenig Obst und Gemüse, zu wenig Ballaststoffe und daraus resultierendes Übergewicht. Das ist Risikofaktor Nummer 1. Hinzu kommen Nikotin und Alkohol im Übermaß, zu viel Stress und zu wenig Ausgleich - Faktoren die das Risiko für eine koronare Herzkrankheit weiter erhöhen.
Zumindest diese Fakten über Risikofaktoren und Risikoverhalten sind eigentlich bekannt. Insbesondere von Ärzten und Krankenkassen gibt es eine Vielzahl von Angeboten für präventive Information. Auch wer mit offenen Augen und Ohren Berichte in Presse, Fernsehen oder im Internet verfolgt, kann sich einen Überblick über die so genannten Risikofaktoren und über Methoden, sie individuell zu minimieren, verschaffen.
Aufklärung, Information, Prävention und Eigenverantwortung sind die zentralen Stichworte. Dennoch lassen sich Herzinfarkt und ein plötzlicher Herzstillstand nicht grundsätzlich vermeiden - leider.
Kein noch so gesundes Verhalten bietet eine wirkliche Sicherheit. Deswegen muss uns das richtige Handeln im Ernstfall genauso wichtig sein, wie die Prävention. Es geht darum, jeden Einzelnen zu befähigen, im Ernstfall die richtigen Maßnahmen durchzuführen. Es geht darum, die Bevölkerung zu ermutigen, ihre theoretischen Kenntnisse auch einzusetzen. Es geht um Solidarität und Zivilcourage, um Mitmenschlichkeit und Verantwortung. Im Ernstfall - das ist gesagt worden - zählt jede Minute.
Die grüne Landtagsfraktion unterstützt die Forderung des Antrages nach einer Ergänzung der ErsteHilfe-Kurse um das notwendige Ernstfallwissen bei Herzanfällen und über das Verhalten im Ernstfall, eine öffentlichkeitswirksame Unterstützung durch die Landesregierung und eine verpflichtende Schulung von Patienten und Risikogruppen, auch wenn wir uns sicherlich noch Gedanken darüber machen müssen, wie die Umsetzung gerades dieses Punktes, dieser neuen Pflicht, gelingen kann.
Da die Überlebenschancen bei einem möglichen Herzinfarkt auch von der Wirksamkeit der Wiederbelebung abhängig sind, müssen notwenige Maßnahmen bereits bekannt sein. Um den modernsten Standard zu erfüllen, ist es richtig, dass in Risikobereichen, in denen im öffentlichen Raum täglich viele Menschen verkehren, lebensrettende Geräte wie das AED vorhanden sind. Natürlich müssen Organisationen wie das DRK, die Johanniter oder die Feuerwehr, die alltäglich zu lebensbedrohlichen Risikosituationen gerufen werden, über eine entsprechende Geräteausstattung verfügen. Dass die Helferinnen und Helfer in der Bedienung der Geräte geschult sein müssen, versteht sich von selbst.
Da die gesundheitspolitischen Sprecherinnen und Sprecher aller Fraktionen im vergangenen Herbst ein Gespräch mit der „Landesarbeitsgemeinschaft Herz und Kreislauf“ geführt haben und dort einen gemeinsamen Landtagsantrag verabredet haben, wird es Sie nicht wundern, dass meine Fraktion dem vorgelegten Antrag zustimmt. Wir können auch heute in der Sache zustimmen. Damit haben wir kein Problem.
Die „Landesarbeitsgemeinschaft Herz und Kreislauf“ hat damals auch betont, dass insbesondere das Rauchen - aktiv wie passiv - ein hohes Risiko darstellt. Auch hier hat uns die „Landesarbeitsgemeinschaft Herz und Kreislauf“ aufgefordert zu handeln und sie hat in dem Gespräch sehr eindringlich dazu aufgefordert. Deshalb hoffe ich, dass wir uns nicht nur bei der heutigen Resolution, sondern auch bei der noch ausstehenden Verabschiedung unseres Landtagsantrages „Rauchfreier öffentlicher Raum“ einig werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der MTV Frisia 03 in Risum-Lindholm hat im letzten Jahr ein Vereinsmitglied durch einen plötzlichen Herztod verloren. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass eine Wiederbelebung wahrscheinlich erfolgreich gewesen wäre. Der Dorfverein hat nicht zweimal überlegt und sammelt seitdem für ein Wiederbelebungsgerät, das in den Vereinsräumen fest installiert werden soll. Darüber hinaus wird dort nun auch für ein Gerät in der Schule gesammelt. Das ganze Dorf sammelt fleißig mit. Solch eine Aktion ist absolut begrüßenswert.
So einen Bürgersinn haben offensichtlich auch die Antragsteller des vorliegenden Antrages im Sinn. Ich warne aber davor, aus einer guten und gerechtfertigten Intention heraus der zentrale Punkt außer Acht zu lassen. Der ist nun einmal das liebe Geld. In dem Antrag werden konkrete Maßnahmen wie Schulungen und die Bereitstellung neuer Geräte gefordert. Wer aber Schulungen fordert, muss zeigen können, wie diese finanziert werden sollen. Ohne sachkundigen Anleiter wird es wohl nicht gehen, wenn die freiwilligen Feuerwehren in der Wiederbelebung nach einem Herzstillstand unterwiesen werden sollen. Immerhin handelt es sich hier um schätzungsweise über 50.000 Frauen und Männer. Auch die Fahranfänger müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Schulung Hand und Fuß hat. Anleitung kostet aber Geld. Genau darüber, über die Finanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen, schweigt sich der Antrag noch aus.
Herzschockgeräte, die angeblich jeder Laie bedienen kann, müssen finanziert werden. Pflege und sachkundige Wartung müssen ebenfalls geregelt sein. Diese Geräte warten oft jahrelang auf ihren Einsatz. Wenn es dann so weit ist, müssen sie von einer Sekunde zur nächsten zuverlässig funktionieren und die Personen, die das Gerät bedienen, müssen perfekt geschult sein und immer wieder ihre Kenntnisse auffrischen. Das funktioniert nur, wenn die Geräte ordnungsgemäß gelagert und überprüft werden und die Schulungen der Anwender dauerhaft sichergestellt sind.
Wer es also mit der Verhinderung tausendfachen plötzlichen Herzstillstands in unserem Land ernst meint, muss auch sagen, wie das finanzielle Gerüst aussieht, dass die Maßnahmen tragen soll. Wer soll die Kampagne finanzieren? Sollen die Kranken
kassen zur Finanzierung herangezogen werden oder doch die Landesregierung, also der Steuerzahler, weil schließlich der Herztod keinen Unterschied zwischen Kassenpatient und Privatpatient macht? Oder kommt das Geld durch Sponsoren zusammen? - Das sind alles noch offene Fragen. Letztlich ist eine gute Prävention der beste Weg, die Zahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle zu reduzieren. Deren Finanzierung ist aber wieder eine ganz andere Frage. Wir können der Intention des Antrages natürlich zustimmen, aber wir sollten irgendwann noch einmal genauer über die Finanzierungsfragen nachdenken. Die fünf Punkte sind aber völlig in Ordnung.
Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Dr. Ralf Stegner das Wort. - Weil so erstaunt geguckt wurde: Er redet in Vertretung der kranken Sozialministerin, Frau Trauernicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe das Herz am rechten Fleck, nämlich links, deshalb vertrete ich die Frau Kollegin außerordentlich gern.
Herzkreislauferkrankungen stellen eine tägliche Bedrohung dar und sind schon seit Jahren die häufigste Todesursache in Deutschland. Das gilt übrigens für Männer genauso wie für Frauen. Fast jeder zweite Mensch stirbt daran.
Das Problem der Kreislauferkrankungen ist damit eines der dringlichsten in der Gesundheitspolitik. Schleswig-Holstein macht da keine Ausnahme.
Der schleswig-holsteinische Sterblichkeitsbericht aus dem Jahr 2001 zeigt, dass insgesamt die Sterblichkeit in Schleswig-Holstein in den vergangenen 20 Jahren zwar zurückgegangen ist - was dem allgemeinen Trend in Westdeutschland entsprach -, er zeigt aber auch, dass für die Gruppe der 35 bis 64 Jahre alten Menschen bei der koronaren Herzkrankheit die Sterblichkeitsrate in Schleswig-Holstein damals über dem westdeutschen Durchschnitt lag.
Zudem wurden innerhalb Schleswig-Holsteins teilweise beträchtliche regionale Unterschiede deutlich. Beispielsweise in Flensburg und im Kreis Steinburg lag die Sterblichkeit an der koronaren Herzerkrankung für 35- bis 64-jährige Frauen höher als in anderen Regionen des Landes. Für Männer
Diese Daten schrecken auf. Auch wenn ein statistischer Bericht keine Ursachen nennen kann, so bedeutet dies doch für die Gesundheitspolitik, mit entsprechenden Kooperationspartnern die Ursachen zu finden und einen Maßnahmenkatalog zur Verringerung der koronaren Herzkrankheit zu erarbeiten.