Protocol of the Session on June 1, 2006

Grundlage dieses Konzeptes sollen drei gleichwertige Säulen sein: erstens die Einsparungen im Bereich der Ministerien und der Staatskanzlei, zweitens im Bereich der Personalkosten und drittens im Bereich des kommunalen Finanzausgleichs. Gerade dieser geplante Eingriff stellt aus Sicht der CDULandtagsfraktion hohe Anforderungen an die Glaubwürdigkeit von Politik. Die CDU als große kommunale Kraft in Schleswig-Holstein mit vielen tausend ehrenamtlichen Gemeinde-, Stadt-, und Kreisvertreterinnen und -vertretern hat dabei eine besondere Verantwortung. Dass diese ehrenamtliche Kommunalpolitik sehr erfolgreich ist, zeigen auch die Zahlen aus dem uns vorliegenden Bericht eindrucksvoll. Sie sind das Resultat rechtzeitig ergriffener Konsolidierungsbemühungen und schnellen Reagierens auf vorhersehbare Fehlentwicklungen.

(Beifall der Abgeordneten Axel Bernstein [CDU] und Jürgen Feddersen [CDU])

Gerade die schwer kalkulierbaren Risiken im Bereich Hartz IV machen deutlich, unter welchen schwierigen Rahmenbedingungen Kommunalpolitik in Schleswig-Holstein trotzdem solide und erfolgreich tätig sein kann. Diese Risiken werden allerdings, falls der Bundesgesetzgeber nicht entschlossen eingreift, auch in diesem und in den Folgejahren zu zusätzlichen finanziellen Belastungen des kommunalen Bereichs führen. Deshalb müssen wir im Interesse des Landes Schleswig-Holstein die weitere Entwicklung aufmerksam beobachten und weiterhin notwendige strukturelle Veränderungen in diesem Bereich anmahnen.

In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die Entscheidung des Finanzministers Rainer Wiegard, die Nettoentlastung des Landes im Zusammenhang mit Hartz IV, beginnend ab 2005 oder auch im Jahr 2006, jeweils in Höhe von über 50 Millionen € vollständig an die kommunale Ebene weiterzugeben. Ich glaube, dies ist ein wichtiges Signal des neuen Finanzministers an die kommunale Gemeinschaft.

Gerade deshalb ist es für die CDU-Fraktion besonders wichtig, diese Verlässlichkeit gegenüber der kommunalen Ebene auch weiterhin zum Maßstab des Handelns zu machen. Die angedachten 120 Millionen €, die als Konsolidierungsbeitrag zur Verfügung gestellt werden sollen, müssen mit einer entsprechenden Entlastung der kommunalen Haushalte einhergehen.

(Beifall bei der CDU)

Hierzu gehören beispielsweise auch die Maßnahmen des Landes zur Einschränkung der Sonderzah

(Präsident Martin Kayenburg)

lungen und die beschlossene Verlängerung der Arbeitszeit für Beamtinnen und Beamte, deren entlastender Effekt von den kommunalen Landesverbänden auch anerkannt wird. Kernpunkt der Gegenfinanzierung muss aber eine umfassende Aufgabenwende sein. Das Land muss die Kommunen von gesetzlichen Aufgaben und Standards befreien und der kommunalen Selbstverwaltung Entscheidungsfreiheiten zurückgeben.

(Beifall bei der CDU)

Die dazu bisher von der Landesregierung gemachten Vorschläge sind zu begrüßen, aber auch noch deutlich ausbaufähig, um dem Ziel einer nachhaltigen Entlastung der Kommunen gerecht zu werden. Die durch Aufgabenabbau und Verwaltungsstrukturreform erzielten Einsparungen müssen dafür jeweils durch nachvollziehbare Gründe und Kostenfolgeabschätzungen belegt und dürfen nicht nur behauptet werden.

(Beifall bei der CDU)

Bei der Frage, welche Aufgaben durch die kommunale Ebene noch zwingend wahrgenommen werden müssen, hätten wir uns durchaus mutigere Vorschläge gewünscht. Das eröffnet allerdings auch die Möglichkeit, uns als Parlament aktiver als bisher in diese Debatte einzuschalten, um deutlich zu machen, dass sich das Land in vielen Bereichen ein „weiter so“ nicht mehr leisten kann.

Dabei geht es uns als CDU-Fraktion nicht in erster Linie um die Frage der Absenkung von Leistungen oder Standards, sondern vor allen Dingen um das wichtige Gebiet der Aufgabenkritik und des Bürokratieabbaus.

(Beifall bei der CDU)

Hierzu hat der Staatssekretär im Finanzministerium, Klaus Schlie, sehr umfangreiche Vorschläge gemacht, deren Umsetzung jetzt zügig im Gesetzgebungsverfahren angegangen werden muss.

Dies kann aber nur ein Schritt sein, weitere müssen folgen. So sind zum Beispiel alle Bereiche des Planungsrechts daraufhin zu überprüfen, was wirklich notwendig ist, was den Menschen im Land dient oder auch ob es Investitionen behindert oder sogar verhindert.

So brauchen wir auch eine deutliche Entschlackung und Vereinfachung des Planungsrechts, bei Bauleitplanungen, soweit kein F-Plan oder Landschaftsplan existiert, den Wegfall der Genehmigungspflicht für F-Pläne, die Verringerung des Aufwandes für Fachgutachten bei der Planerstellung, die Verschlankung der Beteiligung von Trägern öf

fentlicher Belange. Dies muss kritisch überprüft werden. Denn diese und auch zahlreiche weitere Fachplanungen verursachen hohen Aufwand. Auf sie ist entweder ganz zu verzichten oder die Anforderungen an die Planungen sind erheblich zu reduzieren. Landschaftsrahmenpläne könnten wegfallen, Landschaftsprogramme, Landschaftspläne müssen deutlich schlanker gestaltet werden. Auch Grünordnungspläne könnten aus unserer Sicht entfallen.

Wir brauchen außerdem eine Erleichterung und Verringerung des Aufwands bei Eingriffs- und Ausweisregelungen, die Verschlankung des Biotopkataloges, die Abschaffung der Pflicht zur Bestellung von Beiräten und Beauftragten auf kommunaler Ebene.

Die von der Landesregierung geplante Aufhebung des Mittelstandsförderungsgesetzes und die Absenkung der Schwellenwerte im Vergaberecht sind uneingeschränkt zu begrüßen und ein wichtiger Schritt auf dem Weg, den wir jetzt beschreiten müssen.

Bei der Frage des Bürokratieabbaus und der Aufgabenkritik darf es grundsätzlich keine Tabu-Bereiche geben. Wir müssen vor allen Dingen auch darauf verzichten, gewisse Punkte aus ideologischen Gründen für nicht verhandelbar zu erklären.

(Beifall bei der CDU)

Ich will für meine Fraktion ausdrücklich sagen, dass für uns dazu auch die Fragen der gesetzlichen Verpflichtung zur Anstellung hauptamtlicher Gleichstellungsbeauftragter sowie die Frage der Flexibilisierung bei der Anzahl der freigestellten Personalräte zählen. Hier halten wir durchaus eine Anpassung an die Bundesgesetzgebung für sinnvoll und notwendig. Auch diese Fragen müssen sich an den extrem schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen orientieren.

Es kann nicht sein, dass wir von Ämtern und Gemeinden erwarten, in größeren kommunalen Verwaltungseinheiten noch wirtschaftlicher zu arbeiten, und dann ab 15.000 Einwohner für diese neu geschaffenen Verwaltungseinheiten automatisch an einer Verpflichtung zur Einstellung hauptamtlicher Gleichstellungsbeauftragter festhalten. Da diese Grenze von vielen neuen Verwaltungseinheiten erreicht wird, behindert ein starres Festhalten an dieser Marke den von uns gewollten und unterstützten Prozess der freiwilligen Zusammenführung und könnte am Ende sogar zu negativen wirtschaftlichen Effekten führen.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei SPD und SSW)

(Peter Lehnert)

Die CDU-Fraktion will eine vernünftige und effektive Verwaltungsstrukturreform, die sich an den Kriterien Wirtschaftlichkeit, Bürgernähe und Professionalität orientiert.

Leider bleibt der uns vorliegende Bericht gerade in dieser Frage der finanziellen Auswirkungen der geplanten Verwaltungsstrukturreform unpräzise.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die möglichen Einsparungen im kreisangehörigen Bereich werden mit circa 10 Millionen € landesweit geschätzt, wobei zunächst wahrscheinlich höhere Kosten entstehen. Es bleibt abzuwarten, ob es mittel- und langfristig gelingen kann, die angepeilte Zielmarke zu erwirtschaften. Wir alle wissen, dass gerade der kreisangehörige Bereich in der Vergangenheit insbesondere im Bereich des Personaleinsatzes sehr wirtschaftlich gearbeitet hat. Die Initiative der Landesregierung, Landesaufgaben direkt auf die kommunale Ebene zu übertragen und Doppelzuständigkeiten abzubauen, um Synergieeffekte nutzen zu können, wird von der CDU-Fraktion ausdrücklich unterstützt.

(Günther Hildebrand [FDP]: Welche Aufga- ben? - Zuruf: Welche Synergieeffekte?)

Noch komplizierter ist die Situation im Bereich der geplanten kommunalen Verwaltungsregionen, zu denen der Bericht ausführt, dass sich mögliche Einsparungen im Zusammenhang mit der Bildung dieser Verwaltungsregionen gegenwärtig nicht belastbar beziffern lassen.

Deshalb sollte der eigene Gestaltungsspielraum der Kreise und kreisfreien Städte aus Sicht der CDU möglichst umfangreich gestaltet werden. Die dazu von der Landesregierung vorgelegten Entwürfe weisen in die richtige Richtung und werden im parlamentarischen Verfahren in Zukunft weiter beraten. Unser aller Ziel muss es dabei sein, die anvisierten Synergiemöglichkeiten auch wirklich vor Ort zu erzielen.

Insofern ist die Ausführung der Landesregierung in dem Bericht zu begrüßen, dass die Realisierung der mit der Verwaltungsstrukturreform verbundenen Synergien den kommunalen Körperschaften obliegt.

Im Rahmen ihrer Personal- und Organisationshoheit entscheiden sie eigenverantwortlich über die Freisetzung und die Verwendung der erzielten Effizienzgewinne. Dafür darf allerdings der vom Landesgesetzgeber zu ziehende gesetzliche Rahmen nicht zu eng bemessen sein.

In diesem Zusammenhang ist es erfreulich, dass sich der Landkreistag und der Städteverband gegenüber der Landesregierung wiederholt dazu bereit erklärt haben, bei der Auflösung der Wasserwirtschaftsabteilungen und Übertragung aller Aufgaben dem Land mittelfristig 10 Millionen € zur Verfügung zu stellen.

Herr Abgeordneter, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit.

Ja. - Dieses Beispiel macht deutlich, dass die Aufgabenbündelung auf kommunaler Ebene ganz erhebliche Synergiepotenziale birgt. Allerdings gelingt das nur, wenn sie nach einem offenen Diskussionsprozess nachvollziehbar auf kommunaler Ebene wirksam wird. Wir begrüßen daher ausdrücklich das Angebot der kommunalen Landesverbände, sich aktiv mit eigenen Vorschlägen in den Prozess der Aufgabenkritik einzubringen und die Einsparungen als Konsolidierungsbeitrag zur Verfügung zu stellen.

Der skizzierte Prozess wird nicht einfach sein. Alle Beteiligten werden ihre bisherigen Positionen auch kritisch überprüfen müssen. Zunächst ist das zuständige Innenministerium aufgefordert, eine nachprüfbare Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der geplanten Verwaltungsstrukturreform durchzuführen und deren Ergebnisse dem Parlament unverzüglich vorzulegen. Dann sollten Entscheidungen vorurteilsfrei getroffen werden, die dem Ziel dienen, die Zukunftsfähigkeit des Landes Schleswig-Holstein und seiner kommunalen Ebene dauerhaft zu sichern.

Ich denke, wir sollten den vorliegenden Bericht in den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss zur weiteren Beratung überweisen und ihn dort als Grundlage für weitere Gespräche mit der kommunalen Ebene nehmen. Darauf aufbauend können dann Entscheidungen in Bezug auf die künftige Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs getroffen werden.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die hohe Arbeitslosigkeit, das geringe Wirtschaftswachs

(Peter Lehnert)

tum, aber auch die im Vermittlungsausschuss auf Bundesebene verabschiedeten Steuersenkungsgesetze der rot-grünen Bundesregierung haben zu einer strukturellen Unterfinanzierung der Landeshaushalte geführt. Elf von 16 Bundesländern haben 2005 einen verfassungswidrigen Haushalt beschlossen. Die Steuerreform hat für viele Menschen, vor allem aber für Unternehmen steuerliche Vorteile gebracht, aber für das Land Schleswig-Holstein hat sie seit 1999 zu Einnahmeausfällen in Höhe von circa 1,4 Milliarden € geführt. Professor Dr. Helmut Seitz, Professor für empirische Finanzwissenschaften und Finanzpolitik an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Technischen Universität Dresden, hat uns im Mai ein Gutachten über die haushaltspolitische Lage und Perspektive des Landes Schleswig-Holstein vorgelegt und einschneidende Sofortmaßnahmen zur Haushaltskonsolidierung gefordert, von denen auch die Kommunen nicht ausgenommen werden dürften. Professor Seitz wörtlich - ich zitiere -:

„Mehrfach haben wir darauf hingewiesen, dass aufgrund der engen Finanzbeziehungen der Landes- und Kommunalhaushalte eine isolierte Konsolidierungsstrategie für den Landeshaushalt nicht möglich ist, sondern dass es gemeinsamer Anstrengungen beider Ebenen bedarf. Klar ist natürlich“

- so Seitz weiter -,

„dass sich das Land nicht ohne weiteres durch Rückgriff auf die kommunale Finanzausstattung Konsolidierungsbeiträge verschaffen kann. Erforderlich ist es daher, dass beide Ebenen gemeinsam nach Einsparpotenzialen suchen, wozu insbesondere auch eine kritische Bestandsaufnahme landesrechtlich determinierter Normen, Standards und Aufgaben gehört.“

Die Landesregierung hat auf der Grundlage des Gutachtens beschlossen, in Anbetracht der Haushaltslage in den Jahren 2007 und 2008 den Haushalt jeweils um 300 Millionen € zu kürzen. Diese Entscheidung erwächst aus blanker finanzieller Not des Landes. Die Regierungsparteien haben im Koalitionsvertrag Versprechungen gemacht, die nicht eingehalten werden können. Dazu gehört die Zusage, in dieser Legislaturperiode keine weiteren Abstriche bei den Sonderzuwendungen der Landesbediensteten vorzunehmen, und dazu gehört eben auch die Zusage, nicht in den kommunalen Finanzausgleich einzugreifen, um die Finanzlage des Landes zu verbessern.

Zusagen nicht einhalten zu können, ist bitter. Sowohl wir als auch unser Koalitionspartner müssen aber einsehen und haben eingesehen, dass jetzt die letzte Chance besteht, selbst Entscheidungen zu treffen. Die Alternative, nichts oder noch nichts zu tun, ist noch schlimmer. Niemand von uns kann und darf sehenden Auges in eine Situation hineinlaufen, wie sie Bremen und das Saarland schon seit Jahren kennen. Die anstehenden Kürzungen sind unvermeidbar. Ziel kann ehrlicherweise nur sein, Kollege Kubicki, die unvermeidbaren Lasten so gerecht wie möglich zu verteilen.