Protocol of the Session on May 31, 2006

Kaum war jedoch Ruhe eingekehrt, meldete die genannte Zeitung im April dieses Jahres unter Berufung auf Äußerungen von CDU-Fraktionschef Kauder bei einem Österreich-Besuch, dieser plane eine PKW-Maut. Im Gespräch sei eine jährliche Maut von 100 € ab 2010. Dies wurde inzwischen von der

(Thomas Stritzl)

Unionsspitze zurückgewiesen, Kauder sei missverstanden worden.

In einem Artikel im Magazin „Focus“, ebenfalls im April, erhob der CSU-Haushaltsexperte Kalb die Forderung, zur ausreichenden Finanzierung des Straßenbaus nach der seit Anfang 2005 gültigen LKW-Maut auch eine allgemeine Autobahn-Vignette einzuführen und die Autobahnen nach österreichischem Modell zu privatisieren. Bundesverkehrsminister Tiefensee hat diesen erneuten Vorstoß aus der CSU zur Einführung einer PKW-Vignette zurückgewiesen und erklärt, dass eine PKWMaut nicht zur Debatte stehe, da die Autofahrer insbesondere angesichts der hohen Spritpreise schon genug belastet seien.

Sie sehen also, es gibt eine ganze Reihe von Äußerungen dazu, dass so etwas kommen sollte.

Bei der SPD auf Bundesebene gibt es eine klare Beschlusslage. Auf dem Karlsruher Parteitag im vergangenen Jahr ist eine PKW-Maut abgelehnt worden. Leider konnte ein förmliches Nein im endgültigen Text der Koalitionsvereinbarung der Berliner Koalition nicht durchgesetzt werden.

Also ist es völlig korrekt, dass wir ein klares und eindeutiges Signal aus Kiel nach Berlin auf den Weg bringen: Wir wollen keine PKW-Maut!

(Beifall)

Insofern ist es auch ein gutes Zeichen, dass Stritzl und Schröder das unterschrieben haben und CDU und SPD dieses Zeichen nach Berlin senden.

Für PKWs muss die Benutzung der Bundesfernstraßen grundsätzlich gebührenfrei bleiben. Es stellt sich auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer PKW-Maut. Ökologisch ist sie mit Sicherheit nicht. Während Autofahrer über die Mineralölsteuer nach dem Verbrauch besteuert werden und auch die KFZ-Steuer Autofahrer mit sparsamen Modellen begünstigt, werden Autobahngebühren bei der Vignetten-Lösung unabhängig vom Verbrauch erhoben und laden damit zum Vielfahren ein. Eine Straßenbenutzungsgebühr würde vermutlich dazu führen, dass es zu einer drastischen Verkehrsverlagerung von der Autobahn auf das nachgelagerte Straßennetz käme. Die Folge dürfte sein, dass viele PKW-Fahrer auf mautfreie Straßen ausweichen würden.

Mit diesem Problem sind wir auch bei der LKWMaut konfrontiert. Wir haben das hier diskutiert. Das Problem gibt es in Erfde vielleicht nicht. Aber wir haben auf Bundesstraßen in Schleswig-Holstein große Schwierigkeiten damit. Der Wirtschaftsminister hat ja versucht, da regelnd einzugreifen.

Immer wieder kommt das Argument: Überall im Ausland müssen Deutsche Mautgebühren zahlen. Tatsache ist: Die Mehrheit der EU-Länder erhebt keine Mautgebühr auf PKW. Außerdem wird in vielen Ländern die Maut nicht vom Staat, sondern von den Betreibern erhoben, die die Autobahnen gebaut haben.

Eine Maut in Deutschland ausschließlich für ausländische Fahrzeuge müsste vorher unter rechtlichen Gesichtspunkten genau geprüft werden. Damit würde es sicherlich ausgesprochen schwierig werden.

Bevor man sich Gedanken über neue Abgaben zur Finanzierung von Straßen macht, sollten Alternativen geprüft werden.

Im Ergebnis komme ich zu dem Schluss: Die Finanzierung des Verkehrswesens mit Mineralölsteuer, Kraftfahrzeugsteuer, LKW-Maut und PPPModellen bei Neubau muss komplett neu überdacht werden. Sollten in Zukunft im Rahmen einer gesamteuropäischen Lösung andere Modelle zur Diskussion stehen, müssen diese auf alle Fälle für den Autofahrer kostenneutral funktionieren. Die Erlöse müssten in vollem Umfang dem Verkehrsbereich zufließen.

Fazit ist: Für uns kommt die Einführung einer PKW-Maut absolut nicht infrage. Wir sollten dieses Zeichen hier als Landtag gemeinsam auf den Weg bringen. Es scheitert wahrscheinlich an einem Wort. Wir wollen nämlich - dabei bleiben wir auch -, dass das flächendeckend geschieht. Aber da gibt es einen Unterschied in der Bewertung. Wir sollten alternativ abstimmen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Fraktion der FDP erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Schröder, ich wende mich jetzt an Sie, weil ich den Beitrag des Kollegen Stritzl, offen gestanden, weder inhaltlich noch akustisch richtig verstanden habe.

Wenn man es einfach formuliert - da gebe ich Ihnen völlig Recht -, dann unterschreibt man einfach den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Meinetwegen sollten wir alle sagen: Wir sind gegen eine PKW-Maut.

(Bernd Schröder)

Ich würde Sie ganz herzlich darum bitten, den verquarkten Text, wer sich ihn auch immer ausgedacht hat, in dem Antrag von CDU und SPD einfach durchzulesen. Herr Astrup, auch ich habe da meine Vermutung. Was den zweiten Absatz betrifft, wundert es mich, dass Sie unterschrieben haben. Ich glaube, wir könnten schon irgendwie zusammenkommen. Die Formulierung der CDU ist nichts anderes als möglicherweise die Rechtfertigung für den Versuch, irgendwie eine PKW-Maut einzuführen. Herr Kollege Stritzl, das ist aber ein so hanebüchener Unsinn, der in dem zweiten Absatz des Antrags formuliert ist!

Ich will meine Rede abkürzen und schlage vor: Wir können alle zusammen - meinetwegen auch unter Nennung sämtlicher Fraktionssitzenden - ein wichtiges und richtiges Signal nach außen senden. Wenn man das nicht will, wie es der Kollege Schröder beschrieben hat, dann braucht man das, was davor geschrieben wurde, nicht, sondern dann reicht ein einziger Satz.

(Zuruf von der SPD: Es geht um das Wort „flächendeckend“!)

- Das muss man im Zweifel mit den Grünen noch ausmachen.

Wer wirklich die Absicht hat, wie es indirekt im zweiten Absatz steht, deutsche und andere EU-Angehörige unterschiedlich zu behandeln, sollte bedenken, dass das schon bei der LKW-Maut gescheitert ist. Ich bin davon überzeugt: Das würde auch bei einer PKW-Maut nicht klappen.

Wir wissen doch alle hier: Der ursprüngliche Entwurf der EU-Dienstleistungsrichtlinie wurde gerade deshalb entschärft, damit EU-Angehörige in jedem EU-Staat möglichst gleichbehandelt werden.

Ich erspare mir den ganzen Rest meiner eigentlich vorbereiteten Rede, der sich auf diese wunderbare Formulierung des Antrags von CDU und SPD bezieht.

Die FDP will keine Maut für PKW auf bundesdeutschen Autobahnen, weil diese vom Steuerzahler nämlich schon zwei- und dreifach bezahlt wurden. Das können wir heute völlig problemlos in einem einzigen Satz sagen und als Landtag beschließen. Was hier sonst vorliegt, gehört wirklich in den Reißwolf, weil es nicht taugt, diese klare Absicht nach außen zu demonstrieren.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten KarlMatin Hentschel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der großen Koalition scheint mir nicht frei von einer gewissen Heuchelei. Die Überschrift scheint klar zu sein: Keine PKW-Maut auf Autobahnen. Das ist genau das, was wir als Antrag formuliert haben. Wir können auch gern auf das Wort „flächendeckend“ verzichten und sagen: Keine PKW-Maut. Damit bin ich einverstanden. Auch Sie? - Sie wollen auf Autobahnen wohl doch PKW-Gebühren einführen, allerdings nicht flächendeckend.

Im ersten Absatz wird die Sache relativiert. Sie sprechen sich nur noch gegen eine flächendeckende Maut aus. Dies soll auch nur dann gelten, wenn zusätzliche Kosten für inländische Autofahrer entstehen. Wie heißt es doch so nett im englischen Staatswappen: Ein Schelm sei, der Böses dabei denkt.

Im zweiten Absatz Ihres Antrags machen Sie eine neue geistige Kehrtwende. Da akzeptieren Sie die Maut und liefern gleich auch noch die Begründung. Es geht um die Beteiligung der ausländischen Verkehrsteilnehmer an der Finanzierung der Straßen. Für die deutschen Autofahrer soll die Maut aber kostenneutral sein. Da frage ich: Was wollen Sie denn nun tatsächlich? Dieser Antrag ist so rätselhaft wie das Orakel von Delphi.

Es ist schon erstaunlich, dass die Sau PKW-Maut von den Politikern der großen Koalition in Berlin immer wieder durchs Dorf gejagt wird. Hat das etwa den Zweck, dass die Landespolitiker der gleichen großen Koalition anschließend Anträge dagegenstellen?

Zur Sache! Eine PKW-Vignette oder PKW-Maut nur auf Autobahnen würde nach ADAC-Schätzungen zu massiven Ausweichverkehren auf vergleichsweise unsicheren Landstraßen führen. Die Folgen wären: 600 mehr Verkehrstote und 17.000 Verletzte pro Jahr, Staus bei Ortsdurchfahrten und mehr Lärm vor allem in der Nacht.

Was macht es für einen Sinn, Straßen, die der Steuerzahler schon bezahlt hat, anschließend für Steuerzahler zu sperren, um eine Maut einzuführen? Es ist doch viel sinnvoller, das zu tun, was wir in der Vergangenheit gemacht haben, nämlich die Straßen über Benzinsteuer und Ökosteuer zu finanzieren.

(Dr. Heiner Garg)

Das ist verbrauchergerecht. Wer wenig fährt, zahlt wenig, wer viel fährt, zahlt viel. Dann ist die Rechnung übrigens kostendeckend: Die PKWs zahlen ihren Anteil an der Straßenabnutzung. Wer seinen Anteil an der Straßenabnutzung nicht zahlt, sind die LKWs. Bei diesen liegt die Straßenabnutzung wegen der größeren Lasten übrigens zehntausendmal höher.

Das heißt: Das Problem der Straßenfinanzierung haben wir nicht im PKW-Bereich, sondern nur im LKW-Bereich. Eine PKW-Vignette oder PKWMaut für Autobahnen wäre verkehrspolitischer Unsinn und sozial ungerecht.

Das Argument, über eine PKW-Maut ausländische Straßenbenutzer an den Kosten zu beteiligen, zieht nicht. Im Unterschied zum LKW, wo wir erstens erhebliche Anteile an ausländischen LKWs haben und zweitens diese ausländischen LKWs in Deutschland nicht tanken, ist es im PKW-Bereich so, dass der Anteil der Ausländer nur 5 % ausmacht, die in der Regel in Deutschland tanken, sodass wir von daher kein Finanzierungsproblem haben.

Die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bleibt bei ihrer Position: Keine PKW-Maut, weder auf Autobahnen noch außerhalb. Die Ökosteuer ist das richtige Instrument.

Dem seltsamen Antrag von CDU und SPD können wir nicht zustimmen. Deswegen haben wir den Alternativantrag eingebracht.

Ich schlage den beiden großen Fraktionen noch einmal vor: Wenn Sie sich tatsächlich gegen eine PKW-Maut aussprechen wollen, dann unterstützen Sie bitte unseren Antrag, aus dem ich das Wort „Autobahn“ streiche. Der Antrag heißt dann nur noch: Der Schleswig-Holsteinische Landtag spricht sich gegen eine PKW-Maut aus.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie dem zustimmen können, sind wir uns einig. Dann haben wir einen gemeinsamen Antrag. Wenn Sie dem nicht zustimmen wollen, dann haben Sie etwas anderes im Sinn. Dann werden wir uns nicht auf einen gemeinsamen Antrag einigen. Dann müssen Sie gegen den Antrag der Grünen stimmen.

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Egal, wie man darüber denkt, die PKWMaut droht immer wieder zu kommen. Wer die maroden Staatsfinanzen betrachtet, weiß, dass sich unser Straßennetz nicht mehr ohne Weiteres finanzieren lässt. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der immer wiederkehrenden Diskussion über die PKWMaut ist die heutige Diskussion durchaus sinnvoll. Schließlich wird auch das Land Schleswig-Holstein über den Bundesrat darüber entscheiden müssen und können, inwieweit eine PKW-Maut eingeführt und ausgestaltet wird. Zumindest droht so etwas.

Im Ziel sind wir uns alle einig: Die PKW-Maut darf nicht kommen. Und wenn sie kommt, darf sie nicht zu neuen Belastungen der INLÄNDISCHEN AUTOFAHRER führen. Dabei sehe ich die Autofahrer nicht als eine besondere Klientel, die es zu bedienen gilt.

(Unruhe)

Herr Kollege Harms hat das Wort.