Ich möchte abschließen. Ich gehe davon aus, das Wahlprogramm der SPD sieht genau wie das der CDU eine Priorität, und die Priorität heißt Arbeitsplätze oder Arbeitslosigkeit abbauen.
Ich könnte sagen, meine Strategie ist, das fortzusetzen, was wir im ersten Jahr gemacht haben. Wir haben heute 30.000 Arbeitslose weniger als am 27. April 2005. Das sind noch 139.000 zuviel, aber die Richtung ist richtig. Heute hat der Vorsitzende,
der Geschäftsführer der Generaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit - früher hat man gesagt der Präsident des Landesarbeitsamtes; das war ein bisschen kürzer - an den Ministerpräsidenten geschrieben, und ich gehe davon aus, er hat auch an den Kollegen Döring geschrieben:
Ich möchte auf die Verabredung in unserem persönlichen Gespräch zurückkommen und Ihnen heute die aktuelle Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Mai 2006 darstellen. Die Arbeitslosenzahl in Schleswig-Holstein hat sich gegenüber dem April um 9.000 Personen reduziert. Das ist der größte Rückgang innerhalb eines Monats seit vielen Jahren. Gegenüber dem Vorjahresmonat sind es sogar 21.000 Arbeitslose weniger. Das ist ein Minus von 13 %, das höchste von allen Bundesländern. Damit ist die niedrigste Arbeitslosenquote seit Einführung von Hartz IV erreicht … Im Ländervergleich hat SchleswigHolstein das Saarland überholt und liegt jetzt auf Platz fünf der Bundesländer, gemessen an der Arbeitslosenquote. Der Abbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung ist nahezu gestoppt. Die Zahl der Ausbildungsstellen liegt um 2,5 % über der des Jahres … … im Vergleich bundesweit minus 4 %, bei uns plus 2,5 %. Allerdings steigt die Bewerberzahl erheblich. Wir haben hier Anstrengungen zu unternehmen.“
Ich danke Herrn Minister Austermann und erteile das Wort für die CDU-Fraktion noch einmal dem Herrn Abgeordneten Johannes Callsen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Minister hat einiges deutlich gemacht, und zwar, wie ich glaube, mit der erforderlichen Deutlichkeit.
Ich will zum Kollegen Harms sagen, man kann Schwierigkeiten einer strukturschwachen Region aufzeigen, man muss aber aufpassen, dass man nicht an der Schwelle dazu steht, eine ganze Region schlecht zu reden und nur noch Negativbeispiele aufzuzeigen.
Minister Austermann hat eben eine ganze Reihe von Beispielen angeführt. Ich will nur noch einmal erinnern an die Frage der GA-Förderung. Wenn diese Landesregierung, und zwar die gesamte Landesregierung, nicht dafür eingetreten wäre, dass der Landesteil Schleswig und die strukturschwachen Gebiete generell in der Förderkulisse für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ geblieben wäre, dann wäre mit regionaler Wirtschaftsförderung dort in Zukunft überhaupt nichts mehr möglich gewesen. Dass die EU mittlerweile andere Vorgaben macht nach der Lissabon-Strategie, das ist in der Tat nicht dieser Landesregierung anzulasten. Wir treten gemeinsam dafür ein, auch gegenüber der EU, Korridore zu schaffen, um strukturschwache Regionen weiterhin nach Möglichkeit zu fördern.
Herr Kollege Hentschel, für Chronisten: Sie haben angemerkt und kritisiert, dass die ttz und der Technologiebereich im Wirtschaftsbereich nicht ausführlich vorkommen. Wie gesagt, für Chronisten: Die ttz wurde im Jahre 2004 zur WTSH verschmolzen mit der WSH. Das war zu einer Zeit, die nicht Minister Austermann zu verantworten hat, sondern wo ich ahne und weiß, dass Sie da eine gewisse Regierungsverantwortung mit wahrgenommen haben.
Wir haben beim Kollegen Dr. Garg auch eine ganze Reihe von Negativbeispielen zum Bürokratieabbau und zu anderen Bereichen gehört, die mich ebenfalls in der Auffassung bestärken, dass er entweder den Bericht nicht gelesen oder nicht richtig ausgewertet hat. Was ich positiv sehe: Alle diese Negativbeispiele, die Sie aufgezeigt haben, Verwaltungsregionen, Kormorane, Knickerlass und Ähnliches, stammen klassischerweise nicht aus der typischen Wirtschaftspolitik, sodass ich davon ausgehe, im eigentlichen Wirtschaftsbericht selbst haben Sie solche Negativbeispiele und solchen Anlass für Kritik nicht gefunden.
Was die volkswirtschaftlich-statistische Analyse, mit der Sie die Schwarzmalerei zu Beginn Ihrer Rede unterstrichen haben, angeht: Wenn SchleswigHolstein bei gleicher konjunktureller und weltkonjunktureller Lage im letzten Jahr im Bundesdurchschnitt überdurchschnittliche, also bessere Wachstumsraten beim Bruttoinlandsprodukt und auch bessere Raten beim Abbau der Arbeitslosigkeit wie gesagt, bei gleichen Startbedingungen und im Vergleich zu allen anderen Bundesländern - zu verzeichnen hat, dann hat das meiner Überzeugung nach schon etwas mit der Stimmung in SchleswigHolstein, mit der Landespolitik und auch mit den neuen Akzenten, die wir hier setzen, zu tun.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich will ich auf die Vorwürfe, die mir gegenüber gemacht worden sind, reagieren. Herr Callsen, ich will unsere Region nicht schlecht reden. Im Gegenteil! Wir haben immer wieder gesagt: Wir wollen die Stärken unserer Region fördern. Wenn es darum geht, die Stärken zu fördern, und ich sehe, dass die Landesregierung dieses nicht tut, ist es meine verdammte Pflicht, dieses hier im Landtag auch wirklich anzusprechen. Sie müssen damit leben, dass die Negativbeispiele von uns allen hier angesprochen werden. Sie haben leider Gottes ein Projekt eingedampft, von dem wir uns die Schaffung von mindestens 500 Arbeitsplätzen erhofft haben. Wir hören nun, dass wir stattdessen eine Forschungsplattform bekommen. Das ist wichtig und auch gut, aber nur eine Ergänzung zu dem, was wir in Husum als Hafenausbau hätten haben sollen. Wir erforschen jetzt, wie gut man Offshorewindenergie gewinnen kann. Die Arbeitsplätze werden dann aber in Esbjerg oder in Cuxhaven geschaffen. Das ist das, was ich bemängele. Ich werde das auch weiterhin bemängeln.
Was die EU angeht, so ist es klar, dass die EU Vorgaben macht. Im Rahmen der EU-Programme Herr Callsen, Sie haben es eben auch deutlich gemacht - kann man natürlich Schwerpunkte setzen und Korridore schaffen. Das ist auch das, was die ehemalige Landesregierung mit der Cluster-Strategie getan hat. Das ist das, was wir erwarten. Auch die beiden Kollegen von der FDP und den Grünen haben sich in diesem Sinne geäußert. Wir erwarten nicht nur gute Worte, sondern eine Strategie. Wir möchten, dass handfest gesagt wird, welcher Cluster im Norden gebildet wird, welche Strategie im Norden gefahren werden soll. Wir hören immer nur: Metropolregion Hamburg, Metropolregion Hamburg, Metropolregion Hamburg. Etwas Gleichartiges für unseren Norden hören wir aber nicht. Das ist etwas, was wir bemängeln.
Es gibt ja durchaus Chancen. Ich hätte mir heute gewünscht, dass gesagt worden wäre: Im Bereich des Tourismus schaffen wir hoch im Norden Cluster, denn in Nordfriesland gibt es einen touristischen Schwerpunkt. Auch in einer anderen strukturschwachen Region im Süden, im Ostholsteinischen,
liegt ein touristischer Schwerpunkt. Dazu hätte ich Aussagen erwartet. Diese vermisse ich. Das ist das Problem, das wir haben: Wir hören von der Landesregierung eben gerade nicht ganz konkret, welche Schwerpunkte für unsere Region gesetzt werden. Wir als Regionsvertreter des Nordens sollten uns eigentlich einig sein, dass wir von der Landesregierung mindestens das erwarten können, was ich eben angesprochen habe. Wir überweisen den Bericht jetzt an den Ausschuss. Ich gehe davon aus, dass wir zumindest die Chance bekommen, Entsprechendes noch im Ausschuss zu hören, damit man vernünftig darüber reden kann, wie man den Norden in seinen Stärken weiterentwickeln kann. Das muss Zielsetzung unserer Politik sein. Es darf nicht nur um ganz bestimmte andere Regionen gehen; wir müssen vielmehr auch den Norden weiterentwickeln.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/779, dem Wirtschaftsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 16 aufrufe, erlauben Sie mir eine geschäftsleitende Bemerkung. Die Fraktionen haben vereinbart, die Vorlage unter Tagesordnungspunkt 33 - Krankenhausfinanzierung in Schleswig-Holstein - ohne Aussprache dem Finanzausschuss zu überweisen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich bitte daher zunächst um Abstimmung darüber, ob das Plenum diesen Bericht entgegennehmen möchte. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich stelle Zustimmung fest.
Ich bitte die Landesregierung um den Bericht und erteile dem Minister für Justiz, Arbeit und Europa, Herrn Uwe Döring, das Wort.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jean-Claude Juncker hat bei der Verleihung des Karlspreises ganz treffend formuliert: Wenn wir Europa immer nur als hässliche Braut beschreiben, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Bürger der EU Europa nicht zu ihrer Herzdame erklären. - Wir waren eben schon wieder nahe daran, Europa schlechtzureden, statt die Dinge einmal umgekehrt zu sehen. Das rituelle Schlechtreden Europas ist nur ein Beleg von vielen für die gestörte Kommunikation zwischen Europa und seinen Bürgerinnen und Bürgern. Die dahinter stehende Frage lautet: Wie soll sich Europa eigentlich darstellen?
Die EU-Kommission versucht, darauf eine neue Antwort zu finden. Als Ergebnis ihrer Reflexionsphase hat sie mit dem Plan D und vor allem mit dem Weißbuch eine neue Kommunikationsstrategie formuliert. Mehr Dialog, mehr Dezentralität, mehr Bürgerorientierung - wer könnte schon dagegen sein? Leider wird dieses Bekenntnis aber nicht ausreichen, um den Verfassungsvertrag zu retten. Es wird, so fürchte ich, auch der europäischen Idee nicht zu mehr Akzeptanz verhelfen.
Das Weißbuch hat eine Reihe von Mängeln. Es ist unklar, wie weit die Kommission sich selbst an der notwendigen Diskussion beteiligen will. Sie will offenbar nur Stichwortgeber oder Moderator sein. Die meisten Vorschläge beschränken sich auf die üblichen Elemente einer Werbekampagne. Das ist viel zu wenig.
Insgesamt setzt das Weißbuch zu stark auf Verfahren und zu wenig auf politische Themen. So wird zum Beispiel ein europäischer Verhaltenskodex zur Kommunikation vorgeschlagen, nach dem sich alle Beteiligten freiwillig verpflichten sollen, gemeinsame Kommunikationsgrundsätze und -standards einzuhalten. Das offenbart übrigens einen gewissen skurrilen Ansatz von Demokratieverständnis der Kommission. Man stelle sich einmal vor, die Landesregierung würde einen solchen Verhaltenskodex zur Berichterstattung über die Landespolitik vorschlagen. Das zeigt sehr deutlich, dass dies nicht der richtige Weg sein kann.
Noch im Juni wird der Bundesrat eine Stellungnahme zur EU-Kommunikationspolitik beschließen. Schleswig-Holstein hat daran maßgeblich mitgewirkt. Die grundlegenden Ziele können begrüßt werden. Die Länder verlangen aber zu Recht eine stärkere regionale Ausrichtung. So will sich die Kommission beispielsweise nur mit hohen Mindestbeiträgen an Projekten beteiligen. Die zahlreichen anderen kleinen Akteure, die wir hier im Lande haben, würden dann nicht berücksichtigt werden können. Das kann so nicht sein.
Eine zweite wichtige Forderung zielt auf die stärkere inhaltliche Beteiligung der Kommission. Sie darf nicht nur steuern, sondern muss auch selbst Farbe bekennen.
Meine Damen und Herren, machen wir uns nichts vor: Die klassischen Informations- und Werbekampagnen der letzten Jahre sind gescheitert. Der Plan D und das Weißbuch bringen hier leider keine qualitativen Verbesserungen. Was wir viel dringender brauchen, ist eine breite Diskussion über Umfang und Ziel der europäischen Integration und ihren Mehrwert, und zwar nicht in Brüssel, sondern vor Ort hier bei uns.
Europäische Kommunikationspolitik muss erstens die kompetente Nutzung europäischer Instrumente fördern und zweitens die Mitwirkung an Entscheidungsprozessen auf europäischer Ebene sichern. In Schleswig-Holstein verfahren wir bereits entsprechend dieser Schwerpunktsetzung. Mit der Unterstützung der Europa-Union und der dezentral ausgerichteten Europawoche ist unsere Informationsstrategie regional gut verankert. Hinzu kommt die enge Zusammenarbeit mit den beiden EU-Informationsstellen der Europa-Union in Kiel und der Akademie für ländliche Räume. Auch mit dem Euro-Infocenter der Investitionsbank, der WTSH, der IHK, dem Hanse-Office und vielen anderen besitzen wir eine ausgezeichnete Beratungsstruktur für die EUProgramme. Schließlich können wir auch mit der Verbesserung der Europafähigkeit einen Beitrag leisten, damit europäische Politik nicht mehr als politischer Fremdkörper wahrgenommen wird.
- Herr Kollege Astrup, sehr weit sogar! - Ich würde mich freuen, wenn wir uns im Europaausschuss Zeit für eine gründliche Diskussion nähmen. Die Debatte über diese Kommunikationsstrategien ist
wichtig. Wir dürfen aber auch nicht vergessen: Europa wird sicherlich nicht an schlechter Kommunikation scheitern, sondern allenfalls an schlechter Politik.