Protocol of the Session on May 5, 2006

Das schließt natürlich insbesondere den Ministerpräsidenten ein, der in dieser Frage in Verhandlungen mit dem Bürgermeister von Hamburg erreicht hat, dass der Standort Kiel die klare Priorität bekommen hat. Ich denke, dass das immer wieder deutlich erwähnt werden muss: Hier funktioniert Kooperation in Norddeutschland. Sie dient den

Menschen, dient den Bürgern des Landes, aber auch Deutschland insgesamt.

Es sind eine Reihe von Fragen gestellt worden, die ich kurz beantworten möchte, soweit dies nicht ausführlich im Ausschuss erfolgen muss. Zunächst treffe ich eine grundsätzliche Feststellung. Ich stimme Kollegin Trauernicht ausdrücklich zu: Das Protonentherapiezentrum wird Schleswig-Holstein, wird Kiel als Medizinstandort deutlich aufwerten. Das Wichtigste ist natürlich eine bessere Krebsbehandlung. Jeder, der Fragen zur Zahl der Fälle, zu den Risiken stellt und dazu, welche Kosten damit verbunden sind, muss sehen, dass heute auch bestrahlt wird, dass wir jedoch eine qualifiziertere Bestrahlung an die Stelle der alten setzen. Die jetzt anfallenden Kosten werden dadurch vermieden und man geht zu einer anderen, einer günstigeren Methode über.

Das Allerwichtigste ist: Wir können vielen Krebskranken schon in wenigen Jahren eine der besten Therapiemethoden der Welt bieten. Das allein ist bereits ein Erfolg. Dass daneben 110 qualifizierte Arbeitsplätze entstehen, das Universitätsklinikum eine weltweit erstklassige Forschungstherapieeinrichtung ist, gehört selbstverständlich in diesen Zusammenhang.

Zu den Fragen! Ich habe darauf hingewiesen, dass wir einen engen Abstimmungsprozess durchgeführt haben. Er sieht so aus, dass im Juni die Entscheidung über denjenigen fällt, der künftig, nämlich ab November, den Auftrag für den Bau des Protonentherapiezentrums erhält. Wir rechnen damit, dass im Jahre 2007 damit begonnen und im Jahre 2009 die Einrichtung fertig gestellt sein wird. Es gibt hier einen ganz klar festgelegten Zeitrahmen.

Zweitens. Wir stehen in Verhandlungen mit den skandinavischen Ländern. Es gibt konkrete Zusagen. Darüber wird im Ausschuss ausführlich berichtet. Das betrifft Dänemark, vor allem Norwegen. Ich denke, dass wir auch mit Schweden noch eine Einigung erzielen werden. Wir werden die Frage der Kostenträgerschaft zwar auch im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform betrachten, jedoch unabhängig davon auch die Behandlung von auswärtigen Patienten in großer Zahl ermöglichen.

Herr Harms fragte nach der Zahl der Patienten. Wir gehen von einem Einzugsbereich von 6 Millionen bis 8 Millionen Menschen aus; das ist der gesamte Bereich Norddeutschlands, sind SchleswigHolstein, Hamburg, Niedersachsen, MecklenburgVorpommern und Bremen. Deren Wissenschaftsmi

(Lars Harms)

nister haben mit mir gemeinsam bestätigt, dass wir hier ein Zentrum haben werden, dessen Einzugsbereich sich bis nach Südniedersachsen, bis in den Raum Göttingen sowie in den Raum Norwegen erstrecken wird. Dies verdeutlicht, wie das Protonentherapiezentrum im Hinblick auf die zu erwartende Nachfrage ausgelegt ist.

Vor wenigen Tagen haben wir in der Presse darauf hinweisen können, dass es inzwischen Bestrebungen einer großen amerikanischen Universität gibt, die an einer Kooperation interessiert ist. Das macht deutlich, dass wir, wenn das Therapiezentrum endlich fertiggestellt ist, hier in der Weltliga spielen.

Ich denke, dass die ehrgeizigen Pläne aller Beteiligten, auch der Stadt Kiel, zügig vorangetrieben werden. Wir haben in Kiel nicht nur einen, sondern zwei mögliche Standorte. Die Grundstücksplanungen befinden sich auf einem guten Weg. Die Stadt hat sich einstimmig für das Grundstück Pastor-Husfeldt-Park entschieden.

Die Krankenkassen haben ihre Unterstützung erklärt. Die Kooperationsverhandlungen mit anderen Universitätskliniken sind abgeschlossen. Das Investitionsvolumen ist abgesichert.

Ich möchte klar sagen: Sie können davon ausgehen, dass ein wesentlicher Teil der Investitionen von ausländischen Investoren aufgebracht wird, die ein Interesse daran haben, sich daran zu beteiligen, und Interesse daran haben, dass auch Patienten aus anderen Regionen nach Kiel kommen. Das allein macht deutlich, dass das wirtschaftliche Risiko gering ist. Das bedeutet, dass sich die Landesregierung nicht mit Haushaltsmitteln beteiligen muss, sondern das über die normalen Wege finanziert wird.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Garg? - Bitte.

Herr Minister, wären Sie so nett zu sagen, welche Krankenkassen Unterstützung zugesagt haben?

Die Techniker Krankenkasse, die AOK, die VdAK beispielsweise. Alle wesentlichen Krankenkassen, die in dem Bereich tätig sind, haben Unterstützung zugesagt. Ich glaube, dass sämtliche beteiligten Krankenkassen im Bericht aufgeführt sind. Dazu können wir Ihnen noch Einzelheiten nennen.

Sie können davon ausgehen, dass wir uns diesem Projekt nicht zuwenden würden, wenn wir nicht wüssten, dass nicht wesentliche Krankenkassen sich beteiligen.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Die Ausschreibung ist Anfang April mit Zustimmung des Aufsichtsrates und des Kabinetts als öffentlich-private Partnerschaft eingeleitet worden. Das bedeutet, private Partner sollen die Planung, den Bau, den technischen Betrieb sowie die Investitionsfinanzierung der Anlage übernehmen. - Ich darf es noch einmal sagen, Herr Garg: Private Partner übernehmen Planung, Bau, technischen Betrieb sowie Investitionsfinanzierung der Anlage.

Der medizinische Betrieb wird von einer Tochtergesellschaft des UK S-H übernommen, die noch gegründet werden muss und die die Anlage von den privaten Investoren mietet. Das macht deutlich, dass das Risiko für den Landeshaushalt faktisch gleich null ist. Das macht deutlich, dass es vor allen Dingen um eine medizinische Einrichtung geht, und macht deutlich, dass wir dabei sind, einen Riesengewinn, einen Riesensprung im Bereich der Gesundheitsbehandlung, im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Entwicklung zu machen.

Ich bin auch davon überzeugt, dass wir von der Deutschen Krebsgesellschaft auch noch das entsprechende Krebszentrum an diese Einrichtung anschließen werden. Dann ist Schleswig-Holstein gewissermaßen ein großes Zentrum in Deutschland für Onkologie.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/717, federführend dem Bildungsausschuss, mitberatend dem Sozialausschuss sowie dem Finanzausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Dann ist einstimmig so beschlossen worden.

Auf der Tribüne begrüße ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Goethe-Schule in Flensburg mit ihren Lehrkräften, die heute Gäste des Petitionsausschusses sind, und unseren früheren Kollegen Peter Jensen-Nissen. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf:

(Minister Dietrich Austermann)

Wohnen im Alter

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/714

Ich erteile der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren, Frau Dr. Gitta Trauernicht, das Wort. Frau Ministerin, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema „Wohnen im Alter“ hat in erster Linie nicht städtebauliche oder bautechnische Aspekte. Für die älter werdende Generation ist nämlich die soziale Qualität des Wohnens in Gänze der zentrale Punkt, um auch die Einbindung älterer Menschen in die Gesellschaft, in die Nachbarschaft und in die Gemeinschaft zu erreichen. Wie wir im Alter wohnen, das bestimmt unsere Lebensqualität im Alter ganz entscheidend, unsere Mobilität, unsere Autonomie, die Frage des Zugangs zu unseren täglichen Bedürfnissen vom Einkaufen über Kontakte zu anderen Menschen bis hin zum Zugang zu medizinischen und pflegerischen Angeboten.

„Im Quartier älter werden“ ist dabei nicht nur ein Leitbild für politische Gestaltung, es ist zugleich auch ein Bild, das dem Wunsch der meisten Menschen im Alter entspricht, ein Wunsch, den sie immer wieder formulieren. Sie wollen auch im Alter in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. Deswegen ist es unser politisches Ziel, das zu erreichen.

Das Angebot passenden Wohnraums beginnt mit Maßnahmen zur Umgestaltung der bestehenden Wohnung und geht bis hin zur planerischen Weiterentwicklung. Die soziale Infrastruktur unserer Dörfer und Städte gehört deshalb zu den großen Herausforderungen, die der demographische und strukturelle Wandel an die Gesellschaft stellt. Das ist eine Herausforderung an die Kreativität vor Ort, an die Wohnungsbaugesellschaften, aber auch an die sozialen Verbände, die eine Schlüsselrolle einnehmen können und sollen, älter werdende Menschen auch unter dem Aspekt der Lebensplanung dazu zu bewegen, sich frühzeitig mit den schließlich nur ganz individuell zu beantwortenden Fragen zu beschäftigen: Wie will ich ganz persönlich im Alter leben? Was kann ich ganz persönlich schon jetzt dazu beitragen, dass sich die Gesellschaft so entwickelt, dass mir das später auch möglich ist?

Ich führe zurzeit mit allen Seniorenbeiräten unseres Landes Gespräche. Das ist immer wieder das Schlüsselthema: Wie wohne ich im Alter? Ist es mir

möglich, auch im Alter in meiner eigenen Wohnung oder wenigstens in der Umgebung zu verbleiben? Wie ist die ärztliche, die planerische Infrastruktur? - Das ist das Schlüsselthema. Dem müssen wir uns widmen.

Der Bericht zum Antrag „Wohnen im Alter“ informiert deshalb auch zu den wichtigen gesicherten Grundannahmen, so zum Beispiel die Tatsache, dass unsere Haushalte in den nächsten Jahren aufgrund der veränderten Zusammensetzung in unserer Gesellschaft um 75.000 Einheiten wachsen werden, und kennzeichnet bereits heute erkennbare Nachfrageschwerpunkte an seniorengerechtem Wohnraum. Denn trotz vielfältiger politischer und gesellschaftlicher Aktivitäten in den letzten Jahren, ist das Thema des seniorengerechten Wohnraums auch zukünftig noch eine große Herausforderung.

Der Bericht dokumentiert, dass Schleswig-Holstein hier gut aufgestellt ist, um bedürfnisgerechte, sichere, bezahlbare und zukunftsfähige Wohnungen und sozial angebotene Wohnformen zu schaffen. Der Bericht stellt dar, mit welchen Instrumenten auf die Auswirkungen auf den demographischen Wandel reagiert wird und welche regional differenzierten Steuerungsmöglichkeiten hinsichtlich der strukturellen Rahmenbedingungen bestehen. Denn es ist eine Binsenweisheit: Man lebt nicht gleich in diesem Land. Das ist sehr unterschiedlich, von den jeweiligen regionalen Bedingungen abhängig, ob man Chancen hat auszuwählen.

Das Ganze - das mache ich hier deutlich - heißt nicht, dass nun alles prima ist. Wir haben noch erheblichen Handlungsbedarf vor uns. Schon heute wissen wir zum Beispiel, dass in Schleswig-Holstein mehr alte Menschen in stationären Einrichtungen alt werden als im Bundesdurchschnitt. Bei uns sind es 38 %, im Bundesdurchschnitt sind es 31 %. Und das, obwohl die meisten Menschen sagen, sie wollen im Alter lieber zu Hause oder in ihrer gewohnten Umgebung alt werden. Das liegt eben an den häuslichen Verhältnissen, an nicht angepasstem Wohnraum, aber auch an zu späten individuellen Entscheidungen, sich auf das Alter und mögliche Pflegebedürftigkeit einzustellen und selbst etwas dafür zu tun, die Selbstständigkeit zu erhalten. Es liegt an zu wenig Informationen über ambulante Unterstützung oder an noch nicht vorhandenen realen Alternativen.

Es sind viele Faktoren, die sich nicht an der Quadratmeterzahl von Wohnungen messen lassen. Es geht um das Zusammenspiel von Wohnverhältnissen, das wir gestalten müssen. Deswegen müssen wir ganz neue Akteure zusammenbringen: die Wohnungsbaugenossenschaften, die Wohlfahrtsver

(Präsident Martin Kayenburg)

bände, die Menschen selbst, die Seniorenbeiräte. Aber wir müssen es auch als ein generationenübergreifendes Thema begreifen, das wir miteinander zu bewältigen haben. Die Idee vom „im Quartier alt werden“ braucht die planerische Anpassung von Dorf- und Stadtquartieren mit entsprechenden Angeboten.

Die Nagelprobe findet also vor Ort statt. Nur vor Ort werden wir den unterschiedlichen Erfordernissen des demographischen Wandels und hier speziell dem Wohnen im Alter und den jeweiligen Bedürfnissen von Menschen Rechnung tragen. Denn diese unterscheiden sich durchaus auch vor dem Hintergrund der jeweiligen erfahrenen Wohnungen. Ob man auf dem Land alt geworden ist oder im städtischen Ballungsgebiet gelebt hat, das alles ist auch von Relevanz für die zukünftigen Wünsche. Nur vor Ort werden wir dem also gerecht. Es bleibt ein dynamischer Prozess, den wir auch politisch vor Ort beeinflussen müssen.

Wir können als Landesregierung eine Menge dazu tun, um diesen Prozess in die richtige Richtung zu entwickeln. Wir haben ähnliche Programme in verschiedensten Politikfeldern anzubieten. Dass dies auch bei schwierigen Rahmenbedingungen, auch schwierigen Haushaltsrahmenbedingungen, so bleiben soll, das wird unsere Aufgabe sein, weil wir diese große Herausforderung, ein gutes Wohnen im Alter, würdig alt werden, miteinander bestehen müssen.

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion der CDU hat der Herr Abgeordnete Torsten Geerdts das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der demographische Wandel stellt uns auf allen politischen Ebenen vor neue Herausforderungen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Na so was!)

- Sogar den Kollegen Garg!

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht: Den be- sonders!)

Ab dem Jahr 2020 sinkt die Zahl der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter deutlich. Langfristig haben wir in Schleswig-Holstein mit einem Rückgang von 400.000 Personen im erwerbsfähigen Alter zu rechnen. Allein diese Zahlen machen deutlich, in wel

chem Umfang neue Anforderungen an die Politik der Kommunen, an die Politik des Landes, aber auch an die Politik des Bundes gestellt werden. Es ist wichtig, dass der Bericht den Zusammenhang der Verantwortung deutlich macht, wenn wir mit den Themen Älterwerden und sachgerechtes Wohnen gerecht umgehen wollen.

Es ergibt sich ein dringender Handlungszwang für die Reform der Sozialsysteme, für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für die Erhöhung der Erwerbsquote der Frauen, für die Verbesserung der Kinderbetreuung und nicht zuletzt für das Angebot nach seniorengerechtem Wohnraum.