Protocol of the Session on May 25, 2005

Bereits am Ende der letzten Legislaturperiode hatte der SSW eine Novellierung des Informationsfreiheitsgesetzes in den Landtag eingebracht. Es hatte sich nämlich nach vier Jahren Informationsfreiheit langsam herausgestellt, was noch besser gemacht

(Anke Spoorendonk)

werden kann. Die Diskussion über die Einführung von Informationszugangsrechten ist seit der Verabschiedung unseres Gesetzes weitergegangen. Dies betrifft insbesondere das Problem der so genannten Flucht ins Private.

Gemeint ist, dass ein an sich gegebener Anspruch auf Informationen dadurch unterlaufen wird, dass öffentliche Aufgaben privatisiert werden. Dieses Problem hat sich im Laufe der letzten Jahre mit den zunehmenden Privatisierungstendenzen in unserer Gesellschaft immer mehr verschärft. Wegen des kurzen Zeitfensters bis zur Landtagswahl gelang es uns in der letzten Legislaturperiode nicht, diesen Gesetzentwurf gemeinsam zu verabschieden. Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, einen neuen Versuch zu starten und eine überarbeitete Version unseres damaligen Gesetzentwurfs in den Landtag einzubringen.

Wir haben unter anderem einige Anregungen aus dem Anhörungsverfahren in den neuen Gesetzestext eingebaut. Dies gilt insbesondere für die Bestimmungen des Unweltinformationsrechts. Kernpunkt des Gesetzes ist weiterhin, dass die Bürgerinnen und Bürger auch dort, wo öffentliche Aufgaben durch private Unternehmen erledigt werden, ein Recht auf Informationen erhalten. Während das Informationsfreiheitsgesetz heute schon den Informationszugang zu den Behörden eröffnet, sollen künftig auch Daten von privaten Unternehmen zugänglich sein, wenn sie sich einer öffentlichen Aufgabe annehmen.

Leider ist es heute so, dass viele dieser Unternehmen ihre Informationen mit der Begründung zurückhalten, dass sie keine Behörden im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes sind. Da immer mehr öffentliche Aufgaben in den halbprivaten und den privaten Bereich verlagert werden, muss die Informationsfreiheit auch dort gelten, wo öffentliche Aufgaben durch private Unternehmen erledigt werden.

(Beifall beim SSW)

Mit anderen Worten: Mit unserer Novellierung wollen wir den Informationszugang jetzt noch bürgerfreundlicher gestalten. Denn der Sinn von Informationsfreiheit ist doch, dass der Staat den Bürgern gegenüber so transparent wie möglich darstellt, welche Aufgaben er für sie erledigt.

Die gesetzlichen Bestimmungen zu den Geschäftsgeheimnissen Privater bleiben davon unberührt. Wichtig ist auch, dass mit unserem Gesetzentwurf die EUUmweltinformationsrichtlinie umgesetzt wird, die eigentlich bis zum 14. Februar 2005 in Landesrecht umgesetzt werden sollte. Mit unserer Gesetzesnovelle würde man die Umsetzung der EU-Richtlinie innerhalb der bestehenden Gesetze regeln, statt ein speziel

les Umweltinformationsgesetz zu schaffen. Wir sagen also, dass das IFG gleichzeitig den Zugang zu Umweltinformationen regeln soll, damit die Bürger nicht auf zwei verschiedene Gesetze angewiesen sind, um ihr Recht auf Zugang zu öffentlichen Informationen geltend zu machen.

Wir hoffen und erwarten, dass sich der Landtag zu einer Novellierung des Informationsfreiheitsgesetzes entschließt, denn nur so kann unser Land weiterhin die Vorreiterrolle bei den Informationsrechten der Bürgerinnen und Bürger beibehalten. Was ich gesagt habe, geht auch schon aus den Protokollen der letzten Landtagstagung vor der Landtagswahl hervor. Ich habe aber gemeint, weil auch neue Kolleginnen und Kollegen im Landtag sind, sei es wichtig, noch einmal deutlich zu machen, worum es uns mit dieser Novellierung geht. Ansonsten hoffe ich auf eine gute Ausschussberatung. Ich hoffe auch, dass es uns gelingen wird, gemeinsam eine Novellierung des Informationsfreiheitsgesetzes herbeizuführen.

(Beifall beim SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. Für die CDU-Fraktion erhält die Parlamentarische Geschäftsführerin Monika Schwalm das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Schleswig-Holstein knüpft an eine Vorlage an, die der SSW zum Ende der vergangenen Legislaturperiode in den Landtag eingebracht hat. Die Kollegin Spoorendonk hat dies eben noch einmal deutlich gemacht.

Die CDU hält nach wie vor eine Stärkung der Informationszugangsrechte der Bürgerinnen und Bürger für wünschenswert.

(Beifall beim SSW)

Durch mehr Transparenz lässt sich die Nachvollziehbarkeit von Verwaltungsentscheidungen und damit deren Akzeptanz erhöhen. Gleichzeitig wird den Bürgerinnen und Bürgern die Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen auf Landesebene und auch auf kommunaler Ebene wesentlich erleichtert.

Die nunmehr vorgelegte Fassung weist einige Änderungen gegenüber der Ursprungsfassung auf. Dies gilt insbesondere für die neu eingefügten §§ 18 bis 21, die die Unterstützung des Zugangs zu Umweltinformationen und deren Verbreitung unterstützen sollen. Mit

(Monika Schwalm)

diesen Regelungen sollen Anforderungen der EUUmweltrichtlinie und des Umweltinformationsgesetzes des Bundes erfüllt werden.

Inwieweit diese Regelungen erforderlich sind, werden wir im Innen- und Rechtsausschuss zu erörtern haben. So stellt sich für mich die Frage, ob es wirklich erforderlich ist, das Umweltministerium gesetzlich zu verpflichten, regelmäßig im Abstand von nicht mehr als vier Jahren einen Bericht über den Zustand der Umwelt im Land zu veröffentlichen. Die Absicht, einen Umweltbericht pro Legislaturperiode zu geben, hat es schon früher gegeben. Der neue Umweltminister wird diese gute Absicht sicher auch ohne gesetzlichen Auftrag freiwillig umsetzen.

Allerdings bedürfen auch die Punkte, die unverändert in den Gesetzentwurf übernommen wurden, einer erneuten Beratung im Innen- und Rechtsausschuss, in deren Rahmen die bereits eingegangenen Stellungnahmen der Industrie- und Handelskammer, der kommunalen Landesverbände oder des Landesnaturschutzverbandes - um nur einige zu nennen - Berücksichtigung finden müssen. So haben die kommunalen Landesverbände darauf hingewiesen, dass zum Beispiel nicht ausreichend formuliert ist, was unter öffentlicher Zuständigkeit, öffentlichen Aufgaben oder öffentlichen Dienstleistungen zu verstehen ist. Diese Begriffe werden auch im neuen Gesetzentwurf nicht weiter definiert. Wir werden zu prüfen haben, inwieweit hier Änderungsbedarf besteht.

Aber auch die Stellungnahme des Innenministeriums wird sorgfältig abzuarbeiten sein, denn die Anlage zeigt auf, welche europarechtlichen Lücken das IFG-Änderungsgesetz des SSW noch aufweist, die auch noch nicht in die neue Vorlage eingearbeitet worden sind. So fehlen zum Beispiel die fristgebundene Mitteilungspflicht über Ablehnungsgründe hinsichtlich der gewünschten Informationen, die Verpflichtung der Beamtinnen und Beamten zur Unterstützung bei Informationszugang oder aber die Festlegung praktischer Vorkehrungen zur Sicherstellung der Ausübung des Rechts auf Informationszugang.

Diese Punkte sollten aber bei der Novellierung des IFG diskutiert werden, wenn nicht sogar Berücksichtigung finden, um nicht in naher Zukunft eine erneute Novellierung vornehmen zu müssen. Auf der Grundlage des Gesetzentwurfs des SSW werden wir im Innen- und Rechtsausschuss eine sachgerechte Lösung finden.

(Beifall bei CDU und SSW)

Ich erteile jetzt für die Fraktion der SPD dem Herrn Abgeordneten Thomas Rother das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es stimmt, der SSW hat uns in etwas veränderter Form seinen Gesetzentwurf vom September 2004 vorgelegt. Der Ansatz zur Veränderung des Informationsfreiheitsgesetzes ist richtig und wird von unserer Fraktion auch unterstützt. Bei oder nach der Übertragung von öffentlichen Aufgaben auf Private ist es zu Problemen bei der Anwendung des Gesetzes gekommen. Die Datenschutzberichte des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz haben hierzu Anmerkungen enthalten. Auch das Verwaltungsgericht in Schleswig musste sich schon mit dieser Frage befassen.

In § 3 Abs. 4 IFG gibt es eine relativ klare Regelung: Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift - das ist jede organisatorisch selbstständige Stelle, die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ausübt - steht eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient oder dieser Person die Erfüllung öffentlichrechtlicher Aufgaben übertragen wird. Eigentlich scheint alles klar zu sein, aber eben nur fast, weil es nämlich schwierig wird, wenn es nicht nur um Sachverhalte auf öffentlich-rechtlicher, sondern auch auf privatrechtlicher Basis geht.

Daher ist die Initiative des SSW auch diesmal zu unterstützen, hier für klarere Regelungen zu sorgen. Allerdings werden wir uns über die Formulierungen in den Nummern 2 und 3 der Vorlage im Ausschuss noch etwas intensiver unterhalten müssen, denn diese Formulierungen schaffen nicht die erforderliche Klarheit und weichen vom Behördenbegriff des Landesverwaltungsgesetzes ziemlich ab. Hier hat Monika Schwalm Recht. Bei einer neuen Begriffsbestimmung waren wir vor etwa einem halben Jahr - Anfang Januar also - schon ein ganzes Stück weiter. Es ist schade, dass ihr das nicht aufgenommen habt.

Eine Anhörung zu diesem Gesetzentwurf hatten wir sogar schon. Den Entwurf habt ihr letztendlich selbst zurückgezogen. Dass es im Vorwege zu keiner Einigung der Fraktionen kam, hatte auch seine Ursache darin, dass der SSW zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und die Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie der Europäischen Union im gleichen Zuge im selben Gesetz unterbringen wollte. Auch

(Thomas Rother)

jetzt hat der SSW wieder einen entsprechenden Vorschlag gemacht.

Vonseiten der Landesregierung ist darauf hingewiesen worden, dass den Landtag zudem noch im Januar 2005 der Entwurf eines Umweltinformationsgesetzes erreicht hat, den dann das Schicksal der Diskontinuität ereilt hat, obwohl wir das eigentlich bis zum Februar hätten umsetzen sollen. Dieser Entwurf hatte allerdings nicht nur das EU-Recht, sondern auch die Neufassung des Umweltinformationsgesetzes des Bundes zur Grundlage. Im Zuge des Beratungsverfahrens ist natürlich auch zu klären, wie der Landwirtschafts- und Umweltminister, der leider nicht im Hause ist, mit diesem Gesetzentwurf, den es einmal gegeben hat, im Weiteren umgehen will.

Gesetzesökonomie kann nicht einfach bedeuten, zwei ähnliche Vorschriften mal eben schnell zusammenzumusen. Eine vernünftige Formulierung braucht Zeit, die wir in der vergangenen Legislaturperiode leider nicht mehr hatten. Den Hinweis im Bericht des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz für 2005, den wir in dieser Tagung nicht diskutieren werden, das geplante Umweltinformationsgesetz in das Informationsfreiheitsgesetz zu integrieren, wollen wir gern abarbeiten. Frau Präsidentin, daher sollten wir uns bei den weiteren Beratungen im Innen- und Rechtsausschuss, aber auch im Umweltausschuss sorgfältig überlegen, ob und wie eine Zusammenfassung beider Vorschriftenbereiche sinnvoll werden kann. Ich bin sicher, die Verwaltungsspezialisten werden sich über diese Aufgabe sehr freuen.

Unabhängig davon sind die Erfahrungen mit dem Informationsfreiheitsgesetz ganz überwiegend positiv. Die Anträge der Bürgerinnen und Bürger waren zu über 90 % erfolgreich. Dies haben die Ergebnisse einer Großen Anfrage ergeben. Misserfolge liegen im Wesentlichen darin begründet, dass die gewünschten Informationen bei der Behörde gar nicht vorhanden waren. Nachlesen kann man das für das letzte Jahr auf den Seiten 159 bis 165 des Datenschutzberichtes. Wir unterstützen sehr gern alle Vorschläge, dieses gute Gesetz noch zu verbessern, allerdings sollte es auch handhabbar bleiben.

(Beifall bei SPD und SSW)

Ich erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit dem Jahr 2000 gibt es in Schleswig-Holstein ein Informationsfreiheitsgesetz, das dem Bürger das Recht gibt, Einsicht in Informationen von Behörden zu nehmen. Mit diesem Gesetz lag SchleswigHolstein im Jahre 2000 bundesweit an der Spitze. Der Datenschutzbeauftragte berichtet, dass unsere Behörden dem Informationsinteresse der Bürgerinnen und Bürger überwiegend aufgeschlossen gegenüberstehen und dass das Gesetz recht gut funktioniert. Auch für Firmen gibt es interessante Fragen, zum Beispiel nach welchen Kriterien Aufträge vergeben werden. International wird die Bedeutung von Informationsfreiheit insbesondere als wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Korruption angesehen. Auch das sollten wir im Auge haben, wenn wir über diese Fragen reden.

Demokratie lebt von Transparenz. Offene Information und Transparenz tragen dazu bei, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Interessen wahrnehmen können, und stärken so die Demokratie.

Besonders positiv an unserem Gesetz ist der voraussetzungslose Zugang. Niemand muss sein Interesse an den Akten begründen, wie es in anderen Bundesländern der Fall ist, in denen Behörden häufig mit dem Argument, der Bürger müsse erst einmal nachweisen, warum er eine bestimmte Information haben wolle, Informationen im eigenen Interesse zurückhalten. Behörden haben immer ein gewisses Eigeninteressen. Das liegt auch in der Logik von Behörden. Daher glaube ich, dass unser Gesetz durchaus Maßstäbe gesetzt hat. Ich bedanke mich auch beim SSW, der damals und auch heute wieder den Anstoß gegeben hat, den wir gerne aufgegriffen haben.

Die Welt ändert sich und nun gibt es erneut Handlungsbedarf, den Anke Spoorendonk sehr gut beschrieben hat: Einerseits werden immer mehr behördliche Aufgaben ausgelagert und an Private gegeben. Diese fühlen sich durch das Gesetz nicht verpflichtet. Zum anderen ist das Umweltinformationsgesetz des Bundes und die EU-Umweltinformationsrichtlinie umzusetzen. Ich halte den Ansatz des SSW, das alles in einem Informationsfreiheitsgesetz zusammenzufassen, für einen guten Ansatz. Ich begrüße das. Wir hatten Anfang des Jahres ja mit dem damaligen Umweltminister noch eine Diskussion. Er hat dann Hinweise gegeben, wie man die ganze Sache hinbekommen könnte. Ich habe den Eindruck, dass die Dinge eingearbeitet worden sind.

(Karl-Martin Hentschel)

Es gibt sicherlich noch das eine oder andere im Detail zu besprechen - das ist von CDU und SPD angesprochen worden -; das will ich gar nicht bestreiten. So etwas kann man ja auch im Ausschuss klären. Aber ich habe vernommen - ich hoffe, ich habe das richtig vernommen -, dass über die Fraktionen hinweg Einigkeit darin besteht, dass wir diese Weiterentwicklung und Verbesserung des Gesetzes wollen und dass hinsichtlich des Grundgedankens dessen, was vom SSW vorgetragen worden ist, kein Dissens besteht. Habe ich das so richtig verstanden?

(Lars Harms [SSW]: Ja!)

- Das freut mich außerordentlich. Wenn das so ist, dann freue ich mich auf die erfolgreichen Ausschussberatungen.

Ich bringe zum Schluss ein Zitat von einem Herrn Henning Schulte-Noelle, der sagte: „Wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, trägt sie an der falschen Stelle.“

In diesem Sinne glaube ich, dass die Ausschussberatungen erfolgreich sein werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Bevor ich das Wort dem Vertreter der FDP erteile, möchte das Präsidium auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schulen Technik aus Kiel sowie Justizsekretärsanwärterinnen und -anwärter beim Landgericht Lübeck herzlich begrüßen. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die FDP-Fraktion erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.