Dass nun ausgerechnet der Abgeordnete Hildebrand bei Kassenkrediten und anderen Dingen mehr Staat einfordert, finde ich sehr eigenartig. Ich spreche hier den Bürgermeister Hildebrand und den Vertreter der großen liberalen Partei an. Das ist sehr eigenartig. Da sind wir deutlich kommunalfreundlicher, Herr Abgeordneter, und wir lassen den Kommunen die Freiheiten, die sie gern haben möchten.
(Beifall bei SPD und CDU - Günther Hilde- brand [FDP]: Dann brauchen sie auch nicht die 8.000-Einwohner-Grenze einzuhalten!)
Das gilt auch für das, was der Kollege Astrup zutreffenderweise angesprochen hat. Ich bin ein bisschen irritiert darüber, dass Sie mit Beispielen aus Osterby und sonst woher dafür argumentieren, Herr Abgeordneter Hentschel, den Kommunen die Freiheiten zu geben, die sie haben möchten. Eines habe ich auch nicht verstanden: Ich verstehe nicht, dass sich Ihre Fraktionsvorsitzende just um ein Amt bewirbt, das Sie jetzt abschaffen wollen. So habe ich Ihre Rede verstanden.
Ich möchte nun ernsthaft auf das politische Ehrenamt eingehen, weil es mir sehr wichtig ist und weil ich glaube, dass es da Missverständnisse gibt. Die Landesregierung lässt sich bei der Verwaltungsstrukturreform von dem Gedanken leiten, dass die Entscheidungen bitte in den Gemeindevertretungen und in den Stadtvertretungen, aber nicht in den Amtsausschüssen fallen.
Gemeinden haben Verwaltungen. Ämter sind Verwaltungen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist ein großer Unterschied. Wenn wir möchten, dass sich Menschen wieder für das politische Ehrenamt begeistern - und das müssen wir im Interesse einer lebendigen Demokratie -, dann wollen sie nicht Verwaltung machen, sondern sie wollen über das entscheiden, was in ihren Orten die Zukunft prägt: Das ist die Kinderbetreuung. Das ist die Frage, wie es mit den Vereinen weitergeht. Wo sollen die Menschen leben und einkaufen? Wie sieht es mit den Arbeitsplätzen und dem Verkehr aus? - Es ist aber nicht ihre Aufgabe, über Verwaltung zu brüten. Das ist vielmehr Aufgabe der dienenden Verwaltung. Entscheiden sollen bitte andere.
Deswegen werden wir auch im weiteren Prozess bei allem, was wir tun, und auf allen Ebenen dafür sorgen, dass sich diejenigen, die zu entscheiden haben, leistungsfähiger Verwaltungen bedienen können. Mir möge niemand erzählen, dass das nicht geht. Wo es anders ist - natürlich gibt es solche Beispiele im Lande - und wo ein Amtsvorsteher sagt: „Ich sage hier seit 20 Jahren, wo es lang geht und warum soll das nicht so bleiben?“, entspricht es nicht meinem Demokratieverständnis, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das ist in der Verfassung auch nicht so vorgesehen.
In der Verfassung ist auch nicht vorgesehen, dass gelegentlich diejenigen, die zu kontrollieren haben, diese Kontrolle nicht wahrnehmen. Natürlich ist dies ein qualitatives Problem und natürlich kommt es im Landtag nicht dazu, dass Vorlagen der Regierung nicht gelesen werden. Aber vielleicht kommt es doch an der einen oder anderen Stelle vor, dass man das, was man an Rechtfertigung will, gar nicht kontrolliert. Deswegen müssen wir ein Interesse daran haben, qualifizierte Menschen zu bekommen, die sich für das politische Ehrenamt interessieren. Wir dürfen nicht die Perspektive der Verwaltung in den Vordergrund stellen.
Ich bleibe dabei: Die meisten Menschen stellen an die Verwaltung vor allem den Anspruch, dass sie nicht mehr kostet als anderswo, dass sie nicht schlechter ist als anderswo und dass die bürgernah ist. Aber wer ganz normale Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, ist den Menschen vergleichsweise egal.
Daran ändern auch noch so gut gemeinte Bürgerbefragungen an bestimmten Stellen nichts, die ein bisschen suggerieren, man wolle den Gemeinden die Selbstständigkeit nehmen. Das ist mitnichten der Fall und das weise ich ausdrücklich zurück. Wir reden über Verwaltungsreformen, allerdings füge ich hinzu: Wer keine Gebietsreform will - und ich will sie nicht -, der möge für eine konsequente Verwaltungsstrukturreform eintreten. Denn das ist der einzige Weg, meine Damen und Herren. Schließlich fehlt uns jeder Euro, der in überflüssiger Bürokratie steckt, beim Schuldenabbau, bei der Kinderbetreuung, bei Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und bei all den Dingen, über die wir ansonsten hier im Parlament so viel reden.
Insofern ist das, was wir heute beschließen, nämlich das erste Verwaltungsstrukturreformgesetz, für dessen Annahme ich diesem Landtag außerordentlich dankbar bin, ein Schritt auf dem Weg zum nächsten Gesetz, das die Änderung der Amtsordnung und der Gemeindeordnung betrifft. Wir wollen eine Struktur, die rechtzeitig vor der Kommunalwahl im Gesetzblatt stehen wird.
Der dritte Punkt, über den wir nachher reden werden, ist die Übertragung von Landesaufgaben auf die Kreise und kreisfreien Städte. Auch dies werden wir in diesem Sinne regeln. All diejenigen, die mir vorher prophezeit haben: „Das kriegst du nicht hin. Seit 20 Jahren wird darüber debattiert, aber ihr schafft das nicht!“, werden sich täuschen. Dieses
Ich danke dem Herrn Innenminister und erteile für einen Dreiminutenbeitrag dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich danke Ihnen vor allen Dingen für Ihre Zwischentöne. Ich habe sehr genau zugehört, was Sie gesagt haben. Sie haben sehr deutlich gesagt, dass Sie von den 8.000 nicht heruntergehen. Das finde ich auch okay. Darüber hinaus haben Sie nichts gesagt. Sie haben auch gesagt, es gebe keine Gebietsreform. Aber zu der Frage, ob es zur Direktwahl der Amtsausschüsse kommt, haben Sie nichts gesagt.
- Das stand immerhin im rot-grünen Koalitionsvertrag, und von daher weiß ich, dass es dazu unterschiedliche Auffassungen gibt. Das ist eine kritische Frage. Wenn es zur Direktwahl der Amtsausschüsse kommt, haben wir letztlich die gleiche Situation wie in Niedersachsen oder in RheinlandPfalz. Dort hat man es Gebietsreform genannt. In Schleswig-Holstein mag man das Gleiche tun, ohne es so zu nennen. Es kommt darauf an, was letztlich passiert, nicht darauf, wie man es nennt.
Die entscheidende Frage ist aber, dass Sie sagen, die Entscheidungen fallen auch in Zukunft in den Gemeinden und nicht in den Amtsausschüssen. Was ist aber, wenn Selbstverwaltungsaufgaben an die Amtsausschüsse übertragen werden? Was ist, wenn das sogar per Gesetz geschieht? Heißt das dann nicht, dass in der Konsequenz der Gemeindevertreter ausgeschaltet ist, dass er nichts mehr zu sagen hat in dieser Frage? Diese Frage muss beantwortet werden, denn sonst kann das nicht stimmen, was Sie hier gesagt haben.
Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist Ihre offene Mitteilung zu den Dezernenten der Gemeinden. Ich zitiere ungefähr: Da wollen die Gemeinden Posten schaffen, die überflüssig sind. - Ich finde, das ist eine klare Aussage der Regierung zu einem Kompromiss der Regierungsfraktionen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe auch mit großem Interesse zugehört, als der Innenminister jetzt noch einmal für sein Modell geworben hat. Ich höre ihm immer gern zu. Er versucht ja auch zu überzeugen. Manchmal gelingt es ihm, manchmal auch nicht. In diesem Fall gelingt es ihm meiner Meinung nach nicht. Er hat eine zentrale Frage nicht beantwortet, nämlich was gegen transparente Strukturen einzuwenden ist.
Ich habe vorhin versucht, die Verwaltungsvielfalt darzulegen. Ich kann das gern noch einmal vorlesen. Es war ein Kraftakt, das zu tun. Auch das herauszufinden war ein Kraftakt. Das heißt, das ist völlig intransparent. Man kann sagen, Verwaltung sei nur Verwaltung und den Leuten sei es egal, wo sie die Sachen erledigt bekämen. Das ist ja auch richtig, aber wir haben es nicht nur mit Verwaltung im engeren Sinne zu tun, wir haben es auch mit Selbstverwaltungsaufgaben zu tun. Es ist in den letzten Jahren so gewesen - das wissen alle, die damit zu tun haben -, dass die Ämter, die Amtsausschüsse immer mehr Selbstverwaltungsaufgaben mit erledigen. Dann kann man natürlich mit dem großen Demokratiehandbuch kommen und sagen, auf Seite 47 stehe, die Strukturen seien so, dass die Gemeindevertreter vor Ort immer noch das Sagen hätten. Die Wirklichkeit hat sich aber anders entwickelt.
Darum sage ich, wenn es so ist, dass die Menschen vor Ort keinen Durchblick mehr haben, wenn es so schwierig ist, seine demokratischen Rechte umzusetzen, wenn Beteiligungen schwierig sind, dann müssen die Strukturen geändert werden. Das gilt für Verwaltungsstrukturen, das gilt aber auch für Demokratiestrukturen.
Lieber Herr Innenminister, diese Diskussion werden wir noch fortsetzen. Ich finde aber, dass Sie da keine guten Karten haben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich jetzt nur gemeldet, weil ich nicht gern möchte, dass Unsinn im Raum stehen bleibt, um es deutlich zu sagen. Wenn der Kollege Hentschel sich hier hinstellt und sagt, über die Direktwahl der Amtsausschüsse ist nicht geredet worden, hat er Recht, weil es darüber nichts zu reden gibt. Wenn er auf einen rot-grünen Koalitionsvertrag hinweist, der geschlossen wurde und worin das steht, hat er auch Recht, nur haben wir im Moment keinen rot-grünen Koalitionsvertrag, Herr Kollege Hentschel. Ich denke, das sollte man zur Kenntnis nehmen, ob einem das gefällt oder nicht, und es muss einem ja nicht alles gefallen, was man so täglich macht.
Zu Anke Spoorendonk! Ich finde das putzig, Frau Kollegin Spoorendonk, sich auf der einen Seite hier hinzustellen und zu sagen, das mit den Zentralorten, das wolle man alles zusammenfassen, und alle amtsangehörigen Gemeinden sollten zu einer Gemeinde werden. Versuchen Sie doch einmal, der verehrten Öffentlichkeit mit Ihrem Demokratieverständnis, das Sie für sich in Anspruch nehmen, zu erklären, wie das beispielsweise, Herr Kollege Callsen, im Amt Süderbrarup mit 17 Gemeinden funktionieren sollte. Diese 17 Gemeinden werden eine Gemeinde, sind Unterzentrum, und dann ist es so, dass beispielsweise die Gemeindevertretung in Scheggerott nichts mehr zu sagen hat, weil das Ganze in Süderbrarup stattfindet. Das ist dann nähere Demokratie nach Ihrer Definition. Wie das funktioniert, hat sich mir noch nicht erschlossen.
Ein Weiteres. Sie sagen, alle Gemeinden sollen dann auch ländliche Zentralorte werden. Dann frage ich mich, wie das heute funktioniert. Ich bleibe dazu im Kreis Schleswig-Flensburg, Frau Kollegin Spoorendonk, weil wir aus dem Kreis kommen. Im Kreis gibt es derzeit 18 Ämter, es gibt davon aber nur acht Ämter mit einem ländlichen Zentralort. Es gibt dann noch drei Unterzentren, also sieben Ämter und das Amt Tolk beispielsweise neben der Stadt Schleswig hat bedauerlicherweise noch nie einen ländlichen Zentralort gehabt. Die hätten gern einen. Erstaunlicherweise funktioniert die Verwaltung trotzdem, im Übrigen besser als in anderen Ämtern, wie Sie wissen, die ländliche Zentralorte sind.
stein derzeit, wenn ich die Zahlen richtig im Kopf habe, rund 13.000 Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter. Das sind eine Menge. Viele davon kommen aus den unterschiedlichsten Parteien, 128 landesweit von den Grünen. Es könnte sein, dass die Einschätzung der Verhältnisse auf Amtsebene in anderen Parteien, Herr Kollege Hentschel, rein statistisch etwas besser sein könnte als bei Ihnen mit 0,986 % der Gemeindevertretungen. Ich finde es manchmal dann umgekehrt arrogant, wenn man sagt, ich, der ich noch nie in einem Amtsausschuss gesessen habe, verstehe davon mehr als manche auch hier Anwesende, die das seit 20 Jahren tun. Das finde ich ein bisschen arrogant, darüber sollte man vielleicht nachdenken.
Letzte Bemerkung, weil die Zeit endet. Wir haben alle gemeinsam einen Kraftakt vor uns. Ich habe aber niemanden gehört, der gesagt hat, wir wollen in diesem Land die Verwaltung nicht reformieren. Alle wollen reformieren und mich persönlich befriedigt das, denn das war nicht immer so. Weil das nicht immer so war, bin ich sehr froh, dass es so ist, Herr Kollege Hentschel, und es wird möglicherweise zu einer Verwaltungsmodernisierung in Schleswig-Holstein kommen, die den Grünen nicht gefällt.
Ich weise darauf hin, dass die Fraktionen von CDU und SPD den Gesetzentwurf Drucksache 16/106 (neu) - 2. Fassung -, zurückgezogen haben. Es ist daher nur noch über den Gesetzentwurf zu Tagesordnungspunkt 2 a „Erstes Verwaltungsstrukturreformgesetz“ abzustimmen.
Ich lasse über den Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen und vorgetragenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des SSW in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung, Drucksache 16/659, angenommen.