Protocol of the Session on March 22, 2006

(Beifall)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk für den SSW das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz über die Unterrichtung des Landtages durch die Landesregierung zeigt aus unserer Sicht in die richtige Richtung. Der SSW, Vater beziehungsweise Mutter des Informationsfreiheitsgesetzes, befürwortet die bessere und zeitnahe Informierung des Parlaments ausdrücklich. Die Vorgänge der letzten Monate, als der Landtag die Änderung des Rundfunkstaatsvertrages nur noch diskutieren, aber nicht mehr Einfluss nehmen konnte, gehören damit hoffentlich der Vergangenheit an.

Wir haben das Vorhaben heute nicht zum ersten Mal auf der Tagesordnung. Auch das ist schon gesagt worden. Mir klingt noch die Debatte zur ersten Vorlage durch die damalige Oppositionsfraktion CDU im Ohr. Damals hagelte es teilweise vernichtende Kritik, nicht zuletzt vom Kollegen Kubicki.

(Wolfgang Kubicki)

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Der gehört aber nicht der CDU an!)

Vor zwei Jahren hatte die CDU-Fraktion lediglich die wörtliche Übertragung eines entsprechenden bayrischen Gesetzes eingebracht. Erst nach Diskussionen im Ausschuss sowie der Stellungnahme durch den Wissenschaftlichen Dienst kam ein anderer Entwurf heraus. Die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes ist in diesem Zusammenhang wirklich wichtig. Ich habe keine Änderung bemerkt und das - so finde ich - ist auch gut, denn das hätte man auch machen können. - Der Gesetzentwurf fiel 2005 der Diskontinuität anheim. Auch das wissen wir.

Heute liegt uns ein völlig umgearbeitetes Gesetz vor. Es ist aber weiterhin nicht so, dass wir ganz bei null anfangen. Ich rufe in Erinnerung, dass die Landesverfassung bereits die Informierung des Parlamentes vorsieht. Die übergeordnete Frage lautet daher, wie sehr Anspruch und Wirklichkeit auseinander klaffen beziehungsweise zusammenpassen. Wie geduldig Papier ist, zeigt uns auf jeden Fall der entsprechende Artikel in der Landesverfassung. Auch dieses Gesetz musste immer mit Leben erfüllt werden. Die Landesregierung muss also erst noch beweisen, wie ernst sie die rechtzeitige Informierung und die Berücksichtigung unserer Einwände nimmt.

Die Landesregierung wird im vorliegenden Entwurf auch zur Berücksichtigung der Kritik angehalten. Das verdanken wir - ich sagte es schon - einem Hinweis des Wissenschaftlichen Dienstes, der eine diesbezügliche Formulierung beigetragen hat. Ohne die Verpflichtung zur Berücksichtigung des parlamentarischen Votums wäre das Gesetz ein zahnloser Tiger, immer abhängig von Zugeständnissen der Regierung. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass der Landtag keineswegs nur mit einer Stimme spricht. Fällt das Votum der Opposition ganz anders aus als das der Regierungsfraktionen, wird die Regierung letztlich doch nach Gusto entscheiden und entscheiden können.

Doch wir sollten nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Zwei SSW-Forderungen berücksichtigt der Entwurf.

Dies ist zum einen die rechtzeitige Inkenntnissetzung. Die Zeitfristen, die das Gesetz vorsieht, sind angemessen und auch für kleine Fraktionen ausreichend. Der Praxistest steht natürlich noch aus. Einige befürchten - das haben wir wenigstens auch diskutiert -, dass uns die Regierung im wahrsten Sinne des Wortes mit Papieren zudeckt. Wir werden sehen, wie das funktionieren wird.

Eine andere SSW-Forderung betrifft den Bereich der Informationspflicht. Der Entwurf umfasst nicht nur Staatsverträge, sondern auch Vorhaben im Zusammenhang mit schleswig-holsteinischen Bundesratsinitiativen und EU-Gesetzen. Das sind Bereiche, bei denen wir schon seit vielen Jahren auf die faktische Entmündigung des Landtages hingewiesen haben. Es ist gut, dass das jetzt endlich im Rahmen dieses Parlamentsinformationsgesetzes angesprochen wird.

Wir werden im Ausschuss weitere Einzelheiten miteinander zu diskutieren haben. Auch ich möchte zuletzt noch einmal auf diese vagen Adjektive und unbestimmten Rechtsbegriffe hinweisen. Was ist mit „wichtigen Vorhaben“ gemeint, und was ist mit den „anderen Vorhaben“ gemeint, die auch schon angeführt worden sind? Das muss geklärt werden. Sonst stehen wir nachher doch vor Interpretationsfragen und das kann nicht angehen.

Ich finde, es ist gut, dass wir diesen Gesetzentwurf nun endlich auf dem Tisch haben, und ich finde, es ist wirklich im Interesse des gesamten Landtages, dass ein gutes Gesetz dabei herauskommt.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Dr. Stegner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf für ein Parlamentsinformationsgesetz greifen die Regierungsfraktionen ein originäres parlamentarisches Thema auf. Ziel des Gesetzentwurfs ist eine Stärkung der Beteiligungsrechte des Parlaments, damit es seine Aufgaben umfassend in landes-, bundes- und europapolitischen Angelegenheiten wahrnehmen kann.

Im Kontext der aktuellen Föderalismusdebatte, über die wir heute Vormittag gesprochen haben, und der damit einhergehenden Aufgabenverlagerung vom Bund auf die Länder haben die Mitwirkungsrechte der Landesparlamente eine besondere und vielleicht gestiegene Bedeutung.

Ausgangspunkt für den Gesetzentwurf ist Artikel 22 der Landesverfassung, der die Verpflichtung der Landesregierung enthält, den Landtag in bestimmten abschließend aufgezählten Fällen frühzeitig und vollständig zu unterrichten. Über die sinnvolle Ergänzung dieser Fallgruppen haben wir gera

(Anke Spoorendonk)

de im Zusammenhang mit der Änderung der Landesverfassung gesprochen. Diese verfassungsrechtlich abgesicherte Informationsverpflichtung besteht, weil es zu unserem Staatsverständnis gehört, dass alle wichtigen Angelegenheiten des Landes in gemeinsamer Verantwortung von Parlament und Regierung gestaltet werden.

Es ist das unbestrittene Recht des Landtages, durch eine frühzeitige und vollständige Unterrichtung in die Lage versetzt zu werden, insbesondere seiner Legislativfunktion, seiner Kontrollfunktion oder seinem Recht, politische Entscheidungen zu treffen oder Empfehlungen zu geben, bestmöglich nachzukommen. Die Landesregierung hat deshalb auch in ihre Richtlinien über Gesetz- und Verordnungsentwürfe entsprechende Vorgaben über die Unterrichtung des Landtages verbindlich eingefügt.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat in der vergangenen Legislaturperiode im Februar 2004 darauf ist schon hingewiesen worden - eine sachlich kontroverse Debatte zu einem Parlamentsinformationsgesetz im Plenum geführt. Der frühere Innenminister Klaus Buß problematisierte damals die Frage, ob ein solches Gesetz, das weitere Regelungen mit sich bringe, wirklich notwendig sei. Er hat also damals die Frage der Deregulierung und der Begrenzung der Normenflut angesprochen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Regierungsfraktionen haben mit der Einbringung des vorliegenden Gesetzentwurfs entschieden, dass aus ihrer Sicht ein gesetzgeberischer Bedarf zur Regelung von bestimmten Informationspflichten im Verhältnis der Verfassungsorgane Landtag und Landesregierung besteht. Diesen Beschluss der Regierungsfraktionen nehme ich in exekutiver Bescheidenheit und Demut zur Kenntnis, zumal mir natürlich auch die Bestimmung des Artikels 22 Abs. 3 der Landesverfassung bekannt ist, wonach das Nähere ein Gesetz regelt.

(Heiterkeit)

- Ich bin ja auch Abgeordneter in diesem Haus. Insofern muss man keine gespaltene Persönlichkeit sein. - Ich rege für die Diskussion im Ausschuss an, insbesondere Definitionen der im Gesetzentwurf genannten unbestimmten Rechtsbegriffe wie zum Beispiel „erhebliche landespolitische Bedeutung“, „Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung“, „raumbedeutsam“ und Ähnliches in konkreten Verfahrensregelungen zu vertiefen.

Liebe Frau Kollegin Spoorendonk, Sie haben gesagt, die Regelungen auf dem Papier müssten mit Leben erfüllt werden. Das empfinde ich in der Tat als Ansporn. Denn Offenheit und offensives Vortra

gen der Regierungspolitik gehören für mich zur streitbaren Demokratie. Insofern habe ich sehr viel Sympathie für das, was Sie gesagt haben. Wir werden uns also daran messen lassen, dass dies nicht nur hier beschlossen werden wird, sondern dass Sie auch insofern mit Ihrer Landesregierung zufrieden sein können, also wir nichts vor Ihnen geheim halten. Das könnten wir gar nicht, wollen wir aber noch nicht einmal. In diesem Sinne wird das sicherlich ein gutes Gesetzgebungsverfahren werden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/657 dem Innen- und Rechtsausschuss zur federführenden Beratung und dem Europaausschuss zur Mitberatung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Keine. Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erhöhung der Pauschalabgabe auf geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zurücknehmen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/631

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Klaus Müller das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In seiner Regierungserklärung hat der Ministerpräsident vergangenes Jahr ausgeführt: „Gute Haushaltspolitik besteht auch darin, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.“ Er hat den markigen Satz geprägt: „Wir werden in Berlin mitmischen.“

Ich will jetzt nicht darüber streiten, wie viel Erfolg die Landesregierung bisher damit gehabt hat. Aber dass die Stimmen der Herren Carstensen, Stegner, Austermann und anderer laut und gewaltig sind, daran habe ich keinen Zweifel. Es gibt ein Thema, das laute Stimmen und entschlossenes Handeln dringend braucht.

Die schwarz-rote Bundesregierung hat Ende Februar im Rahmen des Haushaltsentwurfs - entgegen al

(Minister Dr. Ralf Stegner)

ler Proteste des Einzelhandels, der Gastronomie und der Zeitungsverleger - die Anhebung der Pauschalabgabe um fünf Prozentpunkte von 25 % auf 30 % für Minijobs beschlossen.

Bis auf Minijobs in Haushalten werden sich die 400-€-Jobs von ungefähr 500 € auf 520 € verteuern. Der Bundesfinanzminister plant damit, im Jahr 2007 rund 520 Millionen € einzunehmen. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels warnte aber umgehend, die Neuregelung gefährde ungefähr 120.000 der 800.000 Minijobs im Handel. Der Einzelhandelsverband BAG befürchtet, die Verteuerung der Minijobs werde die Flucht aus dem Flächentarifvertrag befördern. Selbst die Bundesregierung rechnet mit einem Minus von rund 600.000 Stellen. Die Knappschaft, die vielleicht noch etwas näher dran ist, sogar mit einem Verlust von 750.000 Minijobs. Das würde die Gewinne für die Sozialkassen erheblich reduzieren.

Wenn man das etwas unzutreffend und gewagt mit dem Königsteiner Schlüssel auf Schleswig-Holstein herunterrechnet, stellt man fest: Wir reden von 20.000 bis 25.000 Minijobs in Schleswig-Holstein, die davon betroffen wären.

Mit der nun beschlossenen Maßnahme werden alle Bemühungen, die wir hier parteiübergreifend für Beschäftigung und Wachstum versucht haben voranzubringen, konterkariert. Wir sind, glaube ich, alle davon überzeugt,

(Günter Neugebauer [SPD]: Nein, nein!)

- selbst Günter Neugebauer -, dass, wenn wir Arbeit an dieser Stelle teurer machen, es weniger davon geben wird. Die abgabenbegünstigten Minijobs wurden einst explizit dafür eingerichtet, um Stellen für einfache Tätigkeiten zu schaffen. Vor allem für geringqualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Arbeitssuchende wird die Verteuerung der Minijobs schwerwiegende Konsequenzen haben.

Während wir überall darum ringen, Arbeit durch niedrigere Lohnnebenkosten oder Kombilohnmodelle preiswerter zu machen, konterkariert dieser Beschluss genau dies. Dem sollten wir aus Schleswig-Holstein entgegenwirken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der schleswigholsteinische Landesvorsitzende der Wirtschaftsund Mittelstandsvereinigung der CDU hat am 2. März 2006 diese Entscheidung der Bundesregierung als „krasse Fehlentscheidung und ein absolut falsches arbeitspolitisches Signal“ bezeichnet. Wo der Mann Recht hat, hat er Recht.

„Schwarzarbeit“

- ich zitiere ihn