Protocol of the Session on February 24, 2006

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Härteste und Traurigste in dem Bericht ist: Selbst wenn nicht ausdrücklich nach Energieeinsparung und Effizienz gefragt würde, ist es schlicht zu wenig dieses ganz zum Schluss in einem Dreizeiler abzuhandeln. Wenn es um zukunftsfähige Energiepolitik geht, ist dieses eins der Schlüsselthemen, weil wir natürlich den gegenwärtigen Energiever

(Klaus Müller)

brauch nicht allein durch erneuerbare Energien decken können. Wir brauchen Energieeinsparungen und die Energieeffizienz. Es gibt hier viele Beispiele, von denen ich nur die Kersig-Häuser an der Holtenauer Straße in Kiel nennen möchte, die nach Energieoptimierung mit 70 % weniger Verbrauch auskommen. Ein weiteres Beispiel ist das neue CO2-Sanierungsprogramm der KfW. Das sind in der Tat Schlüsselstellungen, bei denen ich mir mehr Engagement, mehr Zuversicht und klare, nachvollziehbare Ziele wünsche.

Herr Minister, die Landesregierung hat ein reiches energiepolitisches Erbe übernommen. Dieses muss aber gut gepflegt und weiterentwickelt werden. Dann gibt es Chancen für Umwelt, Energie und Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein. Ich finde, der Auftakt durch diesen Bericht lässt nichts Gutes ahnen. Ich bin sicher, Sie werden da in den nächsten Jahren noch nachlegen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Klaus Müller und erteile das Wort für den SSW im SchleswigHolsteinischen Landtag Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht der Landesregierung macht deutlich, dass die schleswig-holsteinische Energiepolitik maßgeblich von EU- und Bundesgesetzgebung beeinflusst und bestimmt wird. Dies erstreckt sich von EU-Richtlinie zur erneuerbaren Energie über den Emissionshandel und die Liberalisierung des Strommarktes bis hin zum Atomausstiegsgesetz. Dass sich die Landesregierung im Bericht zum Atomausstieg bekennt und diese Rechtssituation von sich aus nicht verändern will, begrüßen wir ausdrücklich. Schließlich hat der SSW diese risikobehaftete Atomenergie seit Jahrzehnten konsequent abgelehnt.

Aus dem Bericht geht hervor, dass bis zum Ende der 90er-Jahre die leistungsgebundene Energiewirtschaft quasi ein staatlich geschütztes Monopol war. Ohne eigentlichen Wettbewerb wurden die Kosten von Leistungs- und Kraftwerksaufbau, die Kosten für den Einkauf der Primärenergien sowie die Gewinnmargen von der Energiewirtschaft bis zu den letztverbrauchenden Kunden weitergereicht. Hier hat sich mit den übrig gebliebenen bis heute im Wesentlichen nichts geändert.

Das bedeutet also, dass die bestehenden Energiekonzerne einen Marktvorsprung besitzen, den sie seit Jahrzehnten ausbauen konnten. Darüber hinaus wissen wir, dass Monopole und Oligopole den Tod jeglicher Marktwirtschaft bedeuten und für den Kunden teuer sind.

Wenn wir wollen, dass sich neue Energieformen auf dem Markt etablieren sollen, ist es folgerichtig, dass wir dafür sorgen, dass die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen. Auf einige der gesetzlichen Regelungen geht auch der Bericht ein und weist hierbei auf die wichtigsten neueren Änderungen hin.

Natürlich wissen wir, dass wir derzeit nicht in der Lange sind, den Ausfall der Atomenergie nur durch erneuerbare Energien zu kompensieren. Wir teilen hier die Auffassung der Landesregierung, dass wir einen Energiemix aus verschiedenen Trägern benötigen, der die Versorgungssicherheit und die Umweltverträglichkeit gewährleistet.

Flankierend müssen hierbei auch andere Aspekte der Energiepolitik betrachtet werden, auf die im Bericht leider nicht eingegangen wird. Dazu gehören beispielsweise die Erhöhung der Effizienzsteigerung und die Mobilisierung vorhandener Energieeinsparpotenziale. Gerade was die Einsparpotentiale angeht, wissen wir, dass diese noch lange nicht ausgeschöpft sind und dass in diesem Bereich noch viel getan werden muss. Hierbei gilt es, insbesondere deutlich zu machen, dass auch Strom heute noch endliche Ressourcen aufbraucht und man deshalb damit auch sparsam und effizient umzugehen hat.

Wichtigster Aspekt des Energiemix bleibt aus unserer Sicht die kontinuierliche Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien. Dass wir uns hierbei auf einem guten Weg befinden, bestätigt der kürzlich veranstaltete Jahreskongress erneuerbare Energien, der in Berlin bekannt gab, dass Wind-, Bio-, Sonnenenergie und Wasserkraft im letzten Jahr erheblich zur Energieversorgung bundesweit beigetragen haben.

Insgesamt machen erneuerbare Energien beim Stromverbrauch rund 10 %, bei der Wärmenutzung 5,4 % und bei Kraftstoffen 3,4 % aus. Demnach hatten die erneuerbaren Energien im Vorjahr einen Anteil von 6,4 % am Endenergieverbrauch. Dies ist eine Steigerung von 0,7 % gegenüber dem Vorjahr. Damit wird deutlich, dass die erneuerbaren Energien ein wachsender Sektor im Bereich der Energiewirtschaft sind und dass die Rahmenbedingungen im Großen und Ganzen stimmen.

(Klaus Müller)

So sieht es auch der Vizepräsident des Bundesverbandes für Erneuerbare Energien. Seiner Einschätzung nach könnten erneuerbare Energien bis 2020 rund 30 % der Stromerzeugung leisten und somit würde Atomenergie überkompensiert. Er macht aber auch deutlich, dass es noch Bereiche gibt, wo die Politik unterstützend tätig werden muss. Zum einen gelte es, das deutsche Stromnetz für erneuerbare Energien fit zu machen. Zum anderen müsse ein Wärmegesetz auf den Weg gebracht werden, das den erneuerbaren Energien analog zur Stromerzeugung - die nötige Starthilfe sichert und die vorhandenen Potenziale erschließt. Und drittens fordert er Steuerfreiheit für Biokraftstoffe. - Die genannten Zahlen machen deutlich: Eine neue Energiepolitik ist immer noch machbar.

Was nun Schleswig-Holstein betrifft, so geht aus dem Bericht hervor, dass wir im bundesweiten Vergleich sehr gut dastehen. So haben wir mittlerweile im Bereich des Stromverbrauchs aus Windenergie ein rechnerisches Äquivalent von 30 % erreicht. Dies ist einerseits auf die geografische Lage Schleswig-Holsteins und andererseits auf die entsprechende Unterstützung durch das Land zurückzuführen. Damit konnten wir die Entwicklung der erneuerbaren Energien - insbesondere die der Windenergie massiv voranbringen und sie zu einem wichtigen Wirtschaftszweig ausbauen.

Dies spiegelt sich auch in den Zahlen der Erwerbstätigen wieder. Denn mit der rechtlichen Absicherung durch das EEG haben wir in Schleswig-Holstein ungefähr 5.000 Arbeitsplätze nur in der Windbranche schaffen können. Ganz besonders konnte hiervon die Westküstenregion profitieren, die sich durch vorausschauendes Handeln zu einer Kompetenzregion für erneuerbare Energien entwickelt hat.

(Beifall des Abgeordneten Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich gehe davon aus, dass sich die Landesregierung von dieser Erfolgsgeschichte nicht abwendet. Denn wir wissen, dass die Potenziale in der Windenergie noch längst nicht ausgeschöpft sind. Künftig wird es darauf ankommen, die Voraussetzungen für ein planvolles Repowering zu schaffen. Vonseiten der Landesplanung benötigen wir daher Richtlinien, die es den Kreisen und Gemeinden ermöglichen, anhand der Vorgaben entsprechende Eignungsflächen zu prüfen, zu planen und auszuweisen.

(Konrad Nabel [SPD]: Haben wir schon, lie- ber Kollege!)

Nach dem Motto „Weniger ist mehr“ würde durch das Repowering bei gleichzeitiger Leistungssteige

rung die Anzahl der kleineren Windkraftanlagen in der Fläche abnehmen. Doch die derzeitigen Abstandsempfehlungen für die Errichtung von größeren Windkraftanlagen im Zuge des Repowering sind teilweise uneffektiv. Dadurch verhindern sie den Rückbau vieler kleiner Anlagen. Hier brauchen wir klare, aber nicht starre Vorgaben.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Windenergie ist natürlich der Offshore-Bereich. Die Potenziale auf dem Meer sind enorm. Denn mit der Errichtung und Erschließung, der derzeit in Planung befindlichen sieben Offshore-Windparks sowie den bestehenden Windkraftanlagen an Land, würden wir rechnerisch auf weit auf 100 % des schleswig-holsteinischen Stromverbrauchsäquivalents kommen und Schleswig-Holstein könnte sich zum Stromlieferanten entwickeln.

Auf jeden Fall ist festzuhalten, dass das Repowering und die Errichtung von Offshore-Windparks dazu beitragen werden, die Windkraftbranche neu anzukurbeln. Denn in den letzten Jahren ist ein Rückgang beim Neubau von Windrädern für den deutschen Markt zu verzeichnen und aus dem Grund setzt die Windkraftindustrie zunehmend auf den Export. Daher sollten wir alles daran setzen, den Binnenmarkt für die Windindustrie weiterhin interessant zu gestalten und somit Arbeitsplätze auch in den nachgelagerten Bereichen zu sichern.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Dazu gehört natürlich auch, meine Damen und Herren, dass wir die notwendige Infrastruktur vorhalten. Daher ist es für die gesamte Westküste von Bedeutung, dass der Husumer Hafen zu einem Offshore-Service-Hafen ausgebaut wird

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

und diese Leistungen, lieber Kollege Arp, nicht nach Cuxhaven oder Esbjerg abwandern. Denn unsere Verantwortung gilt Schleswig-Holstein und nicht Nachbarbundesländern oder Nachbarländern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Aspekt ist die Tatsache, dass die Kapazitäten der Stromnetze nicht ausreichen und nicht darauf ausgelegt sind, Strom aus der Fläche in größeren Mengen einzuspeisen.

Dies ist in den alten Strukturen der zentralen Energieversorgung begründet. Hier gibt es bereits heute Schwierigkeiten, den Strom ins Netz einzuspeisen und auch das kostet uns und die Betreiber Geld. Wenn also Repowering durchgeführt wird und die

(Lars Harms)

ersten Offshore-Windenergieanlagen ans Netz gehen sollen, wird dies unter den jetzigen Voraussetzungen nicht möglich sein.

Nach Aussagen von e.on Netz sind dafür drei Hochspannungsfreileitungen in Schleswig-Holstein erforderlich. An der Strecke von Breklum nach Flensburg will sich aber niemand aus der Bevölkerung mit den Vorstellungen von e.on Netz anfreunden. Stattdessen setzt man dort auf die Möglichkeit einen Erdkabel an Stelle der Freileitung zu legen.

(Beifall des Abgeordneten Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der SSW teilt hierbei die die Wünsche der Menschen vor Ort, die sich gegen eine Hochspannungsfreileitung ausgesprochen haben. Im Vergleich zu neuen Hochspannungsleitungen sind Erdkabel planungsrechtlich schneller durchzuführen und wir wissen, dass die Zeit drängt. Darüber hinaus ist die Planung für ein Erdkabel langfristig ausgerichtet. Das bedeutet, dass das Erdkabel langfristig betrachtet wirtschaftlicher als eine Freileitung ist und deshalb müssen wir auch als Schleswig-Holstein alles daran setzen, dass wir ein solches Erdkabel nicht nur zwischen Breklum und Flensburg, sondern grundsätzlich an allen Stellen bekommen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber nicht nur die Windenergie ist für SchleswigHolstein zu einem wichtigen Energiefaktor geworden. Auch die Bioenergie wurde seit Einführung des EEG und des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes erheblich ausgebaut. Angesichts der guten landwirtschaftlichen Strukturen, die wir haben, hat dieser Bereich im ländlichen Raum eine enorme Wertschöpfung ausgelöst und für manchen Landwirt hat sich die Produktion von Biomasse und ihre Umwandlung in Bioenergie zu einem wirtschaftlichen Standbein entwickelt.

Durch die finanzielle Förderung von EU, Bund und Land konnten seit dem Jahr 2001 bereits 24 Projekte mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 38,8 Millionen € in Gang gebracht werden. Von daher begrüßen wir es, dass das Land für die Jahre 2006 bis 2009 4,6 Millionen € im SchleswigHolstein-Fonds zum weiteren Ausbau zur Verfügung stellt.

Ich habe eingangs auf den Jahreskongress Erneuerbare Energie hingewiesen, wo festgestellt wurde, dass sich die erneuerbaren Energien weiter auf dem Wachstumskurs befinden und sich zu einem wichtigen Wirtschaftssektor entwickelt haben. Wenn wir in Schleswig-Holstein hierbei unsere Vorreiterrolle

beibehalten wollen, dann müssen wir unseren Teil dafür tun und die Rahmenbedingungen gewährleisten oder sogar neu schaffen, damit wir die erneuerbaren Energien weiter ausbauen können. Das muss weiterhin ein zentrales Politikfeld für uns sein.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms und erteile zu einem Kurzbeitrag Herrn Wirtschaftsminister Austermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Garg war so freundlich, mir die verbleibenden Minuten seiner Redezeit zu übertragen. Ich nehme das Angebot gern an, obwohl er die Zeit natürlich hätte nutzen können, um seine eigenen Vorstellungen zur Energiepolitik deutlich zu machen. Das hat er leider nicht getan.

(Beifall bei der CDU)

Herr Garg, was Sie ausgeführt haben, betraf die Staatsenergiepolitik. Das hat mit frei praktizierter Marktwirtschaft überhaupt nichts zu tun. Das ist für mich jetzt aber nicht das Interessante.

Interessant ist vielmehr Folgendes - der Abgeordnete Müller hat die Situation beschrieben -: Es gibt zwei Möglichkeiten, entweder wir räumen ein, dass wir einen Sauhaufen übernommen haben und bisher nicht in der Lage waren, die Situation zu ändern, oder wir sagen, dass viele Probleme, die in diesem Bereich nach wie vor vorhanden sind, von dem verursacht wurden, der vorher dafür zuständig war und dass wir diese Situation jetzt bereinigen müssen.

Wie sieht es denn im Bereich der Biomasse aus? Noch als Abgeordneter habe ich mit Herrn Trittin darüber diskutiert, Bioenergie in Schleswig-Holstein zu unterstützen. Da wurde mir gesagt, das sei Landwirtschaft und werde daher nicht gefördert. Ich habe an anderer Stelle versucht, mich dafür einzusetzen, dass im Bereich der Biomasse mehr gemacht wird. Wir sind in Schleswig-Holstein im Bereich der Biomasse nach sechs Jahren Müller nach wie vor im Vergleich zu Bayern beispielsweise ein ganz kleines Licht. Ich denke, das sollte man so klar sagen. Wir sind jetzt dabei, etwas zu tun. Wenn Sie regelmäßig die Zeitung lesen, dann wissen Sie, welch wertvolle Initiative im Bereich Eggebek von uns unterstützt wird. Das ist eine große Geschichte.

(Beifall bei der CDU)