Protocol of the Session on February 22, 2006

Ich stelle fest: Die Stadt Husum handelte sehr überlegt, als sie ihren Offshore-Hafen so plante, dass große Bauteile verschifft werden könnten, und, Herr Minister Austermann, ausdrücklich im Einklang mit der Erklärung. Deshalb ist der angebliche Grund, den Minister Austermann für seinen Stopp des großen Ausbaus des Husumer Hafens angab, sehr fadenscheinig. Da gibt es vielleicht einen neuen Spickzettel vom Ministerpräsidenten. Offensichtlich möchten Sie, Herr Minister, irgendetwas verschleiern. Was, weiß ich allerdings bedauerlicherweise noch nicht. Vielleicht wollen Sie eine energiepolitische Wende einleiten und dazu ein Exempel bei einem rot-grünen Vorzeigeprojekt statuieren. Dann sollten Sie das hier sagen. Dabei haben Sie vielleicht an den rot-grünen Investitionsruinen vorbei gegriffen. Das mag sein. Wenn das Ihre Absicht ist, dann müssen Sie das hier aber auch klipp und klar sagen.

(Dr. Heiner Garg)

Aber Minister Austermann hat noch mehr Gründe angeführt, warum er gegen den großen Ausbau des Husumer Hafens ist. Zum Beispiel liege noch kein Betreiberkonzept vor, was die Stadt Husum allerdings erstellt haben lassen will. Nun wird ernsthaft erwogen, eine millionenschwere Investition in zukunftsträchtige Infrastruktur zu unterlassen, weil ein Konzept auf dem behördlichen Postweg von Husum nach Kiel verloren ging. Herr Minister, das ist lächerlich. Wenn dieses Konzept noch fehlte, wäre das doch wahrlich kein Grund, den Ausbau abzusagen. Das wäre ein Grund, in Husum anzurufen und zu fragen, wo es denn bleibt. Das Land sollte endlich anfangen, gemeinsam mit der Stadt Husum Geld in den Standort Schleswig-Holstein zu investieren.

Ein weiterer angeblicher Grund: Die örtliche Wirtschaft sei gegen den großen Ausbau. Dann ist es allerdings unerklärlich, warum die zuständige Industrie- und Handelskammer davon nichts wusste. Darauf bezog sich mein Zwischenruf vorhin. Erklären Sie doch hier, warum sich die Industrie- und Handelskammer genau anders positioniert hat, als Sie es gerade getan haben und den Anschein erwecken wollen. Ganz offensichtlich hat der Wirtschaftsminister nicht mit der öffentlich-rechtlich beliehenen Vertretung der dortigen Wirtschaft gesprochen. Das macht er doch sonst immer so gern.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, alle diese Gründe sind aus unserer Sicht fadenscheinig. Der Ausbau des Husumer Hafens zu einem Hafen, von dem aus Offshore-Windparks betrieben, gewartet und im Rahmen dessen auch repariert werden können, erfordert den großen Ausbau, so wie es auch in dem neuesten Gutachten bestätigt wurde. Sehr geehrter Herr Minister Austermann, Sie können mir glauben, ich habe dieses Gutachten kritisch gelesen, ich habe mir sogar die Präsentation dieses Gutachtens in Husum angeschaut.

Die Ergebnisse des Gutachtens wollen Sie also jetzt nicht wahrhaben. Zwar wurde das Gutachten unter Lenkung Ihres Ministeriums erstellt. Aber es genügt angeblich trotzdem nicht den vereinbarten Anforderungen. Ich glaube, Herr Minister Austermann, Sie behaupten das nur, weil Ihnen schlichtweg das Ergebnis dieses Gutachtens nicht in den Kram passt.

(Beifall bei FDP und SSW)

Es gefällt Ihnen nicht, was da festgestellt wurde. Ganz im Gegenteil! Dieses Gutachten macht Ihnen einen ganz dicken Strich durch Ihre eigene Rechnung.

(Beifall bei FDP und SSW - Jürgen Fedder- sen [CDU]: Falsch!)

- Ich hoffe, Herr Kollege Feddersen, Sie haben das Gutachten auch so gründlich und so kritisch gelesen, dass Sie hier so fröhlich „falsch“ rufen können.

Was bei alledem noch fehlt, sind stichhaltige, sachliche Gründe gegen den großen Ausbau des Husumer Hafens. Ich habe weder vom Kollegen Buder noch von der Kollegin Sassen einen einzigen stichhaltigen Grund gehört, der gegen den Ausbau des Husumer Hafens spräche.

(Beifall beim SSW)

Im Gegenteil! Dazu habe ich die Kollegin Sassen als Sprachrohr des Herrn Ministers Austermann auf der Präsentation am 3. Februar erlebt. Das war zwar ganz charmant, liebe Frau Kollegin Sassen, aber es war trotzdem inhaltlich falsch, was Sie da erzählt haben.

Wir meinen, es gibt keinen Grund, die Ausbaupläne der Vorgängerregierung umzustoßen. Ich wundere mich immer über das Kopfschütteln über die Vorgängerregierung. Es waren die Sozialdemokraten, die diese Ausbaupläne gemeinsam mit den Grünen beschlossen und sie offensichtlich mitgetragen haben. Ich wundere mich wirklich über das Kopfschütteln, darüber, dass das jetzt alles ganz anders sein soll.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Gut, dann haben Sie sich möglicherweise getäuscht. Ich sage Ihnen: Es wäre schön gewesen, wenn bei der Präsentation im Rathaus ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums da gewesen wäre.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

Dann hätte man ihn fragen können. Lieber HansJörn Arp, dich habe ich auch vermisst. Ich glaube, hier werden fadenscheinige Gründe vorgeschoben, weil man dieses Projekt aus einer bestimmten Ideologie heraus nicht mehr will.

Ich sage Ihnen abschließend: Jetzt wird ein stufenweiser Ausbau angekündigt. Da ist im Übrigen auch der Bürgermeister gut davor. Er hat von Herrn Minister Austermann offensichtlich sprachlich gelernt, was den angekündigten stufenweisen Ausbau in Husum anbelangt. Ich glaube, dass der Gutachter mit einem stufenweisen Ausbau etwas ganz anderes meint, als Herr Austermann tatsächlich am Standort Husum vorhat.

(Dr. Heiner Garg)

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Garg. Ich gehe davon aus, dass alle bereit sind, diesen Tagesordnungspunkt auch über die Mittagszeit hinaus zu Ende zu diskutieren. Das Wort hat deshalb der Herr Abgeordnete Lars Harms für den SSW im Landtag.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Betrachtet man die Ausbaupläne des Hafens Husum, muss man sich natürlich immer wieder ins Gedächtnis rufen, was die bisherige Grundlage der Planungen war. Schon vor Jahren erkannte die Stadt Husum, dass es Chancen für eine wirtschaftliche Entwicklung und für die weitere Bindung der ortsansässigen Windkraftfirmen gibt, wenn man die Infrastruktur verbessert.

Insbesondere der Offshore-Bereich gilt als der Wirtschaftszweig der Zukunft in der Region. Damit sich dieser in Husum entwickelt, plante man, den Hafen dort zum Offshore-Servicehafen auszubauen. Einige Überlegungen damals gingen auch in Richtung Fertigung und Verschiffung von Großanlagen. Dies rief seinerzeit auch die Stadt Brunsbüttel auf den Plan, eigene Ansprüche auf die Verschiffung von Großanlagen, insbesondere von Türmen, anzumelden.

Statt sich nun bis aufs Messer zu bekämpfen, einigten sich beide Städte auf Vermittlung durch zwei regionale Landtagsabgeordnete - der andere war der Kollege Malerius von der SPD - auf eine Arbeitsteilung, die beiden Städten zugute kommen sollte. Grob gesagt, sollte Brunsbüttel die Großelemente zur Erstellung von Offshore-Windparks liefern und Husum sollte für die Wartung und den Service zuständig sein. Die damalige schriftliche Vereinbarung von 2003 gilt im Übrigen bis heute und wird von beiden Seiten auch bis heute nicht infrage gestellt.

Vonseiten der damaligen Landesregierung wurde diese Vereinbarung begrüßt und in die Planungen der Stadt Husum für einen Offshore-Servicehafen unterstützt. In einem breiten Prozess mit der Bevölkerung, den ortsansässigen Unternehmen und der Wirtschaft wurden die Planungen für die Hafenerweiterung durchgeführt. Dabei verzichtete die Stadt Husum auf einen Ausbau des Hafens Richtung Dockkoog im Norden, welcher für die Fertigung und die Verschiffung von Großkomponenten ursprünglich vorgesehen war. Man beschränkte sich

auf die Service- und Wartungsfunktion und hielt sich nur die Option offen, auch schwerere Komponenten im Rahmen dieser Funktion verschiffen zu können. Wollte ein ortsansässiges Unternehmen auch schwerere Komponenten verschiffen können, so sollte dies möglich sein. Mehr nicht. Will man nämlich den Hafen nachträglich dafür ausstatten, wäre dies ungleich teurerer geworden - im Vergleich zur rechtzeitigen Einplanung dieser Option in der ersten Bauphase.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

An eine Verschiffung von Großkomponenten im großen Stil war hierbei aber nie gedacht. Wer etwas Gegenteiliges behauptet, betreibt Legendenbildung.

Die ehemalige Landesregierung hat mit dem Ausbau der Windenergie dafür gesorgt, dass sich gerade an der Westküste eine eigenständige, kraftvolle und leistungsstarke Industrie hat ansiedeln können. Vor Ort trägt man diesen Wirtschaftszweig mit und will mit selbstständigen Initiativen dafür sorgen, dass sich die Wirtschaft hier weiterentwickeln kann. Herr Austermann hat gerade vor ein paar Tagen auf dem deutsch-dänischen Wirtschaftsforum in Flensburg gesagt, dass die Landesregierung die Stärken der Regionen fördern will und dass man mit Eigeninitiative kommen möge. Dann werde das Land schon helfend beispringen. Dies alles gilt aber scheinbar nicht für die Westküste und schon gar nicht für Husum.

Seit Regierungsantritt der neuen Regierung wird das Hafenprojekt behindert, wo man nur kann. Wider besseres Wissen haben Sie, Herr Wirtschaftsminister, die Fördermittel ohne eine einzige inhaltliche Begründung gekürzt, sodass ein sinnvoller Ausbau des Husumer Hafens gar nicht mehr möglich ist. Als Sie die Fördermittel gestrichen haben, haben weder wir als Politik noch die Stadt Husum, noch die Bürgerinnen und Bürger oder die beteiligten Unternehmen gesagt bekommen, was Ihnen konkret an den Plänen der Stadt Husum nicht behagt. Dann hätte man nämlich darüber diskutieren können und möglicherweise auch müssen. Stattdessen haben Sie pauschal gekürzt und die Husumer schön zappeln lassen. Man hätte nämlich durchaus inhaltlich diskutieren können. Es lagen gutachterliche Stellungnahmen vor. Es fand eine Anhörung statt. Natürlich lagen die konkreten Pläne schon vor. Man hätte also über jeden Buchstaben und über jedes Komma reden können, wenn es wirklich an der einen oder anderen Stelle inhaltliche Probleme gegeben hätte. In Wirklichkeit war Ihnen, Herr Minister, aber gar nicht daran gelegen, hier inhaltlich die Weiterentwicklung des Standortes Husum zu

(Dr. Heiner Garg)

diskutieren. In einer Mischung aus falsch verstandenem Lokalpatriotismus für Brunsbüttel und einer gehörigen Portion ideologischer Ablehnung von allem, was nach Windkraft riecht, sollten die Hafenplanungen der Stadt Husum zu den Akten gelegt werden.

Das macht man am besten, indem man eine nicht tragfähige Minimallösung vorschlägt, von der man weiß, dass man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann. Lehnen die Husumer mit Recht ab, dann ist das Projekt, wie gewünscht, tot. Versuchen die Husumer, die Minimallösung irgendwie umzusetzen, um zu retten, was zu retten ist, dann werden sie mit Sicherheit scheitern. Man könnte dieses Scheitern dann als Beweis dafür anführen, dass das ganze Projekt ohnehin nicht tragfähig war und man das in Kiel schon immer gewusst habe.

Zum Glück für die Husumer war der politische Druck immer noch groß genug, um wenigstens noch ein neuerliches Gutachten durchsetzen zu können. Die Stadt Husum sollte ein Gutachten in Auftrag geben und das Wirtschaftsministerium wollte dieses Gutachten schon in der Entstehungsphase begleiten. Es wurde eine Projektgruppe gebildet, bei der die Investitionsbank das Projektmanagement innehatte und die aus Vertretern der Stadt, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, der Firma Windcomm, des Amtes für ländliche Räume und des Wirtschaftsministeriums bestand. Man wählte also einen unabhängigen Gutachter aus, begleitete dessen Studien und am Ende kam das heraus, was man nun vonseiten der Landesregierung gar nicht erwartet hatte.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: So ist es!)

Das Gutachten kam zu den gleichen Schlussfolgerungen, zu denen man vor Ort auch schon immer gekommen war: Husum ist der am besten geeignete Standort für einen Offshore-Servicehafen. Nun haben wir das Ganze also auch noch mit ausdrücklicher Beteiligung des Wirtschaftsministeriums bestätigt bekommen. Bessere Argumente für eine Förderung gibt es nicht. Trotzdem wird uns nun ein Bericht der Landesregierung vorgelegt, die dieses Projekt immer noch in Bausch und Bogen ablehnt. In Husum fragt man sich nun endgültig, was man nun noch tun soll, damit der Wirtschaftsminister seinen Fuß von der ideologischen Bremse nimmt.

Das Gutachten beschäftigt sich ausschließlich mit dem Ausbau des Hafens für Service, Wartung und Reparatur. Keine Großkomponentenverschiffung zum Aufbau neuer Windparks, nur Service, Wartung und Reparatur. Das neue Gutachten sagt nun aus, dass man den Ausbau der Kaianlagen ein

schränken kann und diese somit nicht schwerlastfähig werden. Die Schwerlastfähigkeit ist zwar wünschenswert, aber eben nicht unbedingt Voraussetzung, damit der Hafen funktionsgerecht arbeiten kann. Diesen Schritt wird die Stadt Husum möglicherweise mitgehen können, wenn sich das wirtschaftlich rechnet.

Alle anderen Planungen, die bisher durch die Stadt Husum vorgenommen wurden, werden vom Gutachten uneingeschränkt befürwortet. In dem Gutachten ist außerdem davon die Rede, dass die beiden vor Ort ansässigen Windenergieanlagenhersteller die Ausbaupläne ebenfalls begrüßen. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, weil sie sich schon 2003 - das ist schon ein bisschen länger her entsprechend geäußert haben. Von Vestas war damals zu hören:

„Wir von Vestas sichern unsere volle Unterstützung für den Offshore-Stützpunkt Husum zu und werden diesen für die Offshore-Projekte als Service- und Wartungshafen nutzen.“

Vom REpower-Vorstandsvorsitzenden Vahrenholt war zu hören:

„REpower wird von hier aus direkt die Großkomponenten... zu den Windparks auf See transportieren können.“

Deutlicher geht es eigentlich nicht.

Bei der Präsentation des Gutachtens kürzlich im Husumer Rathaus haben sich die Vertreter der Windkraftindustrie sogar noch deutlicher geäußert. Auch die IHK hat deutlich gemacht, dass sie die Hafenpläne der Stadt Husum unterstützt. Die Pläne werden also auch von der Wirtschaft getragen. Wer etwas Gegenteiliges behauptet, betreibt auch hier Legendenbildung.

Was steht nun aber im Gutachten? - Zu folgenden Schlüssen kommt das Gutachten: Der Ausbau des Hafens ist im planfestgestellten Umfang sinnvoll und fachgerecht. Husum hat günstige Voraussetzungen, weil es näher an den zukünftigen OffshoreWindkraftstandorten liegt als andere Häfen. Zur Ansiedlung weiterer Firmen ist die Ausweisung von Gewerbeflächen in Hafennähe sinnvoll und notwendig. Wird der Hafen in Husum nicht ausgebaut, werden diese Aufgaben voraussichtlich von Häfen außerhalb Schleswig-Holsteins übernommen und es ist dann mittelfristig mit der Abwanderung der Windenergiebranche an andere Nordseehäfen zu rechnen. Eine Deichverlegung ist ebenfalls notwendig, um den Hafen angemessen ausbauen zu

(Lars Harms)

können und um ihn auch noch bei möglichen technischen Neuerungen nutzen zu können.

Der Einsatz von Wartungspersonal auf See wird ungefähr 40 bis 50 Arbeitsplätze bringen. Hinzu kommt dann noch das an Land notwendige Wartungs- und Reparaturpersonal. Der Gutachter geht somit von 200 bis 250 Arbeitsplätzen aus, wenn drei Windparks von Husum aus versorgt werden. In dem Moment, in dem sich auch im neuen Gewerbegebiet am Hafen neue Windenergiefirmen ansiedeln, steigt die Zahl der Arbeitsplätze weiter an.

Wer sich ansieht, wie viele Windparks auf offener See entstehen sollen und wie groß diese sein werden, weiß, dass hier wirklich große Chancen bestehen, in Husum noch mehr Arbeitsplätze zu schaffen.