Nur dann ist die Einrichtung von Schutzzonen und Beobachtungszonen auch sinnvoll, um das Herausbringen von Geflügel aus den betroffenen Zonen verhindern zu können.
Nach dem ersten Bekanntwerden des Vogelgrippevirus auf Rügen hat sich der nationale Krisenstab auf die eben genannten Maßnahmen und Schutzvorkehrungen verständigt, um das Risiko so weit wie möglich zu minimieren und um gleichzeitig Panikmache zu vermeiden. Angesichts der Bilder von Rügen, die in den letzten Tagen durch die Medien gingen, müssen wir wohl erkennen, dass der Umgang mit der Vogelgrippe bisher nicht dazu beigetragen hat, das Vertrauen der Bevölkerung in die Schutzmaßnahmen zu erhöhen. Es wurden Vogelkadaver nicht eingesammelt oder es fehlte an Absperrungen. Gekrönt wurde das Unvermögen durch gegenseitige Schuldzuweisungen und Kritik am je
weils anderen. Die Ereignisse auf Rügen haben deutlich gemacht, dass es im Umgang mit der Vogelgrippe an klaren Kompetenzregelungen gemangelt hat. Derartige Unklarheiten dürfen einfach nicht vorkommen. Die Zuständigkeiten müssen im Vorfeld geklärt sein. Hier müssen die verschiedenen Ebenen deutlich wissen, wie weit ihre Befugnisse reichen.
Ich gebe dem Minister Recht, gerade wir in Schleswig-Holstein müssen aus den Erfahrungen in Mecklenburg-Vorpommern lernen, und ich glaube, wir werden daraus auch lernen. Daher nutzt es auch wenig, dass Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer jetzt fordert, über Kompetenzen neu nachzudenken und dem Bund größere Zuständigkeiten im Seuchenschutz zu übertragen. Eine solche Forderung lehnt der SSW ab. Wir brauchen keine Verlagerung der Verantwortung auf den Bund. Was wir brauchen, ist eine funktionierende behördenübergreifende Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Dies ist nicht die Zeit, um Kapital aus den Fehlern anderer zu schlagen.
Daher muss Schleswig-Holstein aus den aktuellen Erfahrungen von Rügen schnell seine Lehren ziehen, damit Vergleichbares bei uns nicht vorkommt. Dort, wo es Unstimmigkeiten gibt, muss entsprechend nachjustiert werden, damit die Schutzmaßnahmen und Notfallpläne greifen. Das geschieht ja auch. Wichtig ist, dass die Kontrolle und die Arbeit vor Ort geleistet werden und nicht im fernen Berlin. Das wäre der größte Fehler, den wir machen können.
Ein wichtiges Instrument ist hierbei natürlich die frühzeitige Erkennung infizierter Vögel. Durch das erweiterte Wildvogelmonitoring kommt künftig auch ein größeres Aufgabenfeld auf die untersuchenden Labore und Institute zu. Die Zusammenarbeit zwischen dem Friedrich-Loeffler-Institut und dem Landeslabor in Neumünster hat sich bisher bewährt. Doch es ist bereits jetzt zu vermerken, dass die Untersuchung toter Vögel erheblich zugenommen hat. Daher muss die Landesregierung die Möglichkeit schaffen, dass die Kapazitäten des Landeslabors in diesem Bereich kurzfristig erweitert werden können, damit das Monitoringverfahren entsprechend durchgeführt werden kann.
Dass bisher nicht genau geklärt ist, wie die Vogelgrippe in den Norden Deutschlands gekommen ist, macht deutlich, wie unberechenbar die Verbreitung der Vogelgrippe ist. Hier brauchen wir mehr Erkenntnisse, um rechtzeitig reagieren und entsprechende Gegenmaßnahmen durchführen zu können. Parallel zu allen jetzt laufenden Schutzvorkehrungen und Maßnahmen muss daher die Forschung in
ternational vorangebracht werden, um mehr Informationen über den Erreger, aber auch über seine Verbreitung zu gewinnen.
Wir müssen uns mit dem Gedanken vertraut machen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann der erste positive Befund in Schleswig-Holstein gemeldet wird. Dass wir uns darauf einstellen müssen, dürfte jedem klar geworden sein. Daher ist es wichtig, dass die Zuständigkeiten bei uns im Land klar geregelt sind und dass ressortübergreifend zusammengearbeitet wird. Besonderes Augenmerk und eine besondere Verantwortung liegt momentan bei den Kreisen und den zuständigen Kreisveterinärbehörden. Dort gilt es jetzt die Krisen- und Notfallpläne entsprechend zu koordinieren, damit diese entsprechend greifen. Darüber hinaus werden dort immer wieder neue Fundtiere von besorgten Bürgern gemeldet werden. Auch hier muss es also möglich sein, auf Kreisebene im Falle einer Krise die Kapazitäten kurzfristig zu erweitern.
Sollte es aber trotz aller Schutzvorkehrungen dazu kommen, dass der Erreger auf Hausgeflügelbestände übergreift, halten wir die Tötung der infektionsverdächtigen Tiere für unerlässlich. Derartig drastische Maßnahmen sind derzeit leider notwendig, um den Erreger wirksam zu bekämpfen.
,,Impfen statt töten" ist aus Sicht des SSW gegenwärtig kein gangbarer Weg, um das Problem zu lösen. Mit Impfungen werden die Tiere zwar geschützt, aber der Erreger wird dadurch nicht ausgemerzt. Die Tiere tragen den Erreger in sich und er kann weiter übertragen werden. Die Seuche ist somit kaschiert, bleibt aber weiter bestehen. Wir sollten nur dann Impfungen in Betracht ziehen, wenn es geeignete Markerimpfstoffe gibt, also Impfstoffe, mit denen geimpfte und infizierte Tiere unterschieden werden können. Aber diese Erwartungen hat der Institutsleiter des Friedrich-LoefflerInstituts gerade erst gedämpft. Solch ein Markerimpfstoff für Geflügel gegen die Vogelgrippe sei in den nächsten Jahren noch nicht verfügbar, sagt er. Deshalb bleibt nichts anderes übrig, als die Tierbestände im Fall der Fälle zu töten.
Also sollte eine Schutzimpfung oder Ringimpfung nur dann zulässig sein, um konkrete Gefahrensituationen einzudämmen. Letztlich bleibt dies aber nur eine flankierende Maßnahme. Oberste Maßnahme bleibt derzeit die Tötung der Tiere.
Im Falle, dass ein Bestand gekeult werden muss, muss es entsprechende Ausgleichszahlungen geben. In diesem Zusammenhang muss über den Tierseuchenfonds gewährleistet sein, dass die betroffenen Betriebe hier nicht hängen gelassen werden. Aller
dings wird auch der Tierseuchenfonds nur den Zeitwert der Tiere ersetzen. Folgeschäden werden den Züchtern nicht ersetzt werden können. Solange es sich bei den betroffenen Betrieben um Einzelfälle handelt, kann man sicherlich dazu auffordern, hier mit finanziellen Unterstützungsleistungen beizuspringen. Sollte es sich aber um eine größere Anzahl von Betrieben handeln, werden die Finanzierungsmöglichkeiten zumindest für das Land immer dünner werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt im Zusammenhang mit den Notfallplänen ist auch die Aufklärung der Menschen. Die Reaktionen aus der Bevölkerung machen deutlich, dass das Thema immer noch verängstigt. Daher benötigen wir klare Botschaften und Anweisungen, wie mit der Vogelgrippe umzugehen ist. Die Medien haben hier nicht immer zur Aufklärung beigetragen. Daher bleibt es eine öffentliche Aufgabe, entsprechende Informationsstellen vorzuhalten, um die Bevölkerung über die Vogelgrippe sachlich zu informieren und auch über die Tatsache zu informieren, dass es sich um eine Tierseuche handelt und die Gefahr für die Menschen auch im Hinblick auf andere Grippearten abgewogen werden müssen. Der Minister hat das eben schon deutlich gemacht.
Vor dem Hintergrund des Ernstes der Lage und der durchaus realistischen Gefahr, dass wir in Kürze von der Vogelgrippe heimgesucht werden, ist es mir aber noch einmal wichtig, ganz klar dazu aufzufordern, dass man im Fall der Fälle nicht damit beginnt, sich gegenseitig bei der Arbeit zu blockieren oder versucht, sich auf Kosten anderer zu profilieren. Damit hat man nun wahrlich in Mecklenburg-Vorpommern schlechte Erfahrungen gemacht. Deshalb sollten wir hier weiterhin gewohnt sachlich mit dem Problem umgehen, wie wir es auch in anderen Fällen - MKS, BSE - gemacht haben. Ich glaube, das liegt mehr im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes.
Für den SSW muss ich sagen, wir begrüßen die kurzfristigen Maßnahmen der Landesregierung und wir unterstützen sie ausdrücklich. Wir wollen, dass wir gemeinsam in diesem Bereich arbeiten, gemeinsam unsere Bürgerinnen und Bürger, unsere Betriebe und unsere Tiere schützen. Es dient - glaube ich - nicht der Sache, wenn wir anfangen, uns zu streiten, sondern ich glaube, hier ist große Einigkeit angesagt.
Für die Landesregierung erteile ich das Wort dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst noch einmal zur Klarstellung: Das, was ich vorhin über Krankenhausbetten und Tamiflu gesagt habe, bezog sich auf die Berichterstattung, die suggeriert, dass eine Pandemie kurz bevorsteht, und nicht auf die seriöse und geflissentliche Arbeit und Umsetzung des nationalen Pandemieplanes durch die Gesundheitsministerin. Nur damit das völlig klar ist.
Niemand ist fehlerfrei. Wer glaubt, er könne nicht auch etwas aus Fehlern anderer lernen, der überhöht sich selber. Wir sind gut vorbereitet. Aber natürlich kann man immer noch einmal überprüfen: Haben wir den Kontakt, der dort nicht funktioniert hat? Laufen die Informationsstränge? Wenn man dann irgendeinen Fehler feststellt - niemand ist fehlerfrei -, dann haben wir den auch zu beseitigen. Das dazu.
„Impfen statt töten“! Wir sind uns doch wohl alle einig, dass das Töten von gesunden Beständen nur die absolute Ultima Ratio sein kann, die im Zweifelsfall auch gegen andere, mildere Maßnahmen abgewogen werden muss. Das ist doch völlig klar.
Was den Impfstoff angeht, muss ich mich auf die Experten des Friedrich-Loeffler-Instituts verlassen, die mir im Augenblick sagen: a) Wir haben ihn nicht. b) Wenn wir ihn ohne Marker einsetzen, so ergeben sich erhebliche Probleme, und der Markerimpfstoff ist noch nicht so weit. - Das sind die Dinge, die im Augenblick auf dem Tisch liegen.
Nun zur Laborkapazität! Ursprünglich haben wir es innerhalb von sieben bis acht Stunden geschafft; heute dauert es maximal 24 Stunden im Landeslabor, und dann haben wir einen H-Befund. 95 % der Tiere scheiden damit schon einmal aus, weil sie keinen H-Befund haben. Die anderen gehen in das nationale Referenzlabor. Am Anfang hat dies zwei Tage gedauert, aber durch die Masse der Tiere, die jetzt zur Beprobung ansteht, braucht das Labor länger. Wir haben die Kapazitäten, weitere Befunde zu erheben, hier im Landeslabor nicht. Aber ein Schnelltest - auch das sagen mir die Experten birgt im Augenblick noch erhebliche Unsicherhei
ten und ist damit für den Einsatz nicht verfügbar. Auch das ist uns vom Friedrich-Loeffler-Institut noch einmal deutlich gemacht worden.
Letzter Punkt! Wir machen eine Beprobung nach Risikoanalyse. Das bedeutet: Nicht alle toten Tiere, die irgendwo gefunden werden, kommen in das Landeslabor. Vielmehr haben wir Indikatorenvögel, insbesondere Schwäne und Greifvögel, aber auch andere Arten, und die Veterinäre vor Ort entscheiden, welche Tiere ins Landeslabor gehen und welche nicht. Damit können wir diese 24 Stunden auch weiterhin gewährleisten.
Entscheidungen zur Föderalismusreform - Position der Landesregierung in der Sondersitzung der Ministerpräsidentenkonferenz am 10. März 2006 - Die Auswirkungen der seit dem 16. Februar 2006 geplanten Grundgesetzänderungen auf das Land Schleswig-Holstein
Ich erteile der Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der Frau Abgeordneten Anne Lütkes, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben diese Aktuelle Stunde zur Entscheidungssituation in der Föderalismusdebatte beantragt, weil wir hier am 25. Januar eine sehr ausführliche Debatte untereinander hatten. Wir haben nach dieser Debatte gelesen, der große Durchbruch sei nun geschafft. Am 16. Februar abends sei die größte Verfassungsreform in der Geschichte der Bundesrepublik seit 1949 verabredet, beratbar und auch entscheidbar geworden. - So die seriöse „Zeit“. Gleichzeitig haben wir in ebenso seriösen Kieler und schleswigholsteinischen Blättern lesen können, dass von Kiel aus doch noch erheblicher Beratungsbedarf angemeldet würde. Auch die „Welt“ sah im Titel einen Klärungsbedarf aus Kiel.
Insofern fragen wir uns etwas ratlos: Wie ist nun die klare Situation? Ich persönlich habe nirgends gelesen, ob Sie, Herr Ministerpräsident, an dieser abschließenden Runde am 16. Februar in Berlin beteiligt waren und welche Position Schleswig-Holstein dort möglicherweise vertreten hat.
Sie haben uns dankenswerterweise am 25. Januar hier im Plenum gesagt - ich darf zitieren, Herr Präsident
„Die Landesregierung unterstützt im Grundsatz die angestrebte Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung. Unser Land wird durch die Verlagerung der Gesetzgebung gestärkt.“
Als Beispiele nannten Sie das Gaststättenrecht und das Ladenschlussrecht. Es stimmt - das ist unstrittig -, dass insoweit eine Verlagerung auf die Länder durchaus Sinn macht, aber es ist auch unstrittig, dass dies nicht die Kernfrage der Föderalismusdebatte ist.
Daran - Herr Ministerpräsident, insoweit sind wir uns sicherlich einig - wird der Föderalismus weder genesen noch wird er hierdurch verschlimmert.
Aber Sie haben ebenso im letzten Plenum dankenswerterweise gesagt, dass die Vorschläge, die im Koalitionsvertrag der großen Koalition im Bund niedergeschrieben worden sind, erhebliche Nachteile für Schleswig-Holstein bringen könnten, insbesondere - darin war sich dieses hohe Haus einig die zur Verlagerung der Gesetzgebungskompetenzen zur Laufbahnbesoldung und zum Versorgungsrecht der Beamten auf die Länder. Richtig haben Sie auch gesagt, dass das kritisch zu sehen sei.
Das hohe Haus war sich, wenn ich Sie alle richtig verstanden habe, auch einig, dass hier Tendenzen zu einem gefährlichen Wettbewerbsföderalismus zu erkennen waren und sind, der möglicherweise die gleichwertigen Lebensverhältnisse für die Bundesrepublik opfern würde.
Insofern haben wir es zwar nicht mit Beruhigung, aber doch ohne Sorge betrachten können, dass Sie, Herr Ministerpräsident, sagten, die Landesregierung habe ihre Position in Arbeitsgruppen sehr deutlich vertreten und sei entsprechend auf dem Weg zu einer Änderung.
Nun - wie gesagt - lesen wir, beispielsweise in der „Sächsischen Zeitung“, dass insbesondere der Chef des Kanzleramtes, CDU-Mitglied, sehr deutlich sagt: Das Paket ist zu, wir sind uns alle einig - wir