Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Kubicki hat natürlich eine Variante, nämlich die fünfte, vergessen. Man könnte auch auf die Idee kommen, überhaupt keinen Oppositionsführer mehr zu haben, aber auch das bedürfte der Änderung der Landesverfassung. Die Kollegin Schwalm hat darauf hingewiesen. Das geht also nicht.
Es geht aber auch nicht, eine einfache Änderung der Geschäftsordnung durchzuführen. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätten wir sicherlich einen Lösungsweg gefunden. Wir müssen in der Tat darüber nachdenken, wie wir eine Lösung für dieses Problem schaffen, von dem auch ich als damals bei der Änderung der Landesverfassung Mitbeteiligter nicht geahnt habe, was auf uns zukommen könnte.
Insofern eine Lücke, die wir entdeckt haben, die wir entdecken mussten. Die Entscheidung, die Anträge an den zuständigen Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen, ist die einzig gängige Möglichkeit.
Ich persönlich - das ist meine Privatmeinung - bin überzeugt, dass wir das Problem ohne eine Verfassungsergänzung nicht werden lösen können. Ich glaube nicht, dass das funktioniert.
Was die Wahlergebnisse betrifft - das kann man argumentativ machen, aber es geht nach unserer Verfassung und auch nach dem Grundgesetz nicht.
Der Wissenschaftliche Dienst hat uns zu diesem Problem mit einem ausführlichen Gutachten über 12 Seiten beehrt. In diesem Gutachten, das auch im Ältestenrat sorgfältig und seriös diskutiert worden ist, ist deutlich geworden, dass wir eine Definition brauchen.
Für die Öffentlichkeit ist wichtig zu wissen: Bei der Rolle des Oppositionsführers/der Oppositionsführerin geht es nicht nur darum, dass man als stärkste nicht regierungstragende Fraktion diesen Titel führen darf, sondern es geht nach § 52 Abs. 4 der Geschäftsordnung auch darum, wer von der Opposition unmittelbar auf den Ministerpräsidenten antworten darf. Das ist im politischen Wechselspiel natürlich eine nicht ganz uninteressante Reihenfolge, die man sich dort schafft oder nicht schafft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht vordergründig um die Reihenfolge der Fraktionen, wenn im Parlament gesprochen wird, es geht letztlich aber um die Frage: Was ist die stärkste Fraktion im Verhältnis untereinander nach der Verfassung? Da gibt die Landesverfassung in ihrer jetzigen Form keinen Spielraum.
Herr Kubicki hat deutlich gemacht, dass es nach seiner Meinung sehr einfach sei; es komme darauf an, wie viele Stimmen hinter jeder oder jedem Abgeordneten stehen, die eine Fraktion bilden. Nun hat sich aber sowohl das Grundgesetz als auch die Landesverfassung eindeutig zur repräsentativen Demokratie bekannt, mit der Konsequenz, dass Abgeordnete gleich sind. Es gibt keine Abgeordneten, die gleicher sind, und es wird nicht nachgerechnet, wie viele Stimmen hinter den einmal gewählten unabhängigen Abgeordneten stehen.
Insofern - das ist bei der Geschichte dieses Artikels in der Verfassung ausführlich diskutiert worden - wollte der Verfassungsgeber eine Fraktion bestimmen, die den Oppositionsführer/die Oppositionsführerin stellt. Er wollte nicht - weil er es nicht bedacht hat - eine Gewichtung zwischen Abgeordneten vornehmen.
Jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten - der Wissenschaftliche Dienst hat Vorschläge gemacht - und die einfachste wäre, wir würden uns einigen. Ich möchte auch hier noch einmal ausdrücklich erklären: Wir, die Grünen, sind zu einer Einigung bereit. Ich biete noch einmal an, dass wir uns abwechseln. Herr Präsident, zu einem Tageswechsel bin ich zwar nicht bereit, aber man kann an ein Jahr oder mehrere Jahre denken. Man kann diese Frage durch eine faire, klare Vereinbarung regeln, die verfassungskonform ist. Die Gewichtung, die Sie vorgenommen haben, ist nicht verfassungskonform. Das ist, wie Herr Kubicki eben gesagt hat, leider nicht möglich.
Deshalb schlagen wir vor, hier eine parlamentarische Regelung zu verabreden beziehungsweise im Ausschuss zu erörtern, die durchaus gebräuchlich ist und gar nicht den Geruch des Glücksspiels an sich hat, wie der Begriff des Würfelns transportiert. Der Ent
scheid durch Los ist ein durchaus gebräuchliches parlamentarisches Entscheidungskriterium, das durch den Präsidenten/die Präsidentin gezogen werden kann. Das ist nichts Abwegiges, wie die parlamentarische Geschichte durchaus zeigt. Wir haben dazu einen Änderungsantrag vorgelegt.
Die Frage muss natürlich entschieden werden. Wie Anke Spoorendonk vorhin sagte, gibt es Besseres, als sich über die Geschäftsordnung zu unterhalten. Hier unterhalten wir uns allerdings über die Oppositionsführerschaft, die unsere Verfassung verlangt. Wir können nicht hingehen und sagen: Wir stellen es anheim, wir brauchen keinen Oppositionsführer. Wir haben eben dankenswerterweise Klarheit darüber herbeigeführt, dass die Opposition sehr wichtig ist und es keine quantitative, sondern eine qualitative Frage der gemeinsamen parlamentarischen Arbeit ist.
Der Ausschussüberweisung werden wir natürlich zustimmen. Wir gehen davon aus, dass hier entweder eine klare, verfassungskonforme Regelung herbeigeführt wird - und das ist keine Gewichtung unter den Abgeordneten - oder dass man eine klarstellende Verfassungsergänzung vornimmt. Das werden wir beraten.
Es geht aber nicht an, dass der Landtag sagt: Der eine Abgeordnete ist mehr wert als der andere, er hat drei Stimmen mehr oder weniger. Vielmehr ist jede und jeder Abgeordnete dem Grundgesetz und der Landesverfassung verpflichtet und dem Wohl SchleswigHolsteins.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn „wir jetzt Papst sind“, ist das Mittel des Konklaves in der parlamentarischen Arbeit eher unüblich. Was bleibt, ist die Frage, wer in der neuen Legislaturperiode - FDP oder BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - den Oppositionsführer oder die Oppositionsführerin zu stellen hat.
Wir sind der Meinung, dass man in dieser Situation zu dem bewährten Mittel des Losentscheides hätte greifen können. Das wäre - so sagt auch der Wissenschaftliche Dienst - ganz in Übereinstimmung mit unserer Verfassung und ist sowohl auf Bundes- als
auch auf kommunaler Ebene ein anerkanntes Verfahren, um in einer Pattsituation bei der Verteilung von Posten zu einer Entscheidung zu gelangen. Richtig ist allerdings auch, dass zum Beispiel die Landesverfassung von Nordrhein-Westfalen bei gleich großen Fraktionen das Wahlergebnis der Parteien hinzuzieht.
Wir werden der Überweisung dieser Angelegenheit an den Innen- und Rechtsausschuss zustimmen. Ansonsten hätte natürlich auch ich eine weitere Lösung dieses Problems anzubieten. Lieber Kollege Garg, wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Wir hätten das gern gemacht!
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Es ist beantragt worden, die Drucksachen 16/27 und 16/40 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so verfahren möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Wir behandeln jetzt die Tagesordnungspunkte ohne Aussprache. Die werden wir beim nächsten Mal sicherlich alle am Ende der Tagung behandeln. Ich glaube, es ist heute ganz gut, dass wir am Ende der Tagung nur noch zwei Anträge ohne Aussprache zu behandeln haben.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich schlage Ihnen vor, den Antrag Drucksache 16/28 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit wird so verfahren. Das ist so beschlossen.
Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst
Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/29
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist auch hierzu nicht vorgesehen. Ich schlage Ihnen vor, beide Anträge dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist das so beschlossen.
Meine Damen und Herren, bevor wir nunmehr zum Ende dieser Tagung zum Schluss der Sitzung kommen, darf ich mich zunächst noch einmal für aufmerksame Begleitung unserer Tagung durch den Landesvorsitzenden der SPD, Claus Möller, durch den früheren Vizepräsidenten dieses Hauses, Professor Dr. Dall’ Asta, durch einige frühere Kollegen, durch die Angehörigen vieler Ministerinnen und Minister sowie weitere interessierte Zuhörer bedanken.
Damit sind wir nun fast am Ende der zweiten Tagung angelangt. Ich bitte noch um Aufmerksamkeit für folgende Hinweise.
Nach der Plenarsitzung werden sich die Ausschüsse des Landtages konstituieren. Die Mitglieder des Innen- und Rechtsausschusses, des Finanzausschusses, des Sozialausschusses und des Wirtschaftsausschusses treffen sich unmittelbar im Anschluss an die Plenarsitzung im Konferenzsaal im ersten Obergeschoss. Zehn Minuten später findet die Konstituierung des Bildungsausschusses, des Umwelt- und Agrarausschusses, des Petitionsausschusses und des Europaausschusses an gleicher Stelle, das heißt ebenfalls im Konferenzsaal, statt.
Die nächste Tagung des Landtages, die dritte Tagung, beginnt am Mittwoch, dem 25. Mai 2005, um 10:00 Uhr.
Damit schließe ich die Sitzung und wünsche den Mitgliedern des hohen Hauses noch einen angenehmen Tag.